Reichsschuldbuchgesetz vom 31.05.1891

Titel: Reichsschuldbuchgesetz,
Gesetz betreffend des Reichsschuldbuch
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1891, Nr. 20, Seite 321
Fassung vom: 31. Mai 1891
Bekanntmachung: 11. Juni 1891
Änderungstand: 06. Mai 1910 durch RGBl. Nr.23 Jahrgang 1910 Nr. 3759
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(Nr. 1960.) Gesetz, betreffend das Reichsschuldbuch. Vom 31. Mai 1891.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.

verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

§. 1.

Schuldverschreibungen der Reichsanleihen können in Buchschulden des Reichs auf den Namen eines bestimmten Gläubigers umgewandelt werden.
Die Umwandlung erfolgt gegen Einlieferung zum Umlauf brauchbarer Reichsschuldverschreibungen durch Eintragung in das bei der Reichsschuldenverwaltung zu führende Reichsschuldbuch.

§. 1a.

Mit Ermächtigung des Reichskanzlers können Buchschulden auch ohne Umwandlung begründet werden, wenn der Kaufpreis für Schuldverschreibungen, deren Nennwert der einzutragenden Buchschuld entspricht, nebst den Stückzinsen seit dem letzten Zinszahlungstermine bar eingezahlt wird. Der Reichskanzler setzt den Kaufpreis fest und bestimmt die Kasse, bei welcher die Einzahlung zu geschehen hat. Zur Erteilung der Ermächtigung ist er insoweit befugt, als er zur Ausgabe von Schuldverschreibungen ermächtigt ist.
Über die Einzahlung wird von der Kasse eine Bescheinigung ausgestellt, welche der Reichsschuldenverwaltung einzureichen ist.
Steht der Begründung der Buchschuld nach den Vorschriften dieses Gesetzes ein Hindernis entgegen, so ist dem Einzahler der eingezahlte Betrag mit Zinsen zu dem am Sitze der Reichsschuldenverwaltung für hinterlegte Gelder maßgebenden Zinsatz zurückzuzahlen.

§. 2.

In dem Reichsschuldbuch sind auch die in dem Schuldverhältnisse eintretenden Veränderungen zu vermerken.
Für die zu verschiedenen Zinssätzen erfolgenden Eintragungen können getrennte Bücher angelegt werden.
Von dem Reichsschuldbuch ist eine Abschrift zu bilden und getrennt aufzubewahren.
Ueber den Inhalt des Reichsschuldbuches darf nur den in § 7 aufgezählten Personen sowie dem Gegenvormunde, dem Beistand und bezüglich der im § 4 unter Nr. 3 und 4 bezeichneten Gläubiger den zur Revision ihrer Kassen berechtigten öffentlichen Behörden oder sonstigen Personen, letzteren aber nur, falls ihre Berechtigung zur Kassenrevision durch eine öffentliche Behörde bescheinigt Auskunft erteilt werden.

§. 3.

Die Eintragung einer Buchschuld geschieht auf Antrag des Inhabers der Schuldverschreibung, im Falle des 1a auf Antrag des Einzahlers oder der Kasse, auf den Namen der in dem Antrage als Gläubiger bezeichneten Person oder Vermögensmasse.

§. 4.

Als Gläubiger können nur eingetragen werden:

1. einzelne physische Personen,
2. einzelne Handelsfirmen,
3. einzelne eingetragene Genossenschaften und einzelne eingeschriebene Hilfskassen, welche im Gebiete des Deutschen Reichs ihren Sitz haben, sowie einzelne juristische Personen,
4. einzelne Vermögensmassen, wie Stiftungen, Anstalten, Familienfideikommisse, deren Verwaltung von einer öffentlichen Behörde oder unter deren Aufsicht geführt wird, oder deren Verwalter ihre Verfügungsbefugnis über die Masse durch eine gerichtliche oder notarielle Urkunde nachweisen.
Einem Gläubiger wird für eine jede der verschieden verzinslichen Anteile nicht mehr als ein Konto im Reichsschuldbuch eröffnet.

§. 5.

Mit der Eintragung erlöschen die Rechte des Inhabers an den eingelieferten Schuldverschreibungen und im Falle des § 1a die Rechte des Einzahlers aus der Bescheinigung.
Im übrigen finden die für die Reichsanleihen geltenden Vorschriften auf die eingetragenen Forderungen entsprechende Anwendung.

§. 5a.

Zugleich mit der Eintragung der Buchschuld kann der Antragsteller (§ 3) und nach erfolgter Eintragung der Gläubiger eine zweite Person eintragen lassen, welche nach dem Tode des Gläubigers der Reichsschuldenverwaltung gegenüber die Gläubigerrechte auszuüben befugt ist.

Diese Eintragung ist auf Antrag der im § 7 Abs. 1 unter 1 bis 4 und bis 8 bezeichneten Personen jederzeit zu löschen.

§. 6.

Eingetragene Forderungen können durch Zuschreibung erhöht, ganz oder theilweise auf andere Konten übertragen und ganz oder theilweise gelöscht werden.
Theilübertragungen und Theillöschungen sind jedoch nur zulässig, sofern die Theilbeträge in Stücken von Schuldverschreibungen darstellbar sind.
Im Falle gänzlicher oder theilweiser Löschung der eingetragenen Forderung erfolgt die Ausreichung von Schuldverschreibungen zu gleichem Zinssatze und gleichem Nennwerthe, zu deren Anfertigung die Reichsschuldenverwaltung hierdurch ermächtigt wird.

§. 7.

Zur Stellung von Anträgen auf Uebertragung eingetragener Forderungen auf ein anderes Konto, auf Eintragung und auf Löschung von Vermerken über Veränderungen im Schuldverhältnisse (§. 2 Abs. 1), sowie auf Ausreichung von Reichsschuldverschreibungen gegen Löschung der eingetragenen Forderung sind nur berechtigt:
1. der eingetragene Gläubiger,
2. sein gesetzlicher Vertreter oder sein Bevollmächtigter,
3. der Konkursverwalter,
4. derjenige, auf welchen die eingetragene Forderung von Todes wegen übergegangen ist,
5. die gemäß § 5a eingetragene zweite Person,
6. der Testamentsverwalter,
7. der Nachlaßverwalter (BGB §§ 1981 ff.)
8. im Falle der fortgesetzten Gütergemeinschaft der überlebende Ehegatte. Derjenige, für welchen eine Nießbrauch oder ein sonstiges Recht zum Zinsgenuß eingetragen ist, kann ohne Zuziehung des Gläubigers Anträge in bezug auf den zum Empfange des Zinsen Berechtigten stellen.
Zur Stellung von Anträgen für eine Firma gilt für berechtigt, wer zur Zeichnung der Firma berechtigt ist, zur Stellung von Anträgem für die im §. 4 Nr. 4 erwähnten Vermögensmassen die dort genannte Behörde oder die von ihr bezeichnete Person oder die gemäß §. 4 Nr. 4 zur Verfügung über die Masse befugten Verwalter. Als gesetzlicher Vertreter einer juristischen Person, die nicht im Gebiete des Deutschen Reiches ihren Sitz hat, gilt, wer seine Vertretungsbefugnis nach den vom Bundesrathe beschlossenen Ausführungsbestimmungen nachgewiesen hat.
Zur Löschung von Vermerken zu Gunsten Dritter bedarf es der Zustimmung derselben mit Ausnahme des im §. 13 Abs. 2, 3 erwähnten Fälle.
Wird eine Forderung unter Löschung auf einem Konto auf ein anderes Konto übertragen, so sind die Vermerke zu Gunsten Dritter unter Löschung aus dem alten Konto auf das neue Konto mit zu übertragen. Der Zustimmung der aus dem Vermerke Berechtigten bedarf es nicht.

§. 7b.

Verfügungen über eingetragene Forderungen, wie Abtretungen, Verpfändungen erlangen dem Reiche gegenüber nur durch die Eintragung Wirksamkeit.

 

Eine Pfändung oder vorläufige Beschlagnahme der eingetragenen Forderung im Wege der Zwangsvollstreckung oder des Arrestes, sowie eine durch eine einstweilige gerichtliche Verfügung angeordnete Beschränkung des eingetragenen Gläubigers ist von Amtswegen auf dem Konto zu vermerken und nach erfolgter Beseitigung dieser Anordnungen zu löschen.

§. 7c.

Eine Prüfung der Gültigkeit der den Anträgen zu Grunde liegenden Rechtsgeschäfte findet nicht statt.

§. 8.

Die Eintragungen erfolgen in derselben Reihenfolge, in welcher die auf dasselbe Konto bezüglichen Anträge bei der Reichsschuldenverwaltung eingegangen sind.

§. 9.

Ehefrauen und großjährige Personen unter väterlicher Gewalt werden zu Anträgen ohne Zustimmung des Ehemannes beziehungsweise Vaters zugelassen.

§. 10.

Zum Antrage auf Eintragung einer Forderung sowie zur gleichzeitigen Erteilung einer Vollmacht, ferner zum Antrag auf gleichzeitige Eintragung einer zweiten Person gemäß § 5a Abs. 1 oder einer Beschränkung des Gläubigers in bezug auf Kapital oder Zinsen genügt schriftliche Form. Dasselbe gilt für Aufträge auf Löschung der im § 5a Abs. 1 und im § 13 Abs. 2, 3 erwähnten Vermerke.
In allen anderen Fällen soll der Antrag im Geltungsgebiete des Bürgerlichen Gesetzbuches gemäß §129 daselbst öffentlich beglaubigt sein. Der öffentlichen Bglaubigung steht gleich die Aufnahme des Antrages durch das Reichsschuldbuchbureau oder durch eine vom Reichskanzler bezeichnete Kasse. Außerhalb des Geltungsgebietes des Bürgerlichen Gesetzbuches soll der Antrg gerichtlich oder notariell oder von einem Konsul des Deutschen Reiches aufgenommen oder beglaubigt sein. Die Reichsschuldenverwaltung kann in besonderen Fällen von der Beobachtung dieser Formschriften absehen. Bei Beglaubigung bedarf weder die Zuziehung von Zeugen noch der Aufnahme eines Protokolls.
Sind seit der Eintragung Aenderungen in der Person des Gläubigers (Verheiratung einer Frau, Änderung des Gewerbes, Standes, Namens, Wohnorts) eingetreten, so kann verlangt werden, daß die Identität durch eine öffentliche Urkunde dargetan wird.

§. 11.

Rechtsnachfolger von Todes wegen haben sich durch einen Erbschein oder durch eine Bescheinigung darüber, daß sie über die eingetragene Forderung zu verfügen befugt sind, auszuweisen.
Beruht die Rechtsnachfolge auf einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, so kann nach dem Ermessen der Reichsschuldenverwaltung von der Beibringung des Erbscheins oder der Bescheinigung abgesehen werden, wenn an deren Stelle die Verfügung und das Protokoll über die Eröffnung der Verfügung vorgelegt wird.
Das Bestehen der fortgesetzten Gütergemeinschaft sowie die Befugnis eines Testamentsvollstreckers zur Verfügung über eine zum Nachlaß gehörige Forderung ist entweder durch die in den §§ 1507, 2368 des Bürgerlichen Gesetzbuches vorgesehenen Zeugnisse oder durch eine Bescheinigung darüber, daß der überlebende Ehegatte oder der Testamentsvollstrecker zur Verfügung über die eingetragene Forderung befugt ist, nachzuweisen. Auf dem Nachweis der Befugnis des Testamentsvollstreckers findet die Vorschrift des Abs. 2 entsprechend Anwendung.
Zur Ausstellung der in den Abs. 1 und 3 erwähnten Bescheinigung ist das Nachlaßgericht und, falls der Erblasser zur Zeit des Erbfalls im Inland weder Wonsitz noch Aufenthalt hatte, auch derjenige Konsul des Reichs zuständig, in dessen Amtsbezirke der Erblasser zur Zeit des Erbfalls seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, sofern dem Konsul von dem Reichskanzler die Ermächtigung zur Aussstellung solcher Bescheinigungen erteilt ist.
Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen zur Ausstellung der Bescheinigung statt der Gerichte andere Behörden oder Notare zuständig sind. Die Zuständigkeit ist von dem im Absatz 4 bezeichneten Gericht auf der Bescheinigung zu bestätigen.

§. 12.

Die Reichsschuldenverwaltung kann verlangen, daß mehrere Erben zur Stellung von Anträgen und zur Empfangnahme von Schuldverschreibungen eine einzelne Person zum Bevollmächtigten bestellen.

§. 13.

Vollmachten, sowie die Genehmigungserklärungen dritter Personen, zu deren Gunsten der eingetragene Gläubiger in bezug auf die Forderung oder deren Zinserträgnisse durch einen Vermerk im Reichsschuldbuch beschränkt ist, bedürfen zu ihrer Gültigkeit derselben Form, welche für die Anträge vorgeschrieben ist. Zum Widerruf einer Vollmacht genügt schriftliche Form.
Zur Löschung von persönlichen unvererblichen Einschränkungen des Gläubigerrechts oder des Verfügungsrechts, welche durch den Tod des Berechtigten erloschen sind, ist nur die Beibringung der Sterbeurkunde erforderlich; das Recht auf den Bezug rückständiger Leistungen wird hierdurch nicht berührt.
Vermerke, welche durch Zeitablauf hinfällig geworden sind, können ohne Zustimmung der Berechtigten von Amts wegen gelöscht werden.
Anträge öffentlicher Behörden bedürfen, wenn sie ordnungsmäßig unterschrieben und untersiegelt sind, keiner Beglaubigung.

§. 14.

Ueber die Eintragung von Forderungen und Vermerken sowie über die verfügte Auslieferung von Schuldverschreibungen an Stelle zur Löschung gelangter Forderungen wird dem Antragsteller und, falls der Berechtigte ein Anderer ist, auch diesem eine Benachrichtigung ertheilt.
Die Benachrichtigung gilt nicht als eine über die Forderung ausgestellte Verschreibung.

§. 15.

Von Amtswegen kann die Löschung eingetragener Forderungen und die Hinterlegung der dagegen auszuliefernden Schuldverschreibungen bei der Hinterlegungsstelle in Berlin auf Kosten des Gläubigers erfolgen:

1. wenn die Eintragung von Verpfändungen oder sonstigen Verfügungsbeschränkungen beantragt wird;
2. wenn die Forderung ganz oder theilweise im Wege der Zwangsvollstreckung oder des Arrestes gepfändet oder wenn eine einstweilige gerichtliche Verfügung über dieselbe getroffen ist;
3. wenn über das Vermögen des eingetragenen Gläubigers der Konkurs eröffnet worden ist;
4. wenn die Zinsen des eingetragenen Kapitals zehn Jahre hintereinander nicht abgehoben worden sind;
5. wenn glaubhaft bekannt geworden ist, daß der Gläubiger vor länger als zehn Jahren verstorben ist und ein Rechtsnachfolger sich nicht legitimirt hat;
6. wenn sonst ein gesetzlicher Grund zur Hinterlegung gegeben ist.
Die hinterlegten Schuldverschreibungen treten in allen rechtlichen Beziehungen an die Stelle der gelöschten Forderung.

§. 16.

Im Falle der Kündigung einer der Reichsanleihen sind die mit ihrer Forderung zu dem Zinssatze der gekündigten Anleihe eingetragenen Gläubiger schriftlich zu benachrichtigen. Die Wirksamkeit der Kündigung ist jedoch von dieser Benachrichtigung nicht abhängig.

§. 17.

Die Zahlung der Zinsen einer eingetragenen Forderung erfolgt, sofern nicht die Voraussetzungen des §. 7 Absatz 2 vorliegen, mit rechtlicher Wirkung an denjenigen, welcher am zehnten Tage des dem Fälligkeitstermine der Zinsen vorangehenden Monats eingetragener Berechtigter war.

§. 18.

Die Zinsen werden in der Zeit vom vierzehnten Tage vor bis zum achten Tage nach dem Fälligkeitstermine durch eine öffentliche Kasse, ferner innerhalb des Weltpostvereins mittels Übersendung durch die Post oder auf sonstige vom Reichskanzler zu bestimmende Weise auf Gefahr von Kosten des Berechtigten gezahlt. Bei Zahlung der Zinsen im Post-Überweisungs- und Scheckverkehre k önnen die Postgebühren mit Ausnahme der Bestellgebühren auf die Reichskasse übernommen werden. Die Bestimmung der Landeskassen, durch welche Zinsen gezahlt werden, erfolgt durch den Reichskanzler im Einvernehmen mit der Landesregierung oder durch den Bundesrath.
Kommt die Sendung als unbestellbar zurück, so unterbleiben weitere Sendungen, bis der Gläubiger die richtige Adresse angezeigt hat.

§. 19.

Aenderungen in der Person oder der Wohnung des Zinsenempfängers (§. 10 Absatz 3) werden nur berücksichtigt, wenn sie von demselben schriftlich gemeldet werden.

§. 20.

An Gebühren werden erhoben:

für die Löschung einer Reichsschuldbuchforderung zum Zwecke der Ausreichung von Reichsschuldverschreibungen ,
für je angefangene 1000 Mark Kapitalbetrag 0,75 Mark, jedoch mindestens 2 Mark.
Die Gebühren werden von dem Antragsteller, soweit nötig, im Verwaltungszwangverfahren eingezogen. Auch kann die Vorauszahlung der Gebühren gefordert werden.
An Gebühren für die gerichtliche oder notarielle Beglaubigung der Anträge sind zu erheben:

bei Beträgen bis 2.000 Mark………………………………………………………….1,50 Mark,
bei Beträgen über 2.000 Mark……………………………………………………….2,00 Mark,
soweit nicht nach landesrechtlichen Vorschriften eine geringere Gebühr zur Hebung kommt.
Im übrigen sind Beglaubigungen von Unterschriften unter Anträgen, Vollmachten und Genehmigungserklärungen, die nach ihrem Inhalt ausschließlich eine im Reichsschuldbuch einzutragende oder eingetragene Forderung betreffen, stempel- und gebührenfrei.

§. 21.

Anträge auf Eintragung oder Löschung von Forderungen und Vermerken, welche in dem dem Fälligkeitstermine der Zinsen voraufgehenden Monate eingereicht werden, sind erst nach Ablauf desselben zu erledigen.

§. 22.

Die Reichsschuldenverwaltung ist unbedingt verantwortlich:

1. dafür, daß die im Reichsschuldbuche eingetragenen Forderungen und die noch umlaufenden, mit ihnen zu gleichem Satze verzinslichen Schuldverschreibungen zusammen den gesetzlich festgestellten Betrag der betreffenden Anleihe nicht überschreiten;
2. für die Löschung, Kassation und Aufbewahrung der behufs Eintragung der Forderung eingelieferten Reichsschuldverschreibungen bis zur gänzlichen Vernichtung derselben.
Die Reichsschuldenkommission übt die fortlaufende Kontrole über diese Geschäfte.

§. 23.

Wurde gestrichen.

§. 24.

Der Zeitpunkt, mit welchem das gegenwärtige Gesetz in Kraft tritt, wird durch Kaiserliche Verordnung mit Zustimmung des Bundesraths bestimmt.
Soweit in anderen Gesetzen auf Vorschriften des Gesetzes vom 31. Mai 1891 verwiesen ist, treten an deren Stelle die entsprechenden Vorschriften des durch den Reichskanzler bekanntgemachten Textes.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Kiel Schloß, den 31. Mai 1891.
Gegeben Wiesbaden, den 06. Mai 1910.

(L. S.)  Wilhelm. 

  In Vertretung des Reichskanzlers Wermuth




Gesetz, betreffend das Aufgebot und die Amortisation verlorener oder vernichteter Schuldurkunden des Norddeutschen Bundes und des Deutschen Reichs

Titel: Gesetz, betreffend das Aufgebot und die Amortisation verlorener oder vernichteter Schuldurkunden des Norddeutschen Bundes und des Deutschen Reichs.
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1873, Nr. 11, Seite 91 – 92
Fassung vom: 12. Mai 1873
Bekanntmachung: 15. Mai 1873

(Nr. 921.) Gesetz, betreffend das Aufgebot und die Amortisation verlorener oder vernichteter Schuldurkunden des Norddeutschen Bundes und des Deutschen Reichs. Vom 12. Mai 1873.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.
verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrates und des Reichstages, was folgt:

§ 1.

Das im §. 6 des Gesetzes, betreffend den außerordentlichen Geldbedarf des Norddeutschen Bundes, vom 9. November 1867 (Bundesgesetzbl S. 157) vorgeschriebene Verfahren findet mit den in den nachfolgenden Paragraphen bestimmten Maßgaben auf solche verlorene oder vernichtete Schuldverschreibungen und Schatzanweisungen des Norddeutschen Bundes und des Deutschen Reichs Anwendung, welche entweder niemals mit Zinsscheinen versehen waren oder zu einem bereits abgelegten Theile der Bundes- oder Reichsschuld gehören.

§ 2.

Das gerichtliche Aufgebot wird ohne vorgängige Bekanntmachung der Reichsschuldenverwaltung auf Grund eines Zeugnisses der letzteren darüber,

daß die durch die verloren gegangene Urkunde verbriefte Schuld in ihren Büchern oder Etats noch offen stehe,
erlassen.

§ 3.

Der Aufgebotstermin wird mit zwölfmonatlicher Frist anberaumt.

§ 4.

Ist das Aufgebot ohne Erfolg geblieben, und wird demnächst von der Reichsschuldenverwaltung unter Wiederholung des im §. 2 erwähnten Zeugnisses bescheinigt, daß die aufgebotene Urkunde auch bis dahin nicht zum Vorschein gekommen sei, so wird das Amortisations-Erkenntniß abgefaßt.

§ 5.

Die nach §. 6 des Gesetzes vom 9. November 1867 und nach dem gegenwärtigen Gesetze erforderlichen Bekanntmachungen erfolgen durch den Deutschen Reichs-Anzeiger und durch je eine der in Frankfurt a. M., Augsburg, Leipzig und Hamburg erscheinenden Zeitungen, deren Bestimmung der Reichsschuldenverwaltung überlassen ist.

§ 6.

An Stelle der amortisirten Schuldverschreibung oder Schatzanweisung wird eine neue nicht ausgefertigt, wenn die Verbriefung des bezüglichen Theils der Bundes- oder Reichsschuld bereits geschlossen ist. In diesem Falle hat die Reichsschuldenverwaltung einer von ihr zu beglaubigenden Abschrift der mit dem Atteste der Rechtskraft versehenen Ausfertigung des Amortisations-Erkenntnisses, welche letztere bei ihren Akten aufzubewahren ist, ein Anerkenntniß der durch die amortisirte Urkunde verbrieften Forderung beizufügen. In dieses Anerkenntniß ist möglichst der vollständige Inhalt der amortisirten Urkunde und die Erklärung aufzunehmen, daß die Zahlung des Kapitals und, soweit der Gläubiger Zinsen zu fordern berechtigt ist, auch dieser von Seiten der Reichsschuldenverwaltung an den Inhaber des Anerkenntnisses ohne weitere Legitimation desselben mit voller Wirkung geschehen werde.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Berlin, den 12. Mai 1873.

(L. S.)  Wilhelm. 

  Fürst v. Bismarck.