Friedensvertrag von Versailles vom 28. Juni 1919 – Versailler Diktat
Friedensvertrag von Versailles
[Versailler Vertrag]
vom 28. Juni 1919
außer Kraft gesetzt am 29. Juni 2015 durch
RGBl-1506181-Nr13-Gesetz-Nichtigkeit-des-Versailler-Vertrages
Die Vereinigten Staaten von Amerika, das Britische Reich, Frankreich, Italien und Japan,
die in dem gegenseitigen Vertrage als die alliierten und assoziierten Hauptmächte bezeichnet sind,
Belgien, Bolivien, Brasilien, China, Cuba, Ecuador, Griechenland, Guatemala, Haïti, Hedschas, Honduras, Liberia, Nicaragua, Panama, Peru, Polen, Portugal, Rumänien, der serbisch-kroatisch-slovenische Staat, Siam, die Tschecho-Slowakeit und Uruguay,
die hier mit den obenbezeichneten Hauptmächten die alliierten und assoziierten Mächte bilden,
einerseits
und Deutschland
andererseits,
in Anbetracht,
daß; auf den Antrag der Kaiserlich Deutschen Regierung am 11. November 1918 Deutschland von den alliierten und assoziierten Hauptmächten den Waffenstillstand mit dem Ziel demnächstigen Friedensschlusses bewilligt worden ist,
daß die alliierten und assoziierten Mächte gleichfalls den Wunsch haben, an die Stelle des Krieges, in den sie nacheinander unmittelbar oder mittelbar verwickelt worden sind und der in der Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien vom 28. Juli 1914, in den Kriegserklärungen Deutschlands an Rußland vom 1. August 1914 und an Frankreich vom 3. August 1914 sowie in dem Einfall in Belgien seinen Ursprung hat, einen festen, gerechten und dauerhaften Frieden treten zu lassen;
Zu diesem Zweck sind die Hohen vertragschließenden Teile, die wie folgt vertreten sind:
Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, durch
den Ehrenwerten Woodrow Wilson, Präsidenten der Vereinigten Staaten, handelnd sowohl in seinem eigenen Namen wie aus eigener Machtbefugnis
den Ehrenwerten Robert Lansing, Staatssekrätar
den Ehrenwerten Henry White, ehemaligen außerordentlichen und bevollmächtigten Botschafter der Vereinigten Staaten in Rom und in Paris,
den Ehrenwerten Edward M. House,
den General Tasker H. Bliß, Militärbevollmächtigten der Vereinigten Staaten beim Obersten Kriegsrat;
Seine Majestät der König des Vereinigten Königreiches von Großbritannien und Irland und der Überseeischen Britischen Lande, Kaiser von Indien, durch
den Sehr Ehrenwerten David Lloyd George, M. P., erster Lord des Schatzamtes und Ministerpräsident
den Sehr Ehrenwerten Andrew Bonar Law, M. P., Großsiegelbewahrer,
den Sehr Ehrenwerten Viscount Milner, G. C. B., G. C. M. G., Staatssekretär für die Kolonien,
den Sehr Ehrenwerten Arthur James Balfour, O. M., M. P., Staatssekretär für die auswärtigen Angelegenheiten,
den Sehr Ehrenwerten George Nicoll Barnes, M. P., Minister ohne Portefeuille;
und für das Dominium Canada, durch
den Ehrenwerten Charles Joseph Doherty, Justizminister,
den Ehrenwerten Arthur Lewis Sifton, Zollminister;
für den Australischen Bund, durch
den Sehr Ehrenwerten William Morris Hughes, Justizminister und Ministerpräsidenten,
den Sehr Ehrenwerten Sir Joseph Cook, G. C. M. G., Marineminister;
für die Südafrikanische Union, durch
den Sehr Ehrenwerten General Louis Botha, Minister für die Angelegenheiten der Eingeborenen und Ministerpräsidenten,
den Sehr Ehrenwerten Gernalleutnant Jan Christiaan Smuts, K. C., Verteidigungsminister;
für das Dominium Neuseeland, durch
den Sehr Ehrenwerten William Ferguson Massey, Arbeitsminister und Ministerpräsidenten;
für Indien, durch
den Sehr Ehrenwerten Edwin Samuel Montagu, M. P., Staatssekretär für Indien,
Seine Hoheit den Gernerlamajor Maharaja Sir Ganga Singh Bahadur, Maharaja von Bikaner, G. C. S. I., G. C. I. E., G. C. V. O., K. C. B., A. D. C.;
Der Präsident des Französischen Freistaates, durch
Herrn Georges Clemenceau, Ministerpräsidenten, Kriegsminister,
Herrn Stephen Pichon, Minister der auswärtigen Angelegenheiten,
Herrn Louis-Lucien Klotz, Finanzminister,
Herrn AndréTardieu, Gerneralkommissar für die französisch-amerikanischen Kriegsangelegenheiten,
Herrn Jules Cambon, französischer Botschafter;
Seine Majestät der König von Italien, durch
den Baron S. Sonnino, Abgeordneten,
den Marquis G. Imperiali, Senator, Botschafter Sr. M. des Königs von Italien in London,
Herrn S. Crespi, Abgeordneten;
Seine Majestät der Kaiser von Japan, durch
den Marquis Saionzi, ehemaligen Präsidenten des Ministerrats,
den Baron Makino, ehemaligen Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Mitglied des diplomatischen Rats,
den Viscount Chinda, außerordentlichen und bevollmächtigten Botschafter Sr. M. des Kaisers von Japan in London,
Herrn K. Matsui außerordentlichen und bevollmächtigten Botschafter Sr. M. des Kaisers von Japan in Paris,
Herrn H. Ijuin, außerordentlichen und bevollmächtigten Botschafter Sr. M. des Kaisers von Japan in Rom;
Seine Majestät der König der Belgier, durch
Herrn Paul Hymans, Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Staatsminister,
Herrn Jules van der Heuvel, außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister, Staatsminister,
Herrn Emile Vandervelde, Justizminister, Staatsminister;
Der Präsident des Freistaates Bolivien, durch
Herrn Ismael Montes, außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister von Bolivien in Paris;
Der Präsident des Freistaates Brasilien, durch
Herrn João Pandiá Calogeras, Abgeordneten, ehemaligen Finazminister,
Herrn Raul Fernandes, Abgeordneten,
Herrn Rodrigo Octavio des L. Menezes, Professor des Völkerrechts in Rio des Janeiro;
Der Präsident des Chinesischen Freistaates, durch
Herrn Lou Tseng-Tsiang, Minister der qauswärtigen Angelegenheiten,
Herrn Chenting Thomas Wang, ehemaligen Minister für Ackerbau und Handel;
Der Präsident des Cubanischen Freistaates, durch
Herrn Antonio Sànchez de Bustamante, Dekan der juristischen Fakultät der Universität Havana, Präsident der Cubanischen Gesellschaft für Völkerrecht;
Der Präsident des Freistaates Ecuador, durch
Herrn Enrique Dorn y de Alsúa, außerordnetlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister von Ecuador in Paris;
Seine Majestät der König der Hellenen, durch
Herrn Eleftherios K. Venisélos, Präsidenten des Ministerrats,
Herrn Nicolas Politis, Minister der auswärtigen Angelegenheiten;
Der Präsident des Freistaates Guatemala, durch
Herrn Joaquin Méndez, ehemaligen Staatsminister der öffentlichen Arbeiten und des öffentlichen Unterrichts, außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister Guatemalas in Washington, außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister in besonderer Mission in Paris;
Der Präsident des Freistaates Haïti, durch
Herrn Tertullien Guilbaud, außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister von Haïti in Paris;
Seine Majestät der König der Hedschas, durch
Herrn Rustem Haïdar,
Herrn Abdul Hadi Aouni;
Der Präsident des Freistaates Honduras, durch
den Dr. Policarpo Bonilla, in besonderer Mission in Washington, ehemaligen Präsidenten des Freistaates Honduras, außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister;
Der Präsident des Freistaates Liberia, durch
den Ehrenwerten Charles Dunbar Burgeß King, Staatssekretär;
Der Präsident des Freistaates Nicaragua, durch
Herrn Salvador Chamorro, Präsidenten der Kammer der Abgeordneten;
Der Präsident des Freistaates Panama, durch
Herrn Antonio Burgos, außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister von Panama in Madrid;
Der Präsident des Freistaates Peru, durch
Hernn Carlos G. Candamo, außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister von Peru in Paris;
Der Präsident des Polnischen Freistaates, durch
Herrn Ignaz J. Paderewski, Präsidenten des Ministerrats, Minister der auswärtigen Angelegenheiten,
Herrn Roman Dmowski, Präsidenten des polnischen Nationalkomitees;
Der Präsident des Portugiesischen Freistaates, durch
den Dr. Affonso Augusto da Costa, ehemaligen Präsidenten des Ministerrats,
den Dr. Augusto Luiz Vieira Soares, ehemaliger Minister der auswärtigen Angelegenheiten;
Seine Majestät der König der Rumänen, durch
Herrn Jon J. C. Bratiano, Präsidenten des Ministerrats, Minister der auswärtigen Angelegenheiten;
den Gerneral Constantin Coanda, Kommandierender General, königlichen Flügeladjutanten, ehemaligen Präsidenten des Ministerrats;
Seine Majestät der König der Serben, Kroaten und Slovenen, durch
Herrn Nicolas P. Paschitsch, früheren Präsidenten des Ministerrats,
Herrn Ante Trumbic, Minister der auswärtigen Angelegenheiten,
Herrn Milenko Vesnitsch, außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister Sr. M. des Königs der Serben, Kroaten und Slovenen in Paris;
Seine Majestät der König von Siam, durch
Seine Hoheit den Fürsten Charoon, außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister Sr. M. des Königs von Siam in Paris,
Seine Durchlaucht den Fürsten Traidos Prabandhu, Unterstaatssekretär der auswärtigen Angelegenheiten;
Der Präsident des Tschecho-Slowakischen Freistaates, durch
Herrn Karel Kramár, Präsidenten des Ministerrats,
Herrn Eduard Benes, Minister der auswärtigen Angelegenheiten;
Der Präsident des Freistaates Uruguay, durch
Herrn Juan Antonio Buero, Minister der auswärtigen Angelegenheiten, früheren Minister für Gewerbe;
Deutschland, durch
Herrn Hermann Müller, Reichsminister des Auswärtigen,
den Dr. Bell, Reichsminister;
im Namen des Deutschen Reichs sowie im Namen aller seiner Gliedstaaten und jedes einzelnen dieser Staaten,
nach Austausch ihrer für gut und richtig befundenen Vollmachten über folgende Bestimmungen übereingekommen:
Mit dem Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags nimmt der Kriegszustand ein Ende. Von diesem Augenblick an werden unter Vorbehalt die Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrags die amtlichen Beziehungen der alliierten und assoziierten Mächte mit Deutschland und dem einen oder anderen anderen deutschen Staaten wiederaufgenommen.
Teil I.
Völkerbundssatzung.
In der Erwägung, daß es zur Förderung der Zusammenarbeit unter den Nationen und zur Gewährleistung des internationalen Friedens und der internationalen Sicherheit wesentlich ist,
bestimmte Verpflichtungen zu übernehmen, nicht zum Kriege zu schreiten;
in aller Öffentlichkeit auf Gerechtigkeit und Ehre gegründete internationale Beziehungen zu unterhalten;
die Vorschriften des internationalen Rechtes, die fürderhin als Richtschnur für das tatsächliche Verhalten der Regierungen anerkannt sind, genau zu beobachten,
die Gerechtigkeit herrschen zu lassen und alle Vertragsverpflichtungen in den gegenseitigen Beziehungen der organisierten Völker peinlich zu achten,
nehmen die Hohen vertragschließenden Teile die gegenwärtige Satzung, die den Völkerbund errichtet, an.
Ursprüngliche Mitglieder des Völkerbunds sind diejenigen Signatarmächte, deren Namen in der Anlage zu der gegenwärtigen Satzung aufgeführt sind, sowie die ebenfalls in der Anlage genannten Staaten, die der gegenwärtigen Satzung ohne jeden Vorbehalt durch eine binnen zwei Monaten nach Inkrafttreten der Satzung im Sekretariat niedergelegte Erklärung beizutreten; die Beitrittserklärung ist den andern Bundesmitgliedern bekanntzugeben.
Alle Staaten, Dominien oder Kolonien mit voller Selbstverwaltung, die nicht in der Anlage aufgeführt sind, können Bundesmitglieder werden, wenn ihre Zulassung von zwei Dritteln der Bundesversammlung ausgesprochen wird, vorausgesetzt, daß sie für ihre aufrichtige Absicht, ihre internationalen Verpflichtungen zu beobachten, wirksame gewähr leisten und die hinsichtlich ihrer Streitkräfte und Rüstungen zu Lande, zur See und in der Luft von dem Bundes festgesetzten Ordnung annehmen.
Jedes Bundesmitglied kann nach zweijähriger Kündigung aus dem Bunde austreten, vorausgesetzt, daß es zu dieser Zeit alle seine internationalen Verpflichtungen einschließlich derjenigen aus der gegenwärtigen Satzung erfüllt hat.
Artikel 2.
Der Bund übt seine in dieser Satzung bestimmte Tätigkeit durch eine Bundesversammlung und durch einen Rat, denen ein ständiges Sekretariat beigegeben ist, aus.
Artikel 3.
Die Bundesversammlung besteht aus Vertretern der Bundesmitglieder.
Sie tagt zu festgesetzten Zeitpunkten und außerdem dann, wenn die Umstände es erfordern, am Bundessitz oder an einem zu bestimmenden anderen Orte.
Die Bundesversammlung bestimmt über jede Frage, die in den Tätigkeitsbereich des Bundes fällt oder die den Weltfrieden berührt.
Jedes Bundesmitglied hat höchstens drei Vertreter in der Bundesversammlung und verfügt nur über eine Stimme.
Artikel 4.
Der Rat setzt sich aus Vertretern der alliierten und assoziierten Hauptmächte und aus den Vertretern der anderen Bundesmitglieder zusammen. Diese vier Bundesmitglieder werden von der Bundesversammlung nach freiem Ermessen und zu den Zeiten, die sie für gut befindet, bestimmt. Bis zu der ersten Bestimmung durch die Bundesversammlung sind die Vertreter Belgiens, Brasiliens, Spaniens und Griechenlands Mitglieder des Rates.
Mit Zustimmung der Mehrheit der Bundesversammlung kann der Rat andere Bundesmitglieder bestimmen, die von da ab ständig im Rat vertreten sind. Er kann mit der gleichen Zustimmung die Anzahl der Bundesmitglieder, die durch die Bundesversammlung als Vertreter in den Rat gewählt werden, erhöhen.
Der Rat tagt, wenn es die Umstände erfordern, am Bundessitz oder an einem zu bestimmenden anderen Orte, und zwar zum mindesten einmal im Jahre.
Der Rat befindet [engl. Text: in seinen Sitzungen] über jede Frage, die in den Tätigkeitsbereich des Bundes fällt oder die den Weltfrieden berührt.
Jedes im Rate nicht vertretene Bundesmitglied wird eingeladen, zur Teilnahme an der Tagung einen Vertreter abzuordnen, wenn eine seine Interessen besonders berührende Frage auf der Tagesordnung des Rates steht.
Jedes im Rate vertretene Bundesmitglied verfügt [engl. Text: in den Sitzungen des Rates] nur über eine Stimme und hat nur einen Vertreter.
Artikel 5.
Beschlüsse der Bundesversammlung oder des Rates erfordern Einstimmigkeit der in der Tagung vertretenen Bundesmitglieder, es ei den, daß in den Vorschriften dieser Satzung oder den Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrags ausdrücklich ein anderes vorgesehen ist.
Alle Verfahrensfragen, die sich im Laufe der Tagung der Bundesversammlung oder des Rates ergeben, einschließlich der Ernennung von Ausschüssen zur Untersuchung besonderer Angelegenheiten, werden durch die Bundesversammlung oder den Rat geregelt und durch die Mehrheit der anwesenden Bundesmitglieder entschieden.
Die erste Tagung der Bundesversammlung und die erste Tagung des Rates erfolgen auf Einberufung des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika.
Artikel 6.
Das ständige Sekretariat befindet sich am Bundessitz. Es besteht aus einem Generalsekretär sowie den erforderlichen Sekretären und dem erforderlichen Personal.
Der erste Generalsekretär ist in der Anlage benannt. Für die Folge wird der Generalsekretär mit der Zustimmung der Mehrheit der Bundesversammlung durch den Rat ernannt.
Die Sekretäre und das Personal des Sekretariats werden mit der Zustimmung des Rates durch den Generalsekretär ernannt.
Der Generalsekretär des Bundes ist ohne weiteres auch Generalsekretär der Bundesversammlung und des Rates.
Die Kosten des Sekretariats werden von den Bundesmitgliedern nach den Verhältnissen getragen, das für die Umlegung der Kosten des internationalen Büros des Weltpostvereins maßgebend ist.
Artikel 7.
Der Bundessitz in in Genf.
Der Rat ist berechtigt, ihn jederzeit an jeden anderen Ort zu verlegen.
Alle Ämter des Bundes oder seines Verwaltungsdienstes, einschließlich des Sekretariats, sind in gleicher Weise Männern wie Frauen zugänglich.
Die Vertreter der Bundesmitglieder und die Beauftragten des Bundes genießen in der Ausübung ihres Amtes die Vorrechte und die Unverletzlichkeit der Diplomaten.
Die dem Bund, seiner Verwaltung oder seinen Tagungen dienenden Gebäude und Grundstücke sind unverletzlich.
Die Bundesmitglieder bekennen sich zu dem Grundsatz, daß die Aufrechterhaltung des Friedens eine Herabsetzung der nationalen Rüstungen auf das Mindestmaß erfordert, das mit der nationalen Sicherheit und mit der Erzwingung internationaler Verpflichtungen durch gemeinschaftliches Vorgehen vereinbar ist.
Der Rat entwirft unter Berücksichtigung der geographischen Lage un der besonderen Verhältnisse eines jeden Staates die Abrüstungspläne und unterbreitet sie den verschiedenen Regierungen zur Prüfung und Entscheidung.
Von zehn zu zehn Jahren sind diese Pläne einer Nachprüfung und gegebenfalls einer Berichtigung zu unterziehen.
Die auf diese Weise festgesetzte Grenze der Rüstungen darf nach ihrer Annahme durch die verschiedenen Regierungen nicht ohne Zustimmung des Rates überschritten werden.
Mit Rücksicht auf die schweren Bedenken gegen die private Herstellung von Munition oder Kriegsgerät beauftragen die Bundesmitglieder den Rat, auf Mittel gegen die daraus entspringenden schlimmen Folgen Bedacht zu nehmen, und zwar unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Bundesmitglieder, die nicht in der Lage sind, selbst die für ihre Sicherheit erforderlichen Mengen an Munition und Krieggerät herzustellen.
Die Bundesmitglieder übernehmen es, sich in der offensten und erschöpfendsten Weise gegenseitig jede Auskunft über den Stand ihre Rüstung, über ihr Heer-, Flotten- und Luftschiffahrtsprogramm und über die Lage ihrer auf Kriegszwecke einstellbaren Industrien zukommen zu lassen.
Artikel 9.
Ein ständiger Ausschuß wird eingesetzt, um dem Rate sein Gutachten über die Ausführung der Bestimmungen in Artikel 1 und 8 und überhaupt über Heer-, Flotten- und Luftschiffahrtsfragen zu erstatten.
Artikel 10.
Die Bundesmitglieder verpflichten sich, die Unversehrtheit des Gebiets und die bestehende politische Unabhängigkeit aller Bundesmitglieder zu achten und gegen jeden äußeren Angriff zu wahren. Im Falle eines Angriffs, der Bedrohung mit einem Angriff oder einer Angriffsgefahr nimmt der Rat auf die Mittel zur Durchführung dieser Verpflichtung Bedacht.
Artikel 11.
Ausdrücklich wird hiermit festgestellt, daß jeder Krieg und jede Bedrohung mit Krieg, mag davon unmittelbar ein Bundesmitglied betroffen werden oder nicht, eine Angelegenheit des ganzen Bundes ist, und daß dieser die zum wirksamen Schutz des Völkerfriedens geeigneten Maßnahmen zu ergreifen hat. Tritt ein solcher Fall ein, so beruft der Generalsekretär unverzüglich auf Antrag irgend eines Bundesmitgliedes den Rat.
Es wird weiter festgestellt, daß jedes Bundesmitglied das Recht hat, in freundschaftlicher Weise die Aufmerksamkeit der Bundesversammlung oder des Rates auf jeden Umstand zu lenken, der von Einfluß auf die internationalen Beziehungen sein kann und daher den Frieden oder das gute Einvernehmen zwischen den Nationen, von dem der Friede abhängt, zu stören droht.
Alle Bundesmitglieder kommen überein, eine etwa zwischen ihnen entstehende Streitfrage, die zu einem Bruche führen könnte, entweder der Schiedsgerichtsbarkeit oder der Prüfung durch den Rat zu unterbreiten. Sie kommen ferner überein, in keinem Falle vor Ablauf von drei Monaten nach dem Spruch der Schiedsrichter oder dem berichte des Rates zum Krieg zu schreiten.
In allen in diesem Artikel vorgesehenen Fällen ist der Spruch der Schiedsrichter binnen angemessener Frist zu erlassen und der Bericht des Rates binnen sechs Monaten nach dem Tage zu erstatten, an dem er mit der Streitfrage befaßt worden ist.
Die Bundesmitglieder kommen überein, daß, wenn zwischen ihnen eine Streifrage entsteht, die nach ihrer Ansicht einer schiedsrichterlichen Lösung zugänglich ist und die auf diplomatischem Wege nicht zufriedenstellend geregelt werden kann, die Frage in ihrer Gesamtheit der Schiedsgerichtsbarkeit unterbreitet werden soll.
Streifragen über die Auslegung eines Vertrages, über alle Fragen des internationalen Rechtes, über das Bestehen jeder Tatsache, welche die Verletzung einer internationalen Verpflichtung bedeuten würde, oder über Umfang und Art der Wiedergutmachung im Falle einer solchen Verletzung gelten allgemein als solche, die einer schiedsrichterlichen Lösung zugänglich sind.
Als Schiedsgericht, dem der Streitfall unterbreitet wird, wird das Gericht tätig, das von den Parteien bestimmt wird oder das in früheren Übereinkommen von ihnen vereinbart ist.
Die Bundesmitglieder verpflichten sich, den erlassenen Schiedsspruch nach Treu und Glauben auszuführen und gegen klein Bundesmitglied, das sich dem Schiedsspruch fügt, zum Kriege zu schreiten. Im Falle der Nichtausführung des Spruches schlägt der Rat die Schritte vor, die ihm Wirkung verschaffen sollen.
Artikel 14.
Der Rat wird mit dem Entwurf eines Planes zur Errichtung eines ständigen internationalen Gerichtshofes betraut und hat den Plan den Bundesmitgliedern zu unterbreiten. Dieser Gerichtshof, befindet über alle ihm von den Parteien unterbreiteten internationalen Streitfragen. Er erstattet ferner gutachterliche Äußerungen über jede ihm vom Rate oder der Bundesversammlung vorgelegten Streifragen oder sonstigen Angelegenheiten.
Entsteht zwischen Bundesmitgliedern eine Streifrage, die zu einem Bruche führen könnte, und wird diese Streifrage nicht, wie im Artikel 13 vorgesehen, der Schiedsgerichtsbarkeit unterbreitet, so kommen die Bundesmitglieder überein, sie vor den Rate zu bringen. Zu diesem Zwecke genügt es, wenn eine der Parteien den Generalsekretär von der Streitfrage benachrichtigt; dieser veranlaßt alles Nötige zu erschöpfender Untersuchung und Prüfung.
Die Parteien haben ihm binnen kürzester Frist eine Darstellung ihres Falles mit allen einschlägigen Tatsachen und Belegstücken mitzuteilen; der Rat kann deren sofortige Veröffentlichung anordnen.
Der Rat bemüht sich, die Schlichtung der Streitfrage herbeizuführen. Gelingt es, so veröffentlicht er, soweit er es für zweckdienlich hält, eine Darstellung des Tatbestandes mit den zugehörigen Erläuterungen und dem Wortlaut des Ausgleichs.
Kann die Streitfrage nicht geschlichtet werden, so erstattet und veröffentlicht der Rat einen auf einstimmigen Beschluß oder Mehrheitsbeschluß beruhenden Bericht, der die Einzelheiten der Streitfrage und die Vorschläge wiedergibt, die er zur Lösung der Frage als die gerechtesten und geeignetsten empfiehlt.
Jedes im Rate vertretene Bundesmitglied kann gleichfalls eine Darstellung des Tatbestandes der Streitfrage und seine eigene Stellungsnahme dazu veröffentlichen.
Wird der Bericht des Rates von denjenigen seiner Mitglieder, die nicht Vertreter der Parteien sind, einstimmig angenommen. so verpflichten sich die Bundesmitglieder, gegen keine Partei, die sich dem Vorschlag fügt, zum Kriege zu schreiten.
Findet der Bericht des Rates nicht einstimmige Annahme bei denjenigen seiner Mitglieder, die nicht Vertreter der Parteien sind, so behalten sich die Bundesmitglieder das Recht vor, die Schritte zu tun, die sie zur Wahrung von Recht und Gerechtigkeit für nötig erachten.
Macht eine Partei geltend, und erkenne der Rat an, daß sich der Streit auf eine Frage bezieht, die nach internationalem Rechte zur ausdrücklichen Zuständigkeit dieser Partei gehört, so hat der Rat dies in einem Bericht festzustellen, ohne eine Lösung der Frage vorzuschlagen.
Der Rat kann in allen in diesem Artikel vorgesehenen Fällen die Streitfrage vor die Bundesversammlung bringen. Die Bundesversammlung hat sich auch auf Antrag einer der Parteien mit der Streitfrage zu befassen; der Antrag ist binnen vierzehn Tagen zu stellen, nachdem die Streifrage vor den Rat gebracht worden ist.
In jedem der Bundesversammlung unterbreiteten Falle finden auf das Verfahren und die Befugnisse der Bundesversammlung die Bestimmungen dieses Artikels und des Artikels 12, die sich auf das Verfahren und die Befugnisse der Rates beziehen, mit der Maßgabe Anwendung, daß ein Bericht, den die Bundesversammlung unter Zustimmung der Vertreter der dem Rate angehörenden Bundesmitglieder immer mit Ausschluß der Vertreter der Parteien verfaßt, dieselbe Bedeutung hat wie ein Bericht des Rates, den seine Mitglieder mit Ausnahme der Vertreter der Parteien einstimmig gutheißen.
Schreitet ein Bundesmitglied entgegen den in den Artikeln 12, 13 und 15 übernommenen Verpflichtungen zum Kriege, so wird es ohne weiteres so angesehen, als hätte es eine Kriegshandlung gegen alle anderen Bundesmitglieder begangen. Diese verpflichten sich, unverzüglich alle Handels- und Finanzbeziehungen zu ihm abzubrechen, ihren Staatsangehörigen jeden Verkehr mit den Staatsangehörigen des vertragsbrüchigen Staates zu untersagen und alle finanziellen, Handels- und persönlichen Verbindungen zwischen den Staatsangehörigen dieses Staates und jeden anderen Staates, gleichviel ob Bundesmitglied oder nicht, abzuschneiden.
In diesem Falle ist der Rat verpflichtet, den verschiedenen beteiligten Regierungen vorzuschlagen, mit welchen Land-, See- oder Luftstreitkräften jedes Bundesmitglied für sein Teil zu der bewaffneten Macht beizutragen hat, die den Bundesverpflichtungen Achtung zu verschaffen bestimmt ist.
Die Bundesmitglieder sagen sich außerdem wechselseitige Unterstützung bei der Aisführung der auf Grund dieses Artikels zu ergreifenden wirtschaftlichen und finanziellen Maßnahmen zu, um die damit verbundenen Verluste und Nachteile auf das Mindestmaß herabzusetzen. Sie unterstützen sich gleichfalls wechselseitig in dem Widerstand gegen jede Sondermaßnahme, die der vertragsbrüchige Staat gegen eines von ihnen richtet. Sie veranlassen alles Erforderliche, um den Streitkräften eines jeden Bundesmitglieds, daß an einem gemeinsamen Vorgehen zur Wahrung der Bundesverpflichtungen teilnimmt, den Durchzug durch ihr gebiet zu ermöglichen.
Jedes Mitglied, daß sich der Verletzung einer aus der Satzung entspringenden Verpflichtung schuldig macht, kann aus dem Bunde ausgeschlossen werden. Die Ausschließung wird durch Abstimmung aller anderen im Rate vertretenen Bundesmitglieder ausgesprochen.
Artikel 17.
Bei Streitfragen zwischen einem Bundesmitglied und einem Nichtmitglied oder zwischen Staaten, die Nichtmitglieder sind, werden der Staat oder die Staaten, die Nichtmitglieder sind, aufgefordert, sich für die Beilegung der Streitfrage den Bundesmitgliedern obliegenden Verpflichtungen zu unterwerfen, und zwar unter den vom Rat für gerecht erachteten Bedingungen. Wird dieser Aufforderung Folge geleistet, so gelangen unter Vorbehalt der Änderung, die der Rat für erforderlich erachtet, die Bestimmungen der Artikel 12 bis 16 zur Anwendung.
Zugleich mit dem Erlaß dieser Aufforderung eröffnet der Rat eine Untersuchung über die Einzelheit der Streitfrage und schlägt die Schritte vor, die er in dem besonderen Falle für die besten und wirksamsten hält.
Lehnt der so aufgeforderte Staat es ab, die Verpflichtungen eines Bundesmitglieds für die Beilegung der Streitfrage auf sich zu nehmen, und schreitet er zum Krieg gegen ein Bundesmitglied so finden die Bestimmungen des Artikel 16 auf ihn Anwendung.
Weigern sich beide Parteien auf die Aufforderung hin hin, die Verpflichtungen eines Bundesmitglieds für die Beilegung der Streifrage auf sich zu nehmen, so kann der Rat alle zur Vermeidung von Feindseligkeiten und zur Schlichtung des Streites geeigneten Maßnahmen ergreifen und Vorschläge machen.
Artikel 18.
Jeder Vertrag oder jede internationale Abmachung, die ein Bundesmitglied künftig abschließt, ist unverzüglich beim Sekretariat einzutragen und sobald wie möglich von ihm zu veröffentlichen. Kein solcher Vertrag und keine solche internationale Abmachung ist vor dieser Eintragung rechtsverbindlich.
Artikel 19.
Die Bundesversammlung kann von Zeit zu Zeit die Bundesmitglieder zu einer Nachprüfung der unanwendbar gewordenen Verträge und solcher internationalen Verhältnisse auffordern, deren Aufrechterhaltung den Weltfrieden gefährden könnte.
Artikel 20.
Die Bundesmitglieder erkennen, ein jedes für sein Teil, an, daß die gegenwärtige Satzung Verpflichtungen und Einzelverständigungen aufhebt, die mit ihren Bestimmungen unvereinbar sind, und verpflichten sich feierlich, solche in Zukunft nicht mehr einzugehen.
Hat ein Mitglied vor seinem Eintritt in den Bund Verpflichtungen übernommen, die mit der Satzung unvereinbar sind, so hat es die Pflicht, unverzüglich Maßnahmen zur Lösung dieser Verpflichtungen zu ergreifen.
Artikel 21.
Internationale Abreden wie Schiedsverträge und Abmachungen über bestimmte Gebiete wie die Monroe-Doktrin, welche die Erhaltung des Friedens sicherstellen, gelten nicht als mit einer der Bestimmungen der gegenwärtigen Satzung unvereinbar.
Auf die Kolonien und Gebiete, die infolge des Krieges aufgehört haben, unter der Souveränität der Staaten zu stehen, die sie vorher beherrschten, und die von solchen Völkern bewohnt sind, noch nicht imstande sind, sich unter den besonders schwierigen Bedingungen der heutigen Welt selbst zu leiten, finden die nachstehenden Grundsätze Anwendung: Das Wohlergehen und die Entwicklung dieser Völker bilden eine heilige Aufgabe der Zivilisation, und es ist geboten, in die gegenwärtige Satzung Bürgschaften für die Erfüllung dieser Aufgabe aufzunehmen.
Der beste Weg, diesem Grundsatz durch die Tat zu verwirklichen, ist die Übertragung der Vormundschaft über diese Völker an die fortgeschrittenen Nationen, die auf Grund des ihrer Hilfsmittel, ihre Erfahrungen oder ihrer geographischen Lage am besten imstande sind, eine solche Verantwortung auf sich zu nehmen, und die hierzu bereit sind; sie hätten die Vormundschaft als Mandatare des Bundes in seinem Namen zu führen.
Die Art des Mandats muß nach der Entwicklungsstufe des Volkes, nach der geographischen Lage des Gebiets, nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen und allen sonstigen Umständen dieser verschieden sein.
Gewisse Gemeinwesen, ehemals zum Türkischen Reiche gehörten, haben eine solche Entwicklungsstufe erreicht, daß sie in ihren Dasein als unabhängige Nationen vorläufig anerkannt werden können, unter der Bedingung, daß die Ratschläge und die Unterstützung eines Mandatars ihre Verwaltung bis zu dem Zeitpunkt leiten, wo sie imstande sein werden, sich selbst zu leiten. Bei der Wahl des Mandatars sind in erster Linie die Wünsche ein jener Gemeinwesen zu berücksichtigen.
Die Entwicklungsstufe, auf der sich andere Völker, insbesondere die mittelafrikanischen befinden, erfordert, daß der Mandatar dort die Verwaltung des Gebiets übernimmt. Doch ist dies an Bedingungen geknüpft. Außer der Abstellung von Mißbräuchen, wie Sklaven-, Waffen- und Alkoholhandel muß Gewissens- und Religionsfreiheit, lediglich mit den Einschränkungen, die die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und der guten Sitten erfordert, gewährleistet sein. Verbürgt muß weiter sein das Verbot der Errichtung von Belästigungen oder von Heeres- oder Flottenstützpunkten, sowie das Verbot militärische Ausbildung der Eingeborenen, soweit sie nicht lediglich polizeilichen oder Landesverteidigungszwecken dient. Den Güteraustausch und handelte anderen Bundesmitglieder muß ferner die gleiche Möglichkeit der Betätigung gesichert sein.
Endlich gibt es Gebiete wie Südwestafrika und gewisse Inseln des australischen Stillen Ozeans, die infolge ihrer schwachen Bevölkerungsdichte und geringen Ausdehnung, ihrer Entfernung von den Mittelpunkt unter Zivilisation, ihrer geographischen Nachbarschaft zum Gebiet des Mandatars oder infolge andere Umstände nicht wohl besser verwaltet werden können, als nach den Gesetzen des Mandatars und als integrierender Bestandteil seines Gebiets, unter Vorbehalt der Bürgschaften, die vorstehend dem Interesse der eingeborenen Bevölkerung vorgesehen sind.
In allen Fällen hat der Mandatar dem Rate jährlich einen Bericht über die seiner Fürsorge anvertrauten Gebiete vorzulegen.
Ist der Grad von behördlicher Machtbefugnis, Überwachung und Verwaltung, den der Mandatar ausüben soll, nicht bereits Gegenstand eines vorgängigen Übereinkommens zwischen den Bundmitgliedern, so trifft der Radio hierüber ausdrückliche Entscheidung.
Ein ständiger Ausschuß wird beauftragt, Jahresberichte der Mandatare entgegenzunehmen und zu prüfen und dem Rate über alle die Ausführung der Mandatsverpflichtungen angehenden Fragen sein Gutachten zu erstatten.
Artikel 23.
Unter Vorbehalt der Bestimmungen der schon bestehenden oder künftig abzuschließenden internationalen Übereinkommen und im Einklang mit diesen Bestimmungen übernehmen die Bundesmitglieder folgendes:
a) sie werden sich bemühen, angemessene und menschliche Arbeitsbedingungen für Männer, Frauen und Kinder zu schaffen und aufrechtzuerhalten, sowohl in ihren eigenen Gebieten, wie in allen Ländern, auf die sich ihrer Handels- und Gewerbebeziehungen erstrecken, unter diesem Zwecke die erforderlichen internationalen Stellen zu errichten und zu unterhalten;
b) sie verbürgen der eingeborenen Bevölkerung in den ihre Verwaltung unterstellten Gebieten eine gerechte Behandlung;
c) sie betrauen den Bund mit der allgemeinen Überwachung der Abmachungen, betreffend den Mädchen- und Kinderhandel sowie den Handel mit Opium und anderen schädlichen Mittel;
d) sie betrauen den Bund mit der allgemeinen Überwachung des Waffen- und Munitionshandels mit den Ländern, bei denen die Überwachung dieses Handels im allgemeinen Interesse unumgänglich ist;
e) sie werden die nötigen Anordnungen treffen, um die Freiheit des Verkehrs und der Durchfuhr sowie die gerechte Regelung des Handels aller Bundesmitglieder zu gewährleisten und aufrechtzuerhalten mit der Maßgabe, daß die besonderen Bedürfnisse der während des Krieges 1914/1918 verwüsteten Gegenden berücksichtigt werden soll;
f) sie werden sich bemühen, internationale Maßnahmen schon Vergütung und Bekämpfung der Krankheiten zu treffen.
Artikel 24.
Alle früher durch Gesamtverträge errichteten internationalen Stellen werden vorbehaltlich der Zustimmung der vertragschließenden Teile dem Bunde untergeordnet. Alle anderen künftig gebildeten internationalen Stellen und mit der Regelung von Angelegenheiten internationalen Interesses betrauten Ausschüsse werden dem Bunde untergeordnet.
In allen durch allgemeine Übereinkommen geregelten Angelegenheiten internationalen Interesses, die der Aufsicht international Ausschüsse oder Stellen nicht unterstehen, hat das Sekretariat des Bundes, auf Antrag der vertragschließenden Teile und mit Zustimmung des Rates, alle geeigneten Unterlagen zu sammeln und weiterzuleiten sowie jede nötige oder wünschenswerte Unterstützung zu gewähren.
Der Rat kann bestimmen, daß zu den Ausgaben des Sekretariats auch die Ausgaben der dem Bunde untergeordneten Stellen oder Ausschüsse gehören sollen.
Artikel 25.
Die Bundesmitglieder verpflichten sich, die Einrichtung und das Zusammenarbeiten anerkannter freiwilliger nationaler Organisationen des Roten Kreuzes zur Hebung der Gesundheit, die Vorhütung von Krankheiten und die Milderung der Leiden der Welt zu fördern und zu begünstigen.
Artikel 26.
Abänderungen der gegenwärtigen Satzung treten mit der Ratifikation durch die Gesamtheit der im Rate und die Mehrheit der in der Bundesversammlung vertretenen Bundesmitglieder in Kraft.
Jedem Bundesmitglied steht es frei, solche Abänderungen abzulehnen; in diesem Falle scheidet es aus dem Bundes aus.
I. Ursprüngliche Mitglieder des Völkerbunds, Signatarmächte des Friedensvertrags:
Vereinigte Staaten von Amerika | Hedjaz |
Belgien | Honduras |
Bolivien | Italien |
Brasilien | Japan |
Britisches Reich | Liberia |
Canada | Nikaragua |
Australien | Panama |
Südafrika | Peru |
Neuseeland | Polen |
Indien | Portugal |
China | Rumänien |
Cuba | Der derbisch-kroatische-slovenische Staat |
Ecuador | Siam |
Frankreich | Tschecho-Slovakei |
Griechenland | Uruguay. |
Guatemala | |
Haiti |
II. Erster Generalsekretär des Völkerbundes.
Der Ehrenwerte Sir James Eric Drummond,
K. C. M. G., C. B.
Teil II.
Deutschlands Grenzen.
Die Grenzen Deutschlands werden folgendermaßen festgelegt:
1. Gegen Belgien:
Von dem Treffpunkt der belgischen, niederländischen und deutschen Grenze nach Süden:
die Nordostgrenze des ehemaligen Gebietes von Neutral-Moresnet, dann die Ostgrenze des Kreises Eupen, dann die Grenze zwischen Belgien und dem Kreise Monschau, dann die Nordost- und Ostgrenze des Kreises Malmedy bis zu ihrem Treffpunkt mit der Grenze von Luxemburg.
2. Gegen Luxemburg:
Die Grenze vom 3. August 1914 bis zu ihrem Zusammentreffen mit der Grenze von Frankreich vom 18. Juli 1870.
3. Gegen Frankreich:
Die Grenze vom 18. Juli 1870 von Luxemburg bis zur Schweiz mit den in den Artikeln 48, Abschnitt IV (Saarbecken), Teil III gemachten Vorbehalten.
4. Gegen die Schweiz:
Die gegenwärtige Grenze.
5. Gegen Österreich:
Die Grenze vom 3. August 1914 von der Schweiz bis zu der im folgenden umschriebenen Tschecho-Slowakei.
6. Gegen die Tschecho-Slowakei:
Die Grenze vom 3. August 1914 zwischen Deutschland und Österreich von ihrem Treffpunkt mit der alten Verwaltungsgrenze zwischen Böhmen und der Provinz Ober-Österreich bis zu der ungefähr 8 km östlich von Neustadt vorspringenden Nordspitze der ehemaligen Provinz Österreichisch-Schlesien.
7. Gegen Polen:
Von dem oben erwähnten Punkt bis zu einem im Gelände noch zu bestimmenden Punkte etwa 2 km östlich von Lorzendorf:
die Grenze, wie sie nach Artikel 88 des gegenwärtigen Vertrags bestimmt wird;
von dort in nördlicher Richtung bis zu dem Schnittpunkt der Verwaltungsgrenze Polens mit der Bartsch:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, die Polen die Ortschaften Skorischau, Reichthal, Trembatschau, Kunzendorf, Schleise, Groß Kosel, Schreibersdorf, Rippin, Fürstlich-Niefken, Pawelau, Tscheschen, Konradau, Johannisdorf, Modzenowe, Bogdai und Deutschland die Ortschaften Lorzendorf, Kaulwitz, Glausche, Dalbersdorf, Reesewitz, Stradam, Groß Wartenberg, Kraschen, Neumittenwalde, Domaslawitz, Wedelsdorf und Tscheschen-Hammer läßt;
von dort nach Nordwesten die Verwaltungsgrenze Polens bis zu ihrem Schnittpunkt mit der Eisenbahnlinie Rawitsch-Herrnstadt;
von dort bis zum Schnittpunkt der Verwaltungsgrenze Polens mit der Straße Reisen-Tschirnau:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, die westlich von Triebusch und Gabel und östlich von Saborwitz verläuft;
von dort die Verwaltungsgrenze Polens bis zu ihrem Treffpunkt mit der östlichen Verwaltungsgrenze des Kreises Fraustadt;
von dort nach Nordwesten bis zu einem an der Straße zwischen den Ortschaften Unruhstadt und Kopnitz zu wählenden Punkte:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, die westlich der Ortschaften Geyersdorf, Brenno, Fehlen, Altkloster, Klebel und östlich der Ortschaften Ulbersdorf, Buchwald, Ilgen, Weine, Lupitze und Schwenten verläuft;
von dort nach Norden bis zum Nordende des Chlopfees:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, die der Mittellinie der Seen folgt, wobei jedoch Stadt und Bahnhof Bentschen (einschließlich des Knotenpunkts der Linien Schwiebus-Bentschen und Züllichau-Bentschen) auf polnischem Gebiete bleiben;
von dort nach Nordosten bis zum Treffpunkt der Grenzen der Kreise Schwerin, Birnbaum und Meseritz:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, die östlich von Betsche verläuft;
von dort nach Norden die Grenze zwischen den Kreisen Schwerin und Birnbaum, dann nach Osten die Nordgrenze Polens bis zum Schnittpunkt dieser Grenze mit der Netze;
von dort der lauf der Netze stromaufwärts bis zur Mündung der Küddow;
von dort der lauf der Küddow aufwärts bis zu einem etwa 6 km südöstlich von Schneidemühl noch zu wählenden Punkte;
von dort nach Nordosten bis zu der südlichen Spitze der von der Nordgrenze Polens gebildeten Einbuchtung ungefähr 5 km westlich von Stahren:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, welche in diesem Raum die Eisenbahnlinie Schneidemühl-Konitz ganz auf deutscher Seite läßt;
von dort die Grenze Polens nach Nordosten bis zu ihrer ungefähr 15 km östlich von Flatow vorspringenden Spitze;
von dort nach Nordosten bis zum Treffpunkt der Kamionka mit der Südgrenze der Kreises Konitz etwa 3 km nordöstlich von Grunau:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, die Polen die Ortschaften Jasdrowo, Groß Lutau, Klein Lutau, Wittkau und Deutschland die Ortschaften Groß Butzig, Cziskowo, Battrow, Böck und Grunau läßt;
von dort nach Norden die Grenze der Kreise Konitz und Schlochau bis zu ihrem Schnittpunkt mit der Brahe;
von dort bis zu einem 15 km östlich von Rummelsburg belegenen Punkte der Grenze Pommerns:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, die Polen die Ortschaften Konarzin, Kelpin, Adl. Briesen und Deutschland die Ortsschaften Samphol, Neuguth, Steinfort und Groß Peterkau läßt;
von dort nach Osten die Grenze Pommerns bis zu ihrem Treffpunkt mit der Grenze der Kreise Konitz und Schlochau;
von dort nach Norden die Grenze zwischen Pommern und Westpreußen bis zu dem Punkte an der Rheda (etwa 3 km nordwestlich von Gohra), wo diese eine von Nordwesten kommenden Nebenfluß aufnimmt;
von dort bis zu einem an der krümmung der Piasnitz ungefähr 1½ km nordwestlich von Warschkau zu wählenden Punkte:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie;
von dort der Lauf der Piasnitz abwärts, dann die Mittellinie des Zarnowitzer Sees und schließlich die alte Grenze Westpreußens bis zur Ostsee.
8. Gegen Dänemark:
Die Grenze, wie sie nach den Bestimmungen des Artikel 109 bis 111, Teil III, Abschnitt XII (Schleswig) festgelegt wird.
Die Grenzen Ostpreußens werden unter Vorbehalt der Bestimmungen des Abschnittes IX (Ostpreußen), Teil III wie folgt festgesetzt:
von einem Punkte an der Ostseeküste etwa 1½ km nördlich der Kirche des Dorfes Pröbbernau und in einer ungefähren Richtung von 159° (von NOrden nach Osten gerechnet):
eine im Gelände zu bestimmende Linie von ungefähr 2 km Länge;
von dort in gerader Linie auf das Leuchtfeuer, das an der Biegung der Fahrrinne nach Elbing ungefähr in 54° 19½´ nördlicher Breite und 19° 26´ östlicher Länge von Greenwich gelegen ist;
von dort bis zur östlichsten Mündung der Nogat in einer ungefähren Richtung von 209° (von Norden nach Osten gerechnet);
von dort der Lauf der Nogat aufwärts bis zu dem Punkte, wo dieser Fluß die Weichsel verläßt;
von dort die Hauptfahrrinne der Weichsel aufwärts, dann die Südgrenze des Kreises Marienwerder, dann die Südgrenze des Kreises Rosenberg nach Osten bis zu ihrem Treffpunkt mit der alten Grenze Ostpreußens;
von dort die alte Grenze zwischen West- und Ostpreußen, dann die Grenze zwischen den Kreisen Osterode und Neidenburg, dann der Lauf der Skottau abwärts, dann der Lauf der Neide aufwärts bis zu einem Punkte, der ungefähr 5 km westlich von Bialutten zunächst der alten russischen Grenze gelegen ist;
von dort nach Osten bis zu einem Punkte unmittelbar südlich des Schnittpunktes der Straße Neidenburg-Mlawa mit der alten russischen Grenze:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, die nördlich von Bialutten verläuft;
von dort die alte russische Grenze bis östlich von Schmalleningken, dann die Hauptfahrrinne der Memel (des Njemen) abwärts, dann der Skierwietharm des Deltas bis zum Kurischen Haff;
von dort eine gerade Linie bis zum Schnittpunkt der Ostküste der Kurischen Nehrung mit der Verwaltungsgrenze etwa 4 km südwestlich von Nidden;
von dort diese Verwaltungsgrenze bis zum Westufer der Kurischen Nehrung.
Artikel 29.
Die oben beschriebenen Grenzen sind in rot auf einer Karte im Maßstabe 1:1000000 eingezeichnet, die dem gegenwärtigen Vertrag unter Nummer 1 als Anlage beigefügt ist.
Im Falle von Abweichungen zwischen dem Wortlaut des Vertrags und dieser Karte oder irgendeiner anderen als Anlage beigefügten Karte ist der Wortlaut des Vertrags maßgebend.
Artikel 30.
Wenn die Grenzen durch einen Wasserweg bezeichnet sind, so bedeuten die in der Beschreibung des gegenwärtigen Vertrags gebrauchten Ausdrücke “Lauf” oder “Fahrrinne” bei nicht schiffbaren Flüssen die Mittellinie des Wasserlaufs oder seines Hauptarms, und bei schiffbaren Flüssen die Mittellinie der Hauptschiffahrtsrinne. Jedoch bleibt es den durch den gegenwärtigen Vertrag vorgesehenen Grenzregelungsausschüssen überlassen, im einzelnen festzulegen, ob die Grenzlinie den jeweiligen Veränderungen des so bezeichneten Wasserlaufs oder der so bezeichneten Fahrrinne folgen oder endgültig durch die Lage des Wasserlaufs oder der Fahrrinne bei Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags bestimmt werden soll.
Teil III.
Politische Bestimmungen über Europa.
Artikel 31.
In Anerkennung der Tatsache, daß die Verträge vom 19. April 1839, die vor dem Kriege die Rechtslage Belgiens bestimmten, durch die Verhältnisse überholt sind, stimmt Deutschland der Aufhebung dieser Verträge zu und verpflichtet sich schon jetzt zu Anerkennung und Beobachtung aller wie auch immer gearteten Übereinkommen, die die alliierten und assoziierten Hauptmächte oder einzelne von ihnen mit der belgischen oder der niederländischen Regierung zum Ersatz der genannten Verträge von 1839 etwa abschließen. Sollte sein förmlicher Beitritt zu diesem Übereinkommen oder zu einzelnen ihrer Bestimmungen gefordert werden, so verpflichtet sich Deutschland schon jetzt, diesen Beitritt zu erklären.
Artikel 32.
Deutschland erkennt die volle Souveränität Belgiens über das ganze streitige Gebiet von Moresnet (das sogenannte “Neutral-Moresnet”) an.
Artikel 33.
Deutschland verzichtet zugunsten Belgiens auf alle Rechte und Ansprüche auf das westlich der Straße Lüttich-Aachen liegende Gebiet von Preußisch-Moresnet. Die am Rande dieses Gebietes verlaufende Strecke der Straße fällt an Belgien.
Artikel 34.
Deutschland verzichtet außerdem zugunsten Belgiens auf alle Rechte und Ansprüche auf das gesamte Gebiet der Kreise Eupen und Malmedy.
Während sechs Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags werden von der belgischen Behörde in Eupen und Malmedy Listen ausgelegt; die Einwohner dieser Gebiete sind berechtigt, darin schriftlich den Wunsch auszudrücken, daß diese Gebiete ganz oder teilweise unter deutscher Souveränität verbleiben.
Es ist Sache der belgischen Regierung, das Ergebnis dieser [engl. Text: dieser öffentlichen] Äußerung der Bevölkerung zur Kenntnis des Völkerbundes zu bringen, dessen Entscheidung anzunehmen sich Belgien verpflichtet.
Artikel 35.
Ein Ausschuß von sieben Mitgliedern, von denen fünf von den alliierten und assoziierten Hauptmächten, eines von Deutschland und eines von Belgien ernannt werden, tritt zwei Wochen nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags zusammen, um an ort und Stelle unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse und der Verkehrswege die neue Grenzlinie zwischen Belgien und Deutschland festzusetzen.
Dieser Ausschuß entscheidet mit Stimmenmehrheit. Seine Entscheidungen sind für die Beteiligten bindend.
Artikel 36.
Mit dem endgültigen Übergang der Souveränität über die obenbezeichneten Gebiete erwerben die deutschen Reichsangehörigen, die in diesen Gebieten ihren Wohnsitz haben, endgültig und von Rechts wegen die belgische Staatsangehörigkeit unter Verlust der deutschen.
Indes können deutsche Reichsangehörige, die sich nach dem 1. August 1914 in diesem Gebieten niedergelassen haben, die belgische Staatsangehörigkeit nur mit Genehmigung der belgischen Regierung erwerben.
Artikel 37.
Während zweier Jahre nach dem endgültigen Übergang der Souveränität über die durch den gegenwärtigen Vertrag Belgien zugesprochenen Gebiete sind die über achtzehn Jahre alten deutschen Reichsangehörigen, die in diesen Gebieten ansässig sind, berechtigt, für die deutsche Reichsangehörigkeit zu optieren.
Die Option des Ehemannes erstreckt ihre Wirkung auf die Ehefrau, die Option der Eltern erstreckt ihre Wirkung auf Kinder unter achtzehn Jahren.
Personen, die von dem oben vorgesehenen Optionsrecht Gebrauch machen, müssen innerhalb der nächsten zwölf Monate ihren Wohnsitz nach Deutschland verlegen.
Es steht ihnen frei, das unbewegliche Gut, daß sie in den von Belgien erworbenen Gebieten besitzen, zu behalten. Sie dürfen ihr gesamtes bewegliches Gut mitnehmen. Es wird dafür keinerlei Ausfuhr- oder Ei8nfuhrzoll von ihnen erhoben.
Artikel 38.
Die deutsche Regierung hat der belgischen Regierung unverzüglich die Archive, Register, Pläne, Urkunden und Schriftstücke aller Art betreffend die Zivil-, Militär-, Finanz-, Justiz- und sonstige Verwaltung des unter die Souveränität Belgiens tretenden Gebiets zu übermitteln.
Desgleichen hat die deutsche Regierung die im Laufe des Krieges von den deutschen Behörden aus dem belgischen öffentlichen Verwaltungsstellen, namentlich aus dem Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten zu Brüssel, entnommenen Archive und Urkunden aller Art der belgischen Regierung zurückzustellen.
Artikel 39.
Umfang und Art der von Belgien auf Grund der Gebietsabtretungen zu übernehmenden finanziellen Lasten Deutschlands und Preußens werden gemäß Artikel 254 und 256 Teil IX (Finanzielle Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrags festgesetzt.
Artikel 40.
Deutschland verzichtet hinsichtlich des Großherzogtums Luxemburg auf die Geltendmachung aller Bestimmungen, die zu seinen Gunsten in den Verträgen vom 8. Januar 1842, 2. April 1847, 20./25. Oktober 1865, 18. August 1866, 21. Februar und 11. Mai 1867, 10. Mai 1871, 11. Juni 1872 und 11. November 1902 sowie in allen an die genannten Verträge sich anschließenden Übereinkommen enthalten sind.
Deutschland erkennt an, daß das Großherzogtum Luxemburg mit dem 1. Januar 1919 aufgehört hat, dem deutschen Zollverein anzugehören, verzichtet auf alle Rechte bezüglich des Eisenbahnbetriebes, stimmt der Aufhebung der Neutralisierung des Großherzogtums zu und nimmt im voraus alle internationalen Vereinbarungen an, die von den alliierten und assoziierten Mächten hinsichtlich des Großherzogtums geschlossen werden.
Artikel 41.
Deutschland verpflichtet sich, dem Großherzogtum Luxemburg auf ein entsprechendes Ersuchen der alliierten und assoziierten Hauptmächte die Vorteile und Rechte zugute kommen zu lassen, die im gegenwärtigen Vertrage zugunsten der genannten Mächte oder ihrer Staatsangehörigen in wirtschaftlicher Hinsicht sowie im Verkehrs- und Luftschiffahrtswesen ausbedungen sind.
Abschnitt III.
Linkes Rheinufer.
Es ist Deutschland untersagt, auf dem linken Ufer des Rheines und auf dem rechten Ufer westlich einer 50 km östlich des Stromes verlaufenden Linie Befestigungen beizubehalten oder anzulegen.
Ebenso ist in der im Artikel 42 bezeichneten Zone die ständige oder zeitweise Unterhaltung oder Sammlung von Streitkräften untersagt. Das gleiche gilt für jedwede militärischen Übungen und die Beibehaltung aller materiellen [engl. Text: statt “materiellen”, “ständigen”] Vorkehrungen für die Mobilmachung.
Artikel 44.
Jeder etwaige Verstoß Deutschlands gegen die Bestimmungen der Artikel 42 und 43 gilt als eine feindselige Handlung gegen die Signatarmächte des gegenwärtigen Vertrags und als Versuch einer Störung des Weltfriedens.
Als Ersatz für die Zerstörung der Kohlegruben in Nordfrankreich und als Anzahlung auf die von Deutschland geschuldete völlige Wiedergutmachung* [*Übersetzung laut dem engl. Text] der Kriegsschäden tritt Deutschland das volle und unbeschränkte, völlig schulden- und lastenfrei Eigentum an den Kohlegruben im Saarbecken, wie es im Artikel 48 abgegrenzt ist, mit dem ausschließlichen Ausbeutungsrecht an Frankreich ab.
Artikel 46.
Zur Sicherstellung der Rechte und der Wohlfahrt der Bevölkerung, und um Frankreich volle Freiheit bei der Ausbeutung der Gruben zu verbürgen, nimmt Deutschland die Bestimmungen der Kapitel I und II der beigefügten Anlage an.
Artikel 47.
Zum Zweck endgültiger, zur gegebenen Zeit unter Berücksichtigung der Wünsche der Bevölkerung vorzunehmender Regelung der Rechtsstellung des Saarbeckens nehmen Frankreich und Deutschland die Bestimmungen des Kapitels III der beigefügten Anlage an.
Die Grenzen des Saarbeckengebiets, das den Gegenstand der gegenwärtigen Bestimmungen bildet, werden, wie folgt, festgesetzt:
Im Süden und Südwesten: Die französische Grenze, wie sie in dem gegenwärtigen Vertrage festgesetzt ist;
Im Nordwesten und Norden: Die Grenzlinie folgt der nördlichen Verwaltungsgrenze des Kreises Merzig von dem Punkte, wo sie sich von der französischen Grenze trennt, bis zu ihrem Schnittpunkte mit der Verwaltungsgrenze zwischen den Gemeinden Saarhölzbach und Britten;
sie folgt dann dieses Gemeindegrenze nach Süden bis zur Verwaltungsgrenze der Bürgermeisterei Merzig derart, daß die Bürgermeisterei Mettlach mit Ausnahme der Gemeinde Britten in das Saarbeckengebiet fällt; sodann folgt sie den nördlichen Verwaltungsgrenzen der Bürgermeistereien Merzig und Haustadt, die dem Saarbeckengebiet einverleibt werden, dann nacheinander den Verwaltungsgrenzen, die die Kreise Saarlouis, Ottweiler und Sankt Wendel von den Kreisen Merzig und Trier und dem Fürstentum Birkenfeld trennen, bis zu einem Punkte ungefähr 500 Meter nördlich des Dorfes Furschweiler (Gipfelpunkt des Metzelberges);
Im Nordosten und Osten:
Von dem letztgenannten Punkt bis zu einem Punkt ungefähr 3½ km ostnordöstlich von Sankt Wedel:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, die östlich von Furschweiler, westlich von Roschwerg, östlich der Höhen 418 und 329 (südlich von Roschberg), westlich von Leitersweiler, nordöstlich der Höhe 464 verläuft und dann nach Süden der Kammlinie bis zu ihrem Treffpunkt mit der Verwaltungsgrenze des Kreises Kusel folgt;
von dort nach Süden die Grenze des Kreises Kusel, dann die des Kreises Homburg, dann in südsüdöstlicher Richtung bis zu einem Punkte ungefähr 1000 m westlich von Dunzweiler;
von dort bis zu einem Punkte ungefähr 1 km südlich von Hornbach:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, die die Höhe 424 (ungefähr 1000 m südöstlich von Dunzweiler), die Höhen 363 (Fuchsberg), 322 (südwestlich von Waldmohr) schneidet, dann östlich von Jägersburg und Erbach verläuft, dann Homburg einschließend die Höhen 361 (ungefähr 2½ km ostnordöstlich der Stadt), 342 (ungefähr 2 km südöstlich der Stadt), 357 [engl. Text: 347] (Schreinersberg), 356, 350 (ungefähr 1½ km südöstlich von Schwarzenbach) schneidet, sodann östlich von Einöd, südöstlich der Höhen 322 und 333 ungefähr 2 km östlich von Webenheim, ungefähr 2 km östlich von Mimbach verläuft, die Geländewelle, über die die Straße Mimbach-Böckweiler führt, östlich umgeht, so daß diese Straße in das Saargebiet fällt, unmittelbar nördlich der ungefähr 2 km von Altheim kommenden Straßen verläuft, dann über Ringweilerhof, das ausgeschlossen bleibt, und die Höhe 322, die eingeschlossen wird, die französische Grenze an der Biegung erreicht, die sie etwa 1 km südlich von Hornbach bildet. (Vergleiche die dem gegenwärtigen Vertrage als Anlage unter Nr. 2 beigefügte Karte im Maßstab 1:100000.)
Ein Ausschuß von fünf Mitgliedern, von denen eines von Frankreich, eines von Deutschland und drei von dem Rate des Völkerbunds, welch letzterer seine Wahl unter den Staatsangehörigen anderer Mächte zu treffen hat, ernannt werden, tritt binnen zwei Wochen nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags zusammen, um an Ort und Stelle den Verlauf der obenbeschriebenen Grenzlinie festzulegen.
Wo dieser verlauf nicht mit den Verwaltungsgrenzen zusammenfällt, wird der Ausschuß bemüht sein, dem angegebenen Verlauf unter möglichster Berücksichtigung der örtlichen Wirtschaftsinteressen und der bestehenden Gemeindegrenzen nahezukommen.
Dieser Ausschuß entscheidet mit Stimmenmehrheit. Seine Entscheidungen sind für die Beteiligten bindend.
Artikel 49.
Deutschland verzichtet zugunsten des Völkerbunds, der insoweit als Treuhänder gilt, auf die Regierung des obenbezeichneten Gebiets.
Nach Ablauf einer Frist von fünfzehn Jahren nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags wird die Bevölkerung dieses Gebietes zu einer Äußerung darüber berufen, unter welche Souveränität sie zu treten wünscht.
Die Bestimmungen, nach denen die Abtretung der Gruben des Saarbeckens zu erfolgen hat, sowie die Maßnahmen, die den Schutz der Rechte und die Wohlfahrt der Bevölkerung zugleich mit der Regierung des Gebiets sicherstellen sollen, und die Bedingungen, unter denen die oben vorgesehene Äußerung der Bevölkerung stattzufinden hat, sind in der Anlage niedergelegt, die als untrennbarer Bestandteil des gegenwärtigen Vertrags gilt und die Deutschland gutzuheißen erklärt.
Gemäß den Abreden der Artikel 45 bis 50 des gegenwärtigen Vertrags werden die Bestimmungen, nach denen die Abtretung der Gruben des Saarbeckens von Deutschland an Frankreich zu erfolgen hat, sowie die Maßnahmen, die den Schutz der Rechte und die Wohlfahrt der Bevölkerung zugleich mit der Regierung des Gebietes sicherstellen sollen, und ferner die Bedingungen, unter denen die Bevölkerung zu einer Äußerung darüber berufen werden soll, unter welche Souveränität sie zu treten wünscht, wie folgt festgesetzt:
Kapitel I.
Abtretung und Ausbeutung der Gruben.
§ 1.
Mit dem Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags erwirbt der französische Staat das volle und unbeschränkte Eigentum an sämtlichen Kohlefeldern in den Grenzen des Saarbeckens, wie sie im Artikel 48 dieses Vertrags näher umschrieben sind.
Der französische Staat hat das Recht, diese Gruben auszubeuten oder nicht auszubeuten oder das Ausbeutungsrecht an Dritte abzutreten, ohne vorher eine Ermächtigung dazu einholen oder irgendeine Förmlichkeit erfüllen zu müssen.
Der französische Staat kann jederzeit die Anwendung der weiter unten genannten deutschen Berggesetze und -verordnungen zwecks Festlegung seiner Rechte beanspruchen.
§ 2.
Das Eigentumsrecht des französischen Staates erstreckt sich auf die freien und noch nicht verliehenen sowie auf die bereits verliehenen Kohlefelder, einerlei, wer der gegenwärtige Eigentümer ist. Es begründet keinen Unterschied, ob sie dem preußischen Staate, dem bayrischen Staate, anderen Staaten oder Körperschaften, Gesellschaften oder Privatleuten gehören, auch keinen Unterschied, ob sie bereits ausgebeutet werden oder nicht, endlich keinen Unterschied, ob ein von dem Rechte des Grundeigentümers gesondertes Ausbeutungsrecht anerkannt ist oder nicht.
§ 3.
Bei den bereits erschlossenen Gruben erstreckt sich die Übertragung des Eigentums an den französischen Staat auf alle Nebenanlagen dieser Gruben, insbesondere auf die Einrichtungen und das Gerät zu Gewinnung über und unter Tage, auf das Förderungsgerät, auf die Werke zur Umwandlung von Kohle in elektrische Kraft, Koks und Nebenprodukte, Werkstätten, Verkehrswege, elektrische Leitungen, Wassersammelanlagen und Wasserleitungen, Grundstücke und Gebäude, wie Verwaltungsräume, Wohnungen von Direktoren, Angestellten und Arbeitern, auf Schulen, Krankenhäuser und Polikliniken, auf Lager und Vorräte jeder Art, auf Archive und Pläne, überhaupt auf alles, was die Eigentümer der Gruben oder diejenigen, die sie betreiben, zur Ausbeutung der Gruben und ihrer Nebenanlagen in Besitz oder Nutzung haben.
Die Übertragung erstreckt sich gleichfalls auf ausstehende Forderungen für Erzeugnisse, die vor der Besitzergreifung durch den französischen Staat und nach der Unterzeichnung des gegenwärtigen Vertrags geliefert werden, sowie auf die von Abnehmern hinterlegten Summen; der französische Staat verbürgt diesen Abnehmern ihre Ansprüche.
Der französische Staat erwirbt das Eigentum frei und ledig von allen Schulden und Lasten. Jedoch bleiben bezüglich der Alters- oder Invalidenrenten des Personals der Gruben oder ihrer Nebenanlagen die bei Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags erworbenen Rechte oder Anwartschaften unangetastet. Deutschland hat dafür dem französischen Staat die versicherungstechnischen Reserven der von dem Personal erdienten Renten zu übermitteln.
§ 5.
Der Wert des dem französischen Staat dergestalt abgetretenen Besitzes wird durch den in Artikel 233 Teil VIII (Wiedergutmachungen) des gegenwärtigen Vertrags vorgesehenen Widergutmachungsausschuß festgesetzt.
Dieser Wert wird Deutschland auf die Wiedergutmachungsschuld gutgeschrieben.
Es ist Sache Deutschlands, die Eigentümer oder Beteiligten zu entschädigen, einerlei wer sie sind.
§ 6.
Auf den deutschen Eisenbahnen und Kanälen darf kein Tarif eingeführt werden, der die Beförderung des Personals und der Erzeugnisse der gruben und ihrer Nebenanlagen sowie der für ihre Ausbeutung nötigen Stoffe durch mittel- oder unmittelbare Unterscheidungen beeinträchtigt. Diese Beförderungen genießen alle Rechte und Begünstigungen, die in internationalen Eisenbahnübereinkommen für entsprechende Erzeugnisse französischen Ursprungs gewährleistet werden.
§ 7.
Das für die Fortschaffung und Beförderung der aus den Gruben und ihren Nebenanlagen gewonnenen Erzeugnisse sowie das für die Beförderung der Arbeiter und Angestellten erforderliche Material und Personal wird von der Eisenbahnverwaltung des Beckens gestellt.
§ 8.
Erweiterungsarbeiten für die Eisenbahnen oder Wasserstraßen, die der französische Staat zur Fortschaffung und Beförderung der aus den Gruben und ihren Nebenanlagen gewonnenen Erzeugnisse für erforderlich erachtet, wie Verdoppelung der Gleise, Vergrößerung der Bahnhöfe, Einrichtung von Bahnhöfen und dazugehörigen Anlagen, steht kein Hindernis im Wege. Die Kostenverteilung erfolgt im Falle von Meinungsverschiedenheiten durch Schiedsspruch.
Der französische Staat kann ferner alle neuen Verkehrwege und -mittel, wie Straßen, elektrische Leitungen und Fernsprechverbindungen, die er für die Bedürfnisse der Ausbeutung für erforderlich erachtet, anlegen.
Es steht ihm auch ohne jede Beschränkung frei, die Verkehrswege und -mittel auszunützen, deren Eigentümer er wird, insbesondere die, welche die Gruben und ihre Nebenanlagen an das Verkehrsnetz im französischen Teil anschließen.
§ 9.
Für dem Erwerb von Grundstücken, die der französische Staat zur Ausbeutung der Gruben und ihrer Nebenanlagen für erforderlich erachtet, kann er stets die Anwendung der deutschen Berggesetze und -verordnungen nach dem Stand vom 11. November 1918 verlangen (abgesehen von den ausschließlich mit Rücksicht auf den Kriegszustand getroffenen Bestimmungen).
Der Ersatz des an Grundstücken durch die Ausbeutung dieser Gruben und ihrer Nebenanlagen verursachten Schadens wird gemäß den vorerwähnten deutschen Berggesetzen und -verordnungen geregelt.
§ 10.
Jeder Person, die der französische Staat an seiner Stelle ganz oder teilweise in seine Rechte auf Ausbeutung der Gruben oder ihrer Nebenanlagen einsetzt, kommen die in dieser Anlage festgesetzten Vorrechte zustatten.
§ 11.
Die in das Eigentum des französischen Staates übergegangenen Gruben und anderen Liegenschaften sind auf immer jeder Verfallserklärung, jedem Rücklauf, jeder Enteignung, jeder Requisition und jeder anderen das Eigentumsrecht beeinträchtigenden Maßnahme entzogen.
Das bei der Ausbeutung dieser Gruben oder ihrer Nebenanlagen verwandte Personal und Material sowie die in den Gruben gewonnenen oder in ihren Nebenanlagen verfertigten Erzeugnisse sind auf immer jeder Requisition entzogen.
Für die Ausbeutung der Gruben und ihrer Nebenanlagen, deren Eigentum auf dem französischen Staat übergeht, bleibt unter Vorbehalt der Bestimmungen des nachfolgenden § 23 auch weiterhin die Rechtsordnung maßgebend, die aus den deutschen Gesetzen und Verordnungen nach ihrem Stand vom 11. November 1918 (abgesehen von den ausschließlich mit Rücksicht auf den Kriegszustand getroffenen Bestimmungen) sich ergibt.
Die Rechte der Arbeiter bleiben unter Vorbehalt der Bestimmungen des § 23 ebenfalls weiter bestehen, so wie sie am 11. November 1918 aus den vorgenannten deutschen Gesetzen und Verordnungen sich ergaben.
Die Einführung solcher Arbeiter, die nicht aus dem Saarbecken stammen und ihre Verwendung in den Gruben oder ihren Nebenanlagen unterliegt keiner Beschränkung.
Die Arbeiter und Angestellten französischer Staatsangehörigkeit dürfen den französischen Gewerkschaften angehören.
§ 13.
Die Beiträge der Gruben und ihrer Nebenanlagen zu dem örtlichen Haushalt des Saarbeckengebiets sowie zu den Gemeindeabgaben werden unter gebührender Berücksichtigung des Verhältnisses des Wertes der Gruben zu dem gesamten steuerpflichtigen Vermögen des Saarbeckens festgesetzt.
§ 14.
Der französische Staat kann jederzeit als Nebenanlage der Gruben Volksschulen oder technische Schulen für das Personal gründen und unterhalten und den Unterricht darin in französischer Sprache nach einem von ihm festgesetzten Lehrplan durch von ihm auserwählte Lehrer erteilen lassen.
Desgleichen kann er Krankenhäuser, Polikliniken, Arbeiterhäuser und -gärten und andere Wohlfahrtseinrichtungen und gemeinnützige Anstalten gründen und unterhalten.
§ 15.
Der französische Staat hat volle Freiheit, die Verteilung und Verwendung der Erzeugnisse der Gruben und ihrer Nebenanlagen sowie die Festsetzung der Verkaufspreise nach seinem Ermessen vorzunehmen.
Die französische Regierung verpflichtet sich jedoch, ohne Rücksicht auf die Höhe der Grubenförderung, den Bedarf des örtlichen gewerblichen und häuslichen Verbrauches stets nach dem Verhältnis zu befriedigen, das im Betriebsjahr 1913 zwischen dem örtlichen Verbrauch und der Gesamtförderung des Saarbeckens bestand.
Kapitel II.
Regierung des Saarbeckengebiets.
§ 16.
Die Regierung des Saarbeckengebietes wird einem den Völkerbund vertretenden Ausschuß übertragen. Dieser Ausschuß hat seinen Sitz im Saarbeckengebiet.
§ 17.
Der im § 16 vorgesehene Regierungsausschuß besteht aus fünf Mitgliedern, die vom Rate des Völkerbunds ernannt werden. Ihm gehören an ein Franzose, ein aus dem Saargebiet stammender und dort ansässiger Nichtfranzose und 3 Mitglieder, die drei anderen Ländern als Fra´nkreich und Deutschland angehören.
Die Mitglieder des Regierungsausschusses werden auf ein Jahr ernannt; ihr Auftrag kann erneuert werden. Der Rat des Völkerbunds kann sie abberufen und sorgt für ihren Ersatz.
Die Mitglieder des Regierungsauschusses haben Anspruch auf ein Gehalt, das von dem Rat des Völkerbunds festgesetzt und aus den Einnahmen des Gebietes bezahlt wird.
§ 18.
Der Vorsitzende des Regierungsausschusses wird von dem Rat des Völkerbunds aus den Mitgliedern des Ausschusses für die Dauer eines Jahres ernannt; er kann wiederernannt werden.
Der Vorsitzende ist die ausführende Stelle des Ausschusses.
§ 19.
Der Regierungsausschuß besitzt im Saarbeckengebiet alle Regierungsbefugnisse, die früher dem Deutschen Reiche, Preußen und Bayern zustanden, einschließlich des Rechts, Beamte zu ernennen und abzuberufen und alle erforderlich erscheinenden Verwaltungsstellen und Vertretungen zu schaffen.
Er hat volle Freiheit in der Verwaltung und Ausbeutung der Eisenbahnen, Kanäle und sonstigen öffentlichen Betreibe.
Er entscheidet mit Stimmenmehrheit.
§ 20.
Deutschland hat alle in seinem Besitz oder im Besitz eines deutschen Staates oder einer örtlichen Behörde befindlichen, das Saarbeckengebiet oder die Rechte seiner Einwohner betreffenden amtlichen Urkunden und Archive der Regierung des Saarbeckens zur Verfügung zu stellen.
§ 21.
Es ist Sache des Regierungsausschusses, mit den ihm angemessen erscheinenden Mitteln und in der ihm angemessen scheinenden Weise für den Schutz der Interessen der Einwohner des Saarbeckengebiets im Ausland zu sorgen.
§ 22.
Der Regierungsausschuß hat die volle Nutznießung des gesamten Eigentums, das bisher der Deutschen Reichsregierung oder der Regierung irgendeines deutschen Staates im Saarbeckengebiet als öffentliches oder privates Staatseigentum gehörte. Auf die Gruben erstreckt sich die Nutznießung nicht.
Hinsichtlich der Eisenbahnen soll ein gemischter Ausschuß, in dem der Regierungsausschuß für das Saarbeckengebiet und die deutschen Eisenbahnen vertreten sind, eine gerechte Verteilung des rollenden Materials vornehmen.
Personen, Güter, Schiffe, Eisenbahnwagen, Fahrzeuge und Postsendungen sollen im Verkehr aus und nach dem Saarbecken alle Rechte und Vorteile genießen, die für den Durchgangsverkehr und die Beförderung in den Bestimmungen des Teils XII (Häfen, Wasserstraßen und Eisenbahnen) des gegenwärtigen Vertrags im einzelnen aufgeführt sind.
Die Gesetze und Verordnungen, die im Saarbeckengebiet am 11. November 1918 in Kraft waren, bleiben (abgesehen von den mit Rücksicht auf den Kriegszustand getroffenen Bestimmungen) in Kraft.
Sollten aus allgemeinen Gesichtspunkten oder um diese Gesetze und Verordnungen mit den Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrags in Einklang bringen, Änderungen nötig werden, so werden diese durch den Regierungsausschuß nach Äußerung der gewählten Vertreter der Bevölkerung beschlossen und eingeführt. Über die Form der Einholung dieser Äußerung entscheidet der Ausschuß.
Ohne vorgängige Befragung des französischen Staats darf keine Änderung in der im § 12 vorgesehenen gesetzlichen Ordnung des Grubenbetriebes vorgenommen werden, es sei denn, daß diese Änderung die Folge einer allgemeinen vom Völkerbund beschlossenen Regelung der Arbeitsverhältnisse ist.
Bei Festsetzung der Arbeitsbedingungen und Arbeitsstunden für Männer, Frauen und Kinder hat der Regierungsausschuß die Wünsche der örtlichen Arbeitsverbände sowie die vom Völkerbund angenommenen Grundsätze zu berücksichtigen.
§ 24.
Unter Vorbehalt der Bestimmungen des § 4 werden die Rechte der Einwohner des Saarbeckens in Versicherungs- und Rentenangelegenheiten durch keine der Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrags berührt, gleichviel, ob diese Rechte bei Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags bereits erworben sind oder entsprechende Anwartschaften bestanden haben, und gleichviel, ob sie auf irgendeinem deutschen Versicherungssystem oder auf Renten irgendwelcher Art beruhen.
Deutschland und die Regierung des Saarbeckengebiets haben alle vorerwähnten Rechte zu erhalten und zu schützen.
§ 25.
Die im Saarbeckengebiet bestehenden Zivil- und Strafgerichte werden beibehalten.
Von dem Regierungsausschuß wird ein Gerichtshof für Zivil- und Strafsachen eingesetzt, der die Berufungsinstanz für die vorerwähnten Gerichte zu bilden und auf den sachlichen Gebieten zu entscheiden hat, für die diese Gerichte nicht zuständig sind.
Innere Verfassung und Zuständigkeit dieses Gerichtshofes werden von dem Regierungsausschuß geregelt.
Die gerichtlichen Entscheidungen ergehen im Namen des Regierungsausschusses.
§ 26.
Der Regierungsausschuß hat allein das Recht, im Bereich des Saarbeckengebiets Abgaben und Steuern zu erheben.
Die Abgaben und Steuern sind ausschließlich für die Bedürfnisse des Gebiets zu verwenden.
Das Steuersystem, das am 11. November 1918 bestand, wird beibehalten, soweit die Verhältnisse es gestatten. Abgesehen von Zöllen darf keine neue Abgabe ohne vorherige Befragung der gewählten Vertreter der Bevölkerung erhoben werden.
§ 27.
Die gegenwärtige Staatsangehörigkeit der Einwohner des Saarbeckengebiets wird von diesen Bestimmungen in keiner Weise berührt.
Niemand ist gehindert, eine andere Staatsangehörigkeit zu erwerben; in solchem Falle soll der Erwerb der neuen Staatsangehörigkeit den Verlust der anderen zur Folge haben.
§ 28.
Die Einwohner behalten unter der Überwachung des Regierungsausschusses ihre örtlichen Vertretungen, ihre religiösen Freiheiten, ihre Schulen und ihre Sprache.
Das Wahlrecht darf für keine anderen als für die örtlichen Vertretungen ausgeübt werden; es steht jedem über zwanzig Jahre alten Einwohner ohne Unterschied des Geschlechts zu.
§ 29.
Einwohnern des Saarbeckengebiets, die es verlassen wollen, steht es völlig frei, ihren dortigen Grundbesitz zu behalten oder zu einem angemessenen Preise zu verkaufen und ihr bewegliches Vermögen abgabenfrei mitzunehmen.
§ 30.
Im Saarbeckengebiet besteht weder allgemeine Wehrpflicht noch freiwilliger Heeresdienst; die Anlage von Befestigungen ist verboten.
Es wird nur eine örtliche Gendarmerie zur Aufrechterhaltung der Ordnung eingerichtet.
Dem Regierungsausschuß liegt es ob, in allen eintretenden Fällen für den Schutz der Person und des Eigentums im Saarbeckengebiet zu soregen.
§ 31.
Das Saarbeckengebiet, wie es durch den Artikel 48 des gegenwärtigen Vertrages abgegrenzt ist, wird dem französischen Zollsystem eingeordnet. Der Ertrag aus den Zöllen auf die für den örtliche Verbrauch bestimmten Güter wird nach Abzug aller Erhebungskosten in den Haushalt dieses Gebietes eingestellt.
Von Erzeugnissen der Hüttenindustrie und von Kohlen, die aus dem Saarbeckengebiet nach Deutschland ausgeführt werden, wird keine Ausfuhrabgabe erhoben, ebensowenig von der deutschen Ausfuhr für die Industrien des Saarbeckengebiets.
Aus dem Saarbecken stammende Roh- und Fertigerzeugnisse sind bei ihrer Durchfuhr durch deutsches Gebiet von allen Zollabgaben befreit. Dasselbe gilt für die deutschen Erzeugnisse bei ihrer Durchfuhr durch das Saarbeckengebiet.
Die aus dem Saarbecken stammenden und von dort ausgeführten Erzeugnisse genießen während eines Zeitraumes von fünf Jahren nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags freie Einfuhr in Deutschland. Während derselben Zeit bleibt auch die deutsche Einfuhr in das Becken für Gegenstände des örtlichen Verbrauchs von Zollabgaben befreit.
Die französische Regierung behält sich vor, während dieser 5 Jahre für jeden aus dem Saarbecken ausgeführten Gegenstand, in dem zollfrei aus Deutschland kommende Rohstoffe oder Halbfertigfabrikate enthalten sind, die nach Frankreich zugelassene Menge auf den Jahresdurchschnitt der nach Elsaß-Lothringen und nach Frankreich in den Jahren 1911 bis 1913 eingeführten Mengen zu beschränken. Dieser Durchschnitt wird an der Hand der sämtlichen amtlichen Unterlagen und statistischen Urkunden festgestellt.
§ 32.
Der Umlauf französischen Geldes im Saarbeckengebiet unterliegt keinem Verbot und keiner Beschränkung.
Der französische Staat hat das recht, sich bei allen Käufen und Zahlungen und bei allen Verträgen über die Ausbeutung der Gruben oder ihrer Nebenanlagen des französischen Geldes zu bedienen.
§ 33.
Der Regierungsausschuß ist ermächtigt, alle Fragen, zu denen die Auslegung der vorstehenden Bestimmungen Anlaß geben könnte, zu entscheiden.
Frankreich und Deutschland erkennen an, daß jeder Streit, der auf einer verschiedenen Auslegung der erwähnten Bestimmungen beruht, gleichfalls dem Regierungsausschuß zu unterbreiten ist. Seine mit Stimmenmehrheit getroffene Entscheidung ist für beide Länder bindend.
§ 34.
Nach Ablauf einer Frist von fünfzehn Jahren nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags wird die Bevölkerung des Saarbeckengebiets berufen, ihren Willen, wie folgt, zu äußern:
Eine Abstimmung findet gemeinde- oder bezirksweise über folgende drei Fragen statt:
a) Beibehaltung der durch den gegenwärtigen Vertrag und diese Anlage geschaffenen Rechtsordnung,
b) Vereinigung mit Frankreich,
c) Vereinigung mit Deutschland
Stimmberechtigt ist ohne Unterschied des Geschlechts jede zur Zeit der Abstimmung über zwanzig Jahre alte Person, die bei Unterzeichnung des Vertrags in dem Gebiet gewohnt hat.
Die übrigen Vorschriften, die näheren Einzelheiten und der Zeitpunkt der Abstimmung werden von dem Rate des Völkerbunds so festgesetzt, daß eine freie, geheime und unbeeinflußte Stimmabgabe gesichert ist.
Der Völkerbund entscheidet unter Berücksichtigung des durch die Volksabstimmung ausgedrückten Wunsches darüber, unter welche Souveränität das Gebiet tritt:
a) Beschließt der Völkerbund für das ganze Gebiet oder einen Teil die Beibehaltung der durch den gegenwärtigen Vertrag und diese Anlage geschaffenen Rechtsordnung, so verpflichtet sich Deutschland schon jetzt, zugunsten des Völkerbunds auf seine Souveränität, so wie dies der Völkerbund für nötig erachtet, zu verzichten. Es ist Sache des Völkerbunds, durch geeignete Maßnahmen die endgültige Rechtsordnung mit den dauernden Interessen des Gebiets und dem allgemeinen Interesse in Einklang zu bringen;
b) beschließt der Völkerbund für das ganze Gebiet oder einen Teil die Vereinigung mit Frankreich, so verpflichtet sich Deutschland schon jetzt, in Ausführung der entsprechenden Entscheidung des Völkerbunds, alle seine Rechte und Ansprüche auf das von dem Völkerbunde näher bezeichnete Gebiet an Frankreich abzutreten;
c) beschließt der Völkerbund für das ganze Gebiet oder einen Teil die Vereinigung mit Deutschland, so ist es Sache des Völkerbunds, für Deutschlands Wiedereinsetzung in die Regierung des vom Völkerbund näher bezeichneten Gebiets zu sorgen.
Beschließt der Völkerbund die Vereinigung des ganzen Saarbeckengebiets oder eines Teiles mit Deutschland, so hat Deutschland die Eigentumsrechte Frankreichs an den in diesem Gebietsteil gelegenen Gruben im ganzen zu einem in Gold zahlbaren Preise zurückzuerstatten. Dieser Preis wird durch drei nach Stimmenmehrheit beschließende Sachverständige festgesetzt; einer dieser Sachverständigen wird von Deutschland, einer von Frankreich und einer, der weder Franzose noch Deutscher sein darf, vom Völkerbund [engl. Text: “vom Rat des Völkerbunds”] ernannt.
Deutschlands Verpflichtung zu dieser Zahlung wird von dem Wiedergutmachungsausschuß in Rücksicht gezogen werden; zu diesem Zwecke kann Deutschland in jeder vom Wiedergutmachungsausschuß gebilligten Art eine erste Hypothek an seinem Kapital und seinen Einkünften bestellen.
Sollte indes Deutschland die Zahlung ein Jahr nach dem dafür festgesetzten Tage nicht geleistet haben, so wird der Wiedergutmachungsausschuß in Übereinstimmung mit den ihm vom Völkerbund erteilten Weisungen, nötigenfalls durch Liquidation des in Frage stehenden Teils der Gruben, die Angelegenheit ordnen.
Geht infolge des im § 36 vorgesehenen Rücklaufs das Eigentum der Gruben oder eines Teiles davon an Deutschland über, so sind der französische Staat und die französischen Staatsangehörigen berechtigt, Kohlen aus dem Becken zu kaufen und zwar in der Menge, die auf Grund ihres gewerblichen und häuslichen Bedarfs zu dieser Zeit gerechtfertigt erscheint. Eine zu gegebener Zeit vom Rate des Völkerbundes zu treffende gerechte Regelung wird die Kohlemengen, die Dauer des Vertrages sowie die Preise bestimmen.
§ 38.
Es besteht Einverständnis darüber, daß Frankreich und Deutschland vor dem für die Bezahlung des Rückkaufpreises der Gruben festgesetzten Zeitpunkt besondere Vereinbarungen treffen und dadurch die Bestimmungen der §§ 36 und 37 abändern können.
§ 39.
Der Rat des Völkerbunds trifft die erforderlichen Verfügungen zur Ausgestaltung derjenigen Rechtsordnung, die nach dem Inkrafttreten der im § 35 erwähnten Entscheidungen des Völkerbunds einzuführen ist. Dise Verfügungen sollen eine angemessene Verteilung aller Verbindlichkeiten enthalten, die der Regierung des Saarbeckengebiets infolge von Anleihen, die der Ausschuß aufgenommen hat, oder infolge irgendwelcher anderen Maßnahmen obliegen.
Mit dem Inkrafttreten der neuen Rechtsordnung hören die Befignisse des Regierungsausschusses auf, ausgenommen den im § 35 Absatz a) vorgesehenen Fall.
§ 40.
Die Entscheidungen des Rates des Völkerbunds über die in dieser Anlage behandelten Gegenstände werden mit Stimmenmehrheit getroffen.
In Anerkennung der sittlichen Verpflichtung, das Unrecht wiedergutzumachen, das Deutschland im Jahre 1871 sowohl dem Rechte Frankreichs als dem Willen der trotz des feierlichen Widerspruchs ihrer Vertreter in der Versammlung zu Bordeaux von ihrem Vaterlande getrennten elsaß-lothringischen Bevölkerung gegenüber gegangen hat,
kommen die Hohen vertragsschließenden Teile über folgende Artikel überein:
Die infolge des Versailler Vorfriedens vom 26. Februar 1871 und des Frankfurter Vorfriedens vom 10. Mai 1871 an Deutschland abgretretenen Gebiete fallen mit Wirkung vom Zeitpunkte des Waffenstillstandes vom 11. November 1918 ab unter die französischen Souveränität zurück.
Die Bestimmungen der Verträge über die Grenzführung vor 1871 treten wieder in Kraft.
Artikel 52.
Die deutsche Regierung hat der französischen Regierung unverzüglich die Archive, Register, Pläne, Urkunden und Schriftstücke aller Art zu übermitteln, welche die Zivil-, Militär-, Finanz-, Gerichts- und sonstige Verwaltung der unter die französische Souveränität zurückfallenden Gebiete betreffen. Schriftstücke, Archive, Register, Urkunden oder Pläne, die etwa entfernt worden sind, hat die deutsche Regierung auf Ersuchen der französischen Regierung zurückzuschaffen.
Die Regelung der Interessen der Einwohner der im Artikel 51 bezeichneten Gebiete, besonders hinsichtlich ihrer bürgerlichen Rechte, ihres Handels und der Ausübung ihres Berufes erfolgt durch Sonderverträge zwischen Frankreich und Deutschland. Jedoch verpflichtet sich Deutschland schon jetzt, die in der beigefügten Anlage niedergelegten Vorschriften über die Staatsangehörigkeit der Einwohner der genannten Gebiete und der aus ihnen stammenden Personen anzuerkennen und anzunehmen, niemals und nirgends für die aus irgendeinem Grunde für Franzosen Erklärten die deutsche Reichsangehörigkeit zu beanspruchen, die anderen in seinem Gebiet aufzunehmen und bezüglich des Gutes der deutschen Reichsangehörigen in den im Artikel 51 bezeichneten Gebiete sich nach den Bestimmungen des Artikel 297 und der Anlage zu Abschnitt IV, Teil X (Wirtschaftliche Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrags zu richten.
Die deutschen Reichsangehörigen, die, ohne die französische Staatsangehörigkeit zu erwerben, von der französischen Regierung die Genehmigung erhalten, in den genannten Gebieten zu wohnen, sind den Bestimmungen des angeführten Artikels nicht unterworfen.
Artikel 54.
Die Personen, die kraft § 1 der beigefügten Anlage die französische Staatsangehörigkeit wiedererlangen, gelten für die Ausführung der Bestimmungen dieses Abschnitts als Elsaß-Lothringer.
Die im § 2 der bezeichneten Anlage erwähnten Personen gelten von dem Tage an, an dem sie die Verleihung der französischen Staatsangehörigkeit beantragt haben, mit rückwirkender Kraft bis zum 11. November 1918 als Elsaß-Lothringer. Bei denjenigen, deren Antrag zurückgewiesen wird, endet diese Vorzugsbehandlung mit dem tage des abschlägigen Bescheids.
Desgleichen gelten als elsaß-lothringisch die juristischen Personen, denen diese Eigenschaft von den französischen Verwaltungsbehörden oder durch eine gerichtliche Entscheidung zuerkannt wird.
Artikel 55.
Die im Artikel 51 bezeichneten Gebiete fallen an Frankreich frei und ledig von allen öffentlichen Schulden unter den im Artikel 255 Teil IX (Finanzielle Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrags vorgesehenen Bedingungen zurück.
Artikel 56.
Nach den Bestimmungen des Artikel 256 Teil IX (Finanzielle Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrags geht alles Gut und Eigentum des Deutschen Reichs oder der deutschen Staaten, das in den im Artikel 51 bezeichneten Gebieten liegt, ohne Bezahlung oder Gutschrift in französischen Besitz über.
Diese Bestimmung bezieht sich auf alles bewegliche und unbewegliche Gut öffentlichen sowie privaten Staatseigentums sowie die rechte jeder Art, die dem Reich oder den deutschen Staaten oder ihren Verwaltungsbezirken zustanden.
Das Gut der Krone und das Privateigentum des vormaligen Kaisers oder vormaliger deutscher Herrscher [engl. Text: “oder anderer deutscher Herrscher”] steht dem Staatsgut gleich.
Artikel 57.
Deutschland darf keine Verfügungen treffen, die darauf hinauslaufen, durch eine Abstempelung oder durch sonstige gesetzliche oder Verwaltungsmaßregeln, die nicht auch für den übrigen Teil seines Gebietes Geltung haben, den gesetzlichen Wert der deutschen Zahlungsmittel oder Geldsorten, die bei der Unterzeichnung des gegenwärtigen Vertrags gesetzlichen Kurs haben und sich zu dem genannten Zeitpunkt im Besitz der französischen Regierung befinden, oder ihre Eignung zur rechtswirksamen Erfüllung von Verbindlichkeiten zu beeinträchtigen.
Artikel 58.
Ein Sonderabkommen wird die Bedingungen festsetzten, nach denen die außerordentlichen Kriegsausgaben in Markwährung zurückzuzahlen sind, die Elsaß-Lothringen oder seine öffentlichen Verbände im Laufe des Krieges für Rechnung des Reiches gemäß der deutschen Gesetzgebung vorschußweise bestritten haben, wie z. B. Familienunterstützungen Kriegsteilnehmer, Beitreibungen, Einquartierungslasten, Beihilfe für Abgeschobene.
Bei der Festsetzung der Höhe dieser Beträge wird zugunsten Deutschlands der betrag verrechnet, den Elsaß-Lothringen an das Reich zur Deckung der durch solche Rückzahlungen entstehenden Ausgaben hätte zahlen müssen; und zwar ist dieser Beitrag verhältnismäßig nach den Einnahmen zu errechnen, die das Reich aus Elsaß-Lothringen im Jahre 1913 bezogen hat.
Artikel 59.
Der französischen Staat erhebt für seine eigene Rechnung die verschiedenen deutschen Steuern, Abgaben und Gebühren, die in dem im Artikel 51 bezeichneten Gebieten fällig und zur Zeit des Waffenstillstandes vom 11. November noch nicht eingezogen waren.
Artikel 60.
Die deutsche Regierung setzt unverzüglich die Elsaß-Lothringer (natürliche und juristische Personen sowie öffentliche Anstalten) wieder in den Besitz ihres gesamten, ihnen am 11. November 1918 gehörenden und auf deutschem Gebiet belegenen Gutes, sowie ihrer gesamten dort zu jenem Zeitpunkt ihnen zustehenden Rechte und Interessen.
Artikel 61.
Die deutsche Regierung verpflichtet sich, die Ausführung der in den verschiedenen Waffenstillstandsabkommen vorgesehenen finanziellen Bestimmungen, betreffend Elsaß-Lothringen, ohne Verzögerung fortzusetzen und zu beendigen.
Artikel 62.
Die deutsche Regierung verpflichtet sich, alle in Elsaß-Lothringen am 11. November 1918 erdienten Zivil- und Militärpersonen, deren Auszahlung dem Haushalt des Deutschen Reiches oblag, zu übernehmen.
Die deutsche Regierung liefert jedes Jahr die nötigen Mittel, um die Beiträge, auf welche die in Elsaß-Lothringen wohnenden Personen Anspruch in Markwährung gehabt hätten, wenn Elsaß-Lothringen unter deutscher Staatsgewalt verbleiben wäre, in Franken zum Jahresdurchschnittskurse auszuzahlen.
Artikel 63.
Bezüglich der von Deutschland in Teil VIII (Wiedergutmachungen) des gegenwärtigen Vertrags übernommenen Verpflichtungen, Ersatz für die in Gestalt von Geldstrafen der Zivilbevölkerung der alliierten und assoziierten Länder zugefügten Schäden zu leisten, stehen die Einwohner der im Artikel 51 bezeichneten Gebiete der genannten Bevölkerung gleich.
Artikel 64.
Die Grundsätze der Rhein- und Moselordnung sind in Teil XII (Häfen, Wasserstraßen und Eisenbahnen) des gegenwärtigen Vertrags niedergelegt.
Artikel 65.
Binnen drei Wochen nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags werden die Häfen von Straßburg und von Kehl für die Dauer von sieben Jahren zu einer Betriebseinheit ausgestaltet.
Die Verwaltung dieser Betriebseinheit leitet ein Direktor, den die Rheinschiffahrts-Zentralkommission ernennt und auch wiederabberufen kann.
Dieser Direktor muß französischer Staatsangehörigkeit sein.
Er untersteht der Rheinschiffahrts-Zentralkommission und hat seinen Sitz in Straßburg.
In beiden Häfen werden Freizonen gemäß Teil XII (Häfen, Wasserstraßen und Eisenbahnen) des gegenwärtigen Vertrags eingerichtet.
Ein Sonderabkommen zwischen Frankreich und Deutschland, das der Billigung der Rheinschiffahrts-Zentralkommission bedarf, bestimmt die Einzelheiten dieser Ordnung, insbesondere auf finanziellem Gebiet.
Es besteht Einverständnis, daß im Sinne dieses Artikels der Kehler Hafen alles für den Hafenverkehr und den dazu gehörigen Zugverkehr nötige Gelände umfaßt, einschließlich der die Hafeneinrichtung bildenden Binnenhäfen, Ladestraßen, Schienenwege, Dämme, Kräne, Lade- und Lagerhallen, Silos, Aufzüge und Werke mit elektrischer, aus dem Wasser gewonnenen Kraft.
Die deutsche Regierung verpflichtet sich, alle von ihr erforderten Anordnungen für die bestmögliche Zusammenstellung und Verschiebung der nach Kehl bestimmten und von dort ausgehenden Züge sowohl rechts- wie linksrheinisch zu treffen.
Alle Eigentums- und sonstigen Rechte von Privatpersonen [Die engl. Fassung spricht von “property rights” im allgemeinen ohne sich auf die Rechte von Privatpersonen zu beschränken. Sie erwähnt dagegen nicht die sonstigen Rechte] bleiben gewahrt; insbesondere hat die Hafenverwaltung sich jedes Eingriffs in die Eigentumsrechte der französischen oder badischen Eisenbahnen zu enthalten.
In beiden Häfen wird den Staatsangehörigen, Schiffen und Gütern sämtlicher Nationen gleichmäßige Behandlung in bezug auf den Handel zugesichert.
Ist Frankreich nach Ablauf des sechsten Jahres der Ansicht, daß der Stand der Straßburger Hafenarbeiten eine Verlängerung dieser Übergangsordnung erheischt, so steht ihm frei, sie bei der Rheinschiffahrts-Zentralkommission zu beantragen. Diese kann sie für eine Zeit von höchstens drei Jahren bewilligen.
Während der ganzen Dauer der Verlängerung bleiben die oben erwähnten Freizonen bestehen.
Bis zur Ernennung des ersten Direktors durch die Rheinschiffahrts-Zentralkommission kann ein vorläufiger Direktor, der französischer Staatsangehörigkeit sein muß, von den alliierten und assoziierten Hauptmächten unter den oben angeführten Bedingungen ernannt werden.
Alle mit diesem Artikel zusammenhängenden Fragen werden von der Rheinschiffahrts-Zentralkommission mit Stimmenmehrheit entschieden.
Artikel 66.
Die Eisenbahn- und anderen Brücken, die gegenwärtig im Bereich von Elsaß-Lothringen über den Rhein führen, werden in allen ihren Teilen und in ihrer ganzen Länge Eigentum des französischen Staates, dem ihre Unterhaltung obliegt.
Artikel 67.
Die französische Regierung tritt in alle Rechte des Deutschen Reichs auf allen gegenwärtig in Betrieb oder im Bau befindlichen Eisenbahnstrecken ein, die unter Verwaltung der Reichseisenbahnen stehen.
Daselbe gilt für die Rechte des Reiches hinsichtlich der Eisenbahn- und Straßenbahnkonzessionen in den im Artikel 51 bezeichneten Gebieten.
Aus diesem Eintritt in die deutschen Rechte erwächst dem französischen Staat keine Verpflichtung zu irgendwelcher Zahlung.
Die Grenzbahnhöfe werden durch ein späteres Abkommen festgelegt, wobei im voraus festgesetzt wird, daß sie an der Rheingrenze auf dem rechten Rheinufer liegen sollen.
Artikel 68.
Entsprechend den Bestimmungen des Artikels 268 Kapitel I, Abschnitt I, Teil X (Wirtschaftliche Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrags genießen während eines Zeitraums von fünf Jahren nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags die Roh- und Fertigerzeugnisse, die aus den im Artikel 51 bezeichneten Gebieten stammen und aus ihnen ausgeführt werden, bei Eingang in das deutsche Zollgebiet volle Zollfreiheit.
Die französische Regierung behält sich vor, jedes Jahr durch einen der deutschen Regierung kundgegebenen Erlaß die Art und die Menge der Erzeugnisse zu bestimmen, denen diese Zollfreiheit zustatten kommt.
Die jährliche Menge der Erzeugnisse, die auf diese Weise nach Deutschland geschickt werden dürfen, darf den Jahresdurchschnitt der Jahre 1911 bis 1913 nicht überschreiten.
Außerdem verpflichte sich die deutsche Regierung, während der genannten fünf Jahre frei von allen Zollabgaben oder sonstigen Lasten, einschließlich der inneren Steuern, aus Deutschland aus- und dorthin wieder einführen zu lassen: Garne, Gewebe und andere Textilstoffe oder -erzeugnisse jeder Art und in jedem Zustand, die aus Deutschland in die im Artikel 51 bezeichneten Gebiete zwecks irgendwelcher Veredelung, wie z. B. zum Bleichen, Färben, Bedrucken, Merzerisieren, Garzieren, Zwirnen oder Zurichten eingeführt werden.
Artikel 69.
Während eines Zeitraums von zehn Jahren nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags sind die auf deutschem Gebiete liegenden Kraftwerke, die die im Artikel 51 bezeichneten Gebiete oder irgendeine Anlage, deren Betrieb entgültig oder vorläufig von Deutschland an Frankreich übergeht, mit Elektrizität versorgen, verpflichtet, diese Versorgung bis zur Höhe des Verbrauchs fortzusetzen, der den am 11. November 1918 gültigen Abschlüssen und Verträgen entspricht.
Der Strom ist nach den in Kraft befindlichen Verträgen und zu Sätzen zu liefern, welche die von den deutschen Reichsangehörigen an die Werke gezahlten Sätze nicht übersteigen dürfen.
Artikel 70.
Es besteht Einverständnis, daß die französische Regierung das Recht behält, in Zukunft in den im Artikel 51 bezeichneten Gebieten jegliche neue deutsche Beteiligung
1. an der Verwaltung oder Ausnutzung des öffentlichen Eigentums und der öffentlichen Anstalten, wie Eisenbahnen, Schiffahrtsstraßen, Wassert-, Gas- und Elektrizitätsversorgung usw.;
2. an dem Eigentum der Gruben und Steinbrüche aller Art und der damit zusammenhängenden Betriebe;
3. endlich an den Hüttenwerken, auch wenn ihr Betrieb in keiner Weise mit dem einer Grube in Verbindung steht,
zu verbieten.
Artikel 71.
In den im Artikel 51 bezeichneten Gebieten verzichtet Deutschland für sich und seine Angehörigen mit Wirkung vom 11. November 1918 ab auf Geltendmachung der Bestimmungen des Gesetzes vom 25 Mai 1910 über den Handel mit Kalisalzen sowie überhaupt aller Bestimmungen über die Mitwirkung deutscher Stellen bei der Ausbeutung der Kaligruben. Es verzichtet desgleichen für sich und seine Angehörigen auf Geltendmachung aller Abmachungen, Bestimmungen oder Gesetze, die bezüglich anderer Erzeugnisse der genannten Gebiete zu seinem Vorteil bestehen.
Artikel 72.
Die Fragen, betreffend die vor dem 11. November 1918 zwischen dem Reich und den deutschen Staaten oder ihren in Deutschland wohnenden Angehörigen einerseits und den in Elsaß-Lothringen wohnenden Elsaß-Lothringern andererseits entstandenen Schuldverhältnisse werden gemäß den Bestimmungen des Abschnitts III Teil X (Wirtschaftliche Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrags geregelt, und zwar mit der Maßgabe, daß an die Stelle des Ausdrucks “vor dem Kriege” der Ausdruck “vor dem 11. November 1918” tritt. Umrechnungskurs bei dieser Regelung ist der an der Genfer Börse während des Monats vor dem 11. November 1918 notierte Durchschnittkurs.
In den im Artikel 51 bezeichneten Gebieten kann zur Abwicklung der genannten Schuldverhältnisse unter den in Abschnitt III Teil X (Wirtschaftliche Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrags vorgesehenen Bedingungen ein besonderes Prüfungs- und Ausgleichsamt errichtet werden, und zwar besteht Einverständnis, daß dies Amt als Landesamt gemäß § 1 der Anlage jenes Abschnitts zu gelten hat.
Artikel 73.
Für die privaten Güter, Rechte und Interessen der Elsaß-Lothringer in Deutschland sind die Bestimmungen des Abschnitts IV Teil X (Wirtschaftliche Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrags maßgebend.
Artikel 74.
Die französische Regierung behält sich das Recht vor, alle Güter, Rechte und Interessen, die am 11. November 1918 deutsche Reichsangehörige oder von Deutschland abhängige Gesellschaften in den im Artikel 51 bezeichneten Gebieten besaßen, unter den im letzten Absatz des obigen Artikels 53 festgesetzten Bedingungen einzubehalten und zu liquidieren.
Deutschland hat seine durch diese Liquidation enteigneten Angehörigen unmittelbar zu entschädigen.
Die Verwendung des Erlöses dieser Liquidationen regelt sich gemäß den Bestimmungen der Abschnitte III und IV Teil X (Wirtschaftliche Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrags.
Artikel 75.
Unter Abweichung von den in Abschnitt V Teil X (Wirtschaftliche Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrags vorgesehenen Bestimmungen bleiben alle Verträge in Kraft, die, bevor das französische Dekret vom 30. November 1918 in Elsaß-Lothringen verkündet wurde, zwischen Elsaß-Lothringern (natürlichen und juristischen Personen) oder anderen Einwohnern Elsaß-Lothringens einerseits und dem Reich oder den deutschen Staaten oder deren in Deutschland wohnenden Angehörigen andererseits abgeschlossen sind und deren Ausführung durch den Waffenstillstand oder durch die spätere französische Gesetzgebung ausgesetzt worden ist.
Indes sind alle Verträge aufgehoben, deren Auflösung im allgemeinen Interesse die französischen Regierung binnen sechs Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags Deutschland mitteilt. Ausgenommen bleiben die Schuldforderungen und sonstigen Geldverbindlichkeiten, die sich aus einer vor dem 11. November 1918 auf Grund eines solchen Vertrags bereits vollzogenen Rechtshandlung oder Zahlung ergeben. Hat diese Auflösung für eine der Parteien einen erheblichen Nachteil zur Folge, so wird der geschädigten Partei eine angemessene Entschädigung zugebilligt, die aber lediglich nach dem angelegten Kapital ohne Rücksicht auf den entgangenen Gewinn berechnet wird.
Für Verjährung, Ausschlußfrist und Verfall gelten in Elsaß-Lothringen die in Artikel 300 und 301 Abschnitt V Teil X (Wirtschaftliche Bestimmungen) enthaltenen Bestimmungen, und zwar mit der Maßgabe, daß an die Stelle des Ausdrucks “Kriegsausbruch” der Ausdruck “11. November 1918” und an die Stelle des Ausdrucks “Kriegsdauer” der Ausdruck “Zeit vor dem 11. November 1918 bis zum Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags” tritt.
Artikel 76.
Die Fragen des gewerblichen, literarischen und künstlerischen Eigentums der Elsaß-Lothringer regelt sich nach den allgemeinen Bestimmungen des Abschnitts VII Teil X (Wirtschaftliche Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrags, und zwar mit der Maßgabe, daß die Elsaß-Lothringer, denen derartige Rechte nach der deutschen Gesetzgebung zustehen, den vollen und unbeschränkten Genuß dieser Rechte im deutschen Gebiet behalten.
Artikel 77.
Das Deutsche Reich verpflichtet sich, den Anteil der Straßburger Invaliden- und Altersversicherungsanstalt an den gesamten zum Zweck der Invaliden- und Altersversicherung gesammelten Rückstellungen des Reiches oder von ihm abhängiger öffentlicher oder privater Stellen an den französischen Staat abzuführen.
Das gleiche gilt für die in Deutschland angelegten Kapitalien und Rückstellungen, die rechtlich den anderen sozialen Versicherungsträger, den Knappschaftskassen, der Eisenbahn-Pensionskasse von Elsaß-Lothringen oder solchen anderen Pensionskassen zustehen, die für das Personal der öffentlichen Verwaltung und Anstalten errichtet sind und in Elsaß-Lothringen arbeiten, sowie für die Kapitalien und Rückstellungen, welche die Reichsversicherungsanstalt für Angestellte in Berlin auf Grund von Verpflichtungen zugunsten von in Elsaß-Lothringen wohnenden Versicherten dieser Art schuldet.
Ein Sonderabkommen legt die Bedingungen und Einzelheiten dieser Übertragungen fest.
Artikel 78.
Für Vollstreckung von Urteilen, für Einlegung von Rechtsmitteln und für Strafverfolgung gelten folgende Regeln:
1. Alle seit dem 3. August 1914 zwischen Elsaß-Lothringern oder zwischen Elsaß-Lothringern und Ausländern oder zwischen Ausländern in bürgerlichen oder Handelssachen ergangenen Urteile erlsaß-lothringischer Gerichte, die vor dem 11. November 1918 Rechtskraft erlangt haben, gelten als endgültig und ohne weiteres vollstreckbar.
Ist das Urteil zwischen Elsaß-Lothringern und Deutschen oder zwischen Elsaß-Lothringern und Staatsangehörigen der mit Deutschland verbündeten Mächte ergangen, so wird es erst vollstreckbar, nachdem das entsprechende neue Gericht des wiederangegliederten im Artikel 51 bezeichneten Gebiets ein Vollstreckungsurteil erlassen hat.
2. Alle seit dem 3. August 1914 wegen politischer Verbrechen oder Vergehen gegen Elsaß-Lothringer von deutschen Gerichten gefällten Urteile gelten als nichtig.
3. Alle Entscheidungen des Reichsgerichts in Leipzig, die nach dem 11. November 1918 infolge der Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Entscheidungen der elsaß-lothringischen Gerichte ergangen sind, gelten als null und nichtig und sind aufzuheben. Die solchen reichsgerichtlichen Entscheidungen zu Grunde liegenden Akten der Vorinstanzen sind an die betreffenden elsaß-lothringischen Gerichte zurückzusenden.
Kein beim Reichsgericht gegen Entscheidungen elsaß-lothringischer Gerichte eingelegtes Rechtsmittel wird weiter verfolgt. Die Akten werden in der oben angegebenen Weise zurückgesandt und unverzüglich an den französischen Kassationshof weitergeleitet, der für die Entscheidung zuständig ist.
4. Alle Verfolgungen in Elsaß-Lothringen wegen Straftaten, die in der Zeit vom 11. November 1918 bis zum Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags begangen worden sind, werden nach den deutschen Gesetzen durchgeführt, soweit diese nicht von den französischen Behörden durch ordnungsgemäß an Ort und Stelle veröffentlichte Erlasse abgeändert oder ersetzt worden sind.
5. Alle anderen Zuständigkeits-, Verfahrens- sowie Justizverwaltungsfragen werden durch ein Sonderabkommen zwischen Frankreich und Deutschland geregelt.
Artikel 79.
Die anliegenden Zusatzbestimmungen über die Staatsangehörigkeit haben gleiche Kraft und Geltung wie die Bestimmungen dieses Abschnitts.
Alle anderen Elsaß-Lothringen betreffenden Fragen, die nicht in diesem Abschnitt und seiner Anlage oder in den allgemeinen Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrags geregelt sind, sollen Gegenstand späterer Übereinkommen zwischen Frankreich und Deutschland bilden.
Mit Wirkung vom 11. November 1918 erlangen von Rechtswegen die französische Staatsangehörigkeit wieder:
1. Die Personen, die durch den französisch-deutschen Vertrag vom 10. Mai 1871 die französische Staatsangehörigkeit verloren und seitdem keine andere als die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben;
2. die ehelichen oder unehelichen Nachkommen der unter der vorstehenden Nummer genannten Personen mit Ausnahme derer, die unter ihren Vorfahren väterlicherseits einen nach dem 15. Juli 1870 nach Elsaß-Lothringen eingewanderten Deutschen haben;
3. alle in Elsaß-Lothringen von unbekannten Eltern Geborenen und die Personen, deren Staatsangehörigkeit unbekannt ist.
Innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags können Personen, die einer der folgenden Gattungen angehören, Anspruch auf die französische Staatsangehörigkeit erheben:
1. jede Person , die nicht auf Grund des § 1 die französische Staatsangehörigkeit wiedererlangt hat und die unter ihren Vorfahren einen Franzosen oder eine Französin zählt, welche die französische Staatsangehörigkeit unter den im genannten Paragraphen vorgesehenen Umständen verloren haben;
2. jeder Ausländer, die nicht Staatsangehöriger eines deutschen Staates ist und der die elsaß-lothringische Staatsangehörigkeit vor dem 3. August 1914 erworben hat;
3. jeder Deutsche mit Wohnsitz in Elsaß-Lothringen, wenn er diesen Wohnsitz schon vor dem 15. Juli 1870 hatte oder wenn einer seiner Vorfahren zu jener Zeit seinen Wohnsitz in Elsaß-Lothringen hatte;
4. jeder Deutsche, der in Elsaß-Lothringen geboren ist oder dort seinen Wohnsitz hat, der während des jetzigen Krieges in den Reihen der alliierten oder assoziierten Heere gedient hat, sowie seine Nachkommen;
5. alle Personen, die vor dem 10. Mai 1871 in Elsaß-Lothringen von ausländischen Eltern geboren sind, sowie ihre Nachkommen;
6. der Ehegatte jeder Person, die entweder nach § 1 die französische Staatsangehörigkeit wiedererlangt hat oder auf die französische Staatsangehörigkeit nach Maßgabe der vorstehenden Bestimmungen Anspruch erhebt und sie erlangt.
Das Recht, den Anspruch auf Verleihung der französischen Staatsangehörigkeit an einen Minderjährigen geltend zu machen, steht seinem gesetzlichen Vertreter zu; macht dieser von dem Rechte keinen Gebrauch, so kann der Minderjährige selbst innerhalb eines Jahres nach erreichter Volljährigkeit die Verleihung der französischen Staatsangehörigkeit beanspruchen.
Außer im Fall der Nr. 6 dieses Paragraphen kann der Antrag auf Verleihung der Staatsangehörigkeit von der französischen Behörde im Einzelfall abgelehnt werden.
§ 3.
Soweit nicht die Bestimmungen des § 2 Platz greifen, erwerben Deutsche, die in Elsaß-Lothringen geboren sind oder ihren Wohnsitz haben, selbst wenn sie die elsaß-lothringische Staatsangehörigkeit besitzen, die französische Staatsangehörigkeit nicht durch die bloße Tatsache des Rückfalls von Elsaß-Lothringen an Frankreich.
Sie können diese Staatsangehörigkeit nur im Wege der Einbürgerung erlangen, und auch nur dann, wenn sie in Elsaß-Lothringen vor dem 3. August 1914 ihren Wohnsitz hatten und einen ununterbrochenen Aufenthalt in dem wieder angegliederten Gebiet während dreier Jahre gerechnet vom 11. November 1918 ab nachweisen können.
Von der Einreichung ihres Einbürgerungsantrags ab übernimmt Frankreich allein ihren diplomatischen und konsularischen Schutz.
§ 4.
Die Grundsätze, nach denen die Festsetzung eines kraft Gesetzes eingetretenen Wiedererwerbs der französischen Staatsangehörigkeit erfolgt, bestimmt die französische Regierung. Das gleiche gilt für die Art und Weise, in der über die Ansprüche auf Verleihung der französischen Staatsangehörigkeit und über die in der gegenwärtigen Anlage vorgesehenen Einbürgerungsanträge entschieden wird.
Artikel 80.
Deutschland erkennt die Unabhängigkeit Österreichs innerhalb der durch Vertrag zwischen diesem Staate und den alliierten und assoziierten Hauptmächten festzusetzenden Grenzen an und verpflichtet sich, sie unbedingt zu achten; es erkennt an, daß diese Unabhängigkeit unabänderlich ist, es sei denn, daß der Rat des Völkerbunds einer Abänderung zustimmt.
Abschnitt VII.
Tschecho-Slowakei.
Artikel 81.
Deutschland erkennt, wie die alliierten und assoziierten Mächte es schon getan haben, die vollständige Unabhängigkeit der Tschecho-Slowakei an, die das autonome Gebiet der Ruthenen südlich der Karpaten mit einbegreift. Es erklärt sein Einverständnis mit der Abgrenzung dieses Staates, wie sie durch die alliierten und assoziierten Hauptmächte und die anderen beteiligten Staaten erfolgen wird.
Artikel 82.
Die Grenze zwischen Deutschland und der Tschecho-Slowakei bildet die alte Grenze zwischen Österreich-Ungarn und dem Deutschen Reich, so wie sie am 3. August 1914 bestand.
Artikel 83.
Deutschland verzichtet zugunsten der Tschecho-Slowakei auf alle Rechte und Ansprüche auf den folgendermaßen umschriebenen Teil des schlesischen Gebietes:
von einem Punkte ab, der etwa 2 km südöstlich von Katscher auf der Grenze der Kreise Leobschütz und Ratibor liegt:
die Grenze zwischen den beiden Kreisen;
dann die alte Grenze zwischen Deutschland und Österreich-Ungarn bis zu einem Punkte, der an der Oder hart südlich der Eisenbahnlinie Ratibor-Oderberg liegt;
von dort nach Nordwesten bis zu einem Punkte ungefähr 2 km südöstlich von Katscher:
eine im Gelände nach zu bestimmende Linie, die westlich von Kranowitz verläuft.
Ein aus sieben Mitgliedern zusammengesetzter Ausschuß, von denen fünf durch die alliierten und assoziierten Hauptmächte, eines von Polen und eines von der Tschecho-Slowakei ernannt werden, tritt zwei Wochen nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags zusammen, um an ort und Stelle die Grenzlinie zwischen Polen und der Tschecho-Slowakei festzusetzen.
Dieser Ausschuß entscheidet mit Stimmenmehrheit. Seine Entscheidungen sind für die Beteiligten bindend.
Deutschland verzichtet bereits jetzt zugunsten der Tschecho-Slowakei auf alle Rechte und Ansprüche auf den von den nachstehend bezeichneten Grenzen eingefaßten Teil des Kreises Leobschütz für den fall, daß infolge der deutschpolnischen Grenzfestsetzung der bezeichnete Teil dieses Kreises den Zusammenhang mit Deutschland verlieren sollte:
von dem Südostende des Vorsprungs der alten österreichischen Grenze etwa 5 km westlich von Leobschütz in südlicher Richtung bis zum Treffpunkt mit der Grenze der Kreise Leobschütz und Ratibor:
die alte Grenze zwischen Deutschland und Österreich-Ungarn;
dann nach Norden die Verwaltungsgrenze zwischen den Kreisen Leobschütz und Ratibor bis zu einem Punkte etwa 2 km südöstlich von Katscher;
von dort gegen Nordwesten bis zum Ausgangspunkt dieser Grenzbeschreibung:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, die östlich von Katscher verläuft.
Artikel 84.
Die deutschen Reichsangehörigen, die ihren Wohnsitz in irgendeinem als Bestandteil der Tschecho-Slowakei anerkannten Gebiet haben, erwerben von Rechts wegen die tschecho-slowakische Staatsangehörigkeit unter Verlust der deutschen.
Artikel 85.
Zwei Jahre lang nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags sind die über achtzehn Jahre alten deutschen Reichsangehörigen, die in irgendeinem der als Bestandteil der Tschecho-Slowakei anerkannten Gebiete ansässig sind, berechtigt, für die deutsche Reichsangehörigkeit zu optieren. Die Tschecho-Slowaken, die deutsche Reichsangehörigkeit besitzen und in Deutschland wohnen, sind ebenso berechtigt, für die tschecho-slowakische Staatsangehörigkeit zu optieren.
Die Option des Ehemannes erstreckt ihre Wirkung auf die Ehefrau, die Option der Eltern erstreckt ihre Wirkung auf Kinder unter achtzehn Jahren.
Personen, die von dem oben vorgesehenen Optionsrecht Gebrauch machen, müssen in den nächsten zwölf Monaten ihren Wohnsitz in den Staat verlegen, für den sie optiert haben.
Es steht ihnen frei, das unbewegliche Gut zu behalten, das sie im Gebiete des anderen Staates besitzen, in dem sie vor der Option wohnten. Sie dürfen ihr gesamtes bewegliche Gut mitnehmen. Es wird dafür keinerlei Ausfuhr- oder Einfuhrzoll von ihnen erhoben.
Innerhalb derselben Frist haben die Tschecho-Slowaken, die deutschen Reichsangehörigen sind und sich im Ausland befinden, das Recht, – falls dies den Bestimmungen des fremden Gesetzes nicht zuwiderläuft und falls sie nicht die fremde Staatsangehörigkeit erworben haben – die tschecho-slowakische Staatsangehörigkeit unter Verlust der deutschen nach Maßgabe der von der Tschecho-Slowakei erlassenen Vorschriften zu erwerben.
Artikel 86.
Die Tschecho-Slowakei ist damit einverstanden, daß die alliierten und assoziierten Hauptmächte in einen mit ihr zu schließenden Vertrag die Bestimmungen aufzunehmen, die sie zum Schutze der Interessen der nationalen, sprachlichen und religiösen Minderheiten in der Tschecho-Slowakei für notwendig erachten, und genehmigt damit diese Bestimmungen.
Auch ist die Tschecho-Slowakei damit einverstanden, daß die alliierten und assoziierten Hauptmächte in einem mit ihr zu schließenden Vertrag die Bestimmungen aufnehmen, die sie zur Sicherung der freien Durchfuhr und einer gerechten Regelung des Handelsverkehrs der anderen Völker für notwendig erachten:
Umfang und Art der finanziellen Lasten, die die Tschecho-Slowakei mit Rücksicht auf das unter ihre Souveränität fallenden schlesische Gebiet vom Deutschen Reiche und von Preußen zu übernehmen hat, werden nach Artikel 254 Teil IX (Finanzielle Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrags festgesetzt.
Alle nicht durch den gegenwärtigen Vertrag geregelten Fragen, die sich aus der Abtretung des bezeichneten Gebiets ergeben, werden in späteren Übereinkommen geregelt.
Deutschland erkennt, wie die alliierten und assoziierten Mächte es bereits getan haben, die völlige Unabhängigkeit Polens an und verzichtet zugunsten Polens auf alle Rechte und Ansprüche auf das Gebiet, das begrenzt wird durch die Ostsee, die Ostgrenze Deutschlands, wie sie im Artikel 27 Teil II (Deutschlands Grenzen) des gegenwärtigen Vertrags festgesetzt ist, bis zu einem Punkte etwa 2 km von Lorzendorf, dann durch eine Linie bis zu dem von der Nordgrenze Oberschlesiens gebildeten spitzen Winkel etwa 3 km nordwestlich von Simmenau, dann durch die Grenze Oberschlesiens bis zu ihrem Treffpunkt mit der alten deutsch-russischen Grenze, dann durch diese Grenze bis zu ihrem Schnittpunkt mit der Memel, dann durch die Nordgrenze von Ostpreußen, wie sie im Artikel 28 des angeführten Teiles II festgelegt ist.
Keine Anwendung finden indes die Bestimmungen dieses Artikels auf die Gebiete Ostpreußens und der Freien Stadt Danzig, wie sie in dem bezeichneten Artikel 28 Teil II (Deutschlands Grenzen) und im Artikel 100 Abschnitt XI (Danzig) dieses Teils abgegrenzt sind.
Soweit die Grenzen Polens in dem gegenwärtigen Vertrag nicht näher festgelegt sind, werden sie von den alliierten und assoziierten Hauptmächten später bestimmt.
Ein aus sieben Mitgliedern zusammengesetzter Ausschuß, von denen fünf durch die alliierten und assoziierten Hauptmächte, eines von Deutschland und eines von Polen ernannt werden, tritt zwei Wochen nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags zusammen, um an Ort und Stelle die Grenzen zwischen Polen und Deutschland festzulegen.
Dieser Ausschuß entscheidet mit Stimmenmehrheit. Seine Entscheidungen sind für die Beteiligten bindend.
In dem Teile Oberschlesiens, der innerhalb der nachstehend beschriebenen Grenzen gelegen ist, werden die Einwohner berufen, im Wege der Abstimmung kundzutun, ob sie mit Deutschland oder Polen vereinigt zu werden wünschen:
von der ungefähr 8 km östlich von Neustadt belegenen Nordspitze des Vorsprungs der ehemaligen österreichischen Provinz Schlesien, die alte deutsch-österreichische Grenze bis zu ihrem Treffpunkt mit der Grenze der Kreise Leobschütz und Ratibor;
von dort nach Norden bis zu einem Punkte etwa 2 km südöstlich von Katscher:
die Grenze der Kreise Leobschütz und Ratibor;
von dort nach Südosten bis zu einem am Laufe der oder hart südlich an der Eisenbahnlinie Ratibor-Oderberg belegenen Punkte:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, die südlich von Kranowitz verläuft;
von dort die alte deutsch-österreichische Grenze, dann die alte deutsch-russische Grenze bis zu ihrem Treffpunkt mit der Verwaltungsgrenze zwischen Polen und Oberschlesien.
von dort diese Verwaltungsgrenze bis zu ihrem Treffpunkt mit der Grenze zwischen Ober- und Mittelschlesien;
von dort nach Westen bis zu dem Punkt, wo die Verwaltungsgrenze etwa 3 km nordwestlich von Simmenau sich im spitzem Winkel nach Südosten wendet:
die Grenze zwischen Ober- und Mittelschlesien;
von dort nach Westen bis zu einem noch zu bestimmenden Punkte etwa 2 km östlich von Lorzendorf:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, die nördlich von Klein-Hennersdorf verläuft;
von dort nach Süden bis zum Schnittpunkt der Grenze zwischen Ober- und Mittelschlesien mit der Straße Städtel-Karlsruhe;
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, die westlich der Ortschaften Hennersdorf, Polkowitz, Noldau, Steinersdorf und Dammer und östlich der Ortschaften Strehlitz, Naßadel, Eckersdorf, Schwirz und Städtel verläuft;
von dort die Grenze zwischen Ober- und Mittelschlesien bis zu ihrem Treffpunkt mit der Ostgrenze des Kreises Falkenberg;
von dort die Ostgrenze des Kreises Falkenberg bis zu einem Punkte des Vorsprungs etwa 3 km östlich von Puschine;
von dort bis zur Nordspitze des Vorsprungs der ehemaligen österreichischen Provinz Schlesien etwa 8 km östlich von Neustadt:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, die östlich von Zülz verläuft.
Die Regelung, gemäß der diese Äußerung der Bevölkerung herbeizuführen und ihr Folge zu geben ist, bildet den Gegenstand der Bestimmungen der beigefügten Anlage.
Die polnische und die deutsche Regierung verpflichten sich bereits jetzt, jede, insoweit sie es angeht, an keiner Stelle ihres Gebietes wegen politischer Vorkommnisse, die sich in Oberschlesien währen der Dauer der in der beigefügten Anlage bestimmten Regelung bis zur endgültigen Regelung des Schicksals dieses Gebiets ereignen, Strafverfolgungen einzuleiten und weiterzuführen oder irgendwelche Ausnahmemaßregeln zu ergreifen.
Deutschland verzichtet bereits jetzt zu Gunsten Polens auf alle Rechte und Ansprüche auf den Teil Oberschlesiens, der jenseits der auf Grund der Volksabstimmung von den alliierten und assoziierten Hauptmächten festgesetzten Grenzlinie gelegen ist.
§ 1.
Mit Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags und zwar längstens binnen zwei Wochen haben die deutschen Truppen und die deutschen Behörden, die von dem im § 2 genannten Ausschuß bezeichnet werden, die Zone, in der die Volksabstimmung stattfindet, zu räumen. Bis zur völligen Räumung haben sie sich aller Beitreibungen in Geld oder Naturalien und aller Maßnahmen zu enthalten, wodurch die wirtschaftlichen Interessen des Landes beeinträchtigt werden könnten.
Binnen derselben Frist werden die in dieser Zone bestehenden Arbeiter- und Soldatenräte aufgelöst; ihre Mitglieder, die aus einer anderen Gegend stammen und ihr Amt bei Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags noch ausüben oder es nach dem 1. März 1919 niedergelegt haben, fallen gleichfalls unter die Räumungsvorschrift.
Sämtliche militärischen und halbmilitärischen Vereine, die in der genannten Zone von den Einwohnern gebildet worden sind, werden unverzüglich aufgelöst. Die in der genannten Zone nicht wohnhaften Vereinsmitglieder haben die Zone zu räumen.
Die Zone der Volksabstimmung wird unverzüglich einem internationalen Ausschuß von vier Mitgliedern unterstellt, die durch die Vereinigten Staaten von Amerika, Frankreich, das Britische Reich und Italien ernannt werden. Sie wird von den Truppen der alliierten und assoziierten Mächte besetzt. Die Deutsche Regierung verpflichtet sich, die Beförderung dieser Truppen nach Oberschlesien zu ermöglichen.
§ 3.
Der Ausschuß besitzt außer in gesetzgeberischer oder steuerlicher Hinsicht alle Befugnisse der deutschen oder preußischen Regierung. Außerdem tritt er an Stelle der Regierung der Provinz oder des Regierungsbezirks.
Er ist selbst für die Auslegung der ihm durch die gegenwärtigen Bestimmungen übertragenen Befugnisse zuständig und hat selbst zu bestimmen, inwieweit er diese Befugnisse auszuüben oder den bestehenden Behörden zu belassen gedenkt.
Abänderungen der bestehenden Gesetze und Steuern treten nur mit Zustimmung des Ausschusses in Kraft.
Die Ordnung wird durch den Ausschuß mit der Hilfe der zu seiner Verfügung stehenden Truppen und, soweit er es für nötig hält, von einer aus den Einwohnern [franz. Text: “aus Leuten, die aus dem Lande stammen”] gebildeten Polizei aufrechterhalten.
Der Ausschuß hat unverzüglich für den Ersatz der von der Räumungsvorschrift betroffenen deutschen Behörden zu sorgen und gegebenenfalls selbst insoweit die Räumung anzuordnen und den Ersatz der etwa in Frage kommenden Ortsbehörden in die Wege zu leiten.
Er hat alle Maßnahmen zu treffen, die er zur Sicherung einer freien, unbeeinflußten und geheimen Stimmenabgabe für erforderlich erachtet. Er darf insbesondere die Ausweisung jeder Person verfügen, die irgendwie das Ergebnis der Volksabstimmung durch Bestechungs- oder Einschüchterungsmachenschaften zu fälschen versucht.
Der Ausschuß hat Vollmacht zur Erledigung sämtlicher Fragen, zu denen die Ausführung der gegenwärtigen Bestimmungen Anlaß geben kann. Er hat technische Berater, die er sich selbst unter der örtlichen Bevölkerung auswählt, zur Hilfeleistung heranzuziehen.
Der Ausschuß entscheidet mit Stimmenmehrheit.
§ 4.
Die Abstimmung findet nach Ablauf einer von den alliierten und assoziierten Hauptmächten festzusetzenden Frist statt, indes nicht früher als sechs und nicht später als achtzehn Monate nach dem Amtsantritt des obengenannten Ausschusses in der Zone.
Stimmberechtigt ist jede Person ohne Unterschied des Geschlechts, die den nachstehenden Bedingungen genügt:
a) sie muß am 1. Januar des Jahres, in dem die Volksabstimmung stattfindet, das zwanzigste Lebensjahr vollendet haben;
b) sie muß in der Zone, in der die Volksabstimmung stattfindet, geboren sein oder dort seit einem von dem Ausschuß festzusetzenden Zeitpunkt, der aber nicht nach dem 1. Januar 1919 liegen darf, ihren Wohnsitz haben oder von den deutschen Behörden ohne Beibehaltung des Wohnsitzes in der Zone ausgewiesen worden sein.
Den wegen politischer Straftaten Verurteilten muß die Ausübung ihres Stimmrechts ermöglicht werden.
Jeder stimmt in der Gemeinde, in der er seinen Wohnsitz hat oder, wenn er seinen Wohnsitz nicht in dem Gebiete hat, in der Gemeinde, in der er geboren ist.
Das Abstimmungsergebnis wird gemeindeweise, und zwar nach der Stimmenmehrheit in jeder Gemeinde, festgestellt.
§ 5.
Nach Beendigung der Abstimmung teilt der Ausschuß den alliierten und assoziierten Hauptmächten die Anzahl der in jeder Gemeinde angegebenen Stimmen mit und reicht gleichzeitig einen eingehenden Bericht über die Wahlhandlung sowie einen Vorschlag über die Linie ein, die in Oberschlesien unter Berücksichtigung sowohl der Willenskundgebung der Einwohner als auch der geographischen und wirtschaftlichen Lage der Ortschaften als Grenze Deutschlands angenommen werden soll.
§ 6.
Sobald die Grenzlinie von den alliierten und assoziierten Hauptmächten festgelegt ist, hat der Ausschuß den deutschen Behörden mitzuteilen, daß sie die Verwaltung des als deutsch anzuerkennenden Gebiets wieder zu übernehmen haben; die bezeichneten Behörden haben dies im Laufe des auf diese Benachrichtigung folgenden Monats in der vom Ausschuß vorgeschriebenen Weise zu tun.
Innerhalb derselben Frist hat die polnische Regierung in der von dem Ausschuß vorgeschriebenen Weise für die Verwaltung des als polnisch anzuerkennenden Gebiets zu sorgen.
Sobald die Verwaltung des Landes in solcher Weise von den deutschen und polnischen Behörden sichergestellt ist, erlöschen die Befugnisse des Ausschusses.
Die Kosten der Besetzungstruppen und die Ausgaben des Ausschusses für seine Geschäftsführung sowie für die Verwaltung der Zone werden aus den örtlichen Einnahmen bestritten.
Artikel 89.
Polen verpflichtet sich, dem Personen-, Güter-, Schiffs-, Boots-, Wagen-, Eisenbahnwagen- und Postverkehr zwischen Ostpreußen und dem übrigen Deutschland durch das polnische Gebiet einschließlich der Hoheitsgewässer völlige Durchgangfreiheit zuzugestehen und ihm hinsichtlich der Verkehrserleichterungen oder -beschränkungen sowie in jeder anderen Hinsicht zum mindesten dieselbe günstige Behandlung zuteil werden zu lassen, wie dem Verkehr von Personen, Gütern, Schiffen, Booten, Wagen, Eisenbahnwagen und Postsendungen, die polnischer Nationalität, polnischen Ursprungs, polnischer Herkunft, polnisches Eigentum sind oder von einem polnischen Abgangsort kommen; wird einer anderen Nationalität eine noch günstigere Behandlung als der polnischen bewährt, so ist diese Behandlung maßgebend.
Durchfuhrgüter bleiben von allen Zoll- oder ähnlichen Abgaben frei.
Die Durchgangsfreiheit erstreckt sich auf den Draht- und Fernsprechverkehr unter den Bedingungen, wie sie in den im Artikel 98 vorgesehenen Übereinkommen festgelegt sind.
Artikel 90.
Polen verpflichtet sich, während eines Zeitraumes von fünfzehn Jahren die Ausfuhr der Bergwerkserzeugnisse nach Deutschland aus allen denjenigen Teilen Oberschlesiens zu gestatten, die auf Grund des gegenwärtigen Vertrags an Polen übergehen.
Diese Erzeugnisse bleiben von allen Ausfuhrabgaben sowie allen auf ihrer Ausfuhr lastenden Gebühren oder Beschränkungen frei.
Polen verpflichte sich desgleichen, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, damit der Verkauf der verfügbaren Erzeugnisse dieser Gruben an Käufer in Deutschland unter ebenso günstigen Bedingungen erfolgt, wie der Verkauf gleichartiger Erzeugnisse, die unter entsprechenden Verhältnissen an Läufer in Polen oder in irgend einem anderen Lande verkauft werden.
Artikel 91.
Die deutschen Reichsangehörigen, die ihren Wohnsitz in den endgültig als Bestandteil Polens anerkannten Gebieten haben, erwerben von Rechts wegen die polnische Staatsangehörigkeit unter Verlust der deutschen.
Indes können deutsche Reichsangehörige und ihre Nachkommen, die sich nach dem 1. Januar 1919 in jenen Gebieten niedergelassen haben, die polnische Staatsangehörigkeit nur mit besonderer Genehmigung des polnischen Staates erwerben.
Zwei Jahre lang nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags sind die über achtzehn Jahre alten deutschen Reichsangehörigen, die in einem der als Bestandteil Polens anerkannten Gebieten ihren Wohnsitz haben, berechtigt, für die deutsche Reichsangehörigkeit zu optieren.
Polen deutscher Reichsangehörigkeit im Alter von über achtzehn Jahren, die in Deutschland ihren Wohnsitz haben, sind ebenso [franz. Text: statt “ebenso”, “selbst”] berechtigt, für die polnische Staatsangehörigkeit zu optieren.
Die Option des Ehemannes erstreckt ihre Wirkung auf die Ehefrau, die Option der Eltern erstreckt ihre Wirkung auf Kinder unter achtzehn Jahren.
Alle Personen, die von dem oben vorgesehenem Optionsrecht Gebrauch machen, steht es frei, in den nächsten zwölf Monaten ihren Wohnsitz in den Staat zu verlegen, für den sie optiert haben.
Es steht ihnen frei, das unbewegliche Gut zu behalten, das sie im Gebiete des anderen Staates besitzen, in dem sie vor der Option wohnten.
Sie dürfen ihr gesamtes bewegliches Gut zollfrei in das Land mitnehmen, für das sie optiert haben. Die etwa bestehenden Ausfuhrzölle oder -gebühren werden dafür von ihnen nicht erhoben.
Innerhalb derselben Frist haben die Polen, die deutsche Reichsangehörige sind und sich im Ausland befinden, das Recht – falls dies den Bestimmungen des fremden Gesetzes nicht zuwiderläuft und falls sie nicht die fremde Staatsangehörigkeit erworben haben – die polnische Staatsangehörigkeit unter Verlust der deutschen auf Grund der von dem polnischen Staat zu erlassenden Vorschriften zu erwerben.
In dem Teile Oberschlesiens, in dem die Volksabstimmung stattfindet, treten die Bestimmungen dieses Artikels erst nach der endgültigen Zuteilung dieses Gebietes in Kraft.
Artikel 92.
Umfang und Art der finanziellen Lasten, die Polen vom Deutschen Reiche und von Preußen zu übernehmen hat, werden nach Artikel 254, Teil IX (Finanzielle Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrags festgesetzt.
Der Teil der Staatsschuld, der nach der Entscheidung des im genannten Artikel erwähnten Widergutmachungsausschusses auf die von der deutschen und preußischen Regierung für die deutsche Besiedlung Polens getroffenen Maßnahmen entfällt, bleibt bei der Berechnung des Polen aufzuerlegenden Anteils außer Betracht.
Die gemäß Artikel 256 des gegenwärtigen Vertrags von dem Wiedergutmachungsausschuß vorzunehmende Abschätzung des gleichzeitig mit den abzutretenden Gebieten an Polen fallenden Guts und Eigentums des Reichs und der deutschen Staaten erstreckt sich nicht auf Gebäude, Wälder und sonstiges Staatseigentum, das dem ehemaligen Königreich Polen gehörte. Diese erwirbt Polen frei und ledig von allen Lasten.
In allem deutschen Gebieten, die auf Grund des gegenwärtigen Vertrags übergehen und endgültig als Bestandteil Polens anerkannt werden, dürfen die Güter, Rechte und Interessen der deutschen Reichsangehörigen auf grund des Artikel 297 von der polnischen Regierung nur nach Maßgabe nachstehender Bestimmungen liquidiert werden:
1. Der Liquidationserlös muß unmittelbar an den Berechtigten ausbezahlt werden;
2. falls letzterer vor dem in Abschnitt VI, Teil X (Wirtschaftliche Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrags vorgesehenen Gemischten Schiedsgerichtshof oder vor einem von diesem Gericht bezeichneten Schiedsrichter nachweist, daß die Verkaufsbedingungen oder daß von der polnischen Regierung außerhalb ihrer allgemeinen Gesetzgebung ergriffene Maßnahmen den Preis unbillig beeinflußt haben, ist der Gerichtshof oder der Schiedsrichter befugt, dem Berechtigten eine angemessene Entschädigung zuzusprechen, die von der polnischen Regierung bezahlt werden muß. Alle in dem gegenwärtigen Vertrag nicht geregelten Fragen, die anläßlich der Abtretung der bezeichneten Gebiete entstehen, werden in späteren Übereinkommen geregelt.
Artikel 93.
Polen ist damit einverstanden, daß die alliierten und assoziierten Hauptmächte in einem mit ihm zu schließenden Vertrag die Bestimmungen aufnehmen, die sie zum Schutz der Interessen der nationalen, sprachlichen und religiösen Minderheiten in Polen für notwendig erachten, und genehmigt damit diese Bestimmungen.
Auch ist Polen damit einverstanden, daß die alliierten und assoziierten Hauptmächte in einen mit ihm zu schließenden Vertrag die Bestimmungen aufnehmen, die sie zum Schutz der freien Durchfuhr und einer gerechten Regelung des Handelsverkehrs der anderen Völker für notwendig erachten.
In der Zone zwischen der Südgrenze Ostpreußens, wie sie im Artikel 28 Teil II (Deutschlands Grenzen) des gegenwärtigen Vertrags bezeichnet ist, und der nachstehend beschriebenen Linie werden die Einwohner berufen, im Wege der Abstimmung zu erklären, mit welchem Staate sie vereinigt zu werden wünschen:
West- und Nordgrenze des Regierungsbezirks Allenstein bis zu ihrem Treffpunkt mit der Grenzlinie zwischen den Kreisen Oletzko und Angerburg; von dort Nordgrenze des Kreises Oletzko bis zu ihrem Treffpunkt mit der alten Grenze Ostpreußens.
Binnen längstens zwei Wochen nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags haben die deutschen Truppen und Behörden das oben umschriebene Gebiet zu verlassen. Bis zur Vollendung der Räumung haben sie sich aller Beitreibungen in Geld- und Naturalien und jeder Maßnahme zu enthalten, wodurch die wirtschaftlichen Interessen des Landes beeinträchtigt werden könnten.
Mit Ablauf der vorerwähnten Frist wird die genannte Zone einem internationalen Ausschuß unterstellt, der aus fünf von den alliierten und assoziierten Hauptmächten ernannten Mitgliedern besteht. Dieser Ausschuß erhält allgemeine Verwaltungsbefugnis und hat insbesondere die Aufgabe, die Abstimmung in die Wege zu leiten und alle Maßnahmen zu treffen, die er zur Sicherung einer freien, unbeeinflußten und geheimen Stimmenabgabe für erforderlich erachtet. Er erhält desgleichen Vollmacht zur Entscheidung aller Fragen, zu denen die Ausführung der gegenwärtigen Bestimmungen Anlaß gibt. Er trifft ferner alle geeigneten Anordnungen, um sich bei der Ausübung seines Amtes durch Hilfskräfte unterstützen zu lassen, die er selbst unter der örtlichen Bevölkerung auswählt. Er entscheidet mit Stimmenmehrheit.
Stimmberechtigt ist jede Person, ohne Unterschied des Geschlechts, die den nachstehenden Bestimmungen genügt:
a) Sie muß bei Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags das zwanzigste Lebensjahr vollendet haben;
b) sie muß in der Zone, in der die Volksabstimmung stattfindet, geboren sein oder seit einem von dem Ausschuß festzusetzenden Zeitpunkt dort ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt gehabt haben.
Jeder stimmt in der Gemeinde, in der er seinen Wohnsitz hat, oder, wenn er seinen Wohnsitz oder Aufenthalt nicht in der Zone hat, in der Gemeinde, in der er geboren ist.
Das Abstimmungsergebnis wird gemeindeweise und zwar nach der Stimmenmehrheit in jeder Gemeinde festgestellt.
Nach Beendigung der Abstimmung teilt der Ausschuß den alliierten und assoziierten Hauptmächten die Anzahl der in jeder Gemeinde abgegebenen Stimmen mit und reicht gleichzeitig einen eingehenden Bericht über die Wahlhandlung sowie einen Vorschlag über die Linie ein, die unter Berücksichtigung sowohl des durch die Abstimmung kundgegebenen Willens der Einwohner als der geographischen und wirtschaftlichen Lage der Ortschaften in dieser Gegend als Grenzen Ostpreußens angenommen werden soll. Die alliierten und assoziierten Hauptmächte setzen alsdann die Grenze zwischen Ostpreußen und Polen in dieser Gegend fest.
Schließt der von den alliierten und assoziierten Hauptmächten festgesetzte Grenzverlauf irgendeinen Teil des im Artikel 94 umschriebenen Gebiets von Ostpreußen aus, so erstreckt sich der oben im Artikel 87 vorgesehene, von Deutschland zugunsten Polens ausgesprochene Rechtsverzicht auf die so ausgeschlossenen Gebietsteile.
Sobald die alliierten und assoziierten Hauptmächte die Grenzlinie festgesetzt haben, werden die ostpreußischen Verwaltungsbehörden von dem Ausschluß dahin verständigt, daß sie in dem nördlich dieser Grenzlinie liegenden Gebiet die Verwaltung wider zu übernehmen haben. Diese Übernahme hat binnen Monatsfrist nach der Benachrichtigung und in der von dem Ausschuß vorgeschriebenen Art zu erfolgen. Binnen derselben Frist und ebenfalls in der von dem Ausschuß vorgeschriebenen Art hat die polnische Regierung für die Verwaltung des südlich der Grenzlinie liegenden Gebiets Sorge zu tragen. Sobald hiernach die Verwaltung des Landes durch die ostpreußischen oder polnischen Behörden sichergestellt ist, nahmen die Befugnisse des internationalen Ausschusses ein Ende.
Die Ausgaben des Ausschusses für seine eigene Tätigkeit sowie für die Verwaltung der Zone werden aus den örtlichen Einnahmen bestritten; das Mehr an Ausgaben wird nach einem von den alliierten und assoziierten Hauptmächten festgesetzten Verhältnis von Ostpreußen getragen.
In einer Zone, die die Kreise Stuhm und Rosenberg, den östlich der Nogat liegenden Teil des Kreises Marienburg und östlich der Weichsel liegenden Teil des Kreises Marienwerder umfaßt, werden die Einwohner berufen, durch eine gemeindeweise Abstimmung kundzutun, ob sie wünschen, daß die verschiedenen in diesem Gebiete liegenden Gemeinden zu Polen oder zu Ostpreußen gehören sollen.
Binnen längstens zwei Wochen nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags haben die deutschen Truppen und Behörden die im Artikel 96 bezeichnete Zone zu verlassen. Bis zur Vollendung der Räumung haben sie sich aller Beitreibungen in Geld oder Naturalien und jeder Maßnahme zu enthalten, wodurch die wirtschaftlichen Interessen des Landes beeinträchtigt werden könnten.
Mit Ablauf der vorerwähnten Frist wird die genannte Zone einem internationalen Ausschuß unterstellt, der aus fünf von den alliierten und assoziierten Hauptmächten ernannten Mitgliedern besteht. Dieser Ausschuß, dem erforderlichenfalls die nötigen Streitkräfte beizugeben sind, erhält allgemeine Verwaltungsbefugnis und hat insbesondere die Aufgabe, die Abstimmung in die Wege zu leiten und alle Maßnahmen zu treffen, die er zur Sicherung einer freien, unbeeinflußten und geheimen Stimmenabgabe für erforderlich erachtet. Er hat sich, soweit möglich, nach den Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrags über die Volksabstimmung in der Allensteiner Zone zu richten. Er entscheidet mit Stimmenmehrheit.
Die Ausgaben des Ausschusses für seine eigene Tätigkeit sowie für die Verwaltung der ihm unterstellten Zone werden aus den örtlichen Einnahmen bestritten.
Nach Beendigung der Abstimmung teilt der Ausschuß den alliierten und assoziierten Hauptmächten die Anzahl der in jeder Gemeinde angegebenen Stimmen mit und reicht gleichzeitig einen eingehenden Bericht über die Wahlhandlung sowie einen Vorschlag über die Linie ein, die unter Berücksichtigung sowohl des durch die Abstimmung kundgegebenen Willens der Einwohner als auch der geographischen und wirtschaftlichen Lage der Ortschaften in dieser Gegend als Grenzlinie Ostpreußens angenommen werden soll. Die alliierten und assoziierten Hauptmächte setzen alsdann die Grenze zwischen Ostpreußen und Polen in dieser Gegend fest, wobei zum mindesten für die gesamte Strecke, auf der die Weichsel die Grenze bildet, die volle und uneingeschränkte Überwachung des Stromes einschließlich seines östlichen Ufers in der Tiefe, die für die Regulierung und Verbesserungsarbeiten erforderlich ist, Polen zugesprochen werden muß. Deutschland verpflichtet sich, niemals irgendwelche Befestigungen in irgendeinem Teile des erwähnten Gebiets, soweit es deutsch bleibt, anzulegen.
Die alliierten und assoziierten Hauptmächte erlassen gleichzeitig Vorschriften, die der ostpreußischen Bevölkerung den Zugang zur Weichsel und die Benutzung des Stromes für sie selbst, für ihre Güter und für ihre Schiffe unter angemessenen Bedingungen und unter vollster Rücksichtnahme auf ihre Interessen sichern.
Die Grenzbestimmungen und die oben vorgesehenen Vorschriften sind für alle Beteiligten bindend.
Sobald die Verwaltung des Landes durch die ostpreußischen oder polnischen Behörden übernommen ist, nehmen die Befugnisse des Ausschusses ein Ende.
Deutschland und Polen werden binnen Jahresfrist nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags Übereinkommen abschließen, deren Wortlaut im Streitfalle von dem Rate des Völkerbundes festgesetzt wird und die einerseits Deutschland für den Eisenbahn-, Draht- und Fernsprechverkehr zwischen Ostpreußen und dem übrigen Deutschland durch das polnische Gebiet die volle Möglichkeit geeigneter Betätigung gewährleisten und andererseits Polen für seinen Verkehr mit der Freien Stadt Danzig durch das etwa auf dem rechten Weichselufer zwischen Polen und der Freien Stadt Danzig liegende deutsche Gebiet die gleiche Möglichkeit sichert.
Artikel 99.
Deutschland verzichtet zugunsten der alliierten und assoziierten Hauptmächte auf alle Rechte und Ansprüche auf die Gebiete zwischen der Ostsee, der in Artikel 28 Teil II (Deutschlands Grenzen) des gegenwärtigen Vertrags beschriebenen Nordgrenze Ostpreußens und den alten deutsch-russischen Grenzen.
Deutschland verpflichtet sich, die von den alliierten und assoziierten Hauptmächten hinsichtlich dieser Gebiete, insbesondere über die Staatsangehörigkeit der Einwohner getroffenen Bestimmungen anzuerkennen.
Abschnitt XI.
Freie Stadt Danzig.
Deutschland verzichtet zugunsten der alliierten und assoziierten Hauptmächte auf alle Rechte und Ansprüche auf das Gebiet, das von den nachstehend angegebenen Grenzen umschlossen wird:
von der Ostsee nach Süden bis zu dem Punkte, an dem die Hauptschiffahrtswege der Nogat und der Weichsel zusammentreffen:
die ostpreußische Grenze, wie sie im Artikel 28 Teil II (Deutschlands Grenzen) des gegenwärtigen Vertrags beschrieben ist;
von dort der Hauptschiffahrtsweg der Weichsel talwärts bis zu einem Punkt ungefähr 6½ km nördlich der Dirschauer Brücke;
von dort nach Nordwesten bis zur Höhe 5, 1½ km südöstlich der Kirche von Güttland:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie;
von dort nach Westen bis zu dem Vorsprung, die die Grenze des Kreises Berent 8½ km nordöstlich von Schöneck bildet:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, die zwischen Mühlbanz im Süden und Rambeltsch im Norden verläuft;
von dort nach Westen die Grenze des Kreises Berent bis zu der Einbuchtung, die sie 6 km nordnordwestlich von Schöneck bildet;
von dort bis zu einem Punkte auf der Mittellinie des Lonkener Sees:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, die nördlich von Neu-Fietz und Schatarpi und südlich von Barenhütte und Lonken verläuft;
von dort die Mittellinie des Lonkener Sees bis zu seinem Nordende;
von dort bis zum Südende des Pollenziner Sees:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie;
von dort die Mittellinie des Pollenziner Sees bis zu seinem Nordende;
von dort nach Nordosten bis zu dem ungefähr 1 km südlich der Kirche von Koliebken liegenden Punkt, wo die Eisenbahn Danzig-Neustadt einen Bach kreuzt:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, die südöstlich von Kamehlen, Krissau, Fidlin, Sulmin (Richthof) Mattern, Schäferei und nordwestlich von Neuendorf, Marschau, Czapielken, Hoch- und Klein-Kelpin, Pulvermühl, Renneberg und den Städten Oliva und Zoppot verläuft;
von dort der Lauf des oben erwähnten Baches bis zur Ostsee.
Die vorstehend beschriebenen Grenzen sind auf einer deutschen Karte im Maßstab 1:100000, die dem gegenwärtigen Vertrag unter Nr. 3 als Anlage beigefügt ist, eingezeichnet.
Artikel 101.
Ein Ausschuß, der aus drei von den alliierten und assoziierten Hauptmächten ernannten Mitgliedern , darunter einem Oberkommissar als Vorsitzenden und aus je einem von Deutschland und Polen ernannten Mitgliede besteht, tritt binnen zwei Wochen nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags zusammen, um unter möglichster Berücksichtigung der bestehenden Gemeindegrenzen die Grenzlinie für das vorstehend bezeichnete Gebiet an Ort und Stelle festzulegen.
Artikel 102.
Die alliierten und assoziierten Hauptmächte verpflichten sich, die Stadt Danzig nebst den im Artikel 100 bezeichneten Gebiet als Freie Stadt zu begründen; sie tritt unter den Schutz des Völkerbunds.
Artikel 103.
Die Verfassung der Freien Stadt Danzig wird im Einvernehmen mit einem Oberkommissar des Völkerbunds von ordnungsgemäß berufenen Vertretern der Freien Stadt Danzig ausgearbeitet. Die Verfassung wird von dem Völkerbund gewährleistet.
Der Oberkommissar wird ferner mit der erstinstanzlichen Entscheidung aller Streitigkeiten betraut, die zwischen Polen und der Freien Stadt aus Anlaß des gegenwärtigen Vertrags oder ergänzender Vereinbarungen und Abmachungen entstehen sollten.
Der Oberkommissar hat seinen Sitz in Danzig.
Artikel 104.
Die alliierten und assoziierten Hauptmächte verpflichten sich, ein Übereinkommen zwischen der polnischen Regierung und der Freien Stadt Danzig zu vermitteln, daß mit der Begründung der Freien Stadt in Kraft treten und den Zweck haben soll:
1. die Freie Stadt Danzig in das polnische Zollgebiet aufzunehmen und die Einrichtung einer Freizone im Hafen in die Wege zu leiten;
2. Polen die freie Benutzung in den Gebrauch der Wasserstraßen, Docks, Binnenhäfen, Ladestraßen und der sonstigen im Gebiete der Freien Stadt belegenen, für die Ein- und Ausfuhr Polens notwendigen Anlagen ohne irgendwelche Einschränkung zu gewährleisten;
3. Polen die Überwachung und Verwaltung der Weichsel sowie des gesamten Eisenbahnnetzes innerhalb der Grenzen der Freien Stadt , mit Ausnahme der Straßenbahnen und der sonstigen in erster Linie den Bedürfnissen der Freien Stadt dienenden Bahnen, ferner die Überwachung und Verwaltung des Post-, Draht- und Fernsprechverkehrs zwischen Polen und dem Hafen von Danzig zu gewährleisten;
4. Polen das Recht zum Ausbau und zur Verbesserung der Wasserstraßen, Docks, Binnenhäfen, Ladestraßen, Eisenbahnen und der sonstigen vorerwähnten Anlagen und Verkehrsmittel zu gewährleisten, sowie das Recht zur Miete oder zum Ankauf des dazu erforderlichen Geländes und Eigentums zu angemessenen Bedingungen;
5. Vorsorge zu treffen, daß in der Freien Stadt Danzig keinerlei unterschiedliche Behandlung der Bevölkerung zum Nachteil der polnischen Staatsangehörigen und anderer Personen polnischer Herkunft oder polnischer Zunge stattfindet;
6. der polnischen Regierung die Leitung der auswärtigen Angelegenheiten der Freien Stadt Danzig sowie den Schutz ihrer Staatsangehörigen im Ausland zu übertragen.
Artikel 105.
Mit dem Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags verlieren die in dem im Artikel 100 bezeichneten Gebiete wohnhaften deutschen Reichsangehörigen von Rechtswegen die deutsche Reichsangehörigkeit und werden Staatsangehörige der Freien Stadt Danzig.
Artikel 106.
Zwei Jahre lang nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags sind die über achtzehn Jahre alten deutschen Reichsangehörigen, die in dem in Artikel 100 bezeichneten Gebiet ihren Wohnsitz haben, berechtigt, für die deutsche Reichsangehörigkeit zu optieren.
Die Option der Ehemanns erstreckt ihre Wirkung auf die Ehefrau, die Option der Eltern erstreckt ihre Wirkung auf Kinder unter achtzehn Jahren.
Personen, die von dem oben vorgesehenen Optionsrecht Gebrauch machen, müssen in den nächsten zwölf Monaten ihren Wohnsitz nach Deutschland verlegen.
Es steht ihnen frei, daß unbewegliche Gut, das sie im Gebiete der Freien Stadt Danzig besitzen zu behalten. Sie dürfen ihr gesamtes bewegliches Gut mitnehmen. Es wird dafür keinerlei Ausfuhr- oder Einfuhrzoll von ihnen erhoben.
Artikel 107.
Alles Gut des Deutschen Reiches oder der deutschen Staaten, das im Gebiet der Freien Stadt Danzig liegt, geht auf die alliierten und assoziierten Hauptmächte über, um von diesen, nach gerechtem Ermessen an die Freie Stadt oder den polnischen Staat weiter abgetreten zu werden.
Artikel 108.
Umfang und Art der finanziellen Lasten, die die Freie Stadt vom Deutschen Reiche und von Preußen zu übernehmen hat, werden nach Artikel 254 Teil IX (Finanzielle Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrags festgesetzt.
Alle anderen Fragen, die sich aus der Abtretung des in Artikel 100 bezeichneten Gebiets ergeben, werden durch spätere Bestimmungen geregelt.
Artikel 109.
Die Grenze zwischen Deutschland und Dänemark wird in Übereinstimmung mit dem Wunsche der Bevölkerung festgesetzt.
Zu diesem Zwecke wird die Bevölkerung derjenigen Gebiete des bisherigen Deutschen Reichs, die nördlich einer von Osten nach Westen verlaufenden (auf der dem gegenwärtigen Vertrag als Anlage beigefügten Karte Nr. 4 durch einen braunen Strich kenntlich gemachten) Linie gelegen sind,
die von der Ostsee ungefähr 13 km ostnordöstlich von Flensburg ausgeht,
sich dann nach
Südwesten wendet und südöstlich von Sygum, Ringsberg, Munkbrarup, Adelby, Tastrup, Jarplund, Oversee und nordwestlich von Langballigholz, Langballig, Bönstrup, Rüllschau, Weseby, Kleinwolfstrup, Groß-Solt verläuft,
dann gegen Westen südlich von Frörup, nördlich von Wanderup verläuft,
dann gegen Südwesten südöstlich von Oxlund, Stieglund und Ostenau und nordwestlich der Dörfer an der Straße Wanderup-Kollund verläuft,
dann gegen Nordwesten südwestlich von Löwenstedt, Joldelund, Goldelund und nordöstlich von Kolkerheide und Högel bis zum Knie der Soholmer Au, etwa 1 km östlich von Soholm verläuft, wo sie mit der Südgrenze des Kreises Tondern zusammentrifft,
dieser Grenze bis zur Nordsee folgt
und südlich der Inseln Föhr und Amrum und nördlich der Inseln Oland und Langeneß verläuft,
berufen, ihren Willen durch eine Abstimmung kundzutun, die unter den nachstehenden Bedingungen stattfindet:
1. Mit Inkrafttreten dieses Vertrags, und zwar längstens binnen zehn Tagen, haben die deutschen Truppen und Behörden (einschließlich der Oberpräsidenten, Regierungspräsidenten, Landräte, Amtsvorsteher, Oberbürgermeister) die nördlich der oben festgesetzten Linie liegende Zone zu räumen.
Binnen derselben Frist werden die in dieser Zone bestehenden Arbeiter- und Soldatenräte aufgelöst; ihre Mitglieder, die aus einer anderen Gegend stammen und ihr Amt bei Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags noch ausüben oder es nach dem 1. März 1919 niedergelegt haben, fallen gleichfalls unter die Räumungsvorschrift.
Die genannte Zone wird unverzüglich einem internationalen Ausschuß von fünf Mitgliedern unterstellt, von denen drei durch die alliierten und assoziierten Hauptmächte ernannt werden; die norwegische und die schwedische Regierung sollen ersucht werden, je ein weiteres Mitglied zu benennen; erfolgt die Benennung durch diese Regierungen nicht, so werden die beiden Mitglieder von den alliierten und assoziierten Hauptmächte gewählt.
Der Ausschuß, der nötigenfalls von den erforderlichen Streitkräften unterstützt wird, erhält allgemeine Verwaltungsbefugnis. Er hat insbesondere unverzüglich für den Ersatz der von der Räumungsvorschrift betroffenen deutschen Behörden zu sorgen und gegebenenfalls selbst insoweit die Räumung anzuordnen und der Ersatz der etwa in Frage kommenden Ortsbehörden in die Wege zu leiten. Er hat alle Maßnahmen zu treffen, die er zur Sicherung einer freien, unbeeinflußten und geheimen Stimmenabgabe für erforderlich hält. Er hat deutsche und dänische technische Berater, die er sich selbst unter der örtlichen Bevölkerung auswählt, zur Hilfeleistung heranzuziehen. Er entscheidet mit Stimmenmehrheit.
Die Hälfte der Kosten des Ausschusses und der durch die Volksabstimmung verursachten Ausgaben fallen Deutschland zur Last.
2. Stimmberechtigt ist jede Person, ohne Unterschied des Geschlechts, die den nachstehenden Bedingungen genügt:
a) Sie muß bei Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags das zwanzigste Lebensjahr vollendet haben;
b) Sie muß in der Zone, wo die Volksabstimmung stattfindet, geboren sein oder dort seit einem vor dem 1. Januar 1900 liegenden Zeitpunkt ihren Wohnsitz haben oder von den deutschen Behörden ohne Beibehaltung des Wohnsitzes in der Zone ausgewiesen worden sein.
Jeder stimmt in der Gemeinde ab, in der er seinen Wohnsitz hat oder aus der er stammt.
Den Militärpersonen, Offizieren, Unteroffizieren und Soldaten der deutschen Armee, die aus der Zone Schleswigs stammen, wo die Volksabstimmung stattfindet, ist zwecks Teilnahme an der Abstimmung die Rückkehr an ihren Heimatort zu ermöglichen.
3. In dem Abschnitt der geräumten Zone, der nördlich einer von Osten nach Westen verlaufenden (auf der dem gegenwärtigen Vertrage als Anlage beigefügten Karte Nr. 4 mit einem roten Strich kenntlich gemachten) Linie liegt, welche:
südlich der Insel Alsen verläuft und der Mittellinie der Flensburger Förde folgt,
die Förde an einem Punkt ungefähr 6 km nördlich von Flensburg verläßt und dem Laufe des bei Kupfermühle vorbeifließenden Baches aufwärts bis zu einem Punkt nördlich von Niehuus folgt,
dann nördlich von Pattburg und Ellund und südlich von Fröslee verläuft und die Ostgrenze des Kreises Tondern an dem Punkte erreicht, wo sie mit der Grenze zwischen dem ehemaligen Gerichtssprengel von Slogs und Kjaer (Slogs Herred und Kjaer Herred) zusammentrifft,
dieser letzteren Grenze bis zum Scheidebeck folgt,
dann abwärts dem Laufe des Scheidebeck (Alte Au) der Süderau und der Wiedau bis zu der nordwärts gerichteten Biegung folgt, die diese letztere ungefähr 1½ km westlich von Ruttebüll beschreibt,
sich dann nach West-Nordwesten wendet und die Nordsee nördlich von Sieltoft erreicht,
von dort nördlich der Insel Sylt verläuft,
wird spätestens drei Wochen nach erfolgter Räumung des Landes durch die deutschen Truppen und Behörden zu der oben vorgesehenen Abstimmung geschritten.
Das Wahlergebnis bestimmt sich nach der Mehrheit der in diesem gesamten Abschnitt abgegebenen Stimmen. Es wird von dem Ausschuß unverzüglich zur Kenntniß der alliierten und assoziierten Hauptmächte gebracht und verkündet.
Lautet das Abstimmungsergebnis auf Wiederangliederung dieses Gebietes an das Königreich Dänemark, so darf die dänische Regierung nach Verständigung mit dem Ausschuß das Gebiet unmittelbar nach jener Verkündung durch ihre Militär- und Verwaltungsbehörden besetzen lassen.
4. In dem Abschnitt der geräumten Zone, der südlich des vorstehend behandelten Abschnittes und nördlich einer Linie liegt, die an der Ostsee 13 Kilometer von Flensburg beginnt und nördlich der Inseln Oland und Langeneß endet, wird spätestens fünf Wochen nach der Abstimmung in dem ersten Abschnitt zur Abstimmung geschritten.
Das Abstimmungsergebnis wird hier gemeindeweise, und zwar nach der Stimmenmehrheit in jeder Gemeinde festgestellt.
Artikel 110.
Bis zur Festlegung der Grenze an Ort und Stelle wird von den alliierten und assoziierten Hauptmächten eine Grenzlinie bestimmt. Ihre Linienführung wird von dem internationalen Ausschuß vorgeschlagen; sie hat das Abstimmungsergebnis zugrunde zu legen und die besonderen geographischen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Ortschaften zu berücksichtigen.
Von diesem Zeitpunkt an kann die dänische Regierung diese Gebiete durch dänische Zivil- und Militärbehörden besetzen lassen, ebenso kann die deutsche Regierung bis zu der genannten Grenzlinie die von ihr zurückgezogenen deutschen Zivil- und Militärbehörden wiedereinsetzen.
Deutschland erklärt, endgültig zugunsten der alliierten und assoziierten Hauptmächte auf alle Souveränitätsrechte über die Gebiete Schleswigs zu verzichten, die nördlich der in der oben angegebenen Weise festgesetzten Grenzlinie liegen. Die alliierten und assoziierten Hauptmächte werden diese Gebiete Dänemark zuweisen.
Artikel 111.
Ein Ausschuß von sieben Mitgliedern, von denen fünf von den alliierten und assoziierten Hauptmächten und je eines von Dänemark und Deutschland ernannt werden, tritt binnen zwei Wochen nach der Feststellung des endgültigen Abstimmungsergebnisses zusammen, um an Ort und Stelle den Lauf der Grenzlinie festzulegen.
Der Ausschuß entscheidet mit Stimmenmehrheit. Seine Entscheidungen sind für die Beteiligten bindend.
Artikel 112.
Alle Einwohner des an Dänemark zurückfallenden Gebietes erwerben von Rechtswegen das dänische Indigenat (Bürgerrecht) unter Verlust der deutschen Reichsangehörigkeit.
Jedoch können Personen, die sich erst nach dem 1. Oktober 1918 in diesem Gebiet niedergelassen haben, das dänische Indigenat nur mit Genehmigung der dänischen Regierung erwerben.
Artikel 113.
Zwei Jahre lang nach dem Tage, an dem die Souveränität über die Gesamtheit oder einen Teil der Gebiete, in denen Volksabstimmungen stattfindet, an Dänemark zurückfällt,
kann jede über achtzehn Jahre alte Person, die in den an Dänemark zurückfallenden Gebieten geboren ist, aber keinen Wohnsitz in dieser Gegend hat und die deutsche Reichsangehörigkeit besitz, für Dänemark optieren;
und jede über achtzehn Jahre alte Person, die in den an Dänemark zurückfallenden Gebieten ihren Wohnsitz hat, für Deutschland optieren.
Die Option des Ehemanns erstreckt ihre Wirkung auf die Ehefrau und die Option der Eltern erstreckt ihre Wirkung auf Kinder unter achtzehn Jahren.
Personen, die von dem oben vorgesehenen Optionsrecht Gebrauch macht haben, müssen in den nächsten zwölf Monaten ihren Wohnsitz in das Gebiet des Staates verlegen, für den sie optiert haben.
Es steht ihnen frei, das unbewegliche Gut zu behalten, das sie in dem Gebiete des anderen Staates besitzen, in dem sie vor der Option wohnten. Sie dürfen ihr gesamtes bewegliches Gut mitnehmen. Es wird dafür keinerlei Ausfuhr- oder Einfuhrzoll von ihnen erhoben.
Artikel 114.
Umfang und Art der finanziellen Lasten, die Dänemark vom Deutschen Reiche oder von Preußen zu übernehmen hat, werden nach Artikel 254 Teil IX (Finanzielle Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrags festgesetzt.
Alle anderen Fragen, die sich aus dem ganzen oder teilweisen Rückfall der Gebiete, deren Aufgabe der Vertrag vom 30. Oktober 1864 Dänemark auferlegt hatte, an dieses Land ergeben, werden durch besondere Bestimmungen geregelt.
Artikel 115.
Befestigungen, militärischen Anlagen und Häfen der Insel Helgoland und der Düne sind unter Überwachung der alliierten und assoziierten Hauptregierungen von der deutschen Regierung auf eigene Kosten innerhalb einer von den genannten Regierungen festgesetzten Frist zu zerstören.
Unter “Häfen” sind zu verstehen:
Die Nordost-Mole, der Westdamm, die äußeren und inneren Wellenbrecher, die Geländeteile, die innerhalb dieser Wellenbrecher dem Meere abgewonnen sind, sowie alle vollendeten oder im Bau befindlichen Marine- und Militäranlagen, -befestigungen und -bauten innerhalb der Linien, welche die nachstehenden Orte, so wie sie auf der Karte Nr. 126 der britischen Admiralität vom 19. April 1918 verzeichnet sind, verbinden:
a) Nördliche Breite 54° 10′ 49″;
Östliche Länge 7° 53′ 30″;
b) Nördliche Breite 54° 10′ 35″;
Östliche Länge 7° 54′ 18″;
c) Nördliche Breite 54° 10′ 14″;
Östliche Länge 7° 54′ 00″;
d) Nördliche Breite 54° 10′ 17″;
Östliche Länge 7° 53′ 37″;
e) Nördliche Breite 54° 10′ 44″;
Östliche Länge 7° 53′ 26″;
Deutschland darf weder diese Befestigungen noch diese militärischen Anlagen wiedererrichten, auch nicht diese Häfen wiederanlegen oder irgendein entsprechendes Werk künftig herstellen.
Abschnitt XIV.
Rußland und die russischen Staaten.
Artikel 116.
Deutschland erkennt die Unabhängigkeit aller Gebiete, die am 1. August 1914 zum ehemaligen russischen Reiche gehörten, an und verpflichtet sich, diese Unabhängigkeit als dauernd und unantastbar zu achten.
Gemäß den Bestimmungen der Artikel 259 und 292 Teil IX (Finanzielle Bestimmungen) und Teil X (Wirtschaftliche Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrags erkennt Deutschland die Aufhebung der Verträge von Brest-Litowsk sowie aller anderen Verträge, Vereinbarungen und Übereinkommen an, die es mit der maximalistischen Regierung in Rußland abgeschlossen hat.
Die alliierten und assoziierten Mächte behalten sich ausdrücklich die Rechte Rußlands vor, von Deutschland jede Widerherstellung und Wiedergutmachung zu erhalten, die den Grundsätzen des gegenwärtigen Vertrags entspricht.
Artikel 117.
Deutschland verpflichtet sich, die volle Gültigkeit aller Verträge und Vereinbarungen anzuerkennen, die von den alliierten und assoziierten Mächten mit den Staaten abgeschlossen werden, die sich auf dem Gesamtgebiete des ehemaligen russischen Reiches, wie es am 1. August 1914 bestand, oder in einem Teil desselben gebildet haben oder noch bilden werden. Deutschland verpflichtet sich ferner, die Grenzen dieser Staaten so, wie die danach festgesetzt werden, anzuerkennen.
Teil IV.
Deutsche Rechte und Interessen außerhalb Deutschlands.
Artikel 118.
Außerhalb seiner Grenzen in Europa, wie sie durch den gegenwärtigen Vertrag festgesetzt sind, verzichtet Deutschland auf sämtliche Rechte, Ansprüche und Vorrechte auf und in bezug auf alle ihm oder seinen Verbündeten gehörenden Gebiete sowie auf alle Rechte, Ansprüche und Vorrechte, die ihm aus irgendwelchem Grunde den alliierten und assoziierten Mächten bislang zustanden.
Deutschland verpflichtet sich bereits jetzt, Die Maßnahmen anzuerkennen und gutzuheißen, die von den alliierten und assoziierten Hauptmächten, gegebenenfalls im Einverständnis mit dritten Mächten, zur Regelung der sich aus der vorstehenden Bestimmung ergebenden Folgen getroffen sind oder noch werden.
Insbesondere erklärt sich Deutschland mit den Bestimmungen der nachfolgenden, sich auf einige besondere Gegenstände beziehenden Artikel einverstanden.
Abschnitt I.
Deutsche Kolonien.
Artikel 119.
Deutschland verzichtet zugunsten der alliierten und assoziierten Hauptmächte auf alle seine Rechte und Ansprüche bezüglich seiner überseeischen Besitzungen.
Artikel 120.
Alle Rechte beweglicher und unbeweglicher Art, die in diesen Gebieten dem deutschen Reich oder irgendeinem deutschen Staate zustehen, gehen auf die Regierung über, unter deren behördliche Gewalt diese Gebiete treten, und zwar unter den in Artikel 257 Teil IX (Finanzielle Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrags festgesetzten Bedingungen. Streitigkeiten, die etwa hinsichtlich der Natur dieser Rechte entstehen, werden von den örtlichen Gerichten endgültig entschieden.
Artikel 121.
Die Bestimmungen der Abschnitte I und IV Teil X (Wirtschaftliche Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrags finden auf diese Gebiete Anwendung, gleichviel, welches die für sie angenommene Regierungsform ist.
Artikel 122.
Die Regierung, die über diese Gebiete die behördliche Gewalt ausübt, darf die erforderlichen Anordnung hinsichtlich der Heimschaffung der dortigen deutschen Reichsangehörigen sowie hinsichtlich der Bedingungen treffen, unter denen deutsche Reichsangehörige europäischer Herkunft zur Niederlassung, zum Besitzerwerb, zum Handel oder zur Ausübung eines Berufs daselbst zugelassen oder nicht zugelassen werden.
Artikel 123.
Die Bestimmungen des Artikel 260 Teil IX (Finanzielle Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrags finden auf die Übereinkommen Anwendung, die mit deutschen Reichsangehörigen wegen Ausführung oder Betrieb der öffentlichen Arbeiten in den deutschen überseeischen Besitzungen abgeschlossen worden sind. Das gleiche gilt für die Unterkonzessionen oder Abschlüsse, die mit den erwähnten Reichsangehörigen im Verfolg dieser Übereinkommen getätigt sind.
Artikel 124.
Deutschland übernimmt die Wiedergutmachung der Schäden, die französische Staatsangehörige in der Kolonie Kamerun oder in der Grenzzone durch Handlungen deutscher Zivil- und Militärbehörden und deutschen Privatpersonen in der Zeit vom 1. Januar 1900 bis zum 1. August 1914 erlitten haben. Die Berechnung wird von der französischen Regierung aufgestellt. Sie bedarf der Billigung des Widergutmachungsausschusses.
Artikel 125.
Deutschland verzichtet auf alle Rechte aus den Übereinkommen und Vereinbarungen mit Frankreich vom 4. November 1911 und 28. September 1912, betreffend Äquatorial-Afrika. Es verpflichtet sich, alle hinterlegten Werte, Kredite, Vorschüsse usw., die auf Grund dieser Abkommen Deutschland zugute gekommen sind, der französischen Regierung zurückzuerstatten. Die Berechnung wird von der französischen Regierung aufgestellt. Sie bedarf der Billigung des Wiedergutmachungsausschusses.
Artikel 126.
Deutschland verpflichtet sich zur Anerkennung und Annahme der von den alliierten und assoziierten Mächten oder einigen derselben mit irgendeiner anderen Macht abgeschlossenen oder abzuschließenden Übereinkommen über den Handel mit Waffen und Spirituosen sowie über die sonstigen Gegenstände, die in der Berliner Generalakte vom 26. Februar 1885, der Brüsseler Generalakte vom 2. Juli 1890 und ihren Zusatz- oder Abänderungsübereinkommen behandelt sind.
Artikel 127.
Die Eingeborenen in den ehemaligen deutschen überseeischen Besitzungen erwerben Anspruch auf den diplomatischen Schutz der Regierung, die über diese Gebiete die behördliche Gewalt ausübt.
Artikel 128.
Deutschland verzichtet zugunsten Chinas auf alle Vorrechte und Vorteile, die ihm auf Grund der Bestimmungen des Pekinger Schlußprotokolls vom 7. September 1901 nebst sämtlicher Anlagen, Noten und Ergänzungen zustehen. Es verzichtet gleichfalls zugunsten Chinas auf jeden Entschädigungsanspruch auf grund des bezeichneten Protokolls für die Zeit nach dem 14. März 1917.
Artikel 129.
Mit Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags bringen die Hohen vertragschließenden Teile, jeder, soweit es ihn betrifft:
1. das Abkommen vom 29. August 1902, betreffend die neuen chinesischen Zolltarife;
2. das Whangpu-Abkommen vom 27. September 1905 und das vorläufige Zusatzabkommen vom 4. April 1912
zur Anwendung.
Jedoch ist China nicht länger verpflichtet, Deutschland die Vorteile und Vorrechte, die es ihm in diesem Abkommen zugestanden hat, zu gewähren.
Artikel 130.
Vorbehaltlich der Bestimmungen des Abschnitts VIII dieses Teils tritt Deutschland an China sämtliche Gebäude, Ladestraßen und Landungsbrücken, Kasernen, Forts, Kriegswaffen und Kriegsmunition, Schiffe jeder Art, Funkspruchanlagen und sonstiges öffentliches, der deutschen Regierung gehörendes Eigentum ab, die in den deutschen Niederlassungen zu Tientsin und Hankau oder in den anderen Teilen des chinesischen Gebiets gelegen sind oder sich befinden.
Diese Abtretung erstreckt sich indessen nicht auf die diplomatischen oder konsularischen Wohnungen oder Amtsräume; außerdem darf die chinesische Regierung keine Verfügung über das in Peking im sogenannten Gesandtschaftsviertel gelegene öffentliche oder private deutsche Eigentum ohne Zustimmung der diplomatischen Vertreter derjenigen Mächte treffen, die bei Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags noch Vertragsteilnehmer am Schlußprotokoll vom 7. September 1901 sind.
Artikel 131.
Deutschland verpflichtet sich, China binnen einer Frist von 12 Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags sämtliche astronomischen Instrumente zurückzustellen, die seine Truppen 1900/1901 aus China weggeführt haben.
Deutschland verpflichtet sich ferner zur Tragung aller Kosten dieser Rückerstattung, einschließlich der Kosten für das Auseinandernehmen, die Verpackung, die Überführung, die Neuaufstellung in Peking und die Versicherung.
Artikel 132.
Deutschland erklärt sich mit der Aufhebung der von der chinesischen Regierung zugestandenen Verträge einverstanden, auf denen die deutschen Niederlassungen in Hankau und Tientsin zur Zeit beruhen.
China, das in den Vollbesitz seiner Souveränitätsrechte über die besagten Gebiete wieder eintritt, erklärt seine Absicht, sie der internationalen Niederlassung und dem Handel zu öffnen. Es erklärt, daß die Aufhebung der Verträge, auf denen die Niederlassungen zur Zeit beruhen, nicht die Eigentumsrechte von Staatsangehörigen der alliierten und assoziierten Mächte berühren soll, welche Grundstücke in diesen Niederlassungen innehaben.
Artikel 133.
Deutschland verzichtet auf jeden Anspruch gegen die chinesische Regierung oder gegen jede alliierte oder assoziierte Regierung aus der Internierung von deutschen Reichsangehörigen in China und deren Heimschaffung. Es verzichtet ferner auf jeden Anspruch aus der Beschlagnahme [engl. Text: und Verurteilung] deutscher Schiffe in China, der Liquidation, Sequestrierung oder Beschlagnahme deutschen Eigentums, deutscher Rechte oder Interessen in diesem Lande oder der Verfügung darüber mit Wirkung vom 14. August 1917 ab. Von dieser Bestimmung bleiben jedoch die Rechte der Parteien unberührt, die an dem Erlöß irgendeiner Liquidation interessiert sind; diese Rechte werden in den Bestimmungen des Teils X (Wirtschaftliche Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrags geregelt.
Artikel 134.
Deutschland verzichtet zugunsten der Regierung Seiner Britischen Majestät auf das deutsche Staatseigentum in der britischen Niederlassung Shameen in Canton. Es verzichtet zugunsten der französischen und chinesischen Regierung, und zwar beider gemeinschaftlich, auf das Eigentum an der deutschen Schule in der französischen Niederlassung zu Schanghai.
Artikel 135.
Deutschland erkennt alle seine Verträge, Übereinkommen und Vereinbarungen mit Siam samt den daraus etwa entspringenden Rechten, Ansprüchen und Vorrechten sowie sein Recht auf die Konsulargerichtsbarkeit in Siam als seit dem 22. Juli 1917 hinfällig an.
Artikel 136.
Alles Gut und Eigentum des Deutschen Reichs oder der deutschen Staaten in Siam mit Ausnahme der diplomatischen und konsularischen Wohnungen und Arbeitsräume geht von Rechts wegen ohne Entschädigung auf die siamesische Regierung über.
Gut, Eigentum und Privatrechte der deutschen Staatsangehörigen in Siam werden nach den Bestimmungen des Teiles X (Wirtschaftliche Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrags behandelt.
Artikel 137.
Deutschland verzichtet für sich und seine Angehörigen auf alle Ansprüche gegen die siamesische Regierung aus der Beschlagnahme [engl. Text: und Verurteilung] deutscher Schiffe, der Liquidation deutschen Gutes oder der Internierung deutscher Reichsangehöriger in Siam. Von diesen Bestimmungen bleiben die Rechte der Parteien unberührt, die an dem Erlöß irgend einer solchen Liquidation interessiert sind; diese Rechte werden in den Bestimmungen des Teiles X (Wirtschaftliche Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrags geregelt.
Artikel 138.
Deutschland verzichtet auf alle Rechte und Vorrechte aus dem Übereinkommen von 1911 und 1912 betreffend Liberia, insbesondere auf das Recht zur Ernennung eines deutschen Zolleinnehmers in Liberia.
Es erklärt außerdem, auf jeden Anspruch auf irgendwelche Beteiligung an den Maßnahmen zu verzichten, die gegebenenfalls für die Wiederherstellung Liberias getroffen werden.
Artikel 139.
Deutschland erkennt alle seine Verträge und Abkommen mit Liberia als seit dem 4. August 1917 hinfällig an.
Artikel 140.
Mit den Gütern, Rechten und Interessen Deutscher in Liberia wird nach Maßgabe des Teiles X (Wirtschaftliche Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrags verfahren.
Artikel 141.
Deutschland verzichtet auf alle Rechte, Ansprüche und Vorrechte, die ihm auf Grund der Generalakte von Algeciras vom 7. April 1906, sowie der deutsch-französischen Abmachung vom 9. Februar 1909 und vom 4. November 1911 zustehen. Alle von ihm mit dem scherifischen Reich abgeschlossenen Verträge, Abmachungen, Abkommen oder Vereinbarungen gelten als seit dem 3. August 1914 aufgehoben.
Deutschland darf sich in keinem Fall auf diese Abkommen berufen und verpflichtet sich, in keiner Weise in Verhandlungen zwischen Frankreich und den anderen Mächten bezüglich Marokkos einzugreifen.
Artikel 142.
Deutschland erklärt, alle Folgen der von ihm anerkannten Errichtung des französischen Protektorats über Marokko anzunehmen und auf die Kapitulationen in Marokko zu verrichten.
Der Verzicht hat Wirkung vom 3. August 1914 ab.
Artikel 143.
Die scherifische Regierung hat völlige Handlungsfreiheit hinsichtlich der Regelung der Rechtsstellung der deutschen Reichsangehörigen in Marokko und der Bedingungen, unter denen sie sich dort niederlassen dürfen.
Die deutschen Schutzgenossen, Semsaren und Associés agricoles gelten vom 3. August 1914 an als des Genusses aller mit diesen Eigenschaften verbundenen Vorrechte verlustig und unterstehen dem gemeinen Recht.
Artikel 144.
Alles Gut und Eigentum des Deutschen Reiches und der deutschen Staaten im scherifischen Reiche geht von Rechts wegen [engl. Text: “von Rechts wegen” nicht vorhanden] ohne irgendwelche Entschädigung auf den Machzen über.
Im Sinne dieser Bestimmung gilt das sämtliche Eigentum der Krone, des Deutschen Reiches und der deutschen Staaten sowie das Privateigentum des vormaligen deutschen Kaisers und der anderen königlichen Personen als zu dem Gut und Eigentum des Deutschen Reiches und der deutschen Staaten gehörig.
Alles bewegliche und unbewegliche Gut deutscher Reichsangehöriger im scherifischen Reiche wird nach Maßgabe der Abschnitte III und IV Teil X (Wirtschaftliche Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrags behandelt.
Bergrechte, die etwa deutschen Reichsangehörigen von dem auf Grund der marokkanischen Bergwerksordnung eingesetzten Schiedsgericht zuerkannt werden, werden auf Antrag von dem Schiedsgerichte [engl. Text: “den Schiedsrichtern”] in Geld abgeschätzt; diese Rechte werden alsdann in gleicher Weise wie das sonstige deutschen Reichsangehörigen in Marokko gehörende Gut behandelt.
Artikel 145.
Die deutsche Regierung veranlaßt die Übertragung der Aktien, die den Anteil Deutschlands am Kapital der marokkanischen Staatsbank darstellen, auf die von der französischen Regierung bestimmte Persönlichkeit. Der von dem Wiedergutmachungsausschuß angegebene Wert dieser Aktien wird an diesen Ausschuß bezahlt und Deutschland auf die Wiedergutmachungsschuld gutgeschrieben. Es ist Sache der deutschen Regierung, aus diesem Anlaß ihre Reichsangehörigen zu entschädigen.
Diese Übertragung läßt die Verpflichtung zur Rückzahlung etwaiger Schulden unberührt, die von deutschen Reichsangehörigen der marokkanischen Staatsbank gegenüber eingegangen worden sind.
Artikel 146.
Marokkanische Waren genießen bei ihrer Einfuhr nach Deutschland die gleiche Behandlung wie französische Waren.
Artikel 147.
Deutschland erklärt, das von Großbritannien am 18. Dezember 1914 verkündete Protektorat über Ägypten anzuerkennen, und auf die Kapitulation Ägyptens zu verzichten.
Dieser Verzicht hat Wirkung vom 4. August 1914.
Artikel 148.
Alle von Deutschland mit Ägypten geschlossenen Verträge, Abmachungen, Abkommen oder Vereinbarungen gelten als seit dem 4. August 1914 aufgehoben.
Deutschland darf sich in keinem Fall auf diese Abkommen berufen und verpflichtet sich, in keiner Weise in Verhandlungen zwischen Großbritannien und den anderen Mächten hinsichtlich Ägyptens einzugreifen.
Artikel 149.
Bis zum Inkrafttreten eines ägyptischen Gerichtsverfassungsgesetzes, durch das Gerichtshöfe mit allgemeiner Zuständigkeit errichtet werden, wird die Ausübung der Gerichtsbarkeit über die deutschen Reichsangehörigen und ihr Eigentum von den britischen Konsulargerichten auf Grund von Erlassen Seiner Hoheit des Sultans wahrgenommen.
Artikel 150.
Die ägyptische Regierung hat völlige Handlungsfreiheit hinsichtlich der Rechtsstellung der deutschen Reichsangehörigen in Ägypten und der Bedingungen, unter denen sie sich dort niederlassen dürfen.
Artikel 151.
Deutschland gibt seine Zustimmung zur Aufhebung der Verordnung Seiner Hoheit des Khediven vom 28. November 1904, betreffend die Kommission der ägyptischen öffentlichen Schuld und zu allen Abänderungen, die die ägyptische Regierung für angebracht erachtet.
Artikel 152.
Deutschland ist für sein Teil damit einverstanden, daß die Seiner Kaiserlichen Majestät dem Sultan durch das zu Konstantinopel am 29. Oktober 1888 unterzeichnete Übereinkommen hinsichtlich der freien Schiffahrt durch den Suezkanal zuerkannten Befugnisse auf die Regierung Seiner Britischen Majestät übergehen.
Es verzichtet auf jede Teilnahme an dem Gesundheits-, See- und Quarantänerat Ägyptens und ist für sein Teil mit dem Übergang der Befugnisse dieses Rates auf die ägyptischen Behörden einverstanden.
Artikel 153.
Alles Gut und Eigentum des Deutschen Reichs und der deutschen Staaten in Ägypten geht von Rechts wegen [engl. Text: “von Rechts wegen” nicht vorhanden] ohne irgendwelche Entschädigung auf die ägyptische Regierung über.
Im Sinne dieser Bestimmung gilt das gesamte Eigentum der Krone, des Deutschen Reichs und der deutschen Staaten sowie das Privateigentum des vormaligen deutschen Kaisers und der anderen königlichen Personen als zum Gut und Eigentum des Deutschen Reichs und der deutschen Staaten gehörig.
Alles bewegliche und unbewegliche Gut deutscher Reichsangehöriger in Ägypten wird nach Maßgabe der Abschnitte III und IV Teil X (Wirtschaftliche Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrags behandelt.
Artikel 154.
Ägyptische Waren genießen bei ihrer Einfuhr nach Deutschland die gleiche Behandlung wie britische Waren.
Abschnitt VII.
Türkei und Bulgarien.
Artikel 155.
Deutschland verpflichtet sich, alle Vereinbarungen anzuerkennen und gutzuheißen, die von den alliierten und assoziierten Mächten mit der Türkei und Bulgarien hinsichtlich jeglicher Rechte, Interessen und Vorrechte abgeschlossen werden, auf welche Deutschland oder deutsche Reichsangehörige in der Türkei und in Bulgarien etwa Anspruch erheben können, soweit über sie im gegenwärtigen Vertrag nichts bestimmt ist.
Deutschland verzichtet zugunsten Japans auf alle Rechte, Ansprüche und Vorrechte – insbesondere soweit sie auf das Gebiet von Kiautschau, die Eisenbahnen, die Gruben und Unterseekabel Bezug haben -, die Deutschland auf Grund seines Vertrags mit China vom 6. März 1898 sowie durch alle sonstigen die Provinz Schantung betreffenden Abkommen erworben hat.
Alle deutschen Rechte an der Eisenbahn Tsingtau-Tsinanfu samt Zweigstrecken einschließlich des Zubehörs jeder Art, der Bahnhöfe, der Laderäume, des festen und rollenden Materials, der Gruben, ihrer Betriebsanlagen und ihres Betriebsmaterial werden und bleiben mit allen zugehörigen Rechten und Vorrechten japanisches Eigentum.
Die Unterseekabel des Deutschen Reichs von Tsingtau nach Schanghai und von Tsingtau nach Tschefu gehen mit allen dazugehörigen Rechten, Vorrechten und Eigentumsrechten gleichfalls völlig frei und unbelastet auf Japan über.
Artikel 157.
Die Rechte beweglicher und unbeweglicher Art, die das Deutsche Reich im Kiautschaugebiet besitzt, sowie alle seine etwaigen Ansprüche aus mittelbar oder unmittelbar im Interesse dieses Gebiets vorgenommenen Arbeiten und Verbesserungen oder gemachten Aufwendungen werden und bleiben völlig freies und unbelastetes japanisches Eigentum.
Artikel 158.
Binnen drei Wochen nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags übergibt Deutschland Japan sämtliche Archive, Register, Pläne, Belege und Urkunden jeder Art der Zivil-, Militär-, Finanz-, Gerichts- oder sonstigen Verwaltung Kiautschaus ohne Rücksicht auf den Aufbewahrungsort.
Binnen der gleichen Frist gibt Deutschland Japan sämtliche Verträge, Abkommen oder Vereinbarungen kund, die sich auf die von den beiden vorstehenden Artikeln betroffenen Rechte, Ansprüche oder Vorrechte beziehen.
Teil V.
Bestimmungen über Landheer, Seemacht und Luftfahrt.
Um die Einleitung einer allgemeinen Rüstungsbeschränkung aller Nationen zu ermöglichen, verpflichtet sich Deutschland, die im folgenden niedergelegten Bestimmungen über das Landheer, die Seemacht und die Luftfahrt genau innezuhalten.
Abschnitt I.
Bestimmungen über das Landheer.
Kapitel I.
Stärke und Einteilung des deutschen Heeres.
Artikel 159.
Die deutschen Streitkräfte werden gemäß nachstehenden Bedingungen demobilgemacht und herabgesetzt.
1. Spätestens am 31. März 1920 darf das deutsche Heer nicht mehr als sieben Infanterie- und drei Kavallerie-Divisionen umfassen.
Von diesem Zeitpunkt ab darf die gesamte Iststärke des Heeres des sämtlichen deutschen Einzelstaaten nicht mehr als einhunderttausend Mann, einschließlich der Offiziere und der Depots, betragen. Das Heer ist nur für die Erhaltung der Ordnung innerhalb des deutschen Gebietes und zur Grenzpolizei bestimmt.
Die Gesamtstärke der Offiziere, einschließlich der Stäbe, ohne Rücksicht auf deren Zusammensetzung, darf die Zahl viertausend nicht übersteigen.
2. Die Divisionen und die Stäbe der Generalkommandos sind nach der diesem Abschnitt angefügten Übersicht I zu bilden.
Die Zahl und Stärke der Einheiten an Infanterie, Artillerie, Pionieren, technischen Dienstzweigen und Truppen, welche die erwähnte Übersicht vorsieht, bedeuten Höchststärken, die nicht überschritten werden dürfen.
Folgende Einheiten dürfen ein eigenes Depot besitzen:
Das Infanterie-Regiment,
das Kavallerie-Regiment,
das Feldartillerie-Regiment,
das Pionier-Bataillon.
3. Die Divisionen dürfen nur unter zwei Generalkommandos zusammengefaßt werden.
Die Unterhaltung oder Bildung anderswie zusammengefaßter Formationen oder anderer Kommandobehörden oder Behörden für Kriegsvorbereitung ist verboten.
Der deutsche Generalstab und alle ähnlichen Formationen werden aufgelöst und dürfen unter keiner Gestalt neu gebildet werden.
An Offizieren und ihnen Gleichgestellten dürfen die Kriegsministerien der deutschen Einzelstaaten und die ihnen angegliederten Behörden nicht mehr als dreihundert zählen, die auf die Höchststärke von viertausend nach Nummer 1, Absatz 3 dieser Artikels anzurechnen sind.
Artikel 161.
Alle Gattungen des Zivilpersonals der Verwaltungsbehörden des Heeres, das nicht in den durch die gegenwärtigen Bestimmungen vorgesehenen Höchststärken enthalten ist, werden auf ein Zehntel der durch den Heereshaushalt für 1913 festgesetzten Stärke herabgesetzt.
Artikel 162.
Die Zahl der im Zollwächterdienst, im Forst- und Küstenschutz verwendeten Angestellten und Beamten der deutschen Staaten darf nicht die der im Jahre 1913 diesen Dienst versehenden Angestellten und Beamten übersteigen.
Die Zahl der Gendarmen sowie der Angestellten und Beamten der Polizeiverwaltungen für einzelne Bezirke oder Gemeinden darf nur im Verhältnis der seit 1913 in den betreffenden Bezirken oder Gemeinden eingetretenen Bevölkerungszunahme vermehrt werden.
Diese Angestellten und Beamten dürfen nicht zu militärischen Übungen zusammengezogen werden.
Die im Artikel 160 vorgeschriebene Herabsetzung der Streitkräfte Deutschlands kann schrittweise in der folgenden Art durchgeführt werden.
Binnen drei Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags ist die gesamte Iststärke auf zweihunderttausend Mann zurückzuführen; die Zahl der Einheiten darf das Doppelte der im Artikel 160 vorgesehenen Zahl nicht überschreiten.
Nach Ablauf dieser Frist und am Schlusse jedes folgenden Vierteljahrs setzt ein Ausschuß von Heeressachverständigen der alliierten und assoziierten Hauptmächte die für das nächste Vierteljahr durchzuführenden Herabsetzungen fest, und zwar in der Weise, das spätestens am 31. März 1920 die gesamte Iststärke der deutschen Streitkräfte die im Artikel 160 vorgesehene Höchstziffer von einhunderttausend Mann nicht überschreitet. Bei dieser schrittweisen Herabsetzung bleibt das Verhältnis zwischen Mannschaften und Offizieren und ferner das Verhältnis zwischen den verschiedenen Einheiten , so wie es in dem bezeichneten Artikel vorgesehen ist, gewahrt.
Kapitel II.
Bewaffnung, Munition, Material.
Artikel 164.
Bis zu dem Zeitpunkt, an dem Deutschland als Mitglied in den Völkerbund eintreten darf, darf das deutsche Heer an Bewaffnung nicht mehr besitzen, als in der diesem Abschnitt beigefügten Übersicht II festgesetzt ist, abgesehen von einem freigestellten Zuschlag von höchstens einem Fünfundzwanzigstel an Handfeuerwaffen und einem Fünfzigstel an Geschützen, der lediglich als Ersatz für Ausfälle bestimmt ist.
Deutschland sagt für den Zeitpunkt, zu dem ihm der Eintritt in den Völkerbund gestattet wird, jetzt bereits zu, daß die in der angezogenen Übersicht festgesetzte Bewaffnung nicht überschritten werden wird und daß es dem Rat des Völkerbunds zustehen soll, sie andersweit zu regeln; es verpflichtet sich, die von dem Rat des Völkerbunds in dieser Richtung getroffenen Entscheidungen genau zu befolgen.
Artikel 165.
Die Höchstziffer von Geschützen, Maschinengewehren, Minenwerfern und Gewehren, sowie die Vorräte an Munition und Ausrüstung, welche Deutschland während der im Artikel 160 erwähnten Zeit zwischen Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags und dem 31. März 1920 halten darf, haben zu den zulässigen Höchstziffern der diesem Abschnitt beigefügten Übersicht III in demselben Verhältnis zu stehen, in dem die deutschen Streitkräfte je nach dem Fortschreiten der im Artikel 163 vorgesehenen Herabsetzung zu den nach Artikel 160 zulässigen Höchststärken stehen.
Artikel 166.
Am 31. März 1920 dürfen die für das deutsche Heer verfügbaren Munitionsvorräte nicht höher sein, als die in der diesem Abschnitt angefügten Übersicht III niedergelegten Zahlen ergeben.
Binnen der gleichen Frist muß die deutsche Regierung die Stapelplätze dieser Vorräte den Regierungen der alliierten und assoziierten Hauptmächte kundgeben. Es ist verboten, irgendwelche andere Bestände, Niederlagen oder Vorräte an Munition anzulegen.
Artikel 167.
Die Zahl und das Kaliber der Geschütze, die bei Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags die Bestückung der Festungswerke, Festungen und festen Plätze, sei es im Lande, sei es an der Küste, bilden, die Deutschland beibehalten darf, sind sofort durch die deutsche Regierung den Regierungen der alliierten und assoziierten Hauptmächte kundzugeben. Sie stellen Höchstzahlen dar, die nicht überschritten werden dürfen.
Binnen zwei Wochen nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags Wird die Ausstattung dieser Geschütze mit Munition auf höchstens 1500 Schuß je Geschütz von Kaliber 10,5 cm und darunter und 500 Schuß je Geschütz für die größeren Kaliber gleichmäßig zurückgeführt und auf diesem Satz erhalten.
Die Anfertigung von Waffen, Munition und Kriegsgerät aller Art darf nur in Werkstätten und Fabriken stattfinden, deren Lage den Regierungen der alliierten und assoziierten Hauptmächte zur Kenntnisnahme mitgeteilt und von ihnen genehmigt worden ist. Diese Regierungen behalten sich vor, die Zahl der Werkstätten und Fabriken zu beschränken.
Binnen drei Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags werden alle anderen Anlagen, die der Anfertigung, Herrichtung, Lagerung von Waffen, Munition und Kriegsgerät aller Art oder der Herstellung von entsprechenden Entwürfen dienen, geschlossen. Dasselbe gilt für alle Zeughäuser außer denen, die zur Lagerung des zugelassenen Munitionsvorrates dienen. Binnen der gleichen Frist wird das Personal dieser Zeughäuser entlassen.
Binnen zwei Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags sind die deutschen Waffen, Munitionsvorräte und das Kriegsgerät einschließlich jeden Flugabwehrgerätes, die in Deutschland über die zugelassenen Mengen hinaus vorhanden sind, den Regierungen der alliierten und assoziierten Hauptmächte zur Zerstörung oder Unbrauchbarmachung auszuliefern. Dasselbe gilt für alle für die Anfertigung von Kriegsgerät bestimmten Werkzeuge und Maschinen, abgesehen von dem, was als notwendig für die Bewaffnung und Ausrüstung der zugelassenen deutschen Streitkräfte anzuerkennen ist.
Die Auslieferung erfolgt auf deutschen Gebiet; den ort im einzelnen bestimmen die genannten Regierungen.
Binnen der gleichen Frist wird den genannten Regierungen was an Waffen, Munition und Kriegsgerät einschließlich des Flugabwehrgerätes aus dem Auslande stammt, ohne Rücksicht auf seinen Zustand, ausgeliefert. Die Regierungen entscheiden über die weitere Bestimmung.
Bestände an Waffen, Munition und Gerät [engl. Text: “und Gerät” nicht vorhanden] die infolge der schrittweisen Herabsetzung der deutschen Streitkräfte über die nach den Übersichten II und III der Anlage dieses Abschnitts zulässigen Mengen hinausgehen, sind, wie vorstehend angegeben, auszuliefern, und zwar in den Fristen, die von den im Artikel 163 vorgesehenen Ausschüssen vom Heeressachverständigen bestimmt werden.
Die Einfuhr von Waffen, Munition und Kriegsgerät jeder Art nach Deutschland ist ausdrücklich verboten.
Dasselbe gilt für Anfertigung und Ausfuhr von Waffen, Munition und Kriegsgerät jeder Art für fremde Völker.
Artikel 171.
Mit Rücksicht darauf, daß der Gebrauch von erstickenden, giftigen oder ähnlichen Gasen, sowie von allen derartigen Flüssigkeiten, Stoffen oder Verfahrensarten verboten ist, wird ihre Herstellung in Deutschland und ihre Einfuhr streng untersagt.
Dasselbe gilt für alles Material, das eigens für die Herstellung, die Aufbewahrung oder den Gebrauch der genannten Erzeugnisse oder Verfahrensarten bestimmt ist.
Desgleichen ist die Herstellung von Panzerwagen, Tanks, oder irgendwelchen anderen ähnlichen Vorrichtungen, die Kriegszwecken dienen können, in Deutschland verboten, ebenso deren Einfuhr nach Deutschland.
Artikel 172.
Binnen drei Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags hat die deutsche Regierung den alliierten und assoziierten Hauptmächten Beschaffenheit und Herstellungsart aller Spreng- und Giftstoffe oder anderen chemischen Präparate, die von ihr im Laufe des Krieges angewendet oder zu dieser Anwendung vorbereitet worden sind, mitzuteilen.
Kapitel III.
Heeresergänzung und militärische Ausbildung.
Artikel 173.
Die allgemeine Wehrpflicht wird in Deutschland abgeschafft.
Das deutsche Heer darf nur im Wege freiwilliger Verpflichtung aufgestellt und ergänzt werden.
Artikel 174.
Unteroffiziere und Gemeine verpflichten sich für eine ununterbrochene Dauer von zwölf Jahren.
Der Satz der Mannschaften, die aus irgendeinem Grunde vor Ablauf der Verpflichtungszeit aus dem Dienste ausscheiden, darf im Jahre fünf v. H. von der gesamten durch den gegenwärtigen Vertrag (Artikel 160, Nummer 1, Absatz 2) festgesetzten Iststärke nicht überschreiten.
Artikel 175.
Die Offiziere, die in der Armee bleiben, müssen sich verpflichten, wenigstens bis zu einem Alter von fünfundvierzig Jahren zu dienen.
Die Offiziere, die neu ernannt werden, müssen sich verpflichten, wenigstens fünfundzwanzig Jahre hintereinander wirklich Dienst zu tun.
Die Offiziere, die früher irgendwelchen Heeresformationen angehört haben und die nicht in den Einheiten untergebracht werden können, deren Bestehenbleiben zugelassen ist, dürfen an keiner theoretischen oder praktischen militärischen Übung teilnehmen und sind keinerlei militärischer Dienstpflicht unterworfen.
Der Satz an Offizieren, die aus irgendeinem Grunde vor Ablauf der Verpflichtungszeit aus dem Dienst ausschieden, darf im Jahr fünf v. H. der gesamten durch den gegenwärtigen Vertrag (Artikel 160, Nummer 1, Absatz 3) festgelegten Iststärke nicht überschreiten.
Artikel 176.
Nach Ablauf von zwei Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags darf in Deutschland nur noch die Zahl von militärischen Schulen bestehen, die für den Offiziersersatz der zugelassenen Einheiten unumgänglich nötig ist. Diese Schulen sind ausschließlich für die Heranbildung der Offiziere der einzelnen Waffe bestimmt, derart, daß jede Waffengattung eine Schule hat.
Die Zahl der Schüler, die zum Lehrgang der genannten Schulen zugelassen werden, muß genau der Zahl der zu besetzenden Stellen in den Offizierskorps entsprechen. Die Schüler und die Stämme der Schulen zählen bei Berechnung der durch den gegenwärtigen Vertrag (Artikel 160, Nummer 1, Absatz 2 und 3) festgelegten Stärken mit.
Infolgedessen werden in der oben festgelegten Frist alle Kriegsakademien oder ähnlichen deutschen Einrichtungen, ebenso wie die verschiedenen Militärschulen für Offiziere, Offiziersaspiranten, Kadetten, Unteroffiziere oder Unteroffizierschüler, abgesehen von den oben erwähnten Schulen, aufgehoben.
Artikel 177.
Unterrichtsanstalten, Hochschulen, Kriegsvereine, Schützengilden, Sport- und Wandervereine, überhaupt Vereinigungen jeder Art, ohne Rücksicht auf das Alter ihrer Mitglieder, dürfen sich nicht mit militärischen Dingen befassen.
Es ist ihnen namentlich untersagt, ihre Mitglieder im Waffenhandwerk oder im Gebrauch von Kriegswaffen auszubilden oder zu üben oder ausbilden oder üben zu lassen.
Diese Vereine, Gesellschaften, Unterrichtsanstalten und Hochschulen dürfen in keinerlei Verbindung mit dem Kriegsministerium oder irgendeiner anderen militärischen Behörde stehen.
Artikel 178.
Alle Mobilmachungsmaßnahmen oder solche, die auf eine Mobilmachung hinzielen, sind untersagt.
In keinem Falle dürfen bei Truppenteilen Behörden oder Stäben Stämme für Ergänzungsformationen vorhanden sein.
Artikel 179.
Deutschland verpflichtet sich, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags an in keinem fremden Lande irgendeine Mission des Landheeres, der Seemacht oder der Luftstreitkräfte zu beglaubigen, keine solche Mission dorthin zu senden oder abreisen zu lassen; es verpflichtet sich außerdem, durch geeignete Maßnahmen zu verhindern, daß Reichsdeutsche sein Gebiet verlassen, um in das Heer, die Flotte oder den Luftdienst irgendeiner fremden Macht einzutreten oder in ein Zugehörigkeitsverhältnis zu ihr zu treten zu dem Zwecke, die Ausbildung zu fördern oder überhaupt in einem fremden Lande beim Unterricht im Heer-, Marine- oder Luftwesen mitzuwirken.
Die alliierten und assoziierten Mächte vereinbaren ihrerseits, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags an keinen Reichsdeutschen in ihr Heer, ihre Flotte oder ihre Luftstreitkräfte einzureihen oder zur Förderung der militärischen Ausbildung in ein Zugehörigkeitsverhältnis zu ihnen treten zu lassen, überhaupt keinen Reichsdeutschen als Lehrer im Heer-, Marine- oder Luftfahrwesen anzustellen.
Von dieser Bestimmung bleibt jedoch das Recht Frankreichs, die Mannschaft seiner Fremdenlegion gemäß den französischen militärischen Gesetzen und Vorschriften zu ergänzen, unberührt.
Artikel 180.
Alle befestigten Anlagen, Festungen und festen Plätze zu Lande, die auf deutschem Gebiete westlich einer Linie in 50 km Abstand östlich des Rheins liegen, werden abgerüstet und geschleift.
Soweit die befestigten Anlagen, Festungen und festen Plätze zu Lande in dem von den alliierten und assoziierten Truppen nicht besetzten Gebiete liegen, sind sie binnen zwei Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags abzurüsten und binnen einer weiteren Frist von vier Monaten zu schleifen. Soweit sie in dem von dem alliierten und assoziierten Truppen besetzten Gebiete liegen, setzt die alliierte Oberste Heeresleitung die Frist für die Abrüstung und Schleifung fest.
Die Anlage jeder neuen Befestigung, gleichviel welcher Art und Wichtigkeit, ist in der im ersten Absatz dieses Artikels bezeichneten Zone verboten.
Das System der befestigten Werke an der Süd- und Ostgrenze Deutschlands verbleibt im gegenwärtigen Zustande.
Übersicht Nr. 1.
Zusammensetzung und Stärke der Stäbe eines Armeekorps und der Infanterie- und Kavallerie-Divisionen.
Diese Übersicht stellt nicht einen Stärkebestand dar, den Deutschland haben muß, sondern die hier gegebenen Ziffern (Zahl der Einheiten und Stärken) bilden Höchstzahlen, die in keinem Falle überschritten werden dürfen.
I. Stab eines Armeekorps.
Einheiten | Höchste zugelassene Anzahl | Höchstzahl des Bestandes einer jeden Einheit | |
Offiziere | Mann- schaften | ||
Stab eines Armeekorps | 2 | 30 | 150 |
Gesamtzahl bei den Stäben |
60 | 300 |
II. Zusammensetzung einer Infanterie-Division.
Etatmäßige Einheiten | Höchste zu- gelassene Anzahl der Einheiten einer Division | Höchstzahl des Bestandes einer jeden Einheit | |
Offiziere | Truppe | ||
Stab einer Inf.-Division | 1 | 25 | 70 |
Stab eines Inf.-Kdeurs | 1 | 4 | 30 |
Stab eines Art.-Kdeurs | 1 | 4 | 30 |
Inf.-Regiment (Jedes Inf.-Regiment umfaßt: 3 Inf.-Bataillone; jedes Bataillon umfaßt: 3 Inf.-Komp. und 1 M.-G.-Komp.) |
3 | 70 | 2300 |
Minenwerfer-Komp. | 3 | 6 | 150 |
Divisions-Schwadron | 1 | 6 | 150 |
Feldart.-Regiment (Jedes Regiment umfaßt: 3 Abteilungen; jede Abteilung umfaßt: 3 Batterieen) |
1 | 85 | 1300 |
Pion.-Bataillon (Jedes Bataillon umfaßt: 2 Pion.-Komp., 1 Brückentrain, 1 Scheinwerferzug) |
1 | 12 | 400 |
Nachrichtenabteilung (Diese Abteilung umfaßt: 1 Telef.-Abteilung, 1 Abhörabteilung, 1 Brieftaubenschlag) |
1 | 12 | 300 |
Div.-Sanitätsabt. | 1 | 20 | 400 |
Parks und Kolonnen | . | 14 | 800 |
Gesamtbestand einer Inf.-Division |
410 | 10830 |
III. Zusammensetzung einer Kavallerie-Division
Etatmäßige Einheiten |
Höchste zu- gelassene Anzahl der Einheiten einer Division |
Höchstzahl des Bestandes einer jeden Einheit | |
Offiziere | Truppe | ||
Stab einer Kav.-Div. | 1 | 15 | 50 |
Kav.-Regiment (Jedes Regiment umfaßt 4 Schwadronen) |
6 | 40 | 800 |
Reitende Abteilung (zu je 3 Battr.) | 1 | 20 | 400 |
Gesamtbestand eine Kav.-Division |
275 | 5250 |
Übersicht Nr. 2.
Übersicht der Bewaffnung für die Ausstattung einer Höchstzahl von 7 Infanterie-Divisionen, 3 Kavallerie-Divisionen und 2 Armeekorps-Stäben.
Material |
Inf.- Div. | 7 Inf.- Div. | Kav.- Div. | 3 Kav.- Div. | 2 Armee- korps- stäbe | Gesamt- material der Spalten 2, 4, 5 |
1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | |
Gewehre | 12000 | 84000 |
. |
. |
Diese Aus- rüstung ist dem Über- schuß an Bewaffnung der Inf.-Div. zu entnehmen |
84000 |
Karabiner | . | . | 6000 | 18000 | 18000 | |
Schwere M.-G. | 108 | 756 | 12 | 36 | 792 | |
Leichte M.-G. | 162 | 1134 | . | . | 1134 | |
Mittlere Minenwerfer | 9 | 63 | . | . | 63 | |
Leichte Minenwerfer | 27 | 189 | . | . | 189 | |
Geschütze 7,7 cm | 24 | 168 | 12 | 36 | 204 | |
Haubitzen 10,5 cm | 12 | 84 | . | . | 84 |
Übersicht Nr. 3.
Zugelassener Höchstbestand.
Material | Höchstzahl der Waffen | Ausrüstung der einzelnen Einheiten | Höchstzahl des Gesamt- materials |
Gewehre | 84000 |
} 400 Schuß |
40800000 |
Karabiner | 18000 | ||
Schwere M.-G. | 792 | } 8000 “ |
15408000 |
Leichte M.-G. | 1134 | ||
Mittlere Minenwerfer | 63 | 400 “ | 25200 |
Leichte Minenwerfer | 189 | 800 “ | 151200 |
Feldartillerie: | |||
Geschütze 7,7 cm | 204 | 1000 “ | 204000 |
Haubitzen 10,5 cm | 84 | 800 “ | 67200 |
Abschnitt II.
Bestimmungen über die Seemacht.
Nach Ablauf einer Frist von zwei Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags dürfen die deutschen Seestreitkräfte im Dienst höchstens betragen:
6 Schlachtschiffe der “Deutschland”- oder “Lothringen”-Klasse,
6 kleine Kreuzer,
12 Zerstörer,
12 Torpedoboote oder
eine gleiche Anzahl von Ersatzschiffen der im Artikel 190 vorgesehenen Bauart.
Es darf kein Unterwasserfahrzeug darunter sein.
Alle anderen Kriegsschiffe müssen, soweit nicht der gegenwärtige Vertrag ein anderes bestimmt, in Reserve gestellt oder Handelzwecken dienstbar gemacht werden.
Artikel 182.
Bis zur Beendigung der im Artikel 193 vorgesehenen Minenräumarbeiten hat Deutschland die von den Regierungen der alliierten und assoziierten Hauptmächte festzusetzende Anzahl Minenräumfahrzeuge in Dienst zu halten.
Nach Ablauf einer Frist von zwei Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags darf die gesamte Kopfstärke der deutschen Kriegsmarine, Offiziere und Personal aller Grade und Gattungen eingeschlossen, 15000 Mann nicht übersteigen. In dieser Zahl ist die Besatzung der Flotte und die Mannschaft im Küstenverteidigungs-, Küstensignal-, Verwaltungs- und Landdienst inbegriffen.
Die gesamte Kopfstärke an Offizieren und Deckoffizieren darf die Zahl von 1500 nicht übersteigen.
Binnen einer Frist von zwei Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags ist das Personal, soweit seine Zahl über obige Kopfstärke hinausgeht, zu demobilisieren.
Ohne Anrechnung auf die oben festgesetzte Kopfstärke dürfen in Deutschland weder Marine- noch Heeresformationen noch Reserveverbände für einen mit der Marine zusammenhängenden Dienst gebildet werden.
Artikel 184.
Mit Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags verliert Deutschland das Eigentum an allen deutschen Überwasserkriegsschiffen, die sich außerhalb der deutschen Häfen befinden. Deutschland verzichtet auf alle Rechte an den genannten Schiffen.
Schiffe, die in Ausführung der Bestimmungen des Waffenstillstandes vom 11. November 1918 zur Zeit in den Häfen der alliierten und assoziierten Mächte interniert sind, werden für endgültig ausgeliefert erklärt.
Schiffe, die zur Zeit in neutralen Häfen interniert sind, sind dort an die Regierungen der alliierten und assoziierten Hauptmächte auszuliefern. Die deutsche Regierung hat bei Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags den neutralen Mächten entsprechende Mitteilung zu machen.
Artikel 185.
Binnen zwei Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags sind die nachstehend aufgeführten deutschen Überwasserkriegsschiffe den Regierungen der alliierten und assoziierten Hauptmächte in den durch diese Mächte zu bestimmenden alliierten Häfen auszuliefern.
Diese Schiffe müssen desarmiert sein, so wie es im Artikel XXIII des Waffenstillstandes vom 11. November 1918 vorgesehen ist. Sie müssen aber ihre gesamte Artillerie an Bord haben.
und außerdem 42 moderne Zerstörer und 50 moderne Torpedoboote, die durch die Regierungen des alliierten und assoziierten Hauptmächte bezeichnet werden.
Artikel 186.
Mit Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags hat die deutsche Regierung unter Überwachung der Regierungen des alliierten und assoziierten Hauptmächte den Abbruch aller zur Zeit im Bau befindlichen deutschen Überwasserkriegsschiffe in die Wege zu leiten.
Artikel 187.
Die nachstehend aufgeführten deutschen Hilfskreuzer und Hilfskriegsschiffe werden desarmiert und wie Handelsschiffe behandelt:
Schlachtschiffe. |
||
“Oldenburg” | “Posen” | |
“Thüringen” | “Westfalen” | |
“Ostfriesland” | “Rheinland” | |
“Helgoland” | “Nassau” | |
Kleine Kreuzer. |
||
“Stettin” | “Stralsund” | |
“Danzig” | “Augsburg” | |
“München” | “Kolberg” | |
“Lübeck” | “Stuttgart” |
und außerdem 42 moderne Zerstörer und 50 moderne Torpedoboote, die durch die Regierungen der alliierten und assoziierten Hauptmächte bezeichnet werden.
Artikel 186.
Mit Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags hat die deutsche Regierung unter Überwachung der Regierungen des alliierten und assoziierten Hauptmächte den Abbruch aller zur Zeit im Bau befindlichen deutschen Überwasserkriegsschiffe in die Wege zu leiten.
Artikel 187.
Die nachstehend aufgeführten deutschen Hilfskreuzer und Hilfskriegsschiffe werden desarmiert und wie Handelsschiffe behandelt:
In neutralen Ländern internierte Schiffe: |
||
“Berlin” | “Seydlitz” | |
“Santa Fé” | “Yorck” | |
Schiffe in deutschen Häfen: | ||
“Ammon” | “Fürst Bülow” | |
“Answald” | “Gertrud” | |
“Bosnia” | “Kigoma” | |
“Cordoba” | “Rugia” | |
“Cassel” | “Santa Elena” | |
“Dania” | “Schleswig” | |
“Rio Negro” | “Möwe” | |
“Rio Pardo” | “Sierra Ventana” | |
“Santa Cruz” | “Chemnitz” | |
“Schwaben” | “Emil Georg von Strauß” | |
“Solingen” | “Habsburg” | |
“Franken” | “Waltraude” | |
“Gundomar” | “Scharnhorst” |
Artikel 188.
Nach Ablauf einer Frist von einem Monat nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags müssen alle deutschen Unterseeboote ebenso wie die Hebeschiffe und Docks für Unterseeboote einschließlich des Druckdocks den alliierten und assoziierten Hauptmächten ausgeliefert sein.
Diejenigen dieser Unterseeboote, Schiffe und Docks, die nach Ansicht der genannten Regierungen imstande sind, mit eigener Kraft zu fahren oder geschleppt zu werden, sind von der deutschen Regierung in die hierfür bezeichneten Häfen der alliierten Länder zu überführen.
Die anderen Unterseeboote sowie die im Bau befindlichen hat die deutsche Regierung unter Aufsicht der genannten Regierungen vollständig abbrechen zu lassen. Der Abbruch muß spätestens drei Monate nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags vollendet sein.
Artikel 189.
Alle Gegenstände, Maschinen und Materialien, die von dem Abbruch der deutschen Kriegsschiffe jeder Art, Überwasserschiffen oder Unterseebooten herrühren, dürfen nur zu rein gewerblichen oder reinen Handelszwecken Verwendung finden.
An das Ausland dürfen sie weder verkauft noch abgetrieben werden.
Es ist Deutschland untersagt, irgendwelche Kriegsschiffe zu bauen oder zu erwerben, es sei denn zum Ersatz der durch den gegenwärtigen Vertrag (Artikel 181) vorgesehenen in Dienst gestellten Einheiten.
Die vorerwähnten Ersatzbauten dürfen keine größere Wasserverdrängung haben als
10000 Tonnen für die Schlachtschiffe,
5000 Tonnen für die kleinen Kreuzer,
800 Tonnen für die Zerstörer,
200 Tonnen für die Torpedoboote.
Außer im Falle des Verlustes eines Schiffes dürfen die Einheiten der verschiedenen Klassen erst nach einem Zeitpunkt von
20 Jahren für die Schlachtschiffe und Kreuzer,
15 Jahren für die Zerstörer und Torpedoboote
gerechnet vom Stapellauf an, ersetzt werden.
Artikel 191.
Der Bau und der Erwerb aller Unterwasserfahrzeuge, selbst zu Handelszwecken, ist Deutschland untersagt.
Die in Dienst gestellten deutschen Kriegsschiffe dürfen nur die durch die alliierten und assoziierten Hauptmächte festgesetzten Mengen an Waffen, Munition und Kriegsmaterial an Bord oder in Reserve haben.
Binnen eines Monats nach Festsetzung obiger Mengen sind die Bestände an Waffen, Munition und Kriegsmaterial jeder Art, einschließlich Minen und Torpedos, die sich zur Zeit in den Händen der deutschen Regierung befinden und die über die erwähnten Mengen hinausgehen, den Regierungen der genannten Mächte an den von ihnen zu bezeichnenden Orten auszuliefern. Sie werden zerstört oder unbrauchbar gemacht.
Irgendwelche anderen Vorräte, Lager oder Reserven von Waffen, Munition oder Seekriegsmaterial jeder Art sind unstatthaft.
Auch die Herstellung der genannten Gegenstände auf deutschem Boden für fremde Länder oder ihre Ausfuhr dorthin ist verboten.
Mit Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags hat Deutschland unverzüglich die Räumung der Minen innerhalb folgender Zonen der Nordsee östlich von 4° 00′ östlicher Länge von Greenwich in die Wege zu leiten:
1. zwischen 53° 00′ und 59° 00′ Breite,
2. nördlich von 60° 30′ nördlicher Breite.
Deutschland hat diese Zonen frei von Minen zu halten.
Deutschland hat ebenso diejenigen Zonen der Ostsee, die ihm späterhin durch die Regierungen der alliierten und assoziierten Hauptmächte bezeichnet werden, von Minen zu säubern und freizuhalten.
Artikel 194.
Das Personal der deutschen Marine darf sich ausschließlich im Wege freiwilliger Verpflichtung, und zwar bei Offizieren und Deckoffizieren für die Dauer von mindestens 25, bei Unteroffizieren und Mannschaften mindestens 12 aufeinanderfolgenden Jahren ergänzen.
Die Zahl der Neueinstellungen als Ersatz für Personal, das aus irgendeinem Grunde vor Ablauf seiner Verpflichtungszeit aus dem Dienst ausscheidet, darf 5 von Hundert jährlich der gesamten in diesem Abschnitt (Artikel 183) vorgesehenen Kopfstärken nicht übersteigen.
Das Personal, das aus dem Dienst der Kriegsmarine ausscheidet, darf keine Art militärischer Ausbildung erhalten und keinen Dienst, weder in der Flotte, noch im Heere, wieder annehmen.
Die Offiziere, die der deutschen Kriegsmarine angehören und nicht demobilisiert werden, müssen sich verpflichten, ihren Dienst bis zu einem Alter von 45 Jahren fortzusetzen, es sei denn, daß sie den Dienst aus berechtigten Gründen verlassen.
Kein Offizier oder Mann der Handelsmarine darf irgendwelche militärische Ausbildung erhalten.
Damit allen Nationen völlig freier Zutritt zur Ostsee gesichert wird, darf Deutschland in der Zone zwischen 55° 27′ und 54° 00′ nördlicher Breite und 9° 00′ und 16° 00′ östlicher Länge von Greenwich keine Befestigung anlegen und keine Seewege zwischen Nordsee und Ostsee beherrschende Geschütze aufstellen. Die Befestigungen, die zur Zeit in dieser Zone vorhanden sind, sind zu schleifen und die Geschütze unter Aufsicht der alliierten Mächte und in den von ihnen festgesetzten Fristen zu entfernen.
Die deutsche Regierung hat den Regierungen der alliierten und assoziierten Hauptmächte alle zur Zeit in ihrem Besitz befindlichen Unterlagen über das Fahrwasser der Fahrrinnen nebst angrenzenden Gewässern zwischen Nordsee und Ostsee vollständig zur Verfügung zu stellen.
Artikel 196.
Alle befestigten Werke und Anlagen und festen Seeplätze, die nicht in Abschnitt XIII (Helgoland) Teil III (Politische Bestimmungen über Europa) und im Artikel 195 erwähnt sind und entweder weniger als 50 km von der deutschen Küste oder auf den deutschen Inseln vor der Küste liegen, gelten als zur Verteidigung bestimmt und dürfen in ihrem gegenwärtigen Zustande bleiben.
In dieser Zone darf keine neue Befestigung errichtet werden. Die Bestückung dieser Werke darf an Zahl und Kaliber der Geschütze niemals die bei Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags vorhandenen übersteigen. Die deutsche Regierung hat unverzüglich deren Zusammensetzung allen europäischen Regierungen mitzuteilen.
Nach Ablauf einer Frist von zwei Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags wird die Ausstattung dieser Geschütze mit Munition auf höchstens 1500 Schuß je Geschütz von Kaliber 10,5 cm und darunter und 500 Schuß je Geschütz für die größeren Kaliber gleichmäßig zurückgeführt und auf diesem Satz erhalten.
Artikel 197.
Während einer Frist von drei Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags dürfen die deutschen drahtlosen Großstationen von Nauen, Hannover und Berlin ohne Ermächtigung der alliierten und assoziierten Hauptmächte nicht dazu verwendet werden, um Nachrichten über Angelegenheiten der Seemacht, des Heeres oder der Politik zu übermitteln, die für Deutschland oder die mit Deutschland während des Krieges verbündet gewesenen Mächte von Belang sind. Handelsdrahtungen dürfen diese Stationen übermitteln, aber nur unter Überwachung der genannten Regierungen, die auch die zu benutzende Wellenlänge festsetzen.
Währen derselben Frist darf Deutschland weder auf seinem eigenen Gebiet noch auf dem Österreichs, Ungarns, Bulgariens oder der Türkei drahtlose Großstationen errichten.
Abschnitt III.
Bestimmungen über militärische und Seeluftfahrt.
Deutschland darf Luftstreitkräfte weder zu lande noch zu Wasser als Teil seines Heerwesens unterhalten.
Deutschland darf längstens bis zum 1. Oktober 1919 eine Höchstzahl von einhundert Wasserflugzeugen oder Flugbooten unterhalten, die, ausschließlich zur Aufsuchung von Unterseeminen bestimmt, diesem Zweck mit der nötigen Ausrüstung versehen sind und in keinem Fall Waffen, Munition oder Bomben irgendwelcher Art mitführen dürfen.
Außer den in den vorgenannten Wasserflugzeugen oder Flugbooten eingebauten Motoren darf für jeden Motor eines jeden dieser Apparate ein einziger Reservemotor vorgesehen werden.
Keine Lenkluftschiff darf beibehalten werden.
Artikel 199.
Binnen zwei Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags ist das Personal der Luftfahrt, das gegenwärtig in den Listen der deutschen Streitkräfte zu Land und zu Wasser geführt wird, demobil zu machen. Indes darf Deutschland bis zum 1. Oktober 1919 eine Gesamtzahl von eintausend Mann, einschließlich Offizieren für die Gesamtheit der Verbände, fliegendes und nichtfliegendes Personal aller Formationen und Anstalten, beibehalten und unterhalten.
Artikel 200.
Bis zur völligen Räumung des deutschen Gebiets durch die alliierten und assoziierten Truppen sollen die Luftfahrzeuge der alliierten und assoziierten Mächte in Deutschland freie Fahrt im Luftraum sowie Durchflugs- und Landefreiheit haben.
Artikel 201.
Während einer Frist von sechs Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags ist die Herstellung und Einfuhr von Luftfahrzeugen und Teilen solcher, ebenso wie von Luftfahrzeugmotoren und Teilen von solchen für das ganze deutsche Gebiet verboten.
Mit Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags ist das ganze militärische und Marineluftfahrzeugmaterial mit Ausnahme der in Artikel 198 Absatz 2 und 3 vorgesehenen Apparate den Regierungen des alliierten und assoziierten Hauptmächte auszuliefern.
Diese Auslieferung hat an den von den genannten Regierungen zu bestimmenden Orten zu erfolgen; sie muß binnen drei Monaten beendet sein.
Zu diesem Material gehört im besonderen dasjenige, das für kriegerische Zwecke im Gebrauch oder bestimmt ist oder im Gebrauch oder bestimmt gewesen ist, namentlich:
Die vollständigen Land- und Wasserflugzeuge, ebenso solche, die sich Herstellung, Auslieferung oder Aufbau befinden.
Die flugfähigen Luftschiffe, ebenso solche, die sich in Herstellung, Auslieferung oder Aufbau befinden.
Die Geräte für die Herstellung von Wasserstoffgas.
Die Luftschiffhallen und Behausungen aller Art für Luftfahrzeuge.
Bis zu ihrer Auslieferung sind die Luftschiffe auf Kosten Deutschlands mit Wasserstoffgas gefüllt zu halten. Die Geräte zur Herstellung von Wasserstoffgas ebenso wie die Behausungen für Luftschiffe können nach freiem Ermessen der genannten Mächte Deutschland bis zur Auslieferung der Lenkluftschiffe belassen werden.
Die Luftfahrzeugmotoren.
Die Zellen (Ballonette und Tragflächen [engl. Text: “Luftschiffgondeln und Flugzeuggitterkörper” statt “Ballonette und Tragflächen”]).
Die Bewaffnung (Kanonen, Maschinengewehre, leichte Maschinengewehre, Bombenwerfer, Torpedolanziervorrichtungen, Apparate für Synchronismus, Zielapparate).
Die Munition (Patronen, Granaten, geladene Bomben, Bombenkörper, Vorräte von Sprengstoff oder deren Rohstoffe [engl. Text: “Rohstoffen”]).
Die Bordinstrumente.
Die Apparate für die drahtlose Telegraphie, die photographischen und kinematographischen Apparate für Luftfahrzeuge.
Einzelteile, die einer der vorstehenden Gattungen angehören.
Das vorerwähnte Material darf nicht ohne ausdrückliche Ermächtigung der genannten Regierungen von Ort und Stelle verbracht werden.
Abschnitt IV.
Interalliierte Überwachungsausschüsse.
Artikel 203.
Alle Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrags über Landheer, Seemacht und Luftfahrt, für deren Durchführung eine zeitliche Grenze festgesetzt ist, sind von Deutschland unter Überwachung interalliierte Ausschüsse durchzuführen, die zu diesem Zweck von den alliierten und assoziierten Hauptmächten besonders ernannt werden.
Artikel 204.
Die interalliierten Überwachungsausschüsse werden besonders damit betraut, die regelrechte Ausführung der Auslieferungen, der Zerstörung, des Abbruchs und der Unbrauchbarmachung zu überwachen, wie sie zu Lasten der deutschen Regierung durch den gegenwärtigen Vertrag vorgesehen sind.
Sie bringen den deutschen Behörden die Entscheidungen zur Kenntnis, welche die Regierungen der alliierten und assoziierten Hauptmächte sich zu treffen vorbehalten haben oder welche zur Durchführung der Bestimmungen über Landheer, Seemacht und Luftfahrt nötig werden.
Artikel 205.
Die interalliierten Überwachungsausschüsse dürfen ihre Dienststellen am Sitz der deutschen Reichsregierung einrichten.
Sie sind befugt, so oft sie es für angebracht erachten, sich an jeden beliebigen Ort des deutschen Reichsgebiets zu begeben, Unterausschüsse dorthin zu entsenden oder eins oder mehrere ihrer Mitglieder zu beauftragen, sich dorthin zu verfügen.
Artikel 206.
Die deutsche Regierung hat den interalliierten Überwachungsausschüssen und ihren Mitgliedern jedes Entgegenkommen zu erweisen, das zur Erfüllung ihrer Aufgabe notwendig ist.
Sie hat für jeden interalliierten Überwachungsausschuß einen geeigneten Beauftragten zu bezeichnen, dessen Aufgabe es ist, von dem Ausschuß die für die deutsche Regierung Regierung bestimmten Mitteilungen entgegenzunehmen und dem Ausschuß alle verlangten Auskünfte oder Schriftstücke zu liefern oder zu beschaffen.
In allen Fällen liegt es der deutschen Regierung ob, auf eigene Kosten sowohl für das Personal wie für das Material die Mittel zur Durchführung der in dem gegenwärtigen Vertrag vorgesehenen Auslieferungen, Zerstörungen, Schleifungen, Abbrüche und Unbrauchbarmachungen zu beschaffen.
Artikel 207.
Der Unterhalt und die Kosten der Überwachungsausschüsse und die Aufwendungen, die durch ihre Tätigkeit veranlaßt werden, fallen Deutschland zur Last.
Artikel 208.
Der interalliierte Überwachungsausschuß vertritt die Regierungen der alliierten und assoziierten Hauptmächte bei der deutschen Regierung in allem, was die Durchführung der militärischen Bestimmungen betrifft.
Er ist namentlich dazu berufen, von der deutschen Regierung die Mitteilungen bezüglich des Lagerungsplatzes der Munitionsvorräte und Lager, bezüglich der Bestückung derjenigen Festungswerke, Festungen und festen Plätze, die Deutschland behalten darf, bezüglich der Lager der Werkstätten und Fabriken von Waffen, Munition und Kriegsgerät und bezüglich ihres Betriebes entgegenzunehmen.
An ihn erfolgt die Auslieferung von Waffen, Munition und Kriegsgerät; er setzt die Orte fest, wo diese Auslieferung stattzufinden hat und überwacht die durch den gegenwärtigen Vertrag vorgesehenen Zerstörungen, Abbrüche und Unbrauchbarmachungen.
Die deutsche Regierung hat dem interalliierten Heeresüberwachungsausschuß alle Auskünfte und Schriftstücke zu liefern, die er für nötig erachtet, um sich über die vollständige Durchführung der militärischen Bestimmungen zu vergewissern, namentlich alle Unterlagen, deren Inhalt gesetzliche oder Verwaltungsbestimmungen oder innere Dienstvorschriften bilden.
Artikel 209.
Der interalliierte Marineüberwachungsausschuß vertritt die Regierungen des alliierten und assoziierten Hauptmächte bei der deutschen Regierung in allem, was die Durchführung der Bestimmungen über die Seemacht betrifft.
Er ist namentlich berufen, sich auf die Bauwerften zu begeben und den Abbruch der Schiffe zu überwachen, die sich dort im Bau befinden, die Auslieferung aller Überwasser- und Unterwasserfahrzeuge, Hebeschiffe, Docks sowie des Druckdocks entgegenzunehmen und die vorgesehenen Zerstörungen und Abbrüche zu überwachen.
Die deutsche Regierung hat dem Marine-Überwachungsausschuß alle Auskünfte und Schriftstücke zu liefern, die er für nötig erachtet, um sich über die vollständige Durchführungen der Bestimmungen über die Seemacht zu vergewissern, namentlich die Pläne der Kriegsschiffe, die Zusammensetzung ihrer Bestückung, die Einzelheiten und die Modelle von Kanonen, Munition, Torpedos, Minen, Sprengstoffen und Apparaten für drahtlose Telegraphie, überhaupt von allem, was auf das Material für die Seekriegsführung Bezug hat, sowie alle Unterlagen, deren Inhalt gesetzliche, Verwaltungsbestimmungen oder innere Dienstvorschriften bilden.
Artikel 210.
Der interalliierte Luftfahrt-Überwachungsausschuß vertritt die Regierungen der alliierten und assoziierten Hauptmächte bei der deutschen Regierung in allem, was die Durchführung der Bestimmungen über die Luftfahrt betrifft.
Dieser Ausschuß ist namentlich dazu berufen, den Bestand des auf deutschem Boden befindlichen Luftfahrzeugmaterials aufzunehmen, die Werkstätten für Flugzeuge, Ballons und Luftfahrzeugmotoren, die Fabriken von Waffen, Munition und Sprengstoffen, die von Luftfahrzeugen verwandt werden können, zu besichtigen, alle Flugplätze, Hallen, Landungsplätze, Parks und Lager zu besuchen und gegebenenfalls die Verbringung des erwähnten Materials an einen anderen Ort zu veranlassen und seine Auslieferung entgegenzunehmen.
Die deutsche Regierung hat den Luftfahrt-Überwachungsausschuß alle Auskünfte und Unterlagen, deren Inhalt gesetzliche, Verwaltungsbestimmungen oder innere Dienstvorschriftenbilden, sowie Unterlagen sonstigen Inhalts zu liefern, die er für nötig erachtet, um sich über die vollständige Durchführung der Bestimmungen über die Luftfahrt zu vergewissern, namentlich eine zahlenmäßige Aufstellung über das Personal im Dienste aller deutschen Flugverbände, sowie über das fertig vorhandene, in Herstellung befindliche oder bestellte Material, ferner eine vollständige [engl. Text: “vollständige” nicht vorhanden] Liste aller für die Luftfahrt arbeitenden Betriebsstätten nebst Angabe ihrer Lage, sowie aller Hallen und Landungsplätze.
Abschnitt V.
Allgemeine Bestimmungen.
Artikel 211.
Nach Ablauf einer Frist von drei Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags muß die deutsche Gesetzgebung die erforderlichen Abänderungen erfahren haben und dann von der deutschen Regierung mit diesem Teile des gegenwärtigen Vertrags in Einklang gehalten werden.
Binnen der gleichen Frist müssen von der deutschen Regierung alle Verwaltungs- und sonstigen Maßnahmen zur Ausführung der Bestimmungen dieses Teiles getroffen worden sein.
Artikel 212.
Folgende Bestimmungen des Waffenstillstands vom 11. November 1918, nämlich Artikel VI, Artikel VII Absätze 1, 2, 6 und 7, Artikel IX, Anlage 2, Bestimmungen I, II, V, sowie das Zusatzprotokoll vom 4. April 1919 zum Waffenstillstand vom 11. November 1918 bleiben in Kraft, soweit sich nicht aus den vorstehenden Bestimmungen ein anderes ergibt.
Artikel 213.
Solange der gegenwärtige Vertrag in Kraft bleibt, verpflichtet sich Deutschland, jede Untersuchung zu dulden, die der Rat des Völkerbunds mit Mehrheitsbeschluß für notwendig erachtet.
Teil VI.
Kriegsgefangene und Grabstätten.
Die Heimschaffung der Kriegsgefangenen und Zivilinternierten soll nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags sobald wie möglich stattfinden und mit der größten Beschleunigung durchgeführt werden.
Die Heimschaffung der deutschen Kriegsgefangenen und Zivilinternierten wird gemäß den im Artikel 214 festgesetzten Bedingungen durch einen Ausschuß veranlaßt, der aus Vertretern der alliierten und assoziierten Mächte einerseits und der deutschen Regierung andererseits besteht.
Für jede der alliierten und assoziierten Mächte regelt ein Unterausschuß, der sich nur aus Vertretern der beteiligten Macht und der deutschen Regierung zusammensetzt, die Einzelheiten der Heimschaffung der Kriegsgefangenen.
Artikel 216.
Sobald die Kriegsgefangenen und Zivilinternierten an die deutschen Behörden abgeliefert sind, haben diese für ihre unverzügliche Rücksendung nach dem Heimatsort Sorge zu tragen.
Diejenigen, deren Wohnsitz vor dem Kriege sich in einem von den Truppen der alliierten und assoziierten Mächte besetzten Gebiet befand, sind, vorbehaltlich der Zustimmung und Überwachung von seiten der militärischen Behörden der alliierten und assoziierten Besetzungsarmeen gleichfalls dorthin zurückzusenden.
Artikel 217.
Sämtliche Kosten der Heimschaffung vom Augenblick der Abbeförderung an fallen der deutschen Regierung zur Last; auch ist diese verpflichtet, die Beförderungsmittel zu Lande und zu Wasser sowie das technische Personal gemäß Anforderung des im Artikel 215 vorgesehenen Ausschusses zu stellen.
Artikel 218.
Kriegsgefangene und Zivilinternierte, die wegen Vergehen gegen die Disziplin eine Strafe verwirkt haben oder verbüßen, werden ohne Rücksicht auf die Dauer der noch zu verbüßenden Strafe oder auf das gegen sie schwebende Verfahren heimgeschafft.
Diese Bestimmung findet keine Anwendung auf Kriegsgefangene und Zivilinternierte, die für Handlungen bestraft worden sind, welche nach dem 1. Mai 1919 begangen wurden.
Bis zu ihrer Heimschaffung bleiben alle Kriegsgefangenen und Zivilinternierten den bestehenden Vorschriften, besonders hinsichtlich der Arbeit und der Disziplin, unterworfen.
Artikel 219.
Kriegsgefangene und Zivilinternierte, die Strafen wegen anderer Vergehen als solcher gegen die Disziplin verwirkt haben oder verbüßen, können in Haft behalten werden.
Artikel 220.
Die deutsche Regierung verpflichtet sich, alle heimzuschaffenden Personen ohne Unterschied in ihr Gebiet aufzunehmen.
Deutsche Kriegsgefangene oder Reichsangehörige, die nicht heimgeschafft zu werden wünschen, dürfen von der Heimschaffung ausgeschlossen werden; jedoch behalten sich die alliierten und assoziierten Regierungen das Recht vor, nach ihrer Wahl sie heimzuschaffen oder sie in ein neutrales Land zu verbringen oder ihnen die Niederlassung im eigenen Lande zu gestatten.
Die deutsche Regierung verpflichtet sich, gegen solche Personen oder ihre Angehörigen keinerlei Ausnahmebestimmungen zu erlassen, auch nicht aus diesem Grunde sie irgendwelcher Verfolgung oder Belästigung auszusetzen.
Artikel 221.
Die alliierten und assoziierten Regierungen behalten sich das Recht vor, die Heimschaffung der deutschen Kriegsgefangenen und deutschen Reichsangehörigen in ihrer Gewalt davon abhängig zu machen, daß die deutsche Regierung alle etwa noch in Deutschland befindlichen kriegsgefangenen Staatsangehörigen der alliierten und assoziierten Mächte unverzüglich angibt und freiläßt.
Artikel 222.
Deutschland verpflichtet sich:
1. den Ausschüssen zur Nachforschung nach Vermißten freien Zutritt zu gestatten, ihnen jede geeignete Beförderungsgelegenheit zu verschaffen, ihnen Einlaß in die Gefangenenlager, Lazarette und alle sonstigen Räumlichkeiten zu gewähren sowie ihnen alle amtlichen und privaten Urkunden zur Verfügung zu stellen, die ihnen bei ihren Nachforschungen Aufschluß geben können;
2. strafweise gegen deutsche Beamte und Privatpersonen vorzugehen, die einen Staatsangehörigen einer alliierten oder assoziierten Macht verborgen halten oder es verabsäumen, nach erlangter Kenntnis von ihm Anzeige zu erstatten.
Artikel 223.
Deutschland verpflichtet sich, alle Gegenstände, Werte oder Urkunden, die Staatsangehörigen der alliierten und assoziierten Mächte gehört haben und etwa von den deutschen Behörden zurückbehalten sind, unverzüglich nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags zurückzustellen.
Artikel 224.
Die Hohen vertragschließenden Teile verzichten auf die gegenseitige Erstattung der Aufwendungen für den Unterhalt der Kriegsgefangenen in ihren Gebieten.
Die alliierten und assoziierten Regierungen und die deutsche Regierung werden dafür Sorge tragen, daß die Grabstätten der auf ihren Gebieten beerdigten Heeres- und Marineangehörigen mit Achtung behandelt und instandgehalten werden.
Sie verpflichten sich, jeden Ausschuß, der von irgendeiner der alliierten oder assoziierten Regierungen mit der Feststellung, der Verzeichnung, der Instandhaltung dieser Grabstätten oder der Errichtung würdiger Denkmäler auf ihnen betraut wird, anzuerkennen und in der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen.
Sie kommen ferner überein, Wünsche wegen Überführung der irdischen Reste ihrer Heeres- und Marineangehörigen in die Heimat, vorbehaltlich der Bestimmungen ihrer Landesgesetze und der Gebote der öffentlichen Gesundheitspflege, gegenseitig nach Möglichkeit zu erfüllen.
Artikel 226.
Die Grabstätten, der in Gefangenschaft verstorbenen, den verschiedenen kriegsführenden Staaten angehörenden Kriegsgefangenen und Zivilinternierten sind nach Maßgabe der Bestimmungen im Artikel 225 des gegenwärtigen Vertrags würdig instandzuhalten.
Die alliierten und assoziierten Regierungen einerseits und die deutsche Regierung andererseits verpflichten sich weiter einander:
1. eine vollständige Liste der Verstorbenen mit allen zur Feststellung der Person dienlichen Angaben,
2. alle Auskünfte über Zahl und Ort der Gräber sämtlicher Toten, die ohne Feststellung der Person beerdigt worden sind,
zu übermitteln.
Teil VII.
Strafbestimmungen.
Artikel 227.
Die alliierten und assoziierten Mächte stellen Wilhelm II. von Hohenzollern, vormaligen Kaiser von Deutschland, wegen schwerer Verletzung des internationalen Sittengesetzes und der Heiligkeit der Verträge unter öffentliche Anklage.
Ein besondere Gerichtshof wird eingerichtet, um über den Angeklagten unter Wahrung der wesentlichen Bürgschaften des Rechts auf Verteidigung zu Gericht zu sitzen. Der Gerichtshof besteht aus fünf Richtern, von denen je einer von folgenden fünf Mächten, namentlich den Vereinigten Staaten von Amerika, Großbritannien, Frankreich, Italien und Japan, ernannt wird.
Der Gerichtshof urteilt auf der Grundlage der erhabensten Grundsätze der internationalen Politik; Richtschnur ist für ihn, den feierlichen Verpflichtungen und internationalen Verbindlichkeiten ebenso wie dem internationalen Sittengesetze Achtung zu verschaffen. Es steht ihm zu, die Strafe zu bestimmen, deren Verhängung er für angemessen erachtet.
Die alliierten und assoziierten Mächte werden an die Regierung der Niederlande das Ersuchen richten, den vormaligen Kaiser zum Zwecke seiner Aburteilung auszuliefern.
Die deutsche Regierung räumt den alliierten und assoziierten Mächten die Befugnis ein, die wegen eines Verstoßes gegen die Gesetze und Gebräuche des Krieges angeklagten Personen vor ihre Militärgerichte zu ziehen. Werden sie schuldig befunden, so finden die gesetzlichen Strafen auf sie Anwendung. Diese Bestimmung greift ohne Rücksicht auf ein etwaiges Verfahren oder eine etwaige Verfolgung vor einem Gerichte Deutschlands oder seiner Verbündeten Platz.
Die deutsche Regierung hat den alliierten und assoziierten Mächten oder derjenigen Macht von ihnen, die einen entsprechenden Antrag stellt, alle Personen auszuliefern, die ihr auf Grund der Anklage, sich gegen die Gesetze und Gebräuche des Krieges vergangen zu haben, sei es namentlich, sei es nach ihrem Dienstgrade oder nach der ihnen von den deutschen Behörden übertragenen Dienststellung oder sonstigen Verwendung bezeichnet werden.
Artikel 229.
Sind die strafbaren Handlungen gegen Staatsangehörige einer der alliierten und assoziierten Mächte begangen, so werden die Täter vor die Militärgerichte dieser Macht gestellt.
Sind die strafbaren Handlungen gegen Staatsangehörige mehrerer alliierter und assoziierter Mächte begangen, so werden die Täter vor Militärgerichte gestellt, die sich aus Mitgliedern von Militärgerichten der beteiligten Mächte zu sammensetzen.
In jedem Fall steht den Angeklagten die freie Wahl seines Anwalts zu.
Die deutsche Regierung verpflichtet sich, Urkunden und Auskünfte jeder Art zu liefern, deren Vorlegung zur vollständigen Aufklärung der verfolgten Taten, zur Ermittlung der Schuldigen und zur erschöpfenden Würdigung der Schuldfrage für erforderlich erachtet wird.
Teil VIII.
Wiedergutmachungen.
Abschnitt I.
Allgemeine Bestimmungen.
Artikel 231.
Die alliierten und assoziierten Regierungen erklären, und Deutschland erkennt an, daß Deutschland und seine Verbündeten als Urheber für alle Verluste und Schäden verantwortlich sind, die die alliierten und assoziierten Regierungen und ihre Staatsangehörigen infolge des ihnen durch den Angriff Deutschlands und seiner Verbündeten aufgezwungenen Krieges erlitten haben.
Die alliierten und assoziierten Regierungen erkennen an, daß die Hilfsmittel Deutschlands unter Berücksichtigung ihrer dauernden, sich aus den übrigen Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrags ergebenden Verminderung nicht ausreichen, um die volle Wiedergutmachung aller dieser Verluste und Schäden sicherzustellen.
Immerhin verlangen die alliierten und assoziierten Regierungen und Deutschland verpflichtet sich dazu, daß alle Schäden wieder gutgemacht werden, die der Zivilbevölkerung jeder der alliierten und assoziierten Mächte und ihrem Gut während der Zeit, in der sich die beteiligte Macht mit Deutschland im Kriegszustand befand, durch diesen Angriff zu Lande, zur See und in der Luft zugefügt worden sind, sowie überhaupt alle Schäden, die in der Anlage I näher bezeichnet sind.
In Erfüllung der von Deutschland bereits früher bezüglich der völligen Wiederherstellung und Wiederaufrichtung Belgiens gegebenen Zusage verpflichtet sich Deutschland noch über den an anderer Stelle in diesem Kapitel vorgesehenen Schadensersatz hinaus, und als Folge der Verletzung des Vertrags von 1839, alle Summen zu erstatten, die Belgien von den alliierten und assoziierten Regierungen bis zum 11. November 1918 entliehen hat, nebst 5 v. H. Zinsen aufs Jahr für diese Summen. Der Betrag dieser Summen wird durch den Wiedergutmachungsausschuß festgestellt, und die deutsche Regierung verpflichtet sich, sofort eine entsprechende Ausgabe von besonderen Schatzscheinen auf den Inhaber, zahlbar in Mark Gold am 1. Mai 1926 oder nach Wahl der deutschen Regierung am 1. Mai eines der 1926 vorausgehenden Jahre, zu veranstalten. Unter Berücksichtigung obiger Bestimmungen wird die Form dieser Schatzscheine durch den Wiedergutmachungsausschuß festgesetzt. Die Schatzscheine werden dem Wiedergutmachungsausschuß ausgefolgt, der zur Entgegennahme und Empfangsbestätigung im Rahmen Belgiens ermächtigt ist.
Der Betrag der bezeichneten Schäden, deren Wiedergutmachung Deutschland schuldet, wird durch einen interalliierten Ausschuß festgesetzt, der den Namen “Wiedergutmachungsausschuß” trägt und in der Form und mit den Befugnissen, wie nachstehend und in Anlage II bis VII ausgeführt, gebildet wird.
Dieser Ausschuß prüft die Ansprüche und gewährt der deutschen Regierung nach Billigkeit Gehör.
Die Beschlüsse dieses Ausschusses über den Betrag der oben näher bestimmten Schäden werden spätestens am 1. Mai 1921 aufgesetzt und der deutschen Regierung als Gesamtbetrag ihrer Verpflichtungen bekanntgegeben.
Zu gleicher Zeit stellt der Ausschuß einen Zahlungsplan auf, der die Fälligkeitszeiten und die Art und Weise vorschreibt, wie Deutschland vom 1. Mai 1921 an seine gesamte Schuld in einem Zeitraum von 30 Jahren zu tilgen hat. Sollte jedoch im Laufe dieses Zeitraums Deutschland mit der Begleichung seiner Schuld im Rückstande bleiben, so kann die Zahlung jeder Restsumme nach Gutdünken des Ausschusses auf spätere Jahre verschoben werden oder unter Bedingungen, die die alliierten und assoziierten Regierungen entsprechend dem in diesem Teile des gegenwärtigen Vertrags vorgesehenen Verfahren festsetzen, eine anderweitige Behandlung erfahren.
Der Wiedergutmachungsausschuß prüft vom 1. Mai 1921 ab von Zeit zu Zeit die Hilfsmittel und Leistungsfähigkeit Deutschlands. Er gewährt dessen Vertretern nach Billigkeit Gehör und Vollmacht, danach die Frist für die im Artikel 233 vorgesehenen Zahlungen zu verlängern und die Form der Zahlung abzuändern; ohne besondere Ermächtigung der verschiedenen im Ausschuß vertretenen Regierungen darf er jedoch keine Zahlung erlassen.
Um den alliierten und assoziierten Mächten schon jetzt die Wiederaufrichtung ihres gewerblichen und wirtschaftlichen Lebens zu ermöglichen, bevor der endgültige Betrag ihrer Ansprüche festgesetzt ist, zahlt Deutschland in Anrechnung auf obige Schuld während der Jahre 1919, 1920 und der ersten vier Monate von 1921 in so viel Raten und in solcher Form (in Gold, Waren, Schiffen, Wertpapieren oder anderswie), wie es der Wiedergutmachungsausschuß festsetzt, den Gegenwert von 20 000 000 000 (zwanzig Milliarden) Mark Gold; aus dieser Summe werden zunächst die Kosten für die Besetzungsarmee entsprechend dem Waffenstillstandsvertrag vom 11. November 1918 bestritten; weiter können diejenigen Mengen von Nahrungsmitteln und Rohstoffen, die von den Regierungen der alliierten und assoziierten Hauptmächte für nötig gehalten werden, um Deutschland die Möglichkeit zur Erfüllung seiner Verpflichtung zur Wiedergutmachung zu gewähren, gleichfalls mit Genehmigung der genannten Regierungen aus der bezeichneten Summe bezahlt werden. Der Rest ist von Deutschlands Wiedergutmachungsschuld in Abzug zu bringen. Außerdem hinterlegt Deutschland die im § 12c) der beigefügten Anlage II vorgesehenen Schatzscheine.
Des weiteren willigt Deutschland ein, daß seine wirtschaftlichen Hilfsmittel der Wiedergutmachung unmittelbar dienstbar gemacht werden, wie in Anlage III, IV, V und VI, betreffend Handelsflotte, Wiederherstellung in Natur, Kohle und deren Nebenprodukte, Farbstoffe und andere chemische Erzeugnisse, näher bestimmt ist; immer mit der Maßgabe, daß der Wert der übertragenen Güter und des von ihnen gemäß den genannten Anlagen gemachten Gebrauchs, nachdem er in der dort vorgeschriebenen Weise festgestellt ist, Deutschland gutgeschrieben wird und von den in obigen Artikeln festgesetzten Verpflichtungen in Abzug kommt.
Die jeweiligen Zahlungen Deutschlands auf obige Ansprüche einschließlich der in den vorstehenden Artikeln behandelten werden von den alliierten und assoziierten Regierungen nach einem von ihnen im voraus festgesetzten, auf Billigkeit und den Rechten jeder Regierung beruhenden Verhältnis verteilt.
Bei dieser Verteilung wird er Wert der gemäß Artikels 243 und Anlage III, IV, V, VI und VII gelieferten Güter und geleisteten Dienste in derselben Weise in Rechnung gestellt wie die im gleichen Jahr bewirkten Zahlungen.
Außer den oben vorgesehenen Zahlungen bewirkt Deutschland gemäß dem von dem Wiedergutmachungsausschuß bestimmten Verfahren die Rücklieferung in bar des weggeführten, beschlagnahmten oder sequestrierten Bargeldes wie auch die Rücklieferung der weggeführten, beschlagnahmten oder sequestrierten Tiere, Gegenstände aller Art und Wertpapiere, falls es möglich ist, sie auf dem Gebiete Deutschlands oder seiner Verbündeten festzustellen.
Bis zur Einführung dieses Verfahrens werden die Rücklieferungen entsprechend den Bestimmungen des Waffenstillstandes vom 11. November 1918, seiner Verlängerungsabkommen und der Nachtragsprotokolle fortgesetzt.
Artikel 239.
Die deutsche Regierung verpflichtet sich, die in obigem Artikel 238 vorgesehenen Rücklieferungen unverzüglich durchzuführen und die in Artikel 233, 234, 235 und 236 vorgesehenen Zahlungen und Lieferungen zu bewirken.
Die deutsche Regierung erkennt den durch Artikel 233 vorgesehenen Ausschuß in der Form an, wie er von den alliierten und assoziierten Regierungen gemäß Anlage II zu bilden ist. Sie gesteht ihm unwiderruflich Besitz und Ausübung aller ihm durch den gegenwärtigen Vertrag verliehenen Rechte und Befugnisse zu.
Die deutsche Regierung liefert dem Ausschuß alle Auskünfte über Finanzlage und Finanzgeschäfte, Güter, Produktionskraft, Vorräte und laufende Erzeugung von Rohstoffen und gewerblichen Erzeugnissen Deutschlands und seiner Reichsangehörigen, deren er bedarf; desgleichen liefert sie jede Auskunft über militärische Operationen, deren Kenntnis für die Feststellung von Deutschlands Verpflichtungen gemäß Anlage I von dem Ausschuß für nötig erachtet wird.
Sie räumt den Mitgliedern des Ausschusses und seinen anerkannten Vertretern alle Rechte und die Unverletzlichkeit ein, die die ordnungsgemäß beglaubigten diplomatischen Vertreter befreundeter Mächte in Deutschland genießen.
Deutschland übernimmt es außerdem, die Bezüge und Kosten des Ausschusses und des von ihm benötigten Personals zu bestreiten.
Artikel 241.
Deutschland sagt zu, alle Gesetze, Verordnungen und Verfügungen bekanntzumachen, in Kraft zu halten und zu veröffentlichen, die für die vollständige Erfüllung gegenwärtiger Bestimmungen nötig werden.
Artikel 242.
Die Bestimmungen dieses Teils des gegenwärtigen Vertrags finden keine Anwendung auf Eigentum, Rechte und Interessen, die unter Abschnitt III und IV Teil X (Wirtschaftliche Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrags fallen, ebensowenig auf den Erlöß ihrer Liquidation, außer soweit der im Artikel 243a) erwähnte endgültige Saldo zugunsten Deutschlands in Betracht kommt.
Auf seine Wiedergutmachungsschuld werden Deutschland folgende Posten gutgeschrieben:
a) Jeder endgültige Saldo zugunsten Deutschlands gemäß Abschnitt V (Elsaß-Lothringen) Teil III (Politische Bestimmungen über Europa) und gemäß Abschnitt III und IV Teil X (Wirtschaftliche Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrags;
b) alle an Deutschland auf Grund der in Abschnitt IV (Saarbecken) Teil III (Politische Bestimmungen über Europa), Teil IX (Finanzielle Bestimmungen) und Teil XII (Häfen, Wasserstraßen und Eisenbahnen) vorgesehenen Abtretungen geschuldeten Summen;
c) alle Summen, die nach dem Urteil des Ausschusses Deutschland in Anrechnung auf jede sonstige durch den gegenwärtigen Vertrag vorgesehene Übertragung von Eigentum, Rechten, Konzessionen oder anderen Interessen gutzubringen sind.
Keinesfalls dürfen jedoch die auf Grund von Artikel 238 dieses Teils erfolgten Rücklieferungen Deutschland gutgeschrieben werden.
Artikel 244.
Die Abtretung der deutschen Überseekabel, die nicht Gegenstand einer besonderen Bestimmung des gegenwärtigen Vertrags bilden, ist durch Anlage VII geregelt.
Anlage I.
Gemäß obigen Artikel 232 kann von Deutschland Ersatz für jeglichen Schaden gefordert werden, der unter eine der folgenden Gattungen fällt:
1. Schäden, die, wo auch immer es sei, Zivilpersonen an ihrer Person oder ihrem Leben und den ihnen gegenüber unterhaltsberechtigten Hinterbliebenen durch irgendwelche Kriegshandlungen, einschließlich der Bombardements und sonstiger Land-, See- und Luftangriffe, sowie durch die unmittelbaren Folgen dieser Kriegshandlungen oder die Folgen irgendwelcher Kriegsoperationen der beiden kriegsführenden Gruppen zugefügt worden sind.
2. Schäden, die, wo auch immer es sei, von Deutschland und seinen Verbündeten Zivilpersonen oder den ihnen gegenüber unterhaltsberechtigten Hinterbliebenen durch Grausamkeiten, Gewalttätigkeiten oder Mißhandlungen zugefügt sind. Darunter fällt auch Schädigung an Leben oder Gesundheit infolge von Gefangensetzung, Verschickung, Internierung, Abschiebung, Aussetzung auf See und Zwangsarbeit.
3. Schäden, die von Deutschland oder seinen Verbündeten auf eigenem Gebiet oder im besetzten und mit Krieg überzogenem Gebiet Zivilpersonen oder den ihnen gegenüber unterhaltsberechtigten Hinterbliebenen durch Verletzung von Gesundheit, Arbeitsfähigkeit oder Ehre zugefügt sind.
4. Schäden aus jeder Art schlechter Behandlung von Kriegsgefangenen.
5. Als Schaden, der den Völkern der alliierten und assoziierten Mächte zugefügt ist, alle Pensionen und gleichartigen Vergütungen an die militärischen Opfer des Krieges (Landheer, Marine und Luftstreitkräfte), Verstümmelte, Verwundete, Kranke oder Invalide und an Personen, deren Ernährer diese Opfer waren; als Betrag dieser den alliierten und assoziierten Regierungen geschuldeten Summen kommt für jede dieser Regierungen der kapitalisierte Wert der bezeichneten Pensionen und Vergütungen in Anschlag. Bei der Umrechnung auf den Kapitalwert werden der Zeitpunkt des Inkrafttretens des gegenwärtigen Vertrags und die in Frankreich zu diesem Zeitpunkt geltenden Tarife zugrunde gelegt.
6. Die Kosten der Unterstützung, die von den Regierungen der alliierten und assoziierten Mächte den Kriegsgefangenen, ihren Familien und den Personen, deren Ernährer sie waren, gewährt worden ist.
7. Die Zuwendungen der Regierungen der alliierten und assoziierten Mächte an die Familien der Mobilisierten und aller im Heer Gedienten und an die ihnen gegenüber unterhaltsberechtigten Personen; der Betrag der ihnen für jedes Jahr der Dauer der Feindseligkeiten zustehenden Summen wird für jede der genannten Regierungen auf der Grundlage des in Frankreich in dem betreffenden Jahre für Zahlungen dieser Art geltenden Durchschnittstarifs errechnet.
8. Die den Zivilpersonen von Deutschland oder seinen Verbündeten durch Heranziehung zur Arbeit ohne angemessenen Vergütung zugefügte Schäden.
9. Schäden an allem Eigentum, gleichviel wo belegen, das einer der alliierten oder assoziierten Mächte oder ihren Staatsangehörigen zusteht (ausgenommen Anlagen und Material des Heeres und der Marine) und durch die Maßnahmen Deutschlands oder seiner Verbündeten zu Lande, zu Wasser oder in der Luft weggeführt, beschlagnahmt, beschädigt oder zerstört worden ist, oder Schäden, die unmittelbar aus den Feindseligkeiten oder irgendwelchen Kriegshandlungen erwachsen sind.
10. Schäden, die der Zivilbevölkerung in Form von Auflagen, Geldstrafen oder ähnlichen Beitreibungen seitens Deutschlands oder seiner Verbündeten zugefügt sind.
Anlage II.
§ 1.
Der im Artikel 233 vorgesehene Ausschuß erhält die Bezeichnung “Wiedergutmachungsausschuß”; in den folgenden Artikeln wird er kurz als “Der Ausschuß” bezeichnet.
In den Ausschuß entsenden die Vereinigten Staaten von Amerika, Großbritannien, Frankreich, Italien, Japan, Belgien und der serbo-kroatisch-slovenische Staate Delegierte. Jede dieser Mächte ernennt einen Delegierten und ebenso einen Hilfsdelegierten, der für den Delegierten im Falle seiner Erkrankung oder unfreiwilligen Abwesenheit eintritt, aber sonst nur das Recht hat, den Verhandlungen beizuwohnen, ohne in sie einzugreifen.
An den Beratungen und Abstimmungen des Ausschusses sind immer nur fünf Delegierte der obigen Mächte teilzunehmen berechtigt. Der Delegierte der Vereinigten Staaten, Großbritanniens, Frankreichs und Italiens hat immer dieses Recht. Der Delegierte Belgiens hat es in allen Fällen außer dem nachgenannten. Der Delegierte Japans hat es in den Fällen, in denen Fragen der Seeschäden oder im Artikel 260 Teil IX (Finanzielle Bestimmungen) vorgesehenen Fragen, in denen japanische Interessen in Rede stehen, behandelt werden. Der Delegierte des Serbo-kroatisch-slowenischen Staates hat das Recht, wenn Fragen bezüglich Österreich, Ungarns oder Bulgariens zur Erörterung stehen.
Jeder der im Ausschuß vertretenen Regierung steht es frei, aus ihm auszuscheiden. Dem Ausschuß hat sie zwölf Monate vorher eine entsprechende Ankündigung zugehen zu lassen; diese ursprüngliche Ankündigung muß im Laufe des sechsten Monats nach ihrer Zustellung bestätigt werden.
Die übrigen alliierten und assoziierten Staaten sind berechtigt, wenn ihre Interessen verhandelt werden, einen Delegierten zu ernennen, der jedoch nur dann anwesend sein und als Beisitzer mitwirken darf, wenn Ansprüche und Interessen s e i n e s Staates untersucht und erörtert werden; ein Stimmrecht steht diesem Delegierten nicht zu.
§ 4.
Falls ein Delegierter, Hilfsdelegierter oder Beisitzer stirbt, zurücktritt oder abberufen wird, so ist sobald als möglich ein Nachfolger zu ernennen.
§ 5.
Der Ausschuß hat seine ständige Hauptgeschäftsstelle in Paris und tritt zum ersten Mal in kürzester Frist nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags in Paris zusammen; späterhin tritt er jeweils an dem Ort und zu der Zeit zusammen, die er für geeignet erachtet und die zur schnellsten Durchführung seiner Aufgabe notwendig sind.
§ 6.
In seiner ersten Sitzung wählt der Ausschuß aus den oben genannten Delegierten einen Vorsitzenden und einen stellvertretenden Vorsitzenden, die ein Jahr lang im Amte bleiben und wiederwählbar sind. Wird das Amt des Vorsitzenden oder des stellvertretenden Vorsitzenden während der einjährigen Amtsdauer frei, so hat der Ausschuß unverzüglich [engl. Text: “unverzüglich” nicht vorhanden] zu einer Neuwahl für den Rest des genannten Zeitraums zu schreiten.
§ 7.
Der Ausschuß ist berechtigt, die zur Erfüllung seiner Obliegenheiten erforderliche Beamten, Beauftragten und Angestellten zu ernennen, ihre Vergütungen festzusetzen, Sonderausschüsse zu bilden, deren Mitglieder selbst nicht dem Ausschuß angehören brauchen, und alle Ausführungsmaßnahmen zur Durchführung seiner Aufgaben zu treffen, endlich seine Amtsbefugnisse und Vollmachten auf seine Beamten, Beauftragten und Sonderausschüsse zu übertragen.
§ 8.
Alle Beratungen [engl. Text: “Verfahrenshandlungen”] des Ausschusses sind geheim, soweit er nicht im Einzelfall aus besonderen Gründen ein anderes bestimmt.
§ 9.
Auf Antrag der deutschen Regierung hat der Ausschuß alle Gründe und Beweise anzuhören, die von Deutschland hinsichtlich aller seine Zahlungsfähigkeit betreffenden Fragen vorgebracht werden; die Fristen für dies Vorbringen setzt sie von Zeit zu Zeit fest.
§ 10.
Der Ausschuß prüft die Ansprüche und gewährt der deutschen Regierung Gehör nach Billigkeit, ohne daß dieser jedoch irgendein Anteil an den Beschlüssen des Ausschusses zusteht. In gleicher Weise gewährt der Ausschuß Deutschlands Bundesgenossen Gehör, wenn deren Interessen nach seiner Ansicht in Frage kommen.
§ 11.
Der Ausschuß ist an keine Gesetzgebung , keine bestimmten Gesetzbücher, auch nicht an besondere Vorschriften über die Untersuchung [engl. Text: “auch nicht an besondere Beweisregeln”] und das Verfahren gebunden; er läßt sich von der Gerechtigkeit, der Billigkeit und von Treu und Glauben leiten. Der Ausschuß hat bei seinen Entscheidungen für gleichliegende Fälle einheitliche Gesichtspunkte und Regeln zugrunde zu legen. Er regelt das Beweisverfahren für die Schadensersatzansprüche. Er kann jede ordnungsmäßige Berechnungsart anwenden.
Der Ausschuß hat alle Vollmachten und übt alle Befugnisse aus, die ihm der gegenwärtige Vertrag zuweist.
Allgemein stehen dem Ausschuß hinsichtlich der Frage der Wiedergutmachung im Sinne dieses Teiles des gegenwärtigen Vertrags die weitestgehenden Überwachungs- und Ausführungsbefugnisse sowie die Ermächtigung zur Auslegung der Bestimmungen dieses Teiles zu. Der Ausschuß bildet im Rahmen der Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrags die alleinige Vertretung der Gesamtheit der in §§ 2 und 3 genannten alliierten und assoziierten Regierungen, und zwar einer jeden, soweit sie beteiligt ist, zur Empfangnahme, zum Verkauf, zur Verwahrung und zur Verteilung der von Deutschland gemäß den Bestimmungen dieses Teiles des gegenwärtigen Vertrags für Wiedergutmachung zu leistenden Zahlungen. Es gelten für ihn folgende Gesichtspunkte und Bestimmungen:
a) Soweit Deutschland einen Teil des Gesamtbetrags der festgesetzten Forderungen nicht in Gold, Schiffen, Wertpapieren, Waren oder sonstwie berichtigt, hat es als Sicherheit Deckung durch Hingabe eines entsprechenden Betrags von Anweisungen, Schuldverschreibungen oder anderen Papieren als Anerkennung der rückständigen Teilschuld zu leisten; die näheren Bedingungen bestimmt der Ausschuß.
b) In regelmäßiger Wiederkehr schätzt der Ausschuß die Zahlungsfähigkeit Deutschlands ab und prüft das deutsche Steuersystem und zwar: 1. Damit alle Einkünfte Deutschlands, einschließlich der für den Zinsendienst und die Tilgung aller inneren Anleihen bestimmten, vorzugsweise zur Abtragung der Wiedergutmachungsschuld verwendet werden; 2. um die Gewißheit zu erlangen, daß das deutsche Steuersystem im allgemeinen im Verhältnis vollkommen ebenso schwer ist, als dasjenige irgendeiner der im Ausschuß vertretenen Mächte.
c) Um die alsbaldige Wiederaufrichtung des wirtschaftlichen Lebens der alliierten und assoziierten Länder zu erleichtern und durchzuführen, erhält der Ausschuß, wie es im Artikel 235 vorgesehen ist, von Deutschland als Sicherstellung und Anerkenntnis seiner Schuld eine erste Anzahlung in Anweisungen auf den Inhaber in Gold, frei von Steuern und Abgaben jeder Art, die von der Reichsregierung , den Landesregierungen oder den ihnen nachgeordneten Behörden eingeführt sind oder eingeführt werden; diese Anweisungen sind nach Maßgabe nachstehender Bestimmungen als Anzahlung in drei Raten zu überweisen (die Mark Gold zahlbar gemäß Artikel 262 Teil IX “Finanzielle Bestimmungen” des gegenwärtigen Vertrags):
1. Sofort sind auszugeben zwanzig Milliarden Mark Gold in Anweisungen auf den Inhaber, zahlbar ohne Zinsen bis spätestens 1. Mai 1921; die Tilgung dieser Anweisungen erfolgt besonders aus den Zahlungen, zu deren Leistung sich Deutschland gemäß Artikel 235 verpflichtet hat, nach Abzug der zum Ersatz der Unterhaltskosten der Besetzungstruppen und zur Begleichung der Ausgaben für Deutschlands Lebensmittel- und Rohstoffversorgung bestimmten Summen; diejenigen Anweisungen, die bis zum 1. Mai 1921 nicht eingelöst sind alsdann in solche der nachstehend (§ 12,c,2) genannten Art umzutauschen.
2. Sofort auszugeben sind ferner vierzig Milliarden Mark Gold in Anweisungen auf den Inhaber mit zweieinhalb v. H. Zinsen für die Jahre 1921 bis 1926 und fünf v. H. Zinsen für die Zeit nach 1926. Zu den letzteren tritt ein weiterer Aufschlag von ein v. H. vom Gesamtbetrag der Anleihe zur Tilgung, beginnend mit dem Jahre 1926.
3. Sofort auszuhändigen ist ferner zur Deckung eine schriftliche Verpflichtung, zwecks weiterer Zahlung vierzig Milliarden Mark Gold in Anweisungen auf den Inhaber mit fünf v. H. Zinsen auszugeben. Diese Ausgabe erfolgt nur, wenn der Ausschuß die Überzeugung gewinnt, daß Deutschland die Zinsen und Tilgungsraten der genannten Anweisungen aufbringen kann; Zeit und Art der Zahlung für Kapital und zinsen wird vom Ausschuß bestimmt.
Die Fälligkeitstage der Zinsen, die Verwendung der Tilgungssummen sowie alle ähnlichen Fragen, die sich auf die Ausgabe, die Verwaltung und die Ordnung der Ausgabe der Anweisungen beziehen, werden durch den Ausschuß, und zwar von Zeit zu Zeit geregelt.
Neue Ausgaben können als Anerkenntnis und Sicherstellung unter den Bedingungen, die der Ausschuß späterhin von Zeit zu Zeit festsetzt, gefordert werden.
d) Im Falle, daß die von Deutschland als Sicherstellung oder Anerkenntnis seiner Wiedergutmachungsschuld ausgegebenen Anweisungen, Schuldverschreibungen oder anderen Schuldanerkenntnisse anderen Personen als den verschiedenen Regierungen, zu deren Gunsten der Betrag der Wiedergutmachungsschuld Deutschlands ursprünglich festgesetzt worden war, endgültig und nicht nur als Sicherheit übertragen werden, gilt die genannte Schuld den alliierten Regierungen gegenüber als erloschen, und zwar in der Höhe des Nennwerts der Anweisungen, die endgültig auf diese Weise übertragen worden sind; Deutschlands Verpflichtung aus diesen Anweisungen beschränkt sich auf die Verbindlichkeit [engl. Text: “gegenüber dem Inhaber”], die in ihnen zum Ausdruck kommt.
e) Die Kosten, die durch die Wiederherstellung und den Wiederaufbau der Anwesen einschließlich ihrer Wiederausstattung mit Hausrat, Maschinen und allem Gerät in den mit Krieg überzogenen und verwüsteten Gegenden entstehen, werden mit dem Preis berechnet, den die Wiederherstellung und der Wiederaufbau zur Zeit der Ausführung der Arbeiten erfordert.
f) Entscheidungen des Ausschusses, betreffend einen völligen oder teilweisen Ersatz des Kapitals oder der Zinsen jeder festgestellten Schuld Deutschlands, müssen mit Gründen versehen sein.
§ 13.
Hinsichtlich der Abstimmung gelten für den Ausschuß folgende Regeln:
Faßt der Ausschuß einen Beschluß, so werden die Stimmen aller stimmberechtigten Delegierten oder in ihrer Abwesenheit die ihrer Hilfsdelegierten, zu Protokoll genommen. Stimmenthaltung gilt als Ablehnung des zur Erörterung stehenden Vorschlags. Die Beisitzer haben kein Stimmrecht. Bei folgenden Fragen ist Einstimmigkeit notwendig:
a) Fragen, die die Souveränität eines der alliierten und assoziierten Staaten oder die den völligen oder teilweisen Ersatz der Schuld oder der Verpflichtungen Deutschlands betreffen;
b) Fragen über den Betrag und die Bedingungen der Anweisungen oder Schuldverschreibungen der deutschen Regierung und über die Festsetzung des Zeitpunktes und der Art und Weise ihres Verkaufs, ihrer Begebung oder Verteilung;
c) jeder völlige oder teilweise Aufschub der zwischen dem 1. Mai 1921 und Ende 1926 einschließlich fällig werdenden Zahlungen über das Jahr 1930 hinaus;
d) jeder völlige oder teilweise Aufschub der nach 1926 fällig werdenden Zahlungen für eine Dauer von mehr als drei Jahren;
e) Fragen der Verwendung einer bestimmten Berechnungsart bei der Schadensabschätzung in einem Einzelfall, wenn diese Berechnungsart von der in einem früheren, gleichliegenden Fall befolgten abweicht;
f) Fragen der Auslegung der Bestimmungen dieses Teiles des gegenwärtigen Vertrags.
Alle anderen Fragen werden mit Stimmenmehrheit entschieden.
Ergibt sich unter den Delegierten eine Meinungsverschiedenheit über die Frage, ob eine bestimmte Angelegenheit zu denen gehöre, deren Entscheidung Einstimmigkeit erfordert, und kann diese Meinungsverschiedenheit nicht durch Angehen der Regierungen beigelegt werden, so verpflichten sich die alliierten und assoziierten Regierungen, die Meinungsverschiedenheit unverzüglich dem Schiedsspruch einer unparteiischen Persönlichkeit zu unterbreiten, über deren Wahl sie sich einigen werden und deren Entscheidung sie sich anzunehmen verpflichten.
§ 14.
Beschlüsse des Ausschusses im Rahmen der ihm übertragenen Befugnisse sind sofort vollstreckbar und ohne weitere Förmlichkeit alsbald anwendbar.
§ 15.
Der Ausschuß übersendet in einer von ihm festzusetzenden Form jeder beteiligten Macht:
1. eine Bescheinigung darüber, daß er für Rechnung der genannten Macht Anweisungen der oben erwähnten Ausgaben bereit hält; die genannte Bescheinigung kann auf Antrag der betreffenden Macht in Abschnitte zerlegt werden, jedoch nicht in mehr als fünf;
2. von Zeit zu Zeit Bescheinigungen darüber, daß er für Rechnung der genannten Macht sonstige Güter bereit hält, die von Deutschland auf seine Wiedergutmachungsschuld in Zahlung gegeben sind.
Diese Bescheinigungen lauten auf den Namen [engl. Text: “werden in ein Verzeichnis aufgenommen”] und können nach Benachrichtigung des Ausschusses durch Indossament übertragen werden.
Werden Anweisungen zwecks Verkauf oder Begebung ausgegeben oder Güter von dem Ausschuß geliefert, so sind Bescheinigungen in entsprechendem Betrage einzuziehen.
§ 16.
Vom 1. Mai 1921 ab werden der deutschen Regierung auf ihre Schuld in der von dem Ausschuß festgestellten Höhe Zinsen belastet, und zwar nach Abzug der Summen, die durch Zahlung in bar oder entsprechenden Werten oder in Anweisungen zugunsten des Ausschusses oder gemäß Artikel 243 geleistet worden sind. Der Zinsfuß beträgt fünf v. H., sofern nicht der Ausschuß in der Folge zu der Ansicht gelangt, daß die Umstände eine Änderung des Zinsfußes rechtfertigen.
Wenn der Ausschuß zum 1. Mai 1921 den Gesamtbetrag der deutschen Schuld festsetzt, kann er Zinsen für die wegen Sachschäden geschuldeten Summen vom 11. November 1918 bis 1. Mai 1921 in Rechnung stellen.
§ 17.
Kommt Deutschland irgendeiner seiner Verpflichtungen aus diesem Teile des gegenwärtigen Vertrags nicht nach, so zeigt der Ausschuß dieses Nichterfüllung unverzüglich jeder der beteiligten Mächte an und teilt ihr gleichzeitig seine Vorschläge über die im Hinblick auf diese Nichterfüllung angebracht erscheinenden Maßnahmen mit.
§ 18.
Die Maßnahmen, zu denen die alliierten und assoziierten Regierungen, falls Deutschland vorsätzlich seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, berechtigt sind und die Deutschland sich verpflichtet, nicht als feindselige Handlungen zu betrachten, können in wirtschaftlichen und finanziellen Sperr- und Vergeltungsmaßregeln, überhaupt in solchen Maßnahmen bestehen, welche die genannten Regierungen als durch die Umstände geboten erachten.
§ 19.
Zahlungen, die als Anzahlung auf festgestellte Schadenersatzansprüche der alliierten und assoziierten Mächte in Gold oder entsprechenden Werten zu leisten sind, können vom dem Ausschuß jederzeit in Form von beweglichen und unbeweglichen Gütern, Waren, Unternehmungen, Rechten und Konzessionen auf deutschem und nichtdeutschem Gebiet, von Schiffen, Schuldverschreibungen, Aktien, Wertpapieren jeder Art und deutschen und nichtdeutschen Geldsorten angenommen werden; ihr Wert als Ersatz für Goldzahlung wird von dem Ausschuß nach einem gerechten und billigen Satze festgesetzt.
§ 20.
Wenn der Ausschuß Zahlungen durch Ausantwortung von Gütern oder Übertragung von bestimmten Rechten festsetzt oder annimmt, so hat er dabei die wohlbegründeten Rechte und Interessen der alliierten und assoziierten Mächte und ihrer Staatsangehörigen daran zu berücksichtigen.
§ 21.
Kein Mitglied des Ausschusses kann für eine Handlung oder Unterlassung im Rahmen seiner Amtspflichten zur Verantwortung gezogen werden, es sei denn von der Regierung, die es ernannt hat. Keine der alliierten und assoziierten Regierungen haftet für irgendeine andere Regierung.
§ 22.
Vorbehaltlich der Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrags kann diese Anlage durch einstimmigen Beschluß der im Ausschuß vertretenen Regierungen [engl. Text: “Der im Ausschuß auch nur zeitweise vertretenen Regierungen”] abgeändert werden.
§ 23.
Der Ausschuß wird aufgelöst, wenn Deutschland und seine Verbündeten alle Summen, die von ihnen auf Grund des gegenwärtigen Vertrags oder der Beschlüsse des Ausschusses geschuldet werden, getilgt haben und wenn alle empfangenen Summen oder der entsprechende Wert unter die beteiligten Mächte verteilt sind.
Anlage III.
Deutschland erkennt das Recht der alliierten und assoziierten Mächte auf Ersatz aller durch Kriegsereignisse verlorenen oder beschädigten Handelsschiffe und Fischerei, Tonne für Tonne (Bruttovermessung) und Klasse für Klasse an.
Indes soll das vorstehend anerkannte Recht auf die deutschen Schiffe und Boote unter folgenden Bedingungen ausgeübt werden, obwohl der heute vorhandene Tonnengehalt der deutschen Schiffe und Boote hinter dem von den alliierten und assoziierten Mächten infolge des deutschen Angriffs verlorenen Tonnengehalt erheblich zurückbleibt:
Die deutsche Regierung überträgt in ihrem Namen und mit verbindlicher Wirkung für und gegen alle anderen Beteiligten den alliierten und assoziierten Regierungen das Eigentum an allen den Reichsangehörigen gehörenden Handelsschiffen von 1600 Bruttotonnen und darüber, ferner die Hälfte des Tonnengehalts der Schiffe, deren Bruttotonnengehalt zwischen 1000 und 1600 Tonnen beträgt, und je ein Viertel des Tonnengehalts sowohl der Fischdampfer wie der anderen Fischereifahrzeuge.
§ 2.
Die deutsche Regierung hat binnen zwei Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags alle im § 1 bezeichneten Schiffe und Boote dem Wiedergutmachungsausschuß auszuliefern.
§ 3.
Zu den im § 1 bezeichneten Schiffen und Booten gehören alle diejenigen,
a) welche die deutsche Handelsflagge führen oder führen dürfen,
b) welche einem deutschen Reichsangehörigen, einer deutschen Gesellschaft oder Vereinigung oder einer in Abhängigkeit oder unter Leitung von deutschen Reichsangehörigen stehenden Gesellschaft oder Vereinigung eines anderen Landes als der alliierten und assoziierten Länder gehören,
c) welche zur Zeit im Bau sind, und zwar
1. in Deutschland,
2. für Rechnung eines deutschen Reichsangehörigen, einer deutschen Gesellschaft oder Vereinigung in anderen als den alliierten und assoziierten Ländern.
§ 4.
Zwecks Beschaffung von Eigentumstiteln für jedes solchermaßen auszuliefernde Schiff hat die deutsche Regierung
a) für jedes Schiff dem Wiedergutmachungsausschuß auf Verlangen eine Verkaufsurkunde oder irgendeinen sonstigen Eigentumstitel zu übermitteln, der den Übergang des vollen Eigentums frei von allen Vorrechten, Pfandrechten und sonstigen Lasten an dem Schiff auf den genannten Ausschuß ergibt,
b) alle von dem Wiedergutmachungsausschuß angegebenen Maßnahmen zur Sicherstellung der Ausantwortung dieser Schiffe an den Ausschuß zu ergreifen.
§ 5.
Zur Ergänzung der teilweisen Wiedergutmachung verpflichtet sich Deutschland, auf den deutschen Werften für Rechnung der alliierten und assoziierten Regierungen wie folgt Handelsschiffe bauen zu lassen:
a) Binnen drei Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags gibt der Wiedergutmachungsausschuß der deutschen Regierung die Höhe des Tonnengehalts bekannt, der in jedem der beiden folgenden Jahren auf den Werften in Bau zu geben ist; mit Ablauf der erwähnten drei Monate beginnt die Frist der zwei Jahre zu laufen.
b) Binnen zwei Jahren nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags gibt der Wiedergutmachungsausschuß der deutschen Regierung die Höhe des Tonnegehalts bekannt, die auf den Werften in jedem der drei Jahre in Bau zu geben ist, die der vorstehend erwähnten zweijährigen Frist folgen.
c) Die Höhe des in Bau zu gebenden Tonnegehalts darf zweihunderttausend Bruttotonnen für das Jahr nicht übersteigen.
d) Die genauere Bezeichnung der zu bauenden Schiffe, die Bau- und Lieferungsbedingungen, der vom Wiedergutmachungsausschuß in Rechnung zu stellende Preis für die Tonne und alle anderen auf die Bestellung, den Bau, die Lieferung der Schiffe sowie ihre Anrechnung bezüglichen Fragen werden von dem genannten Ausschuß geregelt.
§ 6.
Deutschland sagt zu, binnen zwei Wochen nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags unter Beobachtung eines vom Wiedergutmachungsausschuß vorgeschriebenen Verfahrens den alliierten und assoziierten Mächten alle noch feststellbaren Flußschiffe und anderen Fahrzeuge der Flußschiffahrt, die seit dem 1. August 1914 aus irgendeinem Grunde in seinen oder seiner Reichsangehörigen Besitz gelangt sind, in Natur, und zwar in einem normalen Zustande zurückzugeben.
Zum Ausgleich für die Verluste an Flußschiffahrtstonnengehalt, welche die alliierten und assoziierten Mächten aus irgendeinem Grunde während des Krieges erlitten haben und die durch oben vorgeschriebene Rückgabe nicht ersetzt werden können, verpflichtet sich Deutschland, dem Wiedergutmachungsausschuß einen Teil seines Flußschiffahrtsparks, und zwar bis zu einer Höhe dieser Verluste abzutreten, höchstens jedoch zwanzig v. H. des gesamten Parks nach seinem Bestande vom 11. November 1918.
Die Einzelheiten dieser Abtretung werden durch die im Artikel 339, Teil XII (Häfen, Wasserstraßen und Eisenbahnen) des gegenwärtigen Vertrags bezeichneten Schiedsrichter geregelt, die damit betraut sind, die Schwierigkeiten aus der Verteilung des Flußschiffahrtstonnengehalts infolge der internationalen Neuordnung gewisser Flußgebiete oder infolge der Gebietsveränderungen in diesen Flußgebieten zu schlichten.
§ 7.
Deutschland verpflichtet sich zur Ergreifung aller Maßregeln, die ihm von dem Wiedergutmachungsausschuß zu dem Zwecke angegebene werden, volles Eigentumsrecht an allen den Schiffen zu erhalten, die ohne Zustimmung der alliierten und assoziierten Regierungen während des Krieges unter neutrale Flagge gestellt worden sind oder deren Stellung unter neutrale Flagge in die Wege geleitet ist.
§ 8.
Deutschland verzichtet auf jeden Anspruch, gleichviel welcher Art, gegen die alliierten und assoziierten Regierungen und ihre Staatsangehörigen aus der Zurückhaltung oder Benutzung irgend welcher deutschen Schiffe und Boote und aus allen Verlusten oder Schäden, die diese Schiffe und Boote erlitten haben. Eine Ausnahme gilt für Zahlungen, die aus der Benutzung dieser Schiffe gemäß dem Waffenstillstandsprotokoll vom 13. Januar 1919 und den anschließenden Protokollen geschuldet werden.
Entsprechend diesen Protokollen wird die Auslieferung der deutschen Handelsflotte ohne Unterbrechung fortgesetzt.
§ 9.
Deutschland verzichtet auf alle Ansprüche auf Schiffe oder Ladungen, die durch feindliche Einwirkung zur See oder ihre Folgen zunächst versenkt und demnächst gerettet worden sind und an denen eine der alliierten und assoziierten Regierungen oder ihre Staatsangehörigen als Eigentümer, Charterer, Versicherer oder anderswie beteiligt sind, ohne Rücksicht auf alle auf Einziehung lautenden Urteile, die von einem Prisengericht Deutschlands oder seiner Bundesgenossen gefällt worden sind.
Anlage IV.
§ 1.
Die alliierten und assoziierten Mächte fordern und Deutschland sagt zu, daß es in teilweiser Erfüllung seiner durch diesen Teil festgesetzten Verpflichtungen entsprechend den nachstehenden näheren Bestimmungen seine wirtschaftlichen Hilfsmittel unmittelbar der Wiederherstellung in Natur der mit Krieg überzogenen Gebietsteile der alliierten und assoziierten Mächte dienstbar macht, und zwar in dem von diesem Mächten zu bestimmenden Ausmaß.
Die Regierungen der alliierten und assoziierten Mächte behändigen dem Wiedergutmachungsausschuß Verzeichnisse, enthaltend:
a) die Tiere, Maschinen, Montierungsteile, Maschinenspiele [engl. Text: “Werkzeuge” statt “Maschinenspiele”] und alle ähnlichen im Handel erhältlichen Gegenstände, die von Deutschland beschlagnahmt, verbraucht oder zerstört worden sind oder die unmittelbar durch militärische Maßnahmen zerstört worden sind und die die genannten Regierungen zur Befriedung unmittelbarer und dringender Bedürfnisse durch gleichartige Tiere oder Gegenstände ersetzt zu sehen wünschen, die auf deutschem Gebiete bei Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags vorhanden sind;
b) die Stoffe zum Wiederaufbau (Steine, Backsteine, feuerfeste Steine, Dachziegel, Bauholz, Fensterglas, Stahl, Kalk, Zement usw.), Maschinen, Heizeinrichtungen, Möbel und alle im Handel erhältlichen Gegenstände, die die genannten Regierungen in Deutschland erzeugt und hergestellt und an sie zur Wiederherstellung der mit Krieg überzogenen Gebietsteile geliefert zu sehen wünschen.
Die Verzeichnisse der in § 2 a) oben erwähnten Gegenstände werden binnen sechzig Tagen nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags zugestellt.
Die Verzeichnisse der oben in § 2 b) erwähnten Gegenstände werden spätestens am 31. Dezember 1919 zugestellt.
Die Verzeichnisse enthalten alle in den Verträgen des Handels üblichen Einzelheiten über die betreffenden Gegenstände einschließlich genauer Beschreibung, Lieferfrist (höchstens vier Jahre) und Lieferungsort, aber weder Preise noch veranschlagten Wert, diese werden, wie weiter unten ausgeführt, vom Ausschuß festgesetzt.
Unmittelbar nach Eingang der Verzeichnisse prüft der Ausschuß, inwieweit die Lieferung der in ihnen aufgeführten Stoffe und Tiere von Deutschland gefordert werden kann. Bei seiner Entscheidung trägt der Ausschuß den inneren Bedürfnissen Deutschlands soweit Rechnung, wie es zur Aufrechterhaltung des sozialen und wirtschaftlichen Lebens Deutschlands notwendig ist; er berücksichtigt ferner die Preise und die Zeiten, zu denen gleiche Gegenstände in den alliierten und assoziierten Ländern erhältlich sind und vergleicht sie mit denen, die für di deutschen Gegenstände gelten sollen; er berücksichtigt schließlich das allgemeine Interesse der alliierten und assoziierten Regierungen daran, daß das gewerbliche Leben Deutschlands nicht soweit zerrüttet wird, daß seine Fähigkeit, seinen anderen Wiedergutmachungsverpflichtungen zu genügen, in Frage gestellt wird.
Jedoch dürfen von Deutschland Maschinen, Montierungsteile, Maschinenspiele [engl. Text: “Werkzeuge” statt “Maschinenspiele”] und ähnliche im Handel erhältliche Gegenstände, sofern sie augenblicklich in gewerbliche Betrieben verwendet werden, nur gefordert werden, wenn kein Vorrat von diesen Gegenständen verfügbar oder verkäuflich ist; zudem dürfen Forderungen dieser Art dreißig v. H. der Mengen jeden Gegenstandes nicht überschreiten, die in einem deutschen Unternehmen oder Betrieb verwendet werden.
Der Ausschuß gibt den Vertretern der deutschen Regierung Gelegenheit, sich binnen bestimmter Frist darüber zu äußern, wieweit es ihr möglich ist, die genannten Stoffe, Tiere und Gegenstände zu liefern.
Die Entscheidung des Ausschusses wird dann möglichst schnell der deutschen Regierung und den verschiedenen beteiligten alliierten und assoziierten Regierungen bekanntgegeben.
Die deutsche Regierung sagt zu, die in dieser Mitteilung näher bestimmten Materialien, Gegenstände und Tiere zu liefern, und die beteiligten alliierten und assoziierten Regierungen sagen, jede für ihren Teil, zu, diese Lieferungen anzunehmen, sofern sie der gegebenen näheren Beschreibung entsprechen und nach Ansicht des Ausschusses zur Verwendung beim Wiederaufbau nicht ungeeignet sind.
Der Ausschuß bestimmt den Wert der Materialien, Gegenstände und Tiere, die, wie oben bestimmt, geliefert werden, und die alliierten und assoziierten Regierungen, welche diese Lieferungen empfangen, sind damit einverstanden, daß sie mit derem Wert belastet werden und erkennen an, daß die entsprechende Summe als eine von Deutschland geleistet Zahlung gilt, die entsprechend Artikel 237 dieses Teiles des gegenwärtigen Vertrags zu verteilen ist.
In den Fällen, wo das Recht ausgeübt wird, Wiederherstellung in Natur zu den oben festgesetzten Bedingungen zu fordern, hat sich der Ausschuß zu vergewissern, daß die Deutschland gutgeschriebene Summe den normalen Wert der von ihm geleisteten Arbeit oder der von ihm gelieferten Stoffe darstellt, und daß unter Berücksichtigung der teilweisen Wiedergutmachung der Schadensersatzanspruch der beteiligten Macht im Verhältnis des so gelieferten Beitrags zur Wiedergutmachung sich mindert.
§ 6.
Als unmittelbare Abschlagslieferung auf die in § 2a) obenerwähnten Tiere sagt Deutschland zu, binnen drei Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags die nachstehenden Mengen an lebenden Tieren zu liefern, und zwar monatlich ein Drittel von jeder Art:
1. An die französische Regierung: | |
500 | Zuchthengste von 3 bis 7 Jahren; |
30 000 | Stutfüllen und Stuten von 18 Monaten bis 7 Jahren von Ardenner, Boulonnaiser oder belgische Rasse; |
2 000 | Stiere von 18 Monaten bis 3 Jahren; |
90 000 | Milchkühe von 2 bis 6 Jahren; |
1 000 | Böcke; |
100 000 | Schafe; |
10 000 | Ziegen. |
2. An die belgische Regierung: | |
200 | Zuchthengste von 3 bis 7 Jahren, schwere belgische Rasse; |
5 000 | Stuten von 3 bis 7 Jahren, schwere belgische Rasse; |
5 000 | Stutfüllen von 18 Monaten bis 3 Jahren, schwere belgische Rasse; |
2 000 | Stiere von 18 Monaten bis 3 Jahren; |
50 000 | Milchkühe von 2 bis 6 Jahren; |
40 000 | Färsen; |
200 | Böcke; |
20 000 | Schafe; |
15 000 | Mutterschweine. |
Die gelieferten Tiere müssen gesund und von normaler Beschaffenheit sein.
Der Wert der so gelieferten Tiere wird, entsprechend den Bestimmungen des § 5 dieser Anlage, auf Deutschlands Wiedergutmachungsschuld angerechnet, es sei denn, daß von den Tieren festgestellt wird, daß sie zu den weggeführten oder beschlagnahmten gehören.
§ 7.
Ohne die Entscheidungen des Ausschusses, wie sie in § 4 dieser Anlage vorgesehen sind, abzuwarten, hat Deutschland die Lieferungen landwirtschaftlichen Geräts an Frankreich fortzusetzen, die im Artikel III des Vertrags vom 16. Januar 1919 über die Verlängerung des Waffenstillstands vorgesehen sind.
Anlage V.
§ 1.
Deutschland sagt zu, auf jeweiliges Erfordern den nachstehend bezeichneten Signatarmächten des gegenwärtigen Vertrags die im folgenden näher bestimmten Mengen von Kohlen und Kohlennebenprodukten zu liefern.
§ 2.
Deutschland liefert an Frankreich zehn Jahre Lang sieben Millionen Tonnen Kohlen jährlich. Außerdem liefert Deutschland jedes Jahr an Frankreich eine Kohlenmenge gleich dem Unterschied zwischen der Jahresförderung der durch den Krieg zerstörten Bergwerke des Nordens und des Pas-de-Calais vor dem Kriege und der Förderung der Bergwerke dieses Beckens in dem in Betracht kommenden Jahre [engl. Text: “in den in Betracht kommenden Jahren”]. Letztere Lieferung erfolgt zehn Jahre lang; ihre Höchstmenge beträgt indes nicht mehr als zwanzig Millionen Tonnen jährlich während der ersten fünf Jahre und acht Millionen Tonnen jährlich während der fünf folgenden Jahre.
Als selbstverständlich wird hierbei vorausgesetzt, daß die Wiederinstandsetzung der Bergwerke des Nordens und des Pas-de-Calais mit allem Nachdruck betrieben wird.
§ 3.
Deutschland liefert an Belgien zehn Jahre lang acht Millionen Tonnen Kohlen jährlich.
§ 4.
Deutschland liefert an Italien nachstehende Höchstmengen an Kohle:
Juli 1919 bis Juni 1920: | 4½ Millionen Tonnen |
” 1920 ” ” 1921: | 6 ” “ |
” 1921 ” ” 1922: | 7½ ” “ |
” 1922 ” ” 1923: | 8 ” “ |
” 1923 ” ” 1924: | 8½ ” “ |
und in jedem der fünf folgenden Jahre 8½ Millionen Tonnen.
Wenigstens zwei Drittel der Lieferungen müssen auf dem Landweg erfolgen.
§ 5.
Deutschland liefert an Luxemburg, wenn der Wiedergutmachungsausschuß ein entsprechendes Verlangen stellt, eine jährliche Kohlenmenge gleich derjenigen, die Luxemburg vor dem Kriege an deutscher Kohle jährlich verbraucht hat.
§ 6.
Die Preise, für die auf Grund des vorstehenden Bezugsrecht gelieferten Kohlenmengen sind folgende:
a) L i e f e r u n g m i t d e r B a h n o d e r z u W a s s e r. Der preis stellt sich wie der deutsche Preis frei Grube, den die deutschen Reichsangehörigen zahlen, unter Hinzurechnung der Fracht bis zur französischen, belgischen, italienischen oder luxemburgischen Grenze; doch darf der Preis frei Grube den Preis frei Grube der britischen Ausfuhrkohlen nicht übersteigen. Falls es sich um belgische Bunkerkohle handelt, darf der Preis nicht höher sein als der für holländische Bunkerkohle.
Die Tarife für die Beförderung mit der Eisenbahn oder auf dem Wasserwege dürfen nicht höher sein als die niedrigsten Tarife für gleichartige Beförderungen in Deutschland.
b) L i e f e r u n g e n a u f d e m S e e w e g e. Der preis ist entweder der deutsche Ausfuhrpreis frei an Bord in den deutschen Häfen oder der englische Ausfuhrpreis frei an Bord in den englischen Häfen, und zwar immer der niedrigere von beiden.
Die beteiligten alliierten und assoziierten Regierungen können die Lieferung von Hüttenkoks an Stelle der Kohle verlangen, und zwar zum Satz von drei Tonnen Koks statt vier Tonnen Kohle.
Deutschland sagt zu, folgende Erzeugnisse an Frankreich jährlich drei Jahre lang nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags zu liefern und mit der Bahn oder zu Wasser an die französische Grenze zu befördern.
Benzol …………………………. | 35 000 t, |
Steinkohlenteer ………………. | 50 000 t, |
schwefelsaures Ammoniak ….. | 30 000 t. |
An Stelle des Steinkohleteers treten nach Wahl der französischen Regierung ganz oder zum Teil entsprechende Mengen von Destillationserzeugnissen, wie leichte Öle, schwere Öle, Anthrazen, Naphthalin oder Teerpech.
§ 9.
Der Preis für den Koks und für die in § 8 genannten anderen Erzeugnisse ist derselbe, den die deutschen Reichsangehörigen zahlen. Die Berechnung der Verpackung und der Fracht bis zur französischen Grenze oder bis zu den deutschen Häfen erfolgt zu den vorteilhaftesten Bedingungen, die für gleiche Erzeugnisse deutschen Reichsangehörigen gewährt werden.
§ 10.
Die Bezugsrechte auf Grund dieser Anlage werden durch Vermittlung des Wiedergutmachungsausschuß geltend gemacht. Der Ausschuß ist ermächtigt, zwecks Durchführung obiger Bestimmungen [engl. Text: “vorbehaltlich der vorliegenden besonderen Bestimmungen” statt “zwecks Durchführung obiger Bestimmungen”] über alle Fragen, betreffend das Verfahren sowie betreffend die Beschaffenheit und die Menge der Lieferungen, die Menge des an Stelle der Kohle zu liefernde Koks, die Fristen und die Art der Lieferung und Zahlung zu befinden. Die Anforderungen, welchen die zweckdienlichen Einzelangaben beizufügen sind, müssen Deutschland hundertzwanzig Tage vor dem Lieferungstermin bekanntgegeben werden, soweit es sich um Lieferungen vom 1. Januar 1920 an handelt, und dreißig Tage bei Lieferung zwischen dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des gegenwärtigen Vertrags und dem 1. Januar 1920. Bis Deutschland die in diesem Paragraphen vorgesehenen Anforderungen erhalten hat, bleiben die Bestimmungen des Protokolls vom 25. Dezember 1918 (Ausführung des Artikels VI des Waffenstillstandsvertrags vom 11. November 1918) in Kraft. Die Anforderungen bezüglich der in den §§ 7 und 8 vorgesehenen Ersatzlieferungen sind der deutschen Regierung mit einer von dem Ausschuß für ausreichend erachteten Frist bekanntzugeben. Wenn der Ausschuß sich dahin schlüssig wird, daß die vollständige Erfüllung der Anforderungen die deutschen eigenen gewerblichen Bedürfnisse übermäßig beeinträchtigen würde, so kann er Fristen für die Anforderungen bewilligen oder sie völlig fallen lassen und auf diese Weise zugleich die Reihenfolge der Lieferungen bestimmen; doch hat die als Ersatz für Kohle aus zerstörten Bergwerken zu liefernde Kohle den Vorrang vor allen übrigen Lieferungen.
Anlage VI.
Zum Zwecke teilweiser Wiedergutmachung räumt Deutschland dem Wiedergutmachungsausschuß ein Bezugsrecht auf Farbstoffe und chemisch-pharmazeutische Erzeugnisse ein. Menge und Art wird von dem Ausschuß bestimmt. Das Bezugsrecht reicht bis zu fünfzig v. H. der Gesamtmenge jeder einzelnen Art von Farbstoffen und chemisch-pharmazeutischen Erzeugnissen, die sich bei Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags in Deutschland befinden, oder über die Deutschland zu dieser Zeit verfügen kann.
Das Bezugsrecht ist von dem Ausschuß binnen sechzig Tagen nach Empfang des ausführlichen Verzeichnisses der Vorräte auszuüben. Das Verzeichnis ist dem Ausschuß in der von ihm gewünschten Form zu liefern.
§ 2.
Deutschland gewährt außerdem dem Wiedergutmachungsausschuß für die Zeit vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags bis zum 1. Januar 1920, sodann für jedes nachfolgende Halbjahr bis zum 1. Januar 1925 ein Bezugsrecht auf sämtliche Farbstoffe und sämtliche chemisch-pharmazeutischen Erzeugnisse bis zu fünfundzwanzig v. H. der deutschen Erzeugung im vorangegangenen Halbjahr, oder wenn nach Ansicht des Ausschusses die Erzeugung währen dieses Halbjahrs hinter der normalen zurückblieb, bis zu fünfundzwanzig v. H. der normalen Erzeugung.
Dieses Bezugsrecht ist binnen vier Wochen nach Eingang einer Aufstellung über die Erzeugung des letzten Halbjahrs auszuüben; die Aufstellung ist von der deutschen Regierung beim Anlauf jeden Halbjahrs in der von dem Ausschuß vorgeschriebenen Form vorzulegen.
§ 3.
Der Preis der Farbstoffe und der chemisch-pharmazeutischen Erzeugnisse, die in Ausführung des § 1 geliefert werden, wird von dem Ausschuß auf Grund der Nettoausfuhrpreise vor dem Kriege und unter Berücksichtigung der inzwischen eingetretenen Veränderungen des Herstellungspreises festgestellt.
Für die Farbstoffe und chemisch-pharmazeutischen Erzeugnisse, die in Ausführung des § 2 geliefert werden, wird der Preis von dem Ausschuß auf Grund der Nettoausfuhrpreise vor dem Kriege und unter Berücksichtigung der eingetretenen Veränderungen des Herstellungspreises oder auf Grund des niedrigsten, irgendeinem anderen Käufer bewilligten Verkaufspreises derselben Stoffe festgestellt.
§ 4.
Alle Einzelheiten, insbesondere bezüglich der Art und des Zeitpunkts der Geltendmachung des Bezugsrechts und der Lieferung und auch alle Fragen, die bei der Ausführung der obigen Vorschriften hervortreten, werden von dem Wiedergutmachungsausschuß geregelt, dem die deutsche Regierung alle erforderlichen Auskünfte zu beschaffen und jede von ihm verlangte Unterstützung zu gewähren hat.
§ 5.
Unter Farbstoffen und chemisch-pharmazeutischen Erzeugnissen im Sinne dieser Anlage sind sowohl alle Farbstoffe und alle synthetischen chemisch-pharmazeutischen Erzeugnisse als auch alle Zwischenerzeugnisse und andere zu verstehen, die in den entsprechenden Industrien verwendet und zum Verkauf hergestellt werden. Die vorstehenden Bestimmungen finden auch Anwendung auf Chinarinde und Chininsalze.
Anlage VII.
Deutschland verzichtet im eigenen Namen und im Namen seiner Angehörigen zugunsten der alliierten und assoziierten Hauptmächte auf alle Rechte, Ansprüche oder Vorrechte jeder Art, die es auf nachstehend aufgeführte Kabel oder Teile von Kabeln besitzt:
Emden-Vigo: Von der Straße von Calais bis auf die Höhe von Vigo;
Emden-Brest: Von der Höhe von Cherbourg bis Brest;
Emden-Teneriffa: Von der Höhe von Dünkirchen bis bis auf die Höhe von Teneriffa.
Emden-Azoren (1): Von der Straße von Calais bis Fayal;
Emden-Azoren (2): Von der Straße von Calais bis Fayal;
Azoren-New York (1): Von Fayal bis New York;
Azoren-New York (2): Von Fayal bis zur geographischen Länge von Halifax;
Teneriffa-Monrovia: Von der Höhe von Teneriffa bis auf die Höhe von Monrovia;
Monrovia-Lome:
Von dem Punkt, |
{ |
Breite: 2° 30′ N, |
bestimmt durch | Länge: 7° 40′ W von Greenwich: | |
bis zu dem* Punkt, | { | Breite: 2° 20′ N, |
bestimmt durch | Länge: 5° 30′ W von Greenwich; | |
und von dem Punkt, | { | Breite: 3° 48′ N, |
bestimmt durch | Länge: 0° 00′: | |
bis Lome; |
||
[* französischer Text anscheinend Druckfehler: “von dem”] |
Lome-Duala: Von Lome bis Duala;
Monrovia-Pernambuco: Von der Höhe von Monrovia bis auf die Höhe von Pernambuco;
Konstantinopel-Konstanza: Von Konstantinopel bis Konstanza;
Yap-Schanghai, Yap-Guam und Yap-Menado (Celebes-Ineln): Von der Insel Yap bis Schanghai, von der Insel Yap nach der Insel Guam und von der Insel Yap bis Menado.
Der Wert der vorstehend erwähnten Kabel oder Kabelteile wird, soweit sie Privateigentum sind, auf Grund der ursprünglichen Anlagekosten mit einer angemessenen Abschreibung für Abnutzung berechnet und Deutschland auf die Wiedergutmachungsschuld gutgeschrieben.
Abschnitt II.
Besondere Bestimmungen.
Artikel 245.
Binnen sechs Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags hat die deutsche Regierung der französischen Regierung gemäß einem von dieser ihr zuzustellen Verzeichnis die Trophäen, Archive, geschichtlichen Erinnerungen und Kunstwerke zurückzugeben, die von den deutschen Behörden im Laufe des Krieges 1870/71 und des letzten Krieges aus Franreich weggeführt sind, insbesondere die im Kriege 1870/71 erbeuteten Fahnen und alle politischen Schriftstücke, die am 10. Oktober 1870 von den deutschen Behörden auf Schloß Cerçay bei Brunoy (Seine-et-Oise) weggenommen sind, das damals dem früheren Staatsminister Herrn Rouher gehörte.
Artikel 246.
Binnen sechs Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags hat Deutschland Seiner Majestät dem König des Hedschas den Originalkoran zurückzugeben, der dem Kalifen Osman gehört hat und von den türkischen Behörden aus Medina entfernt worden ist, um dem vormaligen Kaiser Wilhelm II. als Geschenk überreicht zu werden.
Binnen der gleichen Frist ist der Schädel des Sultans Makaua, der aus dem deutschen Schutzgebiet Ostafrika entfernt und nach Deutschland gebracht worden ist, von Deutschland der Regierung Seiner Britischen Majestät zu übergeben.
Ort und Bedingungen der Rückgabe werden von den Regierungen bestimmt, an die dieses Gegenstände zurückzuerstatten sind.
Artikel 247.
Deutschland verpflichtet sich, an die Hochschule zu Löwen binnen drei Monaten nach Empfang der ihm durch Vermittlung des Wiedergutmachungsausschusses zugehenden Aufforderung Handschriften, Wiegendrucke, gedruckte Bücher, Karten und Sammlungsgegenstände zu liefern, die der Zahl und dem Werte nach den Gegenständen entsprechen, die bei dem von Deutschland verursachten Brande der Bücherei von Löwen vernichtet worden sind. Alle Einzelheiten dieser Erstattung werden von dem Wiedergutmachungsausschuß bestimmt.
Deutschland verpflichtet sich, durch die Vermittlung des Wiedergutmachungsausschusses binnen sechs Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags an Belgien, um ihm die Wiederherstellung zweier großer Kunstwerke zu ermöglichen, abzuliefern:
1. die Flügel des Triptychons der Brüder van Eyck “Die Anbetung des Lammes” (“Agneau mystique”), früher in der Kirche Sankt Bavo in Gent, jetzt im Berliner Museum;
2. die Flügel des Triptychons von Dierk Bouts, “Das Abendmahl”, früher in der Kirche Sankt Peter in Löwen, von denen sich jetzt zwei im Berliner Museum und zwei in der Alten Pinakothek in München befinden.
Teil IX.
Finanzielle Bestimmungen.
Unter Vorbehalt der von dem Wiedergutmachungsausschuß etwa bewilligten Ausnahmen haften der gesamte Besitz und alle Einnahmequellen des Deutschen Reiches und der deutschen Staaten an erster Stelle für die Bezahlung der Kosten der Wiedergutmachung und aller anderen Lasten, die sich aus dem gegenwärtigen Vertrag oder aus allen ihn ergänzenden Verträgen und Übereinkommen oder aus den zwischen Deutschland und den alliierten und assoziierten Mächten während des Waffenstillstands und seinen Verlängerungen geschlossenen Abmachungen ergeben.
Bis zum 1. Mai 1921 darf die deutsche Regierung ohne vorherige Zustimmung der durch den Wiedergutmachungsausschuß vertretenen alliierten und assoziierten Mächte weder Gold ausführen oder darüber verfügen noch seine Ausfuhr oder die Verfügung darüber zu gestatten.
Deutschland trägt die gesamten Unterhaltskosten der alliierten und assoziierten Heere in den besetzten deutschen Gebieten von der Unterzeichnung des Waffenstillstandsvertrags vom 11. November 1918 an. Darunter fallen: die Ausgaben für die Ernährung der Personen und Tiere, für Einquartierung und Unterbringung, für Sold und andere Bedürfnisse, für Gehälter und Löhne, für Nachtlager, Heizung, Beleuchtung, Bekleidung, Ausrüstung, Geschirr [engl. Text: “und Sattelzeug”], Bewaffnung und rollendes Material, für Flugwesen, Kranken- und Verwundetenbehandlung, Veterinär- und Remontewesen, das gesamte Beförderungswesen (wie Eisenbahn, See- und Flußschiffahrt und Lastkraftfahrzeuge), Verkehrs- und Nachrichtenwesen, überhaupt die Verwaltungs- und technischen Dienstzweige, die für die Ausbildung der Truppen, die Erhaltung ihrer Bestände und ihrer militärischen Leistungsfähigkeit erforderlich sind.
Die deutsche Regierung hat den alliierten und assoziierten Regierungen alle Ausgaben der obenbezeichneten Art, soweit sie auf Käufen oder Beitreibungen der alliierten und assoziierten Regierungen in den besetzten Gebieten beruhen, in Mark zum Tageskurs oder zu dem von Deutschland zugestandenem [engl. Text: “zum vereinbarten”] Kurse zu erstatten. Alle anderen oben aufgeführten Ausgaben sind in Mark Gold zu bezahlen.
Artikel 250.
Deutschland bestätigt die Übergabe des gesamten an die alliierten und assoziierten Mächte in Ausführung des Waffenstillstandsvertrags vom 1.. November 1918 und aller späteren Waffenstillstandsabkommen ausgelieferten Materials und erkennt das Recht der alliierten und assoziierten Regierungen auf dieses Material an.
Der Wert des gemäß Artikel VII des Waffenstillstandsvertrags vom 11. November 1918 oder Artikel III des Waffenstillstandsvertrags vom 16. Januar 1919 ausgelieferten Materials kommt von der Wiedergutmachungsforderung der alliierten und assoziierten Regierungen in Abzug und wird Deutschland gutgeschrieben; der Wert wird durch Schätzung des im Artikel 233 Teil VIII (Wiedergutmachungen) des gegenwärtigen Vertrags vorgesehenen Wiedergutmachungsausschusses festgesetzt. Das gleiche gilt für alles sonstige in Ausführung des Waffenstillstandsvertrags vom 11. November 1918 und aller späteren Waffenstillstandsabkommen ausgelieferten Materials, bei dem mit Rücksicht auf seinen nichtmilitärischen Charakter nach Ansicht des Wiedergutmachungsausschusses der Wert der deutschen Regierung zu vergüten ist.
Nicht gutgeschrieben wird der deutschen Regierung das Gut der alliierten und assoziierten Regierungen oder ihrer Staatsangehörigen, das auf Grund der Waffenstillstandsverträge in Natur zurückgegeben oder ausgeliefert worden ist.
Artikel 251.
Die vorzugsweise Befriedigung gemäß Artikel 248 findet unter dem im letzten Absatz des gegenwärtigen Artikels erwähnten Vorbehalt in folgender Reihenfolge statt:
a) die in Artikel 249 näher aufgeführten Kosten der Besetzungsarmeen während des Waffenstillstands und seinen Verlängerungen;
b) die in Artikel 249 näher aufgeführten Kosten aller Besetzungsarmeen nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags;
c) der Betrag der Wiedergutmachungen, der sich aus dem gegenwärtigen Vertrag oder den ergänzenden Verträgen und Übereinkommen ergibt;
d) alle anderen Verpflichtungen Deutschlands aus den Waffenstillstandsabkommen, dem gegenwärtigen Vertrag oder den ergänzenden Verträgen und Übereinkommen.
Die Kosten der Versorgung Deutschlands mit Lebensmitteln und Rohstoffen und alle von Deutschland zu leistenden Zahlungen, soweit sie von den alliierten und assoziierten Regierungen für notwendig erachtet werden, um Deutschland die Erfüllung seiner Wiedergutmachungspflicht zu ermöglichen, haben Vorrang in dem Maße und unter den Bedingungen, die von den alliierten und assoziierten Regierungen festgesetzt worden sind oder noch werden.
Artikel 252.
Das Verfügungsrecht jeder einzelnen der alliierten und assoziierten Mächte über die feindlichen Guthaben und das feindliche Eigentum, die sich bei Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags im Bereich ihrer Gerichtsbarkeit befinden, wird durch die vorstehenden Bedingungen nicht berührt.
Artikel 253.
Ordnungsmäßig zugunsten der alliierten und assoziierten Mächte oder ihrer Staatsangehörigen von dem Deutschen Reiche oder den deutschen Staaten oder von deutschen Reichsangehörigen an ihrem Gut oder ihren Einnahmen bestellte Pfänder oder Hypotheken werden von diesen Bestimmungen in keiner Weise berührt, falls die Bestellung dieser Pfänder oder Hypotheken vor Eintritt des Kriegszustands zwischen der deutschen Regierung und der beteiligten Regierung erfolgt ist.
Die Mächte, denen deutsche Gebietsteile abgetreten werden, übernehmen vorbehaltlich der Bestimmungen des Artikel 255 die Verpflichtung zur Zahlung:
1. eines Teiles der Schuld des Deutschen Reiches nach ihrem Stande vom 1. August 1914. Der Wiedergutmachungsausschuß bezeichnet eine bestimmte Gattung von Einkünften, die nach seinem Urteil des rechte Bild von der Zahlungsfähigkeit der abgetretenen Gebiete ergeben. Der zu übernehmende Anteil wird alsdann nach dem Durchschnitt der drei Rechnungsjahre 1911, 1912 und 1913 auf Grund des Verhältnisses berechnet, in dem diese Einkünfte in dem abgetrennten Gebietsteil zu den entsprechenden Einkünften des gesamten Deutschen Reichs stehen.
2. eines Teiles der am 1. August 1914 bestehenden Schuld des deutschen Staates, dem das abgetrennte Gebiet angehörte. Die Berechnung erfolgt nach dem gleichen Grundsatz wie oben.
Diese Anteile werden von dem Widergutmachungsausschuss festgesetzt.
Die Art der Erfüllung der so übernommenen Verpflichtung an Kapital und Zinsen wird von dem Wiedergutmachungsausschuß festgesetzt. Sie kann unter anderem die Form haben, daß die erwerbende Regierung die Verpflichtungen Deutschlands aus den deutschen Schuldverschreibungen, die sich in Händen ihrer eigenen Staatsangehörigen befinden, übernimmt. Falls aber die angewandte Methode Zahlungen an die deutsche Regierung selbst mit sich brächte, erfolgen dieses Zahlungen statt dessen an den Wiedergutmachungsausschuß in Anrechnung auf die deutsche Wiedergutmachungsschuld, solange auf diese noch irgendein Betrag rückständig ist.
1. Mit Rücksicht auf die Weigerung Deutschlands im Jahre 1871, einen Anteil der französischen Schuld zu übernehmen, wird Frankreich, soweit Elsaß-Lothringen in Betracht kommt, in Abweichung von den vorstehenden Bestimmungen von jeder Zahlung gemäß Artikel 254 befreit.
2. Soweit Polen in Betracht kommt, wird derjenige Anteil der Schuld, dessen Ursprung der Wiedergutmachungsausschuß auf Maßnahmen der deutschen und preußischen Regierung zur deutschen Besiedlung Polens zurückführt, von der teilweisen Schuldübernahme im Sinne des Artikel 254 ausgenommen.
3. Soweit andere abgetrennte Gebietsteile als Elsaß-Lothringen in Betracht kommen, wird derjenige Anteil der Schuld des Deutschen Reiches oder der deutschen Staaten, dessen Betrag nach dem Urteil des Wiedergutmachungsausschusses den Aufwendungen des Deutschen Reiches oder der deutschen Staaten für das im Artikel 256 erwähnte Gut und Eigentum entspricht, von der teilweisen Schuldenübernahme im Sinne des Artikel 254 ausgenommen.
Die Mächte, in deren Besitz deutsches Gebiet übergeht, erwerben gleichzeitig alles Gut und Eigentum des Deutschen Reichs oder der deutschen Staaten, das in diesen Gebieten gelegen ist. Der Wert dieser Erwerbungen wird von dem Wiedergutmachungsausschuß festgestellt und von dem erwerbenden Staate an diesen bezahlt, um der deutschen Regierung auf die Wiedergutmachungsschuld gutgeschrieben zu werden.
Im Sinne dieses Artikels gilt das gesamte Eigentum der Krone, des Deutschen Reichs und der deutschen Staaten sowie das Privateigentum des vormaligen deutschen Kaisers und der anderen königlichen Personen als zum Gut und Eigentum des Deutschen Reichs und der deutschen Staaten gehörig.
In Anbetracht der Bedingungen, unter denen im Jahre 1871 Elsaß-Lothringen an Deutschland abgetreten worden ist, wird Frankreich mit Bezug auf Elsaß-Lothringen von jeder im gegenwärtigen Artikel vorgesehenen Zahlung oder Gutschrift zugunsten Deutschlands für den Wert des in Elsaß-Lothringen belegenen und dem Reich oder den deutschen Staaten gehörigen Guts und Eigentums befreit.
Ebenso wird Belgien von jeder Zahlung oder Gutschrift zugunsten Deutschlands für den Wert des dem Reiche oder der deutschen Staaten gehörigen und in den auf Grund des gegenwärtigen Vertrags an Belgien fallenden Gebietsteilen belegenen Guts und Eigentums befreit.
Was die bisher deutschen Gebiete einschließlich ihrer Kolonien, Protektorate und zugehörigen Gebiete anbelangt, die gemäß Artikel 22 Teil I (Völkerbundssatzung) des gegenwärtigen Vertrags unter die Verwaltung eines Mandatars treten, so übernimmt weder das Gebiet noch die Mandatarmacht einen Teil des Schuldendienstes des Reichs oder der deutschen Staaten.
Alles dem Reiche oder den deutschen Staaten gehörige und in solchen Gebieten belegene Gut und Eigentum geht zugleich mit den Gebieten auf die Mandatarmacht als solche über, und es ist aus Anlaß dieses Überganges keinerlei Zahlung oder Gutschrift zugunsten jener Regierungen zu bewirken.
Im Sinne dieses Artikels gilt das gesamte Eigentum der Krone, des Deutschen Reichs und der deutschen Staaten sowie das Privateigentum des vormaligen deutschen Kaisers und der anderen königlichen Personen als zum Gut und Eigentum des Deutschen Reichs und der deutschen Staaten gehörig.
Artikel 258.
Deutschland verzichtet auf jede Vertretung oder Beteiligung bei der Verwaltung und Beaufsichtigung von Ausschüssen, staatlichen Stellen und Staatsbanken und jede Vertretung oder Beteiligung bei sonstigen finanziellen und wirtschaftlichen Aufsichts- oder Verwaltungsorganisationen internationaler Art in irgendeinem der alliierten und assoziierten Staaten, in Österreich, in Ungarn, in Bulgarien oder der Türkei oder in den Besitzungen und zugehörigen Gebieten der genannten Staaten sowie im ehemaligen russischen Reich, die ihm oder seinen Angehörigen durch Verträge, Übereinkommen oder Abmachungen irgendwelcher Art bislang zugesichert war.
1. Deutschland verpflichtet sich, binnen einem Monat nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags den von den alliierten und assoziierten Hauptmächten bezeichneten Behörden die Summe auszuantworten, die bei der Reichsbank auf den Namen des Verwaltungsrats der türkischen Staatsschuldenverwaltung als Unterlage für die erste Papiergeldausgabe der türkischen Regierung in Gold hinterlegt werden sollte.
2. Deutschland erkennt seine Verpflichtung an, zwölf Jahre hindurch jährlich die Goldzahlungen zu bewirken, auf welche die von ihm zu verschiedenen Zeitpunkten auf den Namen des Verwaltungsrats der türkischen Staatsschuldenverwaltung als Unterlage der zweiten und der folgenden Papiergeldausgaben der türkischen Regierung hinterlegten deutschen Schatzanweisungen lauten.
3. Deutschland verpflichtet sich, binnen einem Monat nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags den von den alliierten und assoziierten Hauptmächten hierfür bezeichneten Behörden das bei der Reichsbank oder an anderer Stelle hinterlegte Golddepot auszuantworten, das den rückständigen Teil des am 5. Mai 1915 vom Verwaltungsrat der türkischen Staatsschuldenverwaltung der Kaiserlich osmanischen Regierung zugesagten Goldvorschusses darstellt.
4. Deutschland verpflichtet sich, den alliierten und assoziierten Hauptmächten seine etwaigen Rechte an der Summe Gold und Silber zu übertragen, die es dem türkischen Finanzministerium im November 1918 als Anschaffung für die im Mai 1919 fällige Zahlung für den Dienst der inneren türkischen Anleihe überwiesen hat.
5. Deutschland verpflichtet sich, binnen einem Monat nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags den alliierten und assoziierten Hauptmächten alle Goldsummen auszuantworten, die Deutschland oder seine Angehörigen aus Anlaß der von ihnen der österreichisch-ungarischen Regierung gewährten Vorschüsse als Pfand oder sonstige Sicherheit überwiesen wurden.
6. Deutschland bestätigt seinen im Artikel XV des Waffenstillstandsvertrag vom 11. November 1918 ausgesprochenen Verzicht auf alle Vorteile aus den Bestimmungen der Verträge von Bukarest und Brest-Litowsk und ihrer Zusatz-Verträge. Die Bestimmung des Artikel 292 Teil X (Wirtschaftliche Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrags bleibt unberührt.
Es verpflichtet sich, alles, was es an Zahlungsmitteln, Bargeld, Werten, begebbaren Handelspapieren oder Erzeugnissen auf Grund der vorgenannten Verträge erhalten hat, je nachdem auf Rumänien oder auf die alliierten und assoziierten Hauptmächte zu übertragen.
7. Die Art und Weise der Verwendung der auf Grund der Bestimmungen dieses Artikels zu liefernden, zu zahlenden oder zu übertragenen Barbeträge, Zahlungsmittel, Werte und Erzeugnisse aller Art wird von den alliierten und assoziierten Hauptmächten später bestimmt.
Unbeschadet des auf Grund des gegenwärtigen Vertrags von Deutschland ausgesprochenen Verzichts auf eigene Rechte oder Rechte seiner Angehörigen kann der Wiedergutmachungsausschuß binnen einem Jahre nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags fordern, daß Deutschland alle Rechte oder Beteiligungen deutscher Reichsangehöriger an allen öffentlichen Unternehmungen oder Konzessionen in Rußland, China, Österreich, Ungarn, Bulgarien, der Türkei, den Besitzungen und zugehörigen Gebieten dieser Staaten oder in Gebieten, die früher Deutschland oder seinen Verbündeten gehört haben und auf Grund des gegenwärtigen Vertrags abgetrennt werden müssen oder unter Verwaltung eines Mandatars treten, erwirbt; andererseits hat die deutsche Regierung binnen sechs Monaten nach Geltendmachung dieser Forderung die Gesamtheit dieser Rechte und Beteiligungen sowie alle Rechte und Beteiligungen, die Deutschland etwa selbst besitzt, dem Wiedergutmachungsausschuß zu übertragen.
Deutschland übernimmt die Verpflichtung seine auf diese Weise enteigneten Angehörigen zu entschädigen. Der Wiedergutmachungsausschuß setzt den Wert der übertragenen Rechte und Beteiligungen fest und schreibt Deutschland die entsprechenden Summen auf die Wiedergutmachungsschuld gut. Die deutsche Regierung hat dem Widergutmachungsausschuss binnen sechs Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags eine Liste alle in Betracht kommenden Rechte und Beteiligungen zu übermitteln, einerlei, ob die Rechte und Beteiligungen bereits erworben oder nur Anwartschaften oder noch nicht ausgeübt sind, und hat zugunsten der alliierten und assoziierten Mächte sowohl in seinem eigenen Namen wie in dem seiner Angehörigen auf alle obigen Rechte und Beteiligungen, die in der vorgenannten List etwa nicht verzeichnet sind, zu verzichten.
Artikel 261.
Deutschland verpflichtet sich, auf die alliierten und assoziierten Mächte seine gesamten Forderungen an Österreich-Ungarn, Bulgarien und die Türkei zu übertragen, insbesondere diejenigen, die sich aus der Erfüllung von Verpflichtungen ergeben oder ergeben werden, die es diesen Mächten gegenüber während des Krieges übernommen hat.
Jede Barzahlungsverpflichtung Deutschlands aus dem gegenwärtigen Vertrage, die in Mark Gold ausgedrückt ist, ist nach Wahl der Gläubiger zu erfüllen in Pfund Sterling zahlbar in London, in Golddollars der Vereinigten Staaten zahlbar New-York, in Goldfranken zahlbar Paris und in Goldlire zahlbar in Rom.
Bei Ausführung des gegenwärtigen Artikels bestimmt sich Gewicht und Feingehalt für die oben genannten Münzen jeweils nach dem am 1. Januar 1914 in Geltung gewesenen gesetzlichen Vorschriften.
Artikel 263.
Deutschland gewährleistet der brasilianischen Regierung die Rückzahlung aller bei dem Bankhause Bleichröder in Berlin hinterlegten Summen, die aus dem Verkauf von Kaffee des Staates Sao Paulo in den Häfen von Hamburg, Bremen, Antwerpen und Triest herrühren; die Summe ist zu dem vereinbarten Satze oder den vereinbarten Sätzen zu verzinsen. Da sich Deutschland der rechtzeitigen Überweisung der genannten Summen an den Staat Sao Paulo widersetzt hat, gewährleistet es ebenfalls, daß die Zahlung zum Marktkurse des Hinterlegungstags erfolgt.
Teil X.
Wirtschaftliche Bestimmungen.
Abschnitt I.
Handelsbeziehungen.
Kapitel I.
Zollregelung, Zollabgaben und Zollbeschränkungen.
Deutschland verpflichtet sich, die Waren, Roh- oder Fertigerzeugnisse irgendeines der alliierten oder assoziierten Staaten bei der Einfuhr in das deutsche Gebiet ohne Rücksicht auf den Abgangsort keinen anderen oder höheren Gebühren oder Abgaben, einschließlich der inneren Steuern, zu unterwerfen als denen, welchen die gleichen Waren, Roh- oder Fertigerzeugnisse irgendeines anderen der genannten Staaten oder irgendeines anderen fremden Landes unterworfen sind.
Deutschland darf gegen die Einfuhr von Waren, Roh- oder Fertigerzeugnissen der Gebiete irgendeines der alliierten oder assoziierten Staaten bei der Einfuhr in das deutsche Gebiet, ohne Rücksicht auf den Abgangsort, keinerlei Verbote oder Beschränkungen beibehalten oder erlassen, die sich nicht in gleicher Weise auf die Einfuhr der gleichen Waren, Roh- oder Fertigerzeugnisse irgendeines anderen der genannten Staaten oder irgendeines anderen fremden Landes erstrecken.
Artikel 265.
Deutschland verpflichtet sich ferner, in seinen Grundsätzen für die Regelung der Einfuhr keine unterschiedliche Behandlung zum Nachteil des Handels irgendeines der alliierten oder assoziierten Staaten gegenüber irgendeinem anderen der genannten Staaten oder irgendeinem anderen fremden Lande eintreten zu lassen, auch nicht mittelbar etwa durch seine Zollverwaltungs- oder Zollabfertigungsvorschriften, seine Untersuchungs- oder Analysemethoden, seine Zahlungsvorschriften für die Gebühren, seine Tarifierungs- oder Tarifauslegungsgrundsätze oder durch Monopole.
Artikel 266.
Was die Ausfuhr betrifft, so verpflichtete sich Deutschland, Waren, Roh- oder Fertigerzeugnisse bei der Ausfuhr aus dem deutschen Gebiet nach den Gebieten irgendeines der alliierten oder assoziierten Staaten keinen anderen oder höheren Gebühren oder Abgaben, einschließlich der inneren Steuern, zu unterwerfen, als denen, die für die gleichen Waren bei der Ausfuhr nach irgendeinem anderen der genannten Staaten oder nach irgendeinem fremden Lande entrichtet werden.
Deutschland darf gegen die Ausfuhr irgendwelcher waren aus dem deutschen Gebiete nach irgendeinem der alliierten oder assoziierten Staaten keinerlei Verbote oder Beschränkungen beibehalten oder erlassen, die sich nicht in gleicher Weise auf die Ausfuhr der gleichen Waren, Roh- oder Fertigerzeugnisse nach irgendeinem anderen der genannten Staaten oder nach irgendeinem anderen fremden Lande erstrecken.
Alle Vergünstigungen, Befreiungen oder Vorzugsrechte in bezug auf die Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr von Waren, die von Deutschland irgendeinem der alliierten oder assoziierten Staaten oder irgendeinem anderen fremden Lande eingeräumt werden, treten gleichzeitig und bedingungslos ohne besonderen Antrag und ohne Gegenleistung für sämtliche alliierten oder assoziierten Staaten in Geltung.
Die Bestimmungen der Artikel 264 bis 267 dieses Kapitels und des Artikel 323 Teil XII (Häfen, Wasserstraßen und Eisenbahnen) des gegenwärtigen Vertrags erleiden folgende Ausnahmen:
a) Während eines Zeitraums von fünf Jahren nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags genießen die Roh- oder Fertigerzeugnisse, die aus den mit Frankreich wieder vereinigten elsässischen und lothringischen Gebieten stammen und herkommen, bei ihrem Eingang in das deutsche Zollgebiet vollständige Zollfreiheit
Die französische Regierung wird alljährlich durch einen der deutschen Regierung mitzuteilenden Beschluß die Art und Menge der Erzeugnisse festsetzen, denen diese Befreiung zustatten kommt.
Die Mengen jedes Erzeugnisses, die so jährlich nach Deutschland gesandt werden können, dürfen den Jahresdurchschnitt der im Laufe der Jahre 1911 bis 1913 versandten Mengen nicht überschreiten.
Außerdem verpflichtet sich die deutsche Regierung, während des oben angegebenen Zeitraums aus Deutschland Garne, Gewebe und andere Spinnstoffe oder Gespinstwaren aller Art und in jedem Zustand, die aus Deutschland in die elsässischen oder lothringischen Gebiete gehen, um dort irgend einem Veredelungsverfahren, wie Bleichen, Färben, Bedrucken, Merzerisieren, Gazieren, Zwirnen oder Zurichten unterworfen zu werden, frei aus Deutschland ausgehen und frei von allen Zöllen und anderen Angaben, einschließlich der inneren Steuern, nach Deutschland wiedereingehen zu lassen.
b) Während eines Zeitraums von drei Jahren nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags genießen die Roh- oder Fertigerzeugnisse, die aus den vor dem Kriege zu Deutschland gehörigen polnischen Gebieten stammen oder herkommen, bei ihrem Eingang in das deutsche Zollgebiet vollständige Zollfreiheit.
Die polnische Regierung wird alljährlich durch einen der deutschen Regierung mitzuteilenden Beschluß die Art und Menge der Erzeugnisse festsetzen, denen diese Befreiung zustatten kommt.
Die Mengen jedes Erzeugnisses, die so jährlich nach Deutschland gesandt werden können, dürfen den Jahresdurchschnitt der im Laufe der Jahre 1911 bis 1913 versandten Mengen nicht überschreiten.
c) Die alliierten und assoziierten behalten sich das Recht vor, Deutschland die Verpflichtung aufzuerlegen, für einen Zeitraum von fünf Jahren nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags die Roh- oder Fertigerzeugnisse, die aus dem Großherzogtum Luxemburg stammen und herkommen, bei ihrem Eingang in das deutsche Zollgebiet vollständig zollfrei einzulassen.
Die Art und Menge der Erzeugnisse, denen diese Behandlung zustatten kommen soll, werden alljährlich der deutschen Regierung mitgeteilt.
Die Mengen jedes Erzeugnisses, die so jährlich nach Deutschland gesandt werden können, dürfen den Jahresdurchschnitt der im Laufe der Jahre 1911 bis 1913 versandten Mengen nicht überschreiten.
Artikel 269.
Währen einer Frist von sechs Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags dürfen die von Deutschland auf die Einfuhr der alliierten und assoziierten Mächte gelegten Abgaben nicht höher sein, als die vorteilhaftesten Sätze, die für die Einfuhr nach Deutschland am 31. Juli 1914 in Anwendung waren.
Diese Bestimmung bleibt während eines weiteren Zeitraums von dreißig Monaten nach Ablauf der ersten sechs Monate weiter in Anwendung, jedoch ausschließlich für die im ersten Abschnitt, Unterabschnitt A, des deutschen Zolltarifs vom 25. Dezember 1902 aufgeführten Erzeugnisse, deren Zollsätze am 31. Juli 1914 auf Grund von Verträgen mit den alliierten oder assoziierten Mächten vertraglich festgelegt waren, ferner für alle Arten Wein und Pflanzenöle, für Kunstseide und gewaschene oder entfettete Wolle, gleichviel, ob diese vor dem 31. Juli 1914 Gegenstand besonderer Übereinkommen gewesen sind oder nicht.
Artikel 270.
Die alliierten und assoziierten Mächte behalten sich vor, für das deutsche, von ihren Truppen besetzte Gebiet eine eigene Zollordnung sowohl für die Einfuhr wie für die Ausfuhr in Geltung zu setzen, sofern ihnen eine solche Maßnahme erforderlich erscheint, um die wirtschaftlichen Interessen der Bevölkerung dieser Gebiete zu wahren.
In Bezug auf Fischerei, Küstenschiffahrt und Schleppschiffahrt zur See sollen die Schiffe und Boote der alliierten und assoziierten Mächte in den deutschen Hoheitsgewässern die Behandlung erfahren, die den Schiffen und Booten der meistbegünstigten Nation zugestanden wird.
Deutschland ist damit einverstanden, daß ohne Rücksicht auf alle gegenteiligen Bestimmungen in den Übereinkommen, betreffend die Fischerei und den Handel mit geistigen Getränken in der Nordsee, alle Untersuchungs- und Polizeirechte soweit Fischereifahrzeuge der alliierten Mächte in Betracht kommen, lediglich durch Fahrzeuge dieser Mächte ausgeübt werden.
Artikel 273.
Alle Arten Zeugnisse oder Papiere, die sich auf Schiffe und Boote der alliierten und assoziierten Mächte beziehen und die von Deutschland vor dem Kriege als gültig anerkannt waren oder in Zukunft durch die Hauptseestaaten als gültig anerkannt werden sollen, werden von Deutschland als gültig und gleichwertig mit den den deutschen Schiffen ausgefolgten entsprechenden Zeugnissen anerkannt.
Ebenso sind die Zeugnisse und Papiere, die von den neuen Staaten ihren Schiffen und Booten ausgefolgt werden, gleichviel, ob die Staaten über Meeresküsten verfügen oder nicht, unter der Voraussetzung anzuerkennen, daß diese Zeugnisse und Papiere in Übereinstimmung mit den in den Hauptseestaaten allgemein geltenden Gebräuchen ausgestellt sind.
Die Hohen vertragschließenden Teile sind sich darüber einig, die Flagge der Schiffe jeder nicht über Meeresküsten verfügenden alliierten und assoziierten Macht anzuerkennen, wenn die Schiffe an einem einzigen bestimmten auf ihrem Gebiete gelegenen Orte eingetragen sind. Dieser Ort gilt als Registerhafen der Schiffe.
Kapitel III.
Unlauterer Wettbewerb.
Artikel 274.
Deutschland verpflichtet sich, alle erforderlichen Gesetzgebungs- oder Verwaltungsmaßnahmen zu treffen, um die Roh- oder Fertigerzeugnisse einer jeden alliierten oder assoziierten Macht gegen jede Art von unlauteren Wettbewerb im Handelsverkehr zu schützen.
Deutschland verpflichtet sich, durch Beschlagnahme und durch alle anderen geeigneten Rechtsbehelfe die Ein- und Ausfuhr sowie für das Inland die Herstellung, den Umlauf, den Verkauf und das Feilbieten aller Erzeugnisse oder Waren zu unterdrücken und zu verhindern, die auf dem betreffenden Gegenstand selbst oder seiner unmittelbaren Aufmachung oder seiner äußeren Verpackung irgendwelche Marken, Namen, Aufschriften oder Zeichen tragen, welche unmittelbar oder mittelbar falsche Angaben über Ursprung, Gattung, Art oder charakteristische Eigenschaften dieser Erzeugnisse oder Waren darstellen.
Artikel 275.
Deutschland verpflichtet sich unter der Bedingung der Gegenseitigkeit auf diesem Gebiet, die in einem alliierten oder assoziierten Lande geltenden und durch die zuständigen Behörden Deutschland gehörig bekanntgegebenen Gesetze und in Übereinstimmung mit diesen Gesetzen ergangenen Verwaltungs- oder Gerichtsentscheidungen zu beobachten, wodurch das Recht auf eine Legebezeichnung für die in dem betreffenden Lande erzeugten Weine oder geistigen Getränke bestimmt oder geregelt wird oder wodurch die Bedingungen bestimmt oder geregelt werden, an welche die Erlaubnis zum Gebrauch einer Lagebezeichnung geknüpft ist. Die Ein- und Ausfuhr, die Herstellung, der Umlauf, der Verkauf oder das Feilbieten von Erzeugnissen oder Waren, die den obengenannten Gesetzen oder Entscheidungen zuwiderlaufende Lagebezeichnungen tragen, sind von Deutschland zu untersagen und durch die im vorigen Artikel vorgeschriebenen Maßnahmen zu unterdrücken.
Kapitel IV.
Behandlung der Staatsangehörigen der alliierten und assoziierten Mächte.
Deutschland verpflichtet sich:
a) die Staatsangehörigen der alliierten und assoziierten Mächte hinsichtlich der Ausübung von Handwerk, Beruf, Handel und Gewerbe keine Ausschlußmaßnahmen zu unterwerfen, die nicht in gleicher Weise und ausnahmslos für alle Ausländer gilt;
b) die Staatsangehörigen der alliierten und assoziierten Mächte keinen Vorschriften oder Beschränkungen hinsichtlich der in Absatz a) bezeichneten Rechte zu unterwerfen, soweit sie unmittelbar oder mittelbar den Bestimmungen des genannten Absatzes widersprechen oder soweit sie von anderer Art oder ungünstiger sind als diejenigen, die für die der meistbegünstigten Nation angehörenden Ausländer gelten;
c) die Staatsangehörigen der alliierten und assoziierten Mächte, deren Güter, Rechte oder Interessen, einschließlich der Gesellschaften oder Vereinigungen, an denen sie beteiligt sind, keinen anderen oder höheren direkten oder indirekten Gebühren zu unterwerfen, als sie den eigenen Angehörigen oder deren Gütern, Rechten oder Interessen auferlegt sind oder etwa auferlegt werden;
d) den Staatsangehörigen irgendeiner der alliierten und assoziierten Mächte keinerlei Beschränkungen aufzuerlegen, die nicht am 1. Januar 1914 auf die Staatsangehörigen dieser Mächte anwendbar war, sofern nicht seinen eigenen Angehörigen dieselbe Beschränkung gleichfalls auferlegt wird.
Artikel 277.
Die Staatsangehörigen der alliierten und assoziierten Mächte sollen auf deutschem Gebiete für ihre Person, Güter, Rechte und Interessen ständigen Schutz genießen und freien Zutritt zu den Gerichten haben.
Artikel 278.
Deutschland verpflichtet sich, die neue Staatsangehörigkeit, die von seinen Angehörigen gemäß den Gesetzen der alliierten und assoziierten Mächte und gemäß den Entscheidungen der zuständigen Behörden dieser Mächte, sei es auf dem Wege der Einbürgerung, sei es auf Grund einer Vertragsbestimmung etwa erworben ist oder erworben wird, anzuerkennen und auf Grund der neuerworbenen Staatsangehörigkeit dieses Reichsangehörigen in jeder Richtung von jeder Pflicht gegenüber ihrem Heimatstaate zu entbinden.
Artikel 279.
Die alliierten und assoziierten Mächte dürfen in den Städten und Häfen Deutschlands Generalkonsuln, Konsuln, Vizekonsuln und Konsularagenten ernennen. Deutschland verpflichtet sich, die Ernennung dieser Generalkonsuln, Konsuln, Vizekonsuln und Konsularagenten, deren Namen ihm bekanntgegeben werden, gutzuheißen und sie zur Ausübung ihrer Tätigkeit nach Maßgabe der üblichen Regeln und Gebräuche zuzulassen.
Kapitel V.
Allgemeine Bestimmungen.
Artikel 280.
Die Deutschland vorstehend durch Kapitel I und durch die Artikel 271 und 272 des Kapitels II auferlegten Verpflichtungen erlöschen fünf Jahre nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags, sofern sich nicht aus dem Wortlaut das Gegenteil ergibt oder sofern nicht der Rat des Völkerbunds spätestens zwölf Monate vor Ablauf dieser Frist entscheidet, daß die Verpflichtungen mit oder ohne Abänderung für einen weiteren Zeitraum aufrechterhalten bleiben.
Der Artikel 276 des Kapitels IV bleibt, mit oder ohne Abänderung, nach Ablauf dieser fünf Jahre in Kraft, wenn dies die Mehrheit des Rates des Völkerbunds beschließt; der Beschluß setzt zugleich die Dauer der Verlängerung fest, die indes fünf Jahre nicht überschreiten darf.
Artikel 281.
Treibt die deutsche Regierung internationalen Handel, so soll sie in dieser Hinsicht keinerlei Rechte, Vorrechte und Freiheiten der Souveränität haben, auch nicht so angesehen werden, als ob sie solche hätte.
Artikel 282.
Vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags ab und unter Vorbehalt der darin enthaltenen Bestimmungen gelten lediglich die nachstehend und in den folgenden Artikeln aufgezählten Kollektivverträge, -übereinkommen und -abmachungen wirtschaftlicher oder technischer Art zwischen Deutschland und denjenigen alliierten und assoziierten Mächten, die daran als Vertragsschließende beteiligt sind:
1. Übereinkommen vom 14. März 1884, vom 1. Dezember 1886 und vom 23. März 1887, sowie Schlußprotokoll vom 7. Juli 1887 zum Schutz der unterseeischen Telegraphenkabel;
2. Übereinkommen vom 11. Oktober 1909, betreffend den internationalen Verkehr mit Kraftfahrzeugen;
3. Abmachung vom 15. Mai 1886, betreffend die Plombierung der der Zollbesichtigung unterliegenden Waggons, und Protokoll vom 18. Mai 1907;
4. Abmachung vom 15. Mai 1886, betreffend die technische Einheit im Eisenbahnwesen;
5. Übereinkommen vom 5. Juli 1890, betreffend die Veröffentlichung der Zolltarife und die Organisation einer internationalen Vereinigung zur Veröffentlichung der Zolltarife;
6. Übereinkommen vom 31. Dezember 1913, betreffend die Vereinheitlichung der Handelsstatistiken;
7. Übereinkommen vom 25. April 1907, betreffend die Erhöhung der türkischen Zolltarife;
8. Übereinkommen vom 14. März 1857, betreffend die Ablösung des Zolles im Sund und in den Belten;
9. Übereinkommen vom 22. Juni 1861, betreffend die Ablösung des Elbzolls;
10. Übereinkommen vom 16. Juli 1863, betreffend die Ablösung des Scheldezolls;
11. Übereinkommen vom 29. Oktober 1888, betreffend Festsetzung einer endgültigen Regelung zur Sicherung der freien Benutzung des Suezkanals;
12. Übereinkommen vom 23. September 1910, betreffend Vereinheitlichung gewisser Regeln über den Zusammenstoß von Schiffen, die Hilfeleistung und Bergung in Seenot;
13. Übereinkommen vom 21. Dezember 1904, betreffend Befreiung der Lazarettschiffe von Hafenabgaben und -taxen;
14. Übereinkommen vom 4. Februar 1898, betreffend die Eichung der Binnenschiffe;
15. Übereinkommen vom 26. September 1906 über das Verbot der Nachtarbeit von Frauen;
16. Übereinkommen vom 26. September 1906 über das Verbot der Verwendung von weißem Phosphor bei der Zündholzfabrikation;
17. Übereinkommen vom 18. Mai 1904 und vom 4. Mai 1910 zur Bekämpfung des Mädchenhandels;
18. Übereinkommen vom 4. Mai 1910 zur Bekämpfung der Verbreitung unzüchtiger Veröffentlichungen;
19. Sanitätsübereinkommen vom 30. Januar 1892, 15. April 1893, 3. April 1894, 19. März 1897 und 3. Dezember 1903;
20. Übereinkommen vom 20. Mai 1875, betreffend die Einigung und Vervollkommnung des metrischen Systems;
21. Übereinkommen vom 29. November 1906, betreffend die Vereinheitlichung pharmazeutischer Formeln für starkwirkende Medikamente;
22. Übereinkommen vom 16. und 19. November 1885, betreffend die Herstellung einer Normalstimmgabel;
23. Übereinkommen vom 7. Juni 1905, betreffend die Schaffung eines internationalen Ackerbauinstituts in Rom;
24. Übereinkommen vom 3. November 1881 und vom 15. April 1889, betreffend Maßregeln gegen die Reblaus;
25. Übereinkommen vom 19. März 1902 zum Schutz für die der Landwirtschaft nützlichen Vögel;
26. Übereinkommen vom 12. Juni 1902 zur Regelung der Vormundschaft über Minderjährige.
Artikel 283.
Vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags ab lassen die Hohen vertragschließenden Teile unter der Bedingung, daß Deutschland die besonderen in diesem Artikel enthaltenen Bestimmungen befolgt, die nachstehend aufgeführten Übereinkommen und Abreden, soweit sie davon betroffen werden, wieder gelten. |
P o st a l i s c h e Ü b e r e i n k o m m e n |
Übereinkommen und Abreden des Weltpostvereins, unterzeichnet in Wien am 4. Juli 1891; Übereinkommen und Abreden des Weltpostvereins, unterzeichnet in Washington am 15. Juni 1897; Übereinkommen und Abreden des Weltpostvereins, unterzeichnet in Rom am 26. Mai 1906. |
T e l e g r a p h e n ü b e r e i n k o m m e n |
Internationale Telegraphenübereinkommen, unterzeichnet in St. Petersburg am 10./22. Juli 1875; Ausführungsbestimmungen und Tarife der internationalen Telegraphenkonferenz in Lissabon vom 11. Juni 1908. |
Deutschland verpflichtet sich, seine Einwilligung zum Abschlusse von Sonderabreden mit neuen Staaten, wie sie durch die Übereinkommen und Abreden, betreffend den Weltpostverein und den internationalen Telegraphenverein, vorgesehen sind, nicht zu verweigern, soweit die neuen Staaten diesen Übereinkommen und Abreden beigetreten sind oder beitreten werden. |
Artikel 284.
Vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags ab lassen die Hohen vertragschließenden Teile unter der Bedingung, daß Deutschland die ihm von seiten der alliierten und assoziierten Mächte mitzuteilenden vorläufigen Bestimmungen befolgt, das internationale funktelegraphische Übereinkommen vom 5. Juli 1912, soweit sie davon betroffen werden, wieder gelten.
Wird binnen fünf Jahren nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags an Stelle des Übereinkommens vom 5. Juli 1912 ein neues Übereinkommen zur Regelung der internationalen funktelegraphischen Beziehungen geschlossen, so ist dieses Übereinkommen für Deutschland bindend, selbst wenn Deutschland sich geweigert haben sollte, bei dessen Ausarbeitung mitzuwirken oder es zu unterzeichnen.
Ein solches neues Übereinkommen tritt zugleich an Stelle der vorläufigen Bestimmungen.
Artikel 285.
Vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags ab lassen die Hohen vertragschließenden Teile, soweit sie davon betroffen werden und unter der im Artikel 272 festgesetzten Bedingung, die folgenden Übereinkommen gelten:
1. Übereinkommen vom 6. Mai 1882 und vom 1. Februar 1889 zur Regelung der Nordseefischerei außerhalb der Territorialgewässer;
2. die Übereinkommen und Protokolle vom 16. November 1887, vom 14. Februar 1893 und vom 11. April 1894, betreffend den Branntweinhandel in der Nordsee.
Das internationale Pariser Übereinkommen vom 20. März 1883 zum Schutze des gewerblichen Eigentums, revidiert in Washington am 2. Juni 1911, und das internationale Berner Übereinkommen vom 9. September 1886 zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst, revidiert in Berlin am 13. November 1908 und vervollständigt durch das Berner Zusatzprotokoll vom 20. März 1914, erlangen vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags ab erneute Geltung und Wirksamkeit, soweit sie nicht durch die in letzterem vorgesehenen Ausnahmen und Einschränkungen betroffen und abgeändert werden.
Artikel 287.
Vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags ab lassen die Hohen vertragschließenden Teile, soweit sie davon betroffen werden, das Haager Übereinkommen vom 17. Juli 1905 über den Zivilprozeß gelten. Doch bleibt diese Wiederinkraftsetzung gegenüber Frankreich, Portugal und Rumänien jetzt und fernerhin ohne Wirksamkeit.
Artikel 288.
Die Deutschland durch den Artikel 3 des Übereinkommens vom 2. Dezember 1899 über die Samoa-Inseln gewährten besonderen Rechte und Vorrechte gelten als mit dem 4. August 1914 erloschen.
Artikel 289.
Jede der alliierten oder assoziierten Mächte wird, getreu dem Geiste der allgemeinen Grundsätze oder der besonderen Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrags, Deutschland die zweiseitigen Übereinkommen oder Verträge mitteilen, deren Wiederinkraftsetzung im Verhältnis zu ihr sie verlangt.
Die in diesem Artikel vorgesehene Mitteilung ergeht entweder unmittelbar oder durch die Vermittlung einer anderen Macht. Deutschland wird den Empfang schriftlich bestätigen. Die Wiederinkraftsetzung hat Wirkung von der Mitteilung an.
Die alliierten oder assoziierten Mächte verpflichten sich untereinander, nur diejenigen Übereinkommen oder Verträge mit Deutschland wieder in Kraft zu setzen, die mit den Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrags im Einklang stehen.
Die Mitteilung bezeichnet gegebenenfalls diejenigen Bestimmungen der Übereinkommen oder Verträge, die, weil sie den Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrags nicht entsprechen, nicht wieder in Kraft treten sollen.
Bei Meinungsverschiedenheiten wird der Völkerbund um seine Entscheidung angegangen.
Für die Mitteilung wird den alliierten oder assoziierten Mächten eine Frist von sechs Monaten nach dem Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags gewährt.
Nur diejenigen zweiseitigen Übereinkommen und Verträge, die den Gegenstand einer solchen Mitteilung bilden, treten zwischen den alliierten oder assoziierten Mächten und Deutschland wieder in Kraft; alle andern sind und bleiben aufgehoben.
Die vorstehenden Bestimmungen finden auf alle zweiseitigen Übereinkommen und Verträge Anwendung, die zwischen irgendeiner zu den Signatarmächten des gegenwärtigen Vertrags gehörenden alliierten und assoziierten Macht und Deutschland bestehen, selbst wenn sie sich für Deutschland nicht im Kriegszustand befunden hat.
Artikel 290.
Deutschland erkennt an, daß durch den gegenwärtigen Vertrag alle Verträge, Übereinkommen oder Abmachungen, die es mit Österreich, Ungarn, Bulgarien oder der Türkei seit dem 1. August 1914 bis zum Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags abgeschlossen hat, aufgehoben sind und bleiben.
Artikel 291.
Deutschland verpflichtet sich, die alliierten und assoziierten Mächte, sowie deren Beamte und Staatsangehörigen ohne weiteres in den Genuß aller Rechte und Vorteile jeder Art treten zu lassen, die es Österreich, Ungarn, Bulgarien oder der Türkei oder den Beamten und Angehörigen dieser Staaten vor dem 1. August 1914 durch Verträge, Übereinkommen oder Abmachungen eingeräumt hat, und zwar so lange diese Verträge, Übereinkommen oder Abmachungen in Kraft bleiben.
Die alliierten und assoziierten Mächte behalten sich vor, den Genuß dieser Rechte und Vorteile für sich in Anspruch zu nehmen oder nicht.
Deutschland erkennt an, daß alle mit Rußland oder irgendeinem Staate oder irgendeiner Regierung, deren Gebiet früher einen Teil Rußlands bildete, sowie mit Rumänien vor dem 1. August 1914 oder seit diesem Tage bis zum Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags geschlossenen Verträge, Übereinkommen oder Abmachungen aufgehoben sind und bleiben.
Artikel 293.
Falls seit dem 1. August 1914 eine alliierte oder assoziierte Macht, Rußland oder ein Staat oder eine Regierung, deren Gebiet früher einen Teil Rußlands bildete, infolge einer militärischen Besetzung oder mit anderen Mitteln oder aus anderen Gründen genötigt worden ist, Deutschland oder einem deutschen Reichsangehörigen durch ein von irgendeiner öffentliche Behörde ausgehenden Maßnahme Konzessionen, Vorrechte und Begünstigungen irgendwelcher Art zu gewähren oder gewähren zu lassen, so werden diese Konzessionen, Vorrechte und Begünstigungen durch den gegenwärtigen Vertrag ohne weiteres hinfällig.
Alle hieraus möglicherweise entspringenden Lasten oder Schadensersatzansprüche werden unter keinen Umständen, sei es von den alliierten und assoziierten Mächten, sei es von den Mächten, Staaten, Regierungen oder öffentlichen Behörden getragen, die dieser Artikel von ihren Verpflichtungen entbindet.
Vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags ab verpflichtet sich Deutschland, die alliierten und assoziierten Mächte sowie ihre Staatsangehörigen an allen Rechten und Vorteilen jeder Art, die seit dem 1. August 1914 bis zum Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags, Übereinkommen oder Abmachungen nicht kriegführender Staaten oder deren Staatsangehörigen eingeräumt hat, ohne weiteres teilnehmen zu lassen, solange diese Verträge, Übereinkommen und Abmachungen in Karft6 bleiben.
Artikel 295.
Diejenigen der Hohen vertragschließenden Teile, die das Haager Opium-Abkommen vom 23. Januar 1912 noch nicht unterzeichnet oder nach der Unterzeichnung noch nicht ratifiziert haben, erklären sich damit einverstanden, das Abkommen in Kraft treten zu lassen und zu diesem Zwecke sobald wie möglich und spätestens binnen zwölf Monaten nach dem Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags die nötigen Gesetze zu erlassen.
Die Hohen vertragschließenden Teile kommen außerdem überein, daß für diejenigen von ihnen, die das genannte Übereinkommen noch nicht ratifiziert haben, die Ratifikation des gegenwärtigen Vertrags in jeder Hinsicht einer solchen Ratifikation und der Unterzeichnung des Spezialprotokolls gleichkommen soll, das in Haag gemäß den Beschlüssen der dritten, im Jahre 1914 zur Inkraftsetzung dieses Übereinkommens abgehaltenen Opiumkonferenz aufgenommen worden ist.
Die Regierung des französischen Freistaats wird der Regierung der Niederlande eine beglaubigte Abschrift des Protokolls über die Hinterlegung der Ratifikation des gegenwärtigen Vertrags übermitteln und sie ersuchen, diese Urkunde als Hinterlegung der Ratifikation des Abkommens vom 23. Januar 1912 und als Unterzeichnung des Zusatzprotokolls von 1914 entgegenzunehmen und anzuerkennen.
Durch Vermittlung von Prüfungs- und Ausgleichämtern, die von jedem der Hohen vertragschließenden Teile binnen drei Monaten nach der in dem nachstehenden Absatz e vorgesehenen Mitteilung einzusetzen sind, werden folgende Arten von Geldverbindlichkeiten geregelt:
1. Vor dem Kriege fällig gewordene Schulden, deren Zahlung von Staatsangehörigen einer der vertragschließenden Mächte, die im Gebiete dieser Macht wohnen, an die Staatsangehörigen einer gegnerischen Macht, die in deren Gebiet wohnen, zu leisten ist;
2. Während des Krieges fällig gewordenen Schulden, welche an die im Gebiete einer der vertragschließenden Mächte wohnenden Staatsangehörigen dieser Macht zu zahlen sind und aus Geschäften oder Verträgen mit den im Gebiet einer gegnerischen Macht wohnenden Staatsangehörigen dieser Macht herrühren, sofern die Ausführung dieser Geschäfte oder Verträge ganz oder teilweise infolge der Kriegserklärung ausgesetzt worden ist;
3. Die vor oder im Kriege fällig gewordenen und dem Staatsangehörigen einer der vertragschließenden Mächte geschuldeten Zinsen von Werten, die von einer gegnerische Macht ausgegeben worden sind, es sei denn, daß die Zahlung dieser Zinsen an die Staatsangehörigen dieser Macht oder an die Neutralen während des Krieges ausgesetzt worden ist;
4. Die vor oder im Kriege rückzahlbar gewordenen, an die Staatsangehörigen einer der vertragschließenden Mächte zu entrichtenden Kapitalbeträge der von einer gegnerischen Macht ausgegebenen Werte, es sei denn, daß die Zahlung eines solchen Kapitalbetrags an die Staatsangehörigen dieser Macht oder an die Neutralen während des Krieges ausgesetzt worden ist.
Die Erlöse aus der Liquidation der in Abschnitt IV und seiner Anlage bezeichneten feindlichen Güter, Rechte und Interessenwerden von den Prüfungs- und Ausgleichsämtern in der nachstehend in Absatz d vorgesehenen Währung und zu dem dort bezeichneten Kurse übernommen. Sie treffen darüber nach Maßgabe der in dem genannten Abschnitt und seiner Anlage vorgesehenen Bedingungen Bestimmung.
Die von diesem Artikel bezeichnete Abwicklung vollzieht sich nach folgenden Grundsätzen und gemäß der Anlage zu diesen Abschnitt:
a) Vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags ab verbietet jeder der Hohen vertragschließenden Teile alle Zahlungen, Zahlungsannahmen, überhaupt jeden auf die Regelung der genannten Schulden bezüglichen Verkehr zwischen den Beteiligten, sofern er nicht durch Vermittlung der oben bezeichneten Prüfungs- und Ausgleichsämter erfolgt;
b) jeder der in Betracht kommenden Hohen vertragschließenden Teile haftet für die Bezahlung der genannten Schulden seiner Staatsangehörigen, es sei denn, daß der Schuldner sich vor dem Kriege im Konkurs, in Zahlungsunfähigkeit oder im Zustande erklärter Zahlungseinstellung befand, oder daß die Begleichung der Schuld einer Gesellschaft oblag, deren Geschäfte während des Krieges auf Grund der Ausnahmegesetzgebung des Krieges liquidiert worden sind. Für Schulden von Einwohnern der vom Feinde vor dem Waffenstillstand mit Krieg überzogenen oder besetzten Gebiete tritt indessen keine Haftung der Staaten ein, zu denen diese Gebiete gehören;
c) die den Staatsangehörigen einer der vertragschließenden Mächte von den Staatsangehörigen einer gegnerischen Macht geschuldeten Summe werden dem Prüfungs- und Ausgleichsamt des Landes des Schuldners zur Last geschrieben und dem Gläubiger durch das Amt seines Landes ausbezahlt;
d) die Schulden werden in der Währung der jeweils beteiligten alliierten oder assoziierten Macht (einschließlich der Kolonien und Protektorate der alliierten Mächte, der britischen Dominien und Indiens) bezahlt oder gutgeschrieben. Lauten die Schulden auf irgendeine andere Währung, so sind sie in der Währung der beteiligten alliierten oder assoziierten Macht (Kolonien, des Protektorats, des britischen Dominiums oder Indiens) zu bezahlen oder gutzuschreiben. Die Umwandlung erfolgt zu dem vor dem Kriege geltenden Umrechnungskurse.
Als Umrechnungskurs vor dem Kriege im Sinne dieser Bestimmung gilt der Durchschnittskurs der Drahtüberweisungen der beteiligten alliierten oder assoziierten Macht während des Monats, der der Eröffnung der Feindseligkeiten zwischen dieser Macht und Deutschland unmittelbar vorherging.
Schreibt ein Vertrags ausdrücklich einen festen Umrechnungskurs für die Umwandlung aus der Währung, auf welche die Schuldverbindlichkeit lautet, in die Währung der beteiligten alliierten und assoziierten Macht vor, so bleibt die obige Bestimmung über den Umrechnungskurs außer Anwendung.
Für die neugebildeten Mächte bestimmt der in Teil VIII vorgesehene Wiedergutmachungsausschuß die für die Zahlung oder Gutschrift maßgebende Währung und den dabei anzuwendenden Umrechnungskurs;
e) die Vorschriften dieses Artikel und der beigefügten Anlage finden keine Anwendung im Verhältnis zwischen Deutschland einerseits und irgendeiner der alliierten oder assoziierten Mächte, ihren Kolonien oder Protektoraten oder Indien andererseits, sofern nicht eine entsprechende Mitteilung an Deutschland seitens der beteiligten Macht binnen einem Monat nach der Hinterlegung der Ratifikation des gegenwärtigen Vertrags oder, sofern es sich um ein britisches Dominium oder um Indien handelt, binnen einem Monat nach der mit Wirkung für dieses Dominium oder für Indien erfolgten Ratifikation ergeht;
f) die alliierten und assoziierten Mächte, die diesem Artikel und der beigefügten Anlage beigetreten sind, können unter sich deren Anwendung auf ihre, in ihrem Gebiete ansässigen Staatsangehörigen vereinbaren, soweit die Beziehungen zwischen diesen Staatsangehörigen und den deutschen Reichsangehörigen in Frage kommen. Geschieht dies, so werden die gemäß der gegenwärtigen Bestimmung bewirkten Zahlungen zwischen den beteiligten Prüfungs- und Ausgleichsämtern der alliierten und assoziierten Mächte geregelt.
§ 1.
Binnen drei Monaten nach der im Artikel 296 Absatz e) vorgesehenen Mitteilung errichtet jeder der Hohen vertragschließenden Teile ein Prüfungs- und Ausgleichsamt für die Zahlung und die Einziehung feindlicher Schulden.
Es dürfen örtliche Ämter für einen Teil der gebiete der Hohen vertragschließenden Teile errichtet werden. Innerhalb dieser Gebiete üben solche Ämter ihre Tätigkeit wie ein Landesamt aus, indessen geht aller Verkehr mit dem gegnerischen Landesamt durch das eigene Landesamt.
§ 2.
Im Sinne dieser Anlage sind “feindliche Schulden” die im ersten Absatz des Artikels 296 genannten Geldverbindlichkeiten, “feindliche Schuldner” die Personen, die diese Summen schuldig sind, “feindliche Gläubiger” die Personen, denen sie geschuldet werden. Im Sinne dieser Ablage ist “Gläubigeramt” das Prüfungs- und Ausgleichsamt im Lande des Schuldners.
§ 3.
Die Hohen vertragschließenden Teile belegen Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen des Absatzes a) des Artikels 296 mit den gegenwärtig in ihrer Gesetzgebung für Handel mit dem Feinde vorgesehenen Strafen. Ebenso untersagen sie auf ihrem Gebiete jedes auf die Zahlung der feindlichen Schulden abzielende gerichtliche Vorgehen. Eine Ausnahme gilt für die in dieser Anlage vorgesehenen Fälle.
§ 4.
Die in Absatz b des Artikel 296 vorgesehene Haftung der Regierung tritt ein, sobald die Schuld sich aus irgendeinem Grunde als uneinbringlich erweist, es sei denn, daß nach der Gesetzgebung des Landes des Schuldners die Schuld im Zeitpunkt der Kriegserklärung verjährt war oder daß der Schuldner sich in diesem Zeitpunkt im Konkurs, in Zahlungsunfähigkeit oder im Zustand erklärter Zahlungseinstellung befand, oder daß die Begleichung der Schuld einer Gesellschaft oblag, deren Geschäfte auf Grund der Ausnahmegesetzgebung des Krieges liquidiert worden sind. In diesem Falle findet das in dieser Anlage vorgesehene Verfahren Anwendung auf die Zahlung der Ausschüttungssummen.
Die Ausdrücke “in Konkurs”, “in Zahlungsunfähigkeit” sind im technisch-juristischen Sinne der einschlägigen Gesetzgebung zu verstehen. Der Ausdruck “im Zustand erklärter Zahlungseinstellung” hat die Bedeutung, die ihm im englischen Rechte zukommt.
§ 5.
Die Gläubiger melden bei dem Gläubigeramt binnen sechs Monaten nach seiner Errichtung ihre Forderungen an und liefern diesem Amte alle ihnen abgeforderten Urkunden und Auskünfte.
Die Hohen vertragschließenden Teile treffen alle geeigneten Maßnahmen, um betrügerische Einverständnisse zwischen feindliche Gläubigern und Schuldnern zu verfolgen und zu bestrafen. Die Ämter teilen einander alle zur Entdeckung und Bestrafung derartiger Einverständnisse dienlichen Anhaltspunkte und Unterlagen mit.
Die Hohen vertragschließenden Teile erleichtern auf Kosten der Parteien und durch Vermittlung der Ämter, soweit wie möglich, die Post- und Drahtverbindung zwischen den Schuldnern und Gläubigern, die sich über den Betrag der Schuld gütlich verständigen wollen.
Das Gläubigeramt teilt dem Schuldneramt alle bei ihm angemeldeten Forderungen mit. Das Schuldneramt gibt dem Gläubigeramt binnen angemessener Frist bekannt, welche Forderungen anerkannt und welche bestritten worden sind. Im letzteren Falle hat das Schuldneramt die Gründe für die Nichtanerkennung der Forderung anzugeben.
§ 6.
Wird eine Forderung ganz oder teilweise anerkannt, so schreibt das Schuldneramt den anerkannten Betrag sogleich dem Gläubigeramt gut und gibt ihm gleichzeitig Nachricht von der Gutschrift.
Eine Forderung gilt als vollständig anerkannt und ihr Betrag wird alsbald dem Gläubigeramt gutgeschrieben, sofern das Schuldneramt nicht binnen drei Monaten nach Empfang der an dieses Amt gerichteten Mitteilung die Nichtanerkennung der Schuld anzeigt, (es sei denn, daß das Gläubigeramt eine Verlängerung der Frist bewilligt).
§ 8.
Wir die Forderung ganz oder teilweise nicht anerkannt, so prüfen die beiden Ämter die Angelegenheit gemeinsam und versuchen, eine gütliche Einigung der Parteien herbeizuführen.
§ 9.
Das Gläubigeramt zahlt den einzelnen Gläubigern die ihm gutgeschriebenen Summen aus den durch die Regierung seines Landes ihm zur Verfügung gestellten Mitteln und unter den von dieser Regierung festgesetzten Bedingungen, insbesondere mit dem erforderlichen Abzug für Ausfälle, Kosten und Vermittlungsgebühren.
§ 10.
Wer einen Anspruch auf Zahlung einer feindlichen Schuld erhebt, der sich ganz oder teilweise als unbegründet erweist, bezahlt dem Amte zur Strafe fünf v. H. Zinsen auf den nicht begründeten Teil des Anspruchs. Wer ohne zureichenden Grund die Anerkennung des Gesamtbetrags oder eines Teiles des gegen ihn erhobenen Anspruchs verweigert hat, zahlt zur Strafe gleichfalls fünf v. H. Zinsen von dem Betrage, bezüglich dessen seine Weigerung sich als unbegründet erweist.
Diese Zinsen laufen vom Tage des Endes der in § 7 vorgesehenen Frist bis zu dem Tage, an dem der Anspruch als ungerechtfertig anerkannt oder die Schuld bezahlt worden ist.
Die obengenannten Strafen werden durch die jeweils zuständigen Ämter eingezogen, die für den Fall der Uneinbringlichkeit verantwortlich sind.
Die Strafen werden dem gegnerischen Amte gutgeschrieben, welches sie als Beitrag zu den Kosten der Durchführung der gegenwärtigen Bestimmungen einbehält.
§ 11.
Die Abrechnung zwischen den Ämtern erfolgt jeden Monat, und der Saldo wird binnen einer Woche von dem Schuldnerstaate durch bare Zahlung beglichen.
Indessen werden Salden zu Lasten einer oder mehrerer der alliierten oder assoziierten Mächte bis zur völligen Bezahlung der den alliierten oder assoziierten Mächten oder ihren Staatsangehörigen aus Anlaß des Krieges geschuldeten Summen einbehalten.
§ 12.
Um den Meinungsaustausch zwischen den Ämtern zu erleichtern, hat jedes von ihnen einen Vertreter in der Stadt, in der das andere tätig ist.
Von begründeten Ausnahmen abgesehen, werden die Verhandlungen, soweit wie möglich, in den Diensträumen des Schuldneramts geführt.
§ 14.
Gemäß Artikel 296 Absatz b) haften die Hohen vertragschließenden Teile für die Zahlung der feindlichen Schulden, die ihren Staatsangehörigen zur Last fallen.
Demgemäß hat das Schuldneramt dem Gläubigeramt alle anerkannten Schulden gutzuschreiben, selbst dann, wenn die Einziehung vom Privatschuldner sich als unmöglich erweist. Die Regierungen geben ihrem Amte nichtsdestoweniger jede benötigte Vollmacht, um die Einziehung der anerkannten Forderungen zu betreiben.
Haben die Schuldner anerkannte Summen Kriegsschäden erlitten, so werden die betreffenden Summen ausnahmsweise dem Gläubigeramt erst gutgeschrieben, nachdem den Schuldnern die ihnen für diese Schäden etwa zustehenden Entschädigung gezahlt worden ist.
§ 15.
Jede Regierung bestreitet die Kosten des in ihrem Gebiet arbeitenden Amtes, einschließlich der Bezüge des Personals.
§ 16.
Können sich zwei Ämter über das tatsächliche Bestehen einer Schuld nicht einigen oder kommt es zwischen dem feindlichen Schuldner und dem feindlichen Gläubiger oder zwischen den Ämtern zum Streit, so wird der Fall entweder einem Schiedsgericht unterbreitet (dies gilt, wenn die Parteien zustimmen, und es sind dafür dann die Bedingungen maßgebend, auf die sie sich einigen) oder vor den im nachstehenden Abschnitt VI vorgesehenen Gemischten Schiedsgerichtshof gebracht.
Doch kann auf Ersuchen des Gläubigeramts der Fall auch der Rechtssprechung der ordentlichen Gerichte am Wohnort des Schuldners unterbreitet werden.
§ 17.
Die von dem Gemischten Schiedsgerichtshof, den ordentlichen Gerichten oder dem Schiedsgericht zugesprochenen Summen werden durch Vermittlung der Ämter in der gleichen Weise vereinnahmt, wie wenn diese Summen durch das Schuldneramt als geschuldet anerkannt worden wären.
§ 18.
Die beteiligten Regierungen bestimmen einen Staatsvertreter, dem die Einleitung der Verfahren beim Gemischten Schiedsgerichtshof für das Amt seines Landes obliegt. Diesem Staatsvertreter steht die allgemeine Aufsicht über die Bevollmächtigten oder Anwälte der Staatsangehörigen seines Landes zu.
Der Gerichtshof urteilt auf Grund der Akten. Doch kann er die Parteien anhören, wenn sie persönlich erscheinen, oder sich nach ihrem Belieben entweder durch von beiden Regierungen zugelassene Bevollmächtigte oder durch den oben genannten Staatsvertreter vertreten lassen, welcher das Recht hat, sich der Partei anzuschließen, sowie auch das Recht, den von der Partei aufgegebenen Anspruch wieder aufzunehmen und geltend zu machen.
§ 19.
Die beteiligten Ämter liefern dem Gemischten Schiedsgerichtshof alle in ihren Besitze befindlichen Auskünfte und Urkunden, damit der Gerichtshof über die ihm unterbreiteten Angelegenheiten ohne Verzug entscheiden kann.
§ 20.
Legt eine der beiden Parteien gegen die gemeinsame Entscheidung der beiden Ämter Berufung ein, so hat der Berufungskläger eine Sicherheit zu leisten, die nur zurückgezahlt wird, wenn die erste Entscheidung zugunsten des Berufungsklägers abgeändert wird, und nur in dem Verhältnis, in dem er Erfolg hat. In diesem Fall wird sein Gegner im gleichen Verhältnis zur Tragung der Kosten und Auslagen verurteilt. Die Sicherungsleistung kann durch eine von dem Gerichtshof angenommene Bürgschaft ersetzt werden.
In allen dem Gerichthof unterbreiteten Angelegenheiten wird auf den Betrag der Streitsumme eine Gebühr von fünf v. H. erhoben. Diese Abgabe fällt dem verlierenden Teile zur Last, es sei denn, daß der Gerichtshof eine Anderes bestimmt. Diese Gebühr tritt zu der oben erwähnten Sicherheitsleistung hinzu, wie sie auch von der Bürgschaftsleistung unabhängig ist.
Der Gerichtshof kann einer der Parteien Entschädigung bis zur Höhe der Prozeßkosten zubilligen.
Jede auf Grund dieses Paragraphen geschuldete Summe wird dem Amte der gewinnenden Partei gutgeschrieben und dort besonders verrechnet.
§ 21.
Zwecks schneller Abwicklung der Geschäfte wird bei der Besetzung der Ämter und des Gemischten Schiedsgerichtshofs auf Kenntnis der Sprache des beteiligten gegnerischen Landes Rücksicht genommen.
Die Ämter haben freien schriftlichen Verkehr miteinander und können sich Urkunden in ihrer Sprache übermitteln.
§ 22.
Vorbehaltlich anderweitiger Abmachungen zwischen den beteiligten Regierungen werden die Schulden gemäß nachstehenden Bedingungen verzinst:
Auf Summen, die als Dividenden, Zinsen oder sonstige wiederkehrende, eine Kapitalverzinsung darstellende Zahlungen geschuldet werden, sind keine Zinsen zu zahlen.
Der Zinsfuß beträgt fünf v. H. für das Jahr, es sei denn, daß der Gläubiger Auf Grund Vertrags, Gesetzes oder örtlicher Gewohnheitsrechte Zinsen zu einem anderen Zinsfuß zu beanspruchen hatte [eng. Text: “zu beanspruchen hat”]. In diesem Falle hat dieser Zinsfuß Geltung.
Die Zinsen laufen vom Tage der Eröffnung der Feindseligkeiten an, oder wenn die zu zahlende Schuld im Laufe des Krieges fällig geworden ist, vom Fälligkeitstage an bis zu dem Tage, an dem der Betrag der Schuld dem Gläubigeramt gutgeschrieben worden ist.
Soweit Zinsen geschuldet werden, gelten sie als durch die Ämter anerkannte Schulden und werden unter denselben Bedingungen wie diese dem Gläubigeramt gutgeschrieben.
§ 23.
Gehört gemäß einer Entscheidung der Ämter oder des Gemischten Schiedsgerichtshofs ein Anspruch nicht unter die im Artikel 296 vorgesehenen Fälle, so kann der Gläubiger seine Forderung vor den ordentlichen Gerichten oder auf jedem anderen Wege Rechtens geltend machen.
Die Anmeldung der Forderung bei dem Amt unterbricht die Verjährung.
§ 24.
Die Hohen vertragschließenden Teile vereinbaren, die Entscheidungen des Gemischten Schiedsgerichtshofs als endgültig anzuerkennen und sie für ihre Staatsangehörigen verbindlich zu machen.
§ 25.
Weigert sich ein Gläubigeramt, einem Schuldneramt einen Anspruch mitzuteilen oder eine Verfahrenshandlung vorzunehmen, die in dieser Anlage zur gänzlichen oder teilweisen Geltendmachung einer bei ihm gehörig angemeldeten Forderung vorgesehen ist, so ist es verpflichtet, dem Gläubiger eine Bescheinigung auszustellen, die den Betrag der beanspruchten Summe angibt. Der betreffende Gläubiger kann alsdann seine Forderung vor den ordentlichen Gerichten oder auf jedem anderen Wege Rechtens geltend machen.
Abschnitt IV.
Güter, Rechte und Interessen.
Die Frage der privaten Güter, Rechte und Interessen in Feindesland findet ihre Lösung gemäß den Grundsätzen dieses Abschnittes und den Bestimmungen der beigefügten Anlage.
a) Die von Deutschland getroffenen, in § 3 der beigefügten Anlage näher bestimmten außerordentlichen Kriegsmaßnahmen und Übertragungsanordnungen, betreffend die Güter, Rechte und Interessen von Staatsangehörigen der alliierten oder assoziierten Mächte einschließlich der Gesellschaften und Vereine, an denen diese Staatangehörigen beteiligt waren, werden, wenn die Liquidation dieser Güter, Rechte und Interessen nicht vollendet ist, sofort aufgehoben oder eingestellt. Die Berechtigten werden in die fraglichen Güter, Rechte und Interessen wieder eingesetzt und treten in deren vollen Genuß nach Maßgabe der Bestimmungen des Artikel 298.
b) Soweit der gegenwärtige Vertrag nicht ein anderes bestimmt, behalten sich die alliierten und assoziierten Mächte das Recht vor, alle den deutschen Reichsangehörigen oder den von ihnen abhängigen Gesellschaften bei Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags gehörenden Güter, Rechte und Interessen innerhalb ihrer Gebiete, Kolonien, Besitzungen und Protektoratsländer, einschließlich der Gebiete, die ihnen durch den gegenwärtigen Vertrag abgetreten werden, zurückzubehalten und zu liquidieren.
Die Liquidation erfolgt nach den Gesetzen des beteiligten alliierten oder assoziierten Staates, ohne dessen Zustimmung der deutsche Eigentümer auch weder über diese Güter, Rechte und Interessen verfügen, noch sie belasten darf.
Deutsche Reichsangehörige, die auf Grund des gegenwärtigen Vertrags von Rechts wegen die Staatsangehörigkeit einer alliierten oder assoziierten Macht erwerben, gelten nicht als deutsche Reichsangehörige im Sinne dieses Absatzes.
c) Der Kaufpreis oder der Betrag der Entschädigung für die Ausübung des in Absatz b bestimmten Rechtes wird gemäß den Abschätzungs- und Liquidationsgrundsätzen der Gesetzgebung desjenigen Landes festgestellt, in welchem das Gut zurückbehalten oder liquidiert worden ist.
d) Im Verhältnis zwischen den alliierten oder assoziierten Mächten oder deren Staatsangehörigen einerseits und Deutschland oder seinen Reichsangehörigen andererseits werden alle außerordentlichen Kriegsmaßnahmen oder Übertragungsanordnungen oder kraft solcher Maßnahmen vorgenommene oder vorzunehmende Handlungen, so wie sie in den §§ 1 und 3 der beigefügten Anlage näher bestimmt sind, als endgültig und für jedermann bindend angesehen, soweit der gegenwärtige Vertrag nicht ein anderes bestimmt.
e) Die Staatsangehörigen der alliierten oder assoziierten Mächte haben Anspruch auf eine Entschädigung für den Schaden oder Nachteil, welcher auf deutschem Gebiet, wie es am 1. August 1914 bestand, ihren Gütern, Rechten und Interessen, einschließlich der Gesellschaften oder Vereinigungen, an denen sie beteiligt sind, durch Anwendung der in §§ 1 und 3 der beigefügten Anlage bezeichneten außerordentlichen Kriegsmaßnahmen und Übertragungsanordnungen zugefügt ist. Die aus diesem Anlaß von den betreffenden Angehörigen erhobenen Ersatzansprüche werden geprüft, und die Höhe der Entschädigung wird durch den im Abschnitt VI vorgesehenen Gemischten Schiedsgerichtshof oder durch einen von dem genannten Gericht bezeichneten Schiedsrichter festgesetzt; die Entschädigungen gehen zu Lasten Deutschlands und dürfen aus dem Gut der deutschen Reichsangehörigen, das sich auf dem Gebiet oder unter Aufsicht des Staates der ansprucherhebenden Person befindet, vorweg gedeckt werden. Dieses Gut darf unter den durch § 4 der beigefügten Anlage festgesetzten Bedingungen für die feindlichen Verpflichtungen zum Pfande genommen werden. Die Bezahlung dieser Entschädigungen kann durch die alliierte oder assoziierte Macht erfolgen und der betrag Deutschland zur Last geschrieben werden.
f) In jedem Falle, wo der Staatsangehörige einer alliierten oder assoziierten Macht, als Inhaber eines Gutes, Rechtes oder Interesses [engl. Text: “Rechtes und Interesses” nicht vorhanden], das auf deutschem Gebiete von einer Übertragungsanordnung betroffen worden ist, dies verlangt, wird der in Absatz e vorgesehene Anspruch durch Rückerstattung des erwähnten Gutes befriedigt, wenn es noch in Natur vorhanden ist.
In diesem Falle hat Deutschland alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um den Eigentümer, dem der besitz des Gutes entzogen ist, es wieder frei von allen Lasten oder Dienstbarkeiten, mit denen es nach der Liquidation belegt worden ist, zurückzuerstatten und jeden Dritten zu entschädigen, der durch die Rückgabe einen Nachteil erleidet.
Kann die in diesem Absatz vorgesehene Zurückerstattung nicht stattfinde, so kann durch Vermittlung der beteiligten Mächte oder der in der Anlage zu Abschnitt III bezeichneten Prüfungs- und Ausgleichsämter eine private Abmachung herbeigeführt werden, die dem Staatsangehörigen der alliierten oder assoziierten Macht durch Zuwendung eines ihm als Abfindung für die entzogenen Güter, Rechte oder Interessen genehmen gleichwertigen Gegenstandes oder Vorteils Ersatz des im Absatz e bezeichneten Schadens sichert.
Findet in Gemäßheit dieses Artikels Zurückerstattung statt, so mindern sich die in Anwendung des Absatzes e festgesetzten Preise oder Entschädigungen um den derzeitigen Wert des zurückerstatteten Gutes unter der Berechnung einer Entschädigung für entgangene Nutznießung oder für Verschlechterung.
g) Die im Absatz f vorgesehene Befugnis bleibt den Eigentümern vorbehalten, welche Staatsangehörige der alliierten oder assoziierten Mächte sind, auf deren Gebiete gesetzliche Maßnahmen zwecks Anordnung der allgemeinen Liquidation der feindlichen Güter, Rechte und Interessen vor der Unterzeichnung des Waffenstillstandes nicht in Anwendung waren.
h) Mit Ausnahme des Falles, wo durch Anwendung des Absatz f Zurückerstattung in Natur erfolgt ist, wird mit dem Reinerlöß der entweder auf Grund der außerordentlichen Kriegsgesetzgebung oder in Gemäßheit dieses Artikels erfolgten Liquidationen der feindlichen Güter, Rechte und Interessen, gleichviel wo belegen, und überhaupt mit allen feindlichen Barguthaben wie folgt zu verfahren:
1. Soweit die Mächte dem Abschnitt III nebst Anlage beitreten, werden die erwähnten Erlöse und Guthaben der Macht, welcher der Eigentümer angehört, durch Vermittlung des im genannten Abschnitt und seiner Anlage eingesetzten Prüfungs- und Ausgleichsamtes gutgeschrieben; mit jedem Überschuß zugunsten Deutschlands wird gemäß Artikel 243 verfahren.
2. Soweit die Mächte dem Abschnitt III nebst Anlage nicht beitreten, ist der Erlöß der von Deutschland zurückbehaltenen Güter, Rechte und Interessen sowie der von ihm einbehaltenen Barguthaben der Staatsangehörigen der alliierten und assoziierten Mächte unverzüglich an den Berechtigten oder an seine Regierung auszuzahlen. Jede alliierte oder assoziierte Macht kann über den Erlöß der von ihr in Gemäßheit ihrer Gesetze und Verordnungen beschlagnahmten Güter, Rechte und Interessen sowie über die solchermaßen beschlagnahmten Barguthaben der deutschen Reichsangehörigen verfügen [engl. Text: “in Gemäßheit ihrer Gesetze und Verordnungen” bezieht sich nicht auf “beschlagnahmten”, sondern auf “verfügen”] und sie zur Bezahlung der in diesem Artikel oder in § 4 der beigefügten Anlage näher bestimmten Ansprüche und Forderungen verwenden. Jedes Güter, Recht und Interesse, beziehungsweise jeder Erlöß aus der Liquidation solchen Gutes oder jedes Barguthaben, über welche nicht nach dem Vorstehenden verfügt wird, kann von der genannten alliierten oder assoziierten Macht zurückbehalten werden. In diesem Fall wird mit seinem Geldwert nach Artikel 243 verfahren.
Bei Liquidationen in den neuen Staaten, die als alliierte und assoziierte Mächte Signatarstaaten des gegenwärtigen Vertrags sind, oder bei Liquidationen in den Staaten, die an den von Deutschland zu zahlenden Wiedergutmachungen keinen Anteil haben, ist der Erlöß aus den von der Regierung dieser Staaten vorgenommenen Liquidationen unmittelbar an die Eigentümer zu zahlen; dabei bleiben jedoch die dem Wiedergutmachungsausschuß nach dem gegenwärtigen Vertrage, insbesondere nach den Artikeln 235 und 260 zustehenden Rechte vorbehalten. Weist der Eigentümer vor dem in Abschnitt VI dieses Teiles vorgesehenen Gemischten Schiedsgerichtshof oder vor einem von diesem Gericht ernannten Schiedsrichter nach, daß die Verkaufsbedingungen oder irgendwelche von der Regierung des betreffenden Staates außerhalb seiner allgemeinen Gesetzgebung ergriffene Maßnahmen den Preis unbillig beeinträchtigt haben, so ist der Gerichtshof oder der Schiedsrichter befugt, dem Berechtigten eine angemessene Entschädigung zuzubilligen, die ihm der genannte Staat zu zahlen hat.
i) Deutschland verpflichtet sich, seine Angehörigen wegen der Liquidation oder Einbehaltung ihrer Güter, Rechte oder Interessen in den alliierten oder assoziierten Ländern zu entschädigen.
j) Der Betrag der Abgaben und Steuern auf das Kapital, die von Deutschland auf die Güter, Rechte und Interessen der Staatsangehörigen der alliierten oder assoziierten Mächte seit dem 11. November 1918 bis zum Ablauf von drei Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags oder, falls es sich um Güter, Rechte und Interessen handelt, die Gegenstand außerordentlicher Kriegsmaßnahmen gewesen sind, bis zu ihrer gemäß den Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrags erfolgenden Rückerstattungen erhoben worden sind oder erhoben werden, ist an die Berechtigten zurückzuerstatten.
Deutschland verpflichtet sich, in Ansehung der Güter, Rechte und Interessen, die gemäß Artikel 297 Absatz a) oder f) den Staatsangehörigen der alliierten oder assoziierten Mächte, einschließlich der Gesellschaften und Vereinigungen, an denen solche Staatsangehörige beteiligt waren, zurückerstattet werden,
a) vorbehaltlich der im gegenwärtigen Vertrag ausdrücklich vorgesehenen Ausnahmen , die Güter, Rechte und Interessen der Staatsangehörigen der alliierten oder assoziierten Mächte in die rechtliche Lage zu versetzen und darin zu erhalten, in der, kraft der vor dem Krieg geltenden Gesetze, die Güter, Rechte und Interessen der deutschen Reichsangehörigen sich befanden;
b) die Güter, Rechte oder Interessen der Staatsangehörigen der alliierten oder assoziierten Staaten keinerlei in das Eigentumsrecht eingreifenden Maßnahmen zu unterwerfen, die nicht gleichermaßen auf Güter, Rechte oder Interessen der deutschen Reichsangehörigen Anwendung finden, und im Fall, daß solche Maßnahmen getroffen werden, angemessene Entschädigungen zu zahlen.
Gemäß Artikel 297 Absatz d) wird die Gültigkeit aller Eigentumsübertragungen, aller Liquidationsanordnungen gegen Unternehmen oder Gesellschaften und aller anderen Verfügungen, Verordnungen, Entscheidungen oder Anweisungen bestätigt, die von einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde eines der Hohen vertragschließenden Teile in Anwendung der Kriegsgesetzgebung über feindliche Güter, Rechte oder Interessen ausgegangen oder erlassen worden sind oder als ausgegangen oder erlassen gelten. Das Interesse aller Personen, deren Gut von Verordnungen, Verfügungen, Entscheidungen oder Anweisungen betroffen worden ist, gilt als in denselben rechtsgültig gewahrt, gleichviel, ob dies Interesse in den besagten Verordnungen, Verfügungen, Entscheidungen oder Anweisungen ausdrücklich berücksichtigt ist oder nicht. Keinerlei Beanstandung findet bezüglich der Ordnungsmäßigkeit einer kraft der obenerwähnten Verordnungen, Verfügungen, Entscheidungen oder Anweisungen vollzogenen Übertragung von Gütern, Rechten oder Interessen statt. Ebenso wird, soweit Gerichte oder Verwaltungsbehörden eines der Hohen vertragschließenden Teile in Anwendung der außerordentlichen Kriegsgesetzgebung über feindliche Güter, Rechte und Interessen Verfügungen, Ordnungen, Entscheidungen oder Anweisungen getroffen, erlassen oder vollstreckt haben, oder soweit es so anzusehen ist, als sei dies geschehen, die Gültigkeit der in Ausübung solcher Schritte der Gerichte oder Verwaltungsbehörden hinsichtlich eines Eigentumsrechts, einer Unternehmung oder Gesellschaft getroffenen Maßnahmen bestätigt, mag es sich um Untersuchungen, Sequestration, Zwangsverwaltung, Gebrauch, Requisition, Überwachung oder Liquidation , Verkauf oder Verwaltung von Gütern, Rechten und Interessen, Einziehung oder Bezahlung von Schulden, Bezahlung von Kosten, Gefällen, Auslagen oder um irgendwelche sonstige Maßnahmen handeln. Jedoch gilt der Vorbehalt, daß die Bestimmungen dieses Paragraphen den Eigentumsrechten, die von Staatsangehörigen der alliierten und assoziierten Mächte in gutem Glauben und zu gerechtem Preise vorher gemäß dem Rechte des Ortes der belegten Sache erworben worden sind, keinen Eintrag tun dürfen.
Die Bestimmungen dieses Paragraphen finden keine Anwendung auf Maßnahmen der obenerwähnten Art, die von Deutschland in den mit Krieg überzogenen oder besetzten Gebieten, oder von Deutschland oder von den deutschen Behörden nach dem 11. November 1918 getroffen worden sind; alle diese Maßnahmen bleiben ungültig.
§ 2.
Wegen Handlungen oder Unterlassungen in bezug auf Güter, Rechte oder Interessen der deutschen Reichsangehörigen während des Krieges oder zur Vorbereitung des Krieges ist jeglicher Anspruch und jegliche Klage Deutschlands oder seiner Angehörigen, gleichviel wo sie ansässig sind, gegen eine alliierte oder assoziierte Macht oder gegen irgendeine Person, die im Namen oder nach den Weisungen einer Gerichts- oder Verwaltungsbehörde dieser Macht gehandelt hat, unzulässig. Gleichfalls unzulässig ist jeglicher Anspruch und jegliche Klage gegen irgendeine Person wegen einer Handlung oder Unterlassung, die auf den außerordentlichen Kriegsmaßnahmen, Gesetzen oder Verordnungen einer der alliierten oder assoziierten Mächte beruht.
Im Sinne des Artikel 297 und dieser Anlage fallen unter den Begriff der “außerordentlichen Kriegsmaßnahmen” Maßnahmen jeder Art, Maßnahmen der Gesetzgebung, der Verwaltung, der Rechtsprechung und sonstige bezüglich des feindlichen Gutes bereits getroffene oder erst nachträglich zu treffende, deren Zweck ist oder sein wird, dem Eigentümer die Verfügungsbefugnis über sein Gut zu entziehen, ohne das Eigentum selbst anzutasten; namentlich also Überwachungs-, Zwangsverwaltungs-, Sequestrationsmaßnahmen oder Maßnahmen mit dem Zweck, die feindlichen Guthaben zu beschlagnahmen, zu verwerten oder zu sperren. Der Grund, die Form, der Ort des Vorgehens sind ohne Belang. Als in Ausführung dieser Maßnahmen vorgenommene Handlungen gelten alle Verordnungen, Weisungen, Befehle oder Verfügungen der Verwaltungsbehörden oder Gerichte, die dieses Maßnahmen auf das feindliche Gut anwenden, sowie alle Handlungen solcher Personen, welche die Verwaltung oder die Überwachung des feindlichen Gutes, zum Beispiel die Schuldentilgung, Einziehung von Außenständen, Bezahlung von Kosten, Gefällen oder Auslagen, Einziehung von Vergütungen, übertragen ist.
“Übertragungsanordnungen” sind solche Anordnungen, die das Eigentum an feindlichem Gut betroffen haben oder betreffen werden, indem sie es ohne Zustimmung des feindlichen Eigentümers ganz oder teilweise auf eine andere Person als ihn selbst übertragen, insbesondere die Maßnahmen, welche den Verkauf, die Liquidation, den Eigentumsübergang, kraft Gesetzes an feindlichem Gut, die Nichtigkeitserklärung von verbrieften Ansprüchen oder Wertpapieren anordnen.
Die Güter, Rechte und Interessen der deutschen Reichsangehörigen auf dem Gebiet einer alliierten oder assoziierten Macht, sowie der Reinerlöß aus ihrem Verkauf, ihrer Liquidation oder den sonstigen Übertragungsanordnungen können durch diese Macht belastet werden: an erster Stelle mit der Bezahlung von Schadensbeträgen, die auf Grund von Ansprüchen ihrer eigenen Staatsangehörigen mit Bezug auf ihre in Deutschland gelegenen Güter, Rechte und Interessen einschließlich der Gesellschaften oder Vereinigungen, an denen sie beteiligt sind, oder auf Grund von Forderungen gegen deutsche Reichsangehörige geschuldet werden; ebenso mit der Bezahlung von Ersatzansprüchen, die auf Handlungen der deutschen Regierung oder irgendeiner deutschen Behörde gegründet werden, welche nach dem 31. Juli 1914 und vor dem Eintritt der beteiligten alliierten und assoziierten Macht in den Krieg begangen sind. Die Höhe solcher Ersatzansprüche kann von einem Schiedsrichter festgesetzt werden, der von Herrn Gustav Ador, wenn er dazu bereit ist, andernfalls von dem im Abschnitt VI vorgesehenen Gemischten Schiedsgerichtshof ernannt wird. An zweiter Stelle können sie belastet werden mit Zahlungen von Schadensbeträgen auf Ersatzansprüche der eigenen Staatsangehörigen einer solchen alliierten und assoziierten Macht, die auf ihre im Gebiete der anderen feindlichen Mächte gelegenen Güter, Rechte und Interessen Bezug haben; dies gilt indes nur insoweit, als dieses Schadloshaltung nicht auf andere Weise erfolgt ist.
§ 5.
Hatte eine in einem alliierten oder assoziierten Staate gesetzlich zugelassene Gesellschaft unmittelbar vor dem Beginn des Krieges gemeinschaftlich mit einer von ihr abhängigen und in Deutschland gesetzlich zugelassenen Gesellschaft Verwertungsrechte mit Bezug auf Fabrik- und Handelsmarken für andere Länder oder befand sie sich zusammen mit dieser Gesellschaft im Besitz ausschließlicher Herstellungsverfahren für Waren oder Verkaufsgegenstände für andere Länder, so hat ohne Rücksicht auf die Bestimmungen des Artikel 297 künftig die erste Gesellschaft unter Ausschluß der deutschen Gesellschaft allein das Recht, diese Fabrikmarken in anderen Ländern zu verwerten. Die gemeinschaftlichen Herstellungsverfahren werden der ersten Gesellschaft überlassen, ungeachtet entgegenstehender, auf der deutschen Kriegsgesetzgebung beruhender Maßnahmen in Ansehung der zweiten Gesellschaft oder ihrer Interessen, ihres Geschäftsvermögens oder ihrer Aktien. Jedoch hat die erste Gesellschaft, wenn sie darum angegangen wird, der zweiten Gesellschaft die Modelle zu übergeben, die die weitere Herstellung der Waren im Umfang des Verbrauchs in Deutschland ermöglichen.
§ 6.
Soweit Güter, Rechte und Interessen von Staatsangehörigen der alliierten oder assoziierten Mächte, einschließlich der Gesellschaften und Vereinigungen, an denen diese Staatsangehörigen beteiligt waren, durch Deutschland einer außerordentlichen Kriegsmaßnahme unterworfen worden sind, ist Deutschland bis zu dem Zeitpunkt der gemäß § 297 durchzuführenden Zurückerstattung für die Erhaltung verantwortlich.
§ 7.
Die alliierten oder assoziierten Mächte haben binnen eines Jahres nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags die Güter, Rechte und Interessen bekanntzugeben, in Ansehung derer sie das im Artikel 297 Absatz f) vorgesehene Recht auszuüben gedenken.
§ 8.
Die im Artikel 297 vorgesehenen Zurückerstattungen erfolgen auf Anordnung der deutschen Regierung oder der sie vertretenden Behörden. Auf Antrag der Beteiligten haben die deutschen Behörden ihnen ins Einzelne gehende Auskunft über die Geschäftsführung der Verwalter zu geben. Der Antrag wird mit Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags zulässig.
§ 9.
Güter, Rechte und Interessen der deutschen Reichsangehörigen unterliegen weiterhin bis zur Durchführung der im Artikel 297 Absatz b) vorgesehenen Liquidation den im Hinblick auf sie getroffenen oder zu treffenden außerordentlichen Kriegsmaßnahmen.
§ 10.
Deutschland übermittelt binnen sechs Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags jeder alliierten oder assoziierten Macht alle in Händen seiner Angehörigen befindlichen Verträge, Bescheinigungen, Urkunden und sonstigen Eigentumstitel, die sich auf Güter, Rechte und Interessen im Gebiete der betreffenden alliierten oder assoziierten Macht beziehen. Unter diese Güter, Rechte und Interessen fallen auch Aktien, Schuldverschreibungen oder sonstige Wertpapiere aller durch die Gesetzgebung dieser Macht zugelassenen Gesellschaften.
Deutschland erteilt jederzeit auf Verlangen der beteiligten alliierten oder assoziierten Macht jegliche Auskunft über Güter, Rechte und Interessen der deutschen Reichsangehörigen im Gebiet der beteiligten alliierten oder assoziierten Macht, sowie über die Geschäfte, die seit dem 1. Juli 1914 in bezug auf jene Güter, Rechte und Interessen etwa stattgefunden haben.
§ 11.
Der Ausdruck “Barguthaben” umfaßt alle vor oder nach der Kriegserklärung angelegten Gelder oder Deckungen; er umfaßt ferner alle Guthaben, die aus Geldanlagen, Einkünften oder Gewinnen stammen, welche Verwalter, Sequester oder andere aus angelegtem Geld oder sonstwie eingezogenhaben; ausgeschlossen bleibt jede Geldsumme, die den alliierten und assoziierten Mächten oder ihren einzelnen Staaten, Provinzen oder Gemeinden zusteht.
§ 12.
Soweit durch die für die Verwaltung feindlichen Gutes verantwortlichen Personen oder die Aufsichtpersonen für dieses Verwaltung Barguthaben der Staatsangehörigen der Hohen vertragschließenden Teile, einschließlich Barguthaben von Gesellschaften oder Vereinigungen, an denen diese Staatsangehörigen beteiligt sind, angelegt worden sind, gleichviel wo die Anlage erfolgt ist, oder soweit dies auf Anordnung der oben gedachten Personen oder irgendeiner Behörde geschehen ist, wird die Anlage hinfällig; die Regelung des Barguthabens erfolgt ohne Rücksicht auf diese Anlage.
Soweit Güter, Rechte und Interessen von Staatsangehörigen einer alliierten oder assoziierten Macht einschließlich der Gesellschaften oder Vereinigungen, an denen solche Staatsangehörigen beteiligt waren, in Deutschland oder in den von Deutschland oder seinen Verbündeten besetzten Gebieten Gegenstand einer außerordentlichen Kriegsmaßnahme oder einer Übertragungsanordnung waren, übermittelt Deutschland den alliierten oder assoziierten Mächten, einer jeden für ihr Teil, binnen einem Monat nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags oder auf Verlangen zu irgendeiner späteren Zeit alle einschlägigen Abrechnungen oder Rechnungsbelege, Archive, Urkunden und Auskünfte jeglicher Art, die sich auf seinem Gebiet befinden.
Die Aufsichts- und Überwachungspersonen, Geschäftsführer, Verwalter, Zwangsverwalter, Liquidatoren und Pfleger sind unter Bürgschaft der deutschen Regierung persönlich für die unverzügliche vollständige Übermittlung und die Richtigkeit dieser Rechnungen und Urkunden verantwortlich.
§ 14.
Auf Schulden, Guthaben und Abrechnungen finden die Bestimmungen des Artikel 297 und dieser Anlage, betreffend Güter, Rechte und Interessen in Feindesland und den Erlöß ihrer Liquidation Anwendung; Abschnitt III regelt nur die Art und Weise der Zahlung.
Soweit von den alliierten und assoziierten Mächten, ihren Kolonien oder Protektoraten oder einem der englischen Dominien oder Indien, die Erklärung nicht abgegeben wird, daß sie dem Abschnitt III beitreten, finden zwischen Deutschland und ihnen und zwischen den beiderseitigen Staatsangehörigen bei Regelung der von Artikel 297 betroffenen Fragen die Bestimmungen des Abschnitts III über die Währung, in der die Bezahlung stattfinden soll, und über den Umrechnungskurs und Zinsen Anwendung, es sei denn, daß die Regierung der beteiligten alliierten oder assoziierten Macht Deutschland binnen sechs Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags mitteilt, daß die erwähnten Bestimmungen nicht zur Anwendung gelangen sollen.
§ 15.
Erstreckt sich die in Anwendung der außerordentlichen Kriegsgesetzgebung durch die alliierten oder assoziierten Mächte oder die in Anwendung der Bestimmungen des Artikel 297 Absatz b) vorgenommene Liquidation von Gütern, Rechten, Interessen, Gesellschaften und Unternehmungen auf Rechte des gewerblichen, literarischen oder künstlerischen Eigentums, so finden die Bestimmungen des Artikel 297 und dieser Anlage Anwendung.
Abschnitt V.
Verträge, Verjährung, Urteile.
a) Verträge zwischen Feinden gelten als mit dem Zeitpunkt aufgehoben, an dem zwei der Beteiligten Feinde geworden sind. Dies gilt nicht für Schulden und andere Geldverpflichtungen, die aus der Vornahme einer in einem solchen Vertrage vorgesehenen Handlung oder der Leistung einer dort vorgesehenen Zahlung entspringen. Vorbehalten bleiben ferner die nachstehend oder in der beigefügten Anlage vorgesehenen Ausnahmen und Sonderregeln für bestimmte Verträge oder Vertragsgattungen.
b) Nicht betroffen von der Aufhebung im Sinne dieses Artikels werden diejenigen Verträge, bei denen im Allgemeininteresse die Regierungen der alliierten und assoziierten Mächte denen eine der Vertragsparteien angehört, binnen sechs Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags erklären, daß sie auf der Ausführung bestehen.
Bringt die Ausführung der demgemäß aufrechterhaltenen Verträge für eine der Parteien infolge veränderter Handelsverhältnisse einen erheblichen Nachteil mit sich, so kann der in Abschnitt VI vorgesehene Gemischte Schiedsgerichtshof der geschädigten Partei eine angemessene Entschädigung zubilligen.
c) Mit Rücksicht auf die Bestimmungen der Verfassung und des Rechts der Vereinigten Staaten von Amerika, Brasiliens und Japans findet weder dieser Artikel noch Artikel 300, noch die Anlage auf Verträge, die von Staatsangehörigen dieser Staaten mit deutschen Reichsangehörigen geschlossen worden sind, Anwendung. Desgleichen findet Artikel 306 keine Anwendung auf die Vereinigten Staaten von Amerika oder deren Staatsangehörigen.
d) Dieser Artikel und seine Anlage finden keine Anwendung auf Verträge, deren Parteien dadurch Feinde geworden sind, daß eine von ihnen Einwohner eines Gebiets war, das unter eine andere Souveränität tritt, falls diese Partei infolge des gegenwärtigen Vertrags die Staatsangehörigkeit einer alliierten oder assoziierten Macht erwirbt. Das gleiche gilt für Verträge zwischen Staatsangehörigen der alliierten und assoziierten Mächte, zwischen denen der Handel deshalb verboten war, weil einer der Vertragschließenden sich in einem vom Feinde besetzten Gebiet einer alliierten oder assoziierten Macht befand.
e) Keine Bestimmung dieses Artikels und seiner Anlage darf zur Ungültigkeitserklärung eines Geschäfts führen, das in gesetzmäßiger Weise auf Grund eines mit Genehmigung einer der kriegführenden Mächte abgeschlossenen Vertrags zwischen den Feinden vorgenommen worden ist.
a) Auf dem Gebiete der Hohen vertragschließenden Teile sind im Verhältnis zwischen Feinden alle Verjährungs-, Ausschluß- und Verfallfristen für die Kriegsdauer gehemmt, gleichviel ob sie vor oder nach Kriegsausbruch zu laufen begonnen haben. Sie beginnen frühestens drei Monate nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags wieder zu laufen. Diese Bestimmung findet auch Anwendung auf die Vorlegungsfristen für Zinsen- oder Dividendenabschnitte und die Vorlegungsfristen für Wertpapiere, die auf Grund erfolgter Auslosung oder aus irgendeinem anderen Grund auszahlbar sind.
b) Sind infolge Versäumung einer Handlung oder Nichtwahrung einer Formvorschrift während es Krieges Vollstreckungsmaßnahmen auf deutschem Gebiete zum Nachteil eines Staatsangehörigen einer alliierten oder assoziierten Macht vorgenommen, so wird der Einspruch dieses Staatsangehörigen vor den in Abschnitt VI vorgesehenen Gemischten Schiedsgerichtshof gebracht, es sei denn, daß der betreffende Fall zur Zuständigkeit eines Gerichts einer alliierten oder assoziierten Macht gehört.
c) Auf den Antrag der beteiligten Staatsangehörigen der alliierten oder assoziierten Macht erkennt der Gemischte Schiedsgerichtshof auf Wiederherstellung des durch die im Absatz b erwähnten Vollstreckungsmaßnahmen beeinträchtigten Rechtszustands in allen Fällen, in denen dies nach dem besonderen Tatbestand billig und möglich ist.
Ist die Wiederherstellung ungerecht oder unmöglich, so kann der Gemischte Schiedsgerichtshof der benachteiligten Partei eine Entschädigung zubilligen, die der deutschen Regierung zur Last fällt.
d) Ist ein Vertrag zwischen Feinden für aufgehoben erklärt, und zwar entweder weil eine der Parteien eine Vertragsbestimmung nicht ausgeführt hat, oder infolge Ausübung eines im Vertrage ausbedungenen Rechtes, so steht der benachteiligten Partei frei, sich an den Gemischten Schiedsgerichtshof zu wenden, um Abhilfe zu erlangen. Der Gerichtshof hat in diesem Falle die im Absatz c) vorgesehenen Befugnisse.
e) Haben Staatsangehörige der alliierten und assoziierten Mächte durch Maßnahmen der obenerwähnten Art, die Deutschland in dem mit Krieg überzogenen oder besetzten Gebiet vorgenommen hat, Schaden erlitten, so finden die Bestimmungen der vorstehenden Absätze dieses Artikels Anwendung, falls diese Staatsangehörigen nicht anderweitig entschädigt worden sind.
f) Deutschland hat jeden Dritten schadlos zu halten, der durch eine von dem Gemischten Schiedsgericht gemäß den vorstehenden Absätzen dieses Artikels zuerkannte Rechtswiederherstellung oder Wiedereinsetzung in den früheren Rechtszustand benachteiligt wird.
g) Die in Absatz a) vorgesehene dreimonatige Frist beginnt für Handelspapiere mit dem Tage, an dem die Ausnahmevorschriften, die in den Gebieten der beteiligten Macht bezüglich der Handelspapiere erlassen worden sind, endgültig außer Kraft getreten sind.
Im Verhältnis zwischen den Feinden darf kein vor dem Kriege ausgestelltes Handelspapier lediglich wegen versäumter fristgerechter Vorlegung zwecks Annahme oder zwecks Zahlung, wegen versäumter Benachrichtigung der Aussteller oder Giranten von der Nichtannahme oder Nichtzahlung, wegen versäumten Protestes, wegen Versäumung der Erfüllung irgendeiner Formvorschrift für verfallen erklärt werden, wenn die Versäumung währen des Krieges erfolgt ist.
Ist die Frist zur Vorlegung eines Handelspapiers zwecks Annahme oder zwecks Zahlung oder die Frist zur Benachrichtigung des Ausstellers oder der Giranten von der Nichtannahme oder der Nichtzahlung oder die Frist zur Erhebung des Protestes während des Krieges abgelaufen und hat die vorlegungs-, protest- oder benachrichtigungspflichtige Partei währen des Krieges die betreffende Handlung versäumt, so steht ihr für die nachträgliche Vorlegung, nachträgliche Benachrichtigung von Nichtannahme oder Nichtzahlung oder nachträgliche Protesterhebung mindestens eine Frist von drei Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags zu.
Artikel 302.
Soweit nach dem gegenwärtigen Vertrage die Zuständigkeit der Gerichte einer alliierten und assoziierten Macht reicht, schaffen ihre Urteile in Deutschland Rechtskraft und sind ohne weitere Vollstreckbarkeitserklärung vollstreckbar.
ist, gleichviel in welcher Art von Angelegenheiten, während des Krieges von einem deutschen Gericht gegen den Staatsangehörigen einer alliierten oder assoziierten Mach ein urteil ergangen, ohne daß er in der Lage war, sich zu verteidigen, so ist der hierdurch benachteiligte Staatsangehörige der alliierten oder assoziierten Macht berechtigt, Abhilfe zu verlangen, deren Form von dem im Abschnitt VI vorgesehenen Gemischten Schiedsgerichtshof näher bestimmt wird.
Auf Antrag des Staatangehörigen der alliierten oder assoziierten Macht kann der Gemischte Schiedsgerichtshof dieses Abhilfe, sofern das möglich ist, in der Form eintreten lassen, daß er die Parteien in die Lage zurückversetzt, in der sie sich vor dem von dem deutschen Gericht gefällten Urteil befanden.
Die obenerwähnte Abhilfe kann ebenso vor dem Gemischten Schiedsgerichtshof von Staatsangehörigen der alliierten oder assoziierten Mächte, die durch richterliche Maßnahmen in den mit Krieg überzogenen oder besetzten Gebieten Nachteile erlitten haben, beansprucht werden, wenn sie nicht schon anderweitig entschädigt worden sind.
Artikel 303.
Im Sinn der Abschnitte III, IV, V und VII bedeutet der Ausdruck “während des Krieges” für jede alliierte oder assoziierte Macht der Zeitraum zwischen dem Eintritt des Kriegszustandes zwischen dieser Macht und Deutschland und dem Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags.
Anlage.
I. A l l g e m e i n e B e s t i m m u n g e n
§ 1.
Im Sinne der Artikel 299, 300 und 301 gelten Vertragsparteien dann als Feinde, wenn der Handel zwischen ihnen verboten worden oder infolge von Gesetzen, Verordnungen oder Vorschriften, denen eine der Parteien unterworfen war, gesetzwidrig geworden ist. Der maßgebende Zeitpunkt ist der Tag, an dem der Handel verboten worden oder an dem er sonstwie gesetzwidrig geworden ist.
Unbeschadet der Rechte aus Artikel 297 Absatz b) des Abschnitts IV, unter Vorbehalt ferner der Anwendung der während des Krieges von den alliierten und assoziierten Mächten erlassenen Gesetze, Verordnungen oder inneren Vorschriften, schließlich unter Vorbehalt abweichender Vertragsbestimmungen, bleiben von der Aufhebung durch Artikel 299 ausgenommen und in Kraft:
a) Verträge zum Zwecke der Übertragung von Eigentum, Gütern oder von beweglichen oder unbeweglichen Werten, wenn das Eigentum übertragen oder der Gegenstand ausgehändigt worden ist, bevor die Parteien Feinde wurden;
b) Mietverträge, Mieten und Mietversprechen [engl. Text besagt: “Mieten und Mietabkommen über Liegenschaften und Häuser”];
c) Verträge über Hypotheken, Verpfändungen und Sicherstellungen;
d) Konzessionen, betreffend Bergwerke und Gruben, Steinbrüche oder Lagerstätten;
e) Verträge zwischen Privaten [engl. Text besagt: “Individuen oder Gesellschaften”] einerseits und Staaten, Provinzen, Gemeinden oder anderen ähnlichen Verwaltungskörperschaften andererseits sowie Konzessionen, die von derartigen Staaten, Provinzen, Gemeinden oder anderen ähnlichen Verwaltungskörperschaften verliehen sind.
§ 3.
Sind gemäß Artikel 299 Bestimmungen eines Vertrags teilweise aufgehoben, lassen sich aber die aufgehobenen von den übrigen Bestimmungen des Vertrags trennen, so bleieben die übrigen Bestimmungen des Vertrags, vorbehaltlich der Anwendung der im § 2 bezeichneten Gesetze, Verordnungen und inneren Vorschriften, in Kraft. Lassen sie sich nicht trennen, so gilt der Vertrag als in seiner Gesamtheit aufgehoben.
II. B e s o n d e r e B e s t i m m u n g e n ü b e r e i n z e l n e V e r t r a g s g a t t u n g e n.
Verträge an der Effekten- und Produktenbörse.
§ 4.
a) Bestimmungen, die während des Krieges von einer anerkannten Effekten- oder Produktenbörse bezüglich Abwicklung der von einer feindlichen Privatperson vor dem Kriege eingegangenen börsenmäßigen Verpflichtungen erlassen worden sind, werden durch die Hohen vertragschließenden Teile bestätigt, ebenso wie die in Anwendung dieser Bestimmungen getroffenen Maßnahmen, vorausgesetzt:
1. daß das Geschäft ausdrücklich in Gemäßheit der Bestimmungen der betreffenden Börse abgeschlossen worden war;
2. daß die Bestimmungen für alle Beteiligten verbindlich waren;
3. daß die Abwicklungsbedingungen gerecht und vernünftig waren.
b) Der vorstehende Absatz findet auf Maßnahmen, die von Börsen in den vom Feinde besetzten Gebieten währen der Besetzung erlassen worden sind, keine Anwendung.
c) Die Abwicklung der am 31. Juli 1914 abgeschlossenen Termingeschäfte über Baumwolle, gemäß Entscheidung der Baumwollvereinigung von Liverpool, wird ebenfalls bestätigt.
Verpfändung.
§ 5.
Ist ein als Sicherheit für die Schuld eines Feindes bestelltes Pfand wegen mangelnder Zahlung verkauft worden, so soll selbst dann, wenn der Eigentümer nicht hat benachrichtigt werden können, der Verkauf als gültig angesehen werden, sofern der Gläubiger in gutem Glauben und mit vernünftiger Sorgfalt und Vorsicht gehandelt hat. In diesem Falle steht dem Eigentümer kein Ersatzanspruch auf Grund des Pfandverkaufs zu.
Diese Bestimmung findet auf Pfandverkäufe, die in den mit Krieg überzogenen oder vom Feind besetzten Gebieten währen der Besetzung von einem Feinde vorgenommen worden sind, keine Anwendung.
Handelspapiere.
§ 6.
Soweit Mächte in Betracht kommen, die dem Abschnitt III und seiner Anlage beigetreten sind, werden die Geldverbindlichkeiten zwischen Feinden aus der Ausstellung von Handelspapieren in Gemäßheit der genannten Anlage durch Vermittlung der Prüfungs- und Ausgleichsämter geregelt. Auf diese geht das Recht des Inhabers mit den verschiedenen ihm zustehenden Rechtsbehelfen über.
§ 7.
Hat sich jemand auf Grund der Zusage eines Anderen vor oder während des Krieges zur Zahlung eines Handelspapiers verpflichtet und ist der Andere später für ihn Feind geworden, so bleibt ihm trotz der Eröffnung der Feindseligkeiten der Rückgriff gegen den Anderen erhalten.
III. V e r s i c h e r u n g s v e r t r ä g e.
§ 8.
Versicherungsverträge zwischen Personen, die später Feinde geworden sind, werden in Gemäßheit der folgenden Paragraphen geregelt.
Feuerversicherungen.
§ 9.
Verträge zur Versicherung von Eigentum gegen Feuersgefahr zwischen einer an dem Eigentum beteiligten Person und einer anderen, die später Feind geworden ist, gelten nicht durch die Eröffnung der Feindseligkeiten oder dadurch, daß die betreffende Person Feind geworden ist, oder deshalb, weil während des Krieges oder dreier Monate danach einer der Vertragschließenden eine Vertragsbestimmung nicht erfüllt hat, als aufgehoben. Sie werden aber mit Wirkung vom ersten, nach Ablauf einer Frist von drei Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags eintretenden Fälligkeitstag der Jahresprämie aufgehoben.
Bezüglich der währen des Krieges fällig gewordenen, unbezahlt gebliebenen Prämien oder der Ansprüche aus Schadensfällen, die während des Krieges eingetreten sind, findet eine Regelung statt.
§ 10.
Ist eine vor dem Kriege abgeschlossene Feuerversicherung durch eine Verwaltungs- oder gesetzgeberische Maßnahme währen des Krieges von dem ursprünglichen auf einen anderen Versicherer übertragen worden, so wird die Übertragung anerkannt; die Haftung des ursprünglichen Versicherers gilt seit dem Tage der Übertragung als erloschen. Der ursprüngliche Versicherer bleibt indessen berechtigt, auf Verlangen volle Auskunft über die Bedingungen der Übertragung zu erhalten. Ergibt sich, daß diese Bedingungen unbillig waren, so sind sie soweit abzuändern, daß sie den Ansprüchen der Billigkeit genügen.
Mit Zustimmung der ursprünglichen Versicherers ist ferner der Versicherte berechtigt, den vertrag auf den ursprünglichen Versicherer mit Wirkung vom Zeitpunkt der Stellung des bezüglichen Antrags ab zurückzuübertragen.
Lebensversicherungsverträge zwischen einem Versicherer und einer Person, die später Feind geworden ist, gelten weder durch die Kriegserklärung noch durch die Tatsache, daß die Person Feind geworden ist, als aufgehoben.
Jeder Vertrag, der währen des Krieges auf Grund eines nach dem vorstehenden Absatz als nicht aufgehoben geltenden Vertrags fällig geworden ist, ist nach dem Kriege zuzüglich fünf v. H. jährlicher Zinsen vom Tage der Fälligkeit bis zum Berichtigungstage zahlbar.
Ist der Vertrag währen des Krieges mangels Prämienzahlung hinfällig oder infolge der Nichterfüllung von Vertragsbestimmungen unwirksam geworden, so sind der Versicherte und seine Vertreter oder Rechtsnachfolger jederzeit berechtigt, binnen zwölf Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags vom Versicherer den Wert der Police am Tage ihres Hinfälligwerdens oder ihrer Unwirksamkeit zu fordern.
Beruht das Hinfälligwerden des Vertrags währen des Krieges mangels Prämienzahlung auf der Anwendung von Kriegsmaßnahmen, so sind der Versicherte oder seine Vertreter oder Rechtsnachfolger berechtigt, binnen drei Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags dadurch wieder in Kraft zu setzen, daß sie die gegebenenfalls verfallenen Prämien zuzüglich fünf v. H. jährlicher Zinsen bezahlen.
Jeder alliierten oder assoziierten Macht steht es frei, binnen drei Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags alle laufenden Versicherungsverträge zwischen einer deutschen Versicherungsgesellschaft und ihren Staatsangehörigen unter solchen Bedingungen aufzulösen, daß ihre Staatsangehörigen vor jedem Schaden bewahrt bleiben.
Zu diesem Zwecke hat die deutsche Versicherungsgesellschaft der in Frage kommenden alliierten oder assoziierten Macht den auf diese hinfällig gewordenen Policen verhältnismäßig entfallenden Teil ihres Vermögens zu übertragen und wird von jeder Verpflichtung aus diesen Policen entbunden. Der zu übertragende Vermögensteil wird durch einen vom Gemischten Schiedsgerichtshof ernannten Rechnungsbeamten festgesetzt.
§ 13.
Sind Lebensversicherungsverträge von der Zweigstelle einer Versicherungsgesellschaft geschlossen, deren Hauptniederlassung sich in einem in der Folge feindlich gewordenen Lande befindet, so unterliegt der Vertrag, falls er nicht selbst eine gegenteilige Bestimmung enthält, dem Gesetz des Ortes. Sind indes auf Ansprüche, die im Widerspruch zu den Bestimmungen des Vertrags selbst und zu den zur Zeit seines Abschlusses geltenden Gesetzen und Abkommen auf Grund von Kriegsmaßnahmen erhoben oder durchgesetzt sind, Zahlungen erfolgt, so ist der Versicherer berechtigt, deren Erstattung von dem Versicherten oder seinen Vertretern zu verlangen.
Sieht das auf den Vertrag anzuwendende Gesetz vor, daß der Versicherer trotz der Nichtzahlung der Prämien an den Vertrag gebunden bleibt, bis dem Versicherten von der Hinfälligkeit des Vertrags Mitteilung gemacht worden ist, so ist er in den Fällen, in denen er infolge des Krieges dieses Mitteilung nicht machen konnte, berechtigt, von dem Versicherten die nicht bezahlten Prämien zuzüglich fünf v. H. jährlicher Zinsen zu fordern.
§ 15.
Als Lebensversicherungsverträge im Sinne der §§ 11 bis 14 gelten Versicherungsverträge dann, wenn die Berechnung der gegenseitigen Verpflichtung beider Parteien auf der Wahrscheinlichkeit der menschlichen Lebensdauer verbunden mit dem Zinsfuß beruhen.
Seeversicherungsverträge, unter Einschluß von Zeit- und Reisepolicen, zwischen dem Versicherer und einer Person, die in der Folgezeit Feind wurde, gelten von diesem Augenblick an als aufgelöst, es sei denn daß die im Vertrage vorgesehene Gefahr von diesem Zeitpunkte begonnen hatte.
Hatte die Gefahr nicht begonnen, so hat der Versicherer die in Form von Prämien oder anderswie gezahlten Summen zu erstatten.
Hatte die Gefahr begonnen, so gilt der Vertrag als rechtsbeständig, obwohl die eine Partei Feind wurde, die Beträge, die auf Grund der Vertragsbestimmungen, sei es als Prämien, sei es für Seeschäden, zu zahlen sind, können nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags eingefordert werden.
Kommt es zu einem Übereinkommen über die Verzinsung der vor dem Kriege an Staatsangehörige der kriegführenden Staaten oder von solchen Staatsangehörigen geschuldeten, nach dem Kriege zur Zahlung gelangenden Summen, so sollen solche Zinsen bei Verlusten, die auf Grund von Seeversicherungsverträgen zu ersetzen sind, nach Ablauf eines Jahres vom Tage des Verlustes an laufen.
Kein Seeversicherungsvertrag mit einem Versicherten, der in der Folgezeit Feind wurde, begründet eine Haftung für Verluste durch Kriegshandlungen der Macht, der der Versicherer angehört, oder einer mit ihr alliierten oder assoziierten Macht.
Erweist es sich, daß jemand, der vor dem Kriege einen Seeversicherungsvertrag mit einem in der Folge Feind gewordenen Versicherer eingegangen ist, nach Eröffnung der Feindseligkeiten einen neuen Vertrag geschlossen hat, der dieselbe Gefahr bei einem nicht feindlichen Versicherer deckt, so tritt von dem Tage des Abschlusses an der neue Vertrag an die Stelle des ursprünglichen. Die verfallenen Prämien werden nach dem Grundsatz berechnet, daß der ursprüngliche Versicherer aus dem Vertrag nur bis zu dem Zeitpunkt haftet, wo der neue Vertrag geschlossen wurde.
Andere Versicherungen
§ 19.
Solche vor dem Kriege zwischen einem Versicherer und einer Person, welche in der Folge Feind wurde, abgeschlossene Versicherungsverträge, die nicht unter §§ 9–18 fallen, erfahren in jeder Hinsicht dieselbe Behandlung, wie sie nach den genannten Paragraphen Feuerversicherungsverträgen zwischen den Parteien zuteil würde.
Rückversicherungen
§ 20.
Alle Rückversicherungsverträge mit einer Person, die Feind geworden ist, gelten als durch diese bloße Tatsache aufgehoben; jedoch bleibt im Falle der Haftung für eine Lebens- oder Seeversicherungsgefahr, die schon vor dem Kriege begonnen hatte, das Recht unberührt, nach dem Kriege die Zahlung der aus der Haftung für diese Gefahren geschuldeten Summen zu verlangen.
War es indessen infolge feindlichen Einfalls dem Rückversicherten unmöglich, einen anderen Rückversicherer zu finden, so bleibt der Vertrag bis zum Ablauf nach drei Wochen nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags in Geltung.
Wird ein Rückversicherungsvertrag auf Grund dieses Paragraphen hinfällig, so findet zwischen beiden Parteien eine Abrechnung statt, die einerseits die bezahlten und zu bezahlenden Prämien, andererseits die Ersatzpflicht für erlittene Verluste aus der Haftung für die vor dem Kriege in Lauf gekommenen Lebens- und Seeversicherungsgefahren berücksichtigt. Bei anderen als in §§ 11–18 erwähnten Gefahren gilt der Stichtag für die Abrechnung der Zeitpunkt, an dem beide Parteien Feinde wurden; Ersatzansprüche für seitdem eingetretene Verluste bleiben außer Betracht.
§ 21.
Hat ein Versicherer in einem Versicherungsvertrag die Haftung für besondere Gefahren übernommen, die keine Lebens- oder Seeversicherungsgefahren sind, so erstrecken sich die Bestimmungen des vorstehenden Paragraphen gleichfalls auf die entsprechenden Rückversicherungen, die an dem Tage bestanden, wo die vertragschließenden Parteien Feinde geworden sind.
§ 22.
Die Rückversicherung eines Lebensversicherungsvertrags, die auf Grund eines besonderen Vertrags abgeschlossen worden und nicht in einem allgemeinen Rückversicherungsvertrag enthalten ist, bleibt in Kraft.
Haben feindliche Gesellschaften Lebensversicherungspolicen rückversichert, so finden auf diese Rückversicherungsverträge die Bestimmungen des § 12 Anwendung.
§ 23.
Ist vor dem Kriege ein Seeversicherungsvertrag rückversichert worden, so bleibt die Übertragung der Gefahr auf den Rückversicherer gültig, wenn diese Gefahr vor Eröffnung der Feindseligkeiten begonnen hatte; der Vertrag bleibt trotz der Eröffnung der Feindseligkeiten in Kraft. Nach dem Kriege kann die Zahlung der auf Grund des Rückversicherungsvertrags geschuldeten Beträge für Prämien oder für erlittene Verluste verlangt werden.
§ 24.
Die Bestimmungen der §§ 17 und 18 und der letzte Absatz des § 16 finden auf Rückversicherungsverträge für Seeversicherungsgefahr Anwendung.
Abschnitt VI.
Gemischter Schiedsgerichtshof.
Artikel 304.
a) Binnen drei Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags wird zwischen jeder alliierten und assoziierten Macht einerseits und Deutschland andererseits ein Gemischter Schiedsgerichtshof gebildet. Jeder Schiedsgerichtshof besteht aus drei Mitgliedern. Jede der beteiligten Regierungen ernennt eines dieser Mitglieder. Der Vorsitzende wird auf Grund einer Vereinbarung zwischen den beiden beteiligten Regierungen ausgewählt.
Kommt eine solche Vereinbarung nicht zustande, so ernennt der Rat des Völkerbunds, oder, bis zu einem Zeitpunkt der Errichtung des Völkerbunds Herr Gustav A d o r, falls er dazu bereit ist, den Vorsitzenden des Schiedsgerichtshofs sowie zwei weitere Personen, die den Vorsitzenden gegebenenfalls vertreten. Diese Personen müssen Mächten angehören, die im laufe des Krieges neutral geblieben sind.
Sorgt eine Regierung nicht innerhalb eines Monats für die oben vorgesehene Ernennung eines Mitglieds des Schiedsgerichtshofs für eine unbesetzte Stelle, so wird das fehlende Mitglied von der gegnerischen Regierung aus den beiden oben genannten außer dem Vorsitzenden berufenen Personen ausgewählt.
Der Schiedsgerichtshof entscheidet nach Stimmenmehrheit.
b) Die gemäß Absatz a errichteten Gemischten Staatsgerichtshöfe befinden über die Streitfragen, die laut Abschnitt III, IV, V und VII zu ihrer Zuständigkeit gehören.
Außerdem regelt der Gemischte Staatsgerichtshof alle Streitfragen bezüglich der vor Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags zwischen den Staatsangehörigen der alliierten und assoziierten Mächte und deutschen Reichsangehörigen geschlossenen Verträge. Eine Ausnahme gilt für die Streitfragen, die nach den Gesetzen der alliierten, assoziierten oder neutralen Mächten zur Zuständigkeit der Landesgerichte dieser Mächte gehören. Derartige Streitfragen werden von den Landesgerichten unter Ausschluß des Gemischten Schiedsgerichtshofs entschieden. Dem beteiligten Staatsangehörigen einer alliierten oder assoziierten Macht steht es jedoch frei, die Sache vor den Gemischten Schiedsgerichtshof zu bringen, sofern kein Landesgesetz dem nicht entgegensteht.
c) Wenn die Anzahl der Sachen es erfordert, sind weitere Mitglieder zu ernennen, damit sich jeder Gemischte Schiedsgerichtshof in mehrere Abteilungen gliedern kann. Jede dieser Abteilungen wird entsprechend den obigen Vorschriften besetzt.
d) Jeder Gemischte Schiedsgerichtshof ordnet sein Verfahren selbst, soweit es nicht durch die Bestimmungen der Anlage zu diesem Artikel geregelt ist. Er hat das Recht, die von der verlierenden Partei an Kosten und Auslagen zu zahlenden Beträge festzusetzen.
e) Jede Regierung bezahlt die Bezüge des von ihr ernannten Mitglieds des Gemischten Schiedsgerichts und jedes Beauftragten, den sie bezeichnet, um sie vor dem Gerichtshof zu vertreten. Die Bezüge des Vorsitzenden werden durch besondere Vereinbarungen zwischen den beteiligten Regierungen festgesetzt; diese Bezüge werden ebenso wie die gemeinsamen Ausgaben jedes Gerichts je zur Hälfte von den beiden Regierungen getragen.
f) Die Hohen vertragschließenden Teile verpflichten sich, durch ihre Gerichte und Behörden den Gemischten Schiedsgerichtshöfen jede irgend mögliche Rechtshilfe, insbesondere bei Zustellungen und bei der Beweiserhebung, gewähren zu lassen.
g) Die Hohen vertragschließenden Teile kommen überein, die Entscheidungen des Gemischten Schiedsgerichtshofes als endgültig zu betrachten und ihnen verbindliche Kraft für ihre Staatsangehörigen beizulegen.
§ 1.
Stirbt ein Mitglied des Gerichtshofs, legt es ein Amt nieder oder wird es aus irgendeinem Grund an der Ausübung seines Amtes behindert, so erfolgt seine Ersetzung nach dem Verfahren, das für seine Ernennung galt.
§ 2.
Der Gerichtshof ordnet sein Verfahren nach Grundsätzen der Gerechtigkeit und Billigkeit. Er bestimmt Reihenfolge und Fristen für das Vorbringen der Parteien und regelt die Förmlichkeiten der Beweisaufnahme.
§ 3.
Die Anwälte und Beistände der Parteien sind befugt, ihre Ausführungen und Gegenausführungen mündlich oder schriftlich dem Gerichtshof vorzutragen.
§ 4.
Der Gerichtshof bewahrt die schriftlichen Unterlagen der ihm vorgelegten Sachen und Streitigkeiten sowie des darauf bezüglichen Verfahrens unter Beifügung der Daten auf.
§ 5.
Jede beteiligte Macht kann einen Sekretär ernennen. Diese Sekretäre bilden das gemischte Sekretariat des Gerichtshofs und sind diesem unterstellt. Der Gerichtshof kann einen oder mehrere Beamte ernennen und verwenden, die zur Mitwirkung bei der Erfüllung seiner Aufgabe nötig sind.
§ 6.
Der Gerichtshof entscheidet über alle ihm unterbreiteten Fragen und Fälle auf Grund der Beweismittel, Zeugenaussagen und Unterlagen, die von den beteiligten Parteien beigebracht werden können.
§ 7.
Deutschland verpflichtet sich, dem Gerichtshof jedes zur Durchführung seiner Untersuchungen erforderliche Entgegenkommen zu erweisen und alle erforderlichen Unterlagen zu liefern.
§ 8.
Die Sprache, in der das Verfahren durchgeführt wird, ist mangels gegenteiliger Abmachung je nach der von der beteiligten alliierten oder assoziierten Macht getroffenen Bestimmung das Englische, Französische, Italienische oder Japanische.
§ 9.
Der Vorsitzende des Gerichtshofes bestimmt Ort und Zeit der Gerichtssitzungen.
Artikel 305.
Hat ein zuständiges Gericht in einer unter Abschnitt III, IV, V oder VII fallende Angelegenheit ein Urteil gefällt oder fällt es ein Urteil, das mit den Bestimmungen der genannten Abschnitte nicht im Einklang steht, so hat die dadurch geschädigte Partei ein Recht auf Abhilfe, die durch den Gemischten Schiedsgerichtshof näher bestimmt wird. Auf Antrag des Staatsangehörigen einer alliierten oder assoziierten Macht kann der Gemischte Gerichtshof diese Abhilfe, sofern es möglich ist, in der Form eintreten lassen, daß er die Parteien in die Lage zurückversetzt, in der sie sich vor dem von dem deutschen Gericht gefällten Urteil befanden.
Abschnitt VII.
Gewerbliches Eigentum.
Die gewerblichen, literarischen und künstlerischen Eigentumsrechte im Sinne der im Artikel 286 bezeichneten internationalen Abkommen von Paris und Bern werden unter Vorbehalt der Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrags zugunsten der Personen, die bei Beginn des Kriegszustands in ihrem Genuß standen, oder zugunsten ihrer Rechtsnachfolger mit dem Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags in den Gebieten der Hohen vertragschließenden Teile wieder in Kraft gesetzt oder wiederhergestellt. Desgleichen werden Rechte, die, wenn es nicht zum Krieg gekommen wäre, während des Krieges zufolge eines Gesuchs zum Schutz gewerblichen Eigentums oder zufolge der Veröffentlichung eines literarischen oder künstlerischen Werkes hätten erlangt werden können, mit dem Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags zugunsten der Personen, die sie zu beanspruchen gehabt hätten, anerkannt und begründet.
Sind indes während des Krieges durch gesetzgebende, ausführende oder verwaltende Stelle einer alliierten oder assoziierten Macht hinsichtlich der Rechte deutscher Reichsangehöriger auf dem Gebiete des gewerblichen, literarischen oder künstlerischen Eigentums Sondermaßnahmen ergriffen worden, so behalten die auf Grund derselben getroffenen Anordnung weiterhin ihre Gültigkeit und volle Wirksamkeit.
Wegen der Ausnutzung von gewerblichen, literarischen oder künstlerischen Eigentumsrechten, die während des Krieges durch die Regierung einer alliierten oder assoziierten Macht oder durch irgendeine Person für Rechnung oder mit Zustimmung dieser Regierung erfolgt ist, sowie wegen des Verkaufs, des Feilbietens und des Gebrauchs irgendwelcher Erzeugnisse, Geräte, Sachen oder Gegenstände, die unter diese Rechte fielen, stehen Deutschland und deutschen Reichsangehörigen keinerlei Ersatzansprüche oder Klagen zu.
Geldbeträge, die auf Grund irgendeiner in Ausführung der in Absatz 1 dieses Artikels genannten Sondermaßnahmen getroffenen Anordnungen oder Maßregel geschuldet werden oder gezahlt worden sind, werden, falls die bei der Unterzeichnung des gegenwärtigen Vertrags geltende Gesetzgebung einer der alliierten oder assoziierten Mächte nicht anders darüber verfügt hat, in gleicher Weise wie die anderen Forderungen der deutschen Reichsangehörigen nach den Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrags verwendet; die Geldbeträge, die durch besondere, von der deutschen Regierung hinsichtlich der gewerblichen, literarischen oder künstlerischen Eigentumsrechte von Staatsangehörigen der alliierten oder assoziierten Mächte ergriffene Maßnahmen aufgebracht worden sind, werden wie alle übrigen Schulden der deutschen Reichsangehörigen angesehen und behandelt.
Haben deutsche Reichsangehörige nach der Gesetzgebung einer alliierten oder assoziierten Macht vor dem Kriege oder in seinem Verlaufe gewerbliche, literarische oder künstlerische Eigentumsrechte erworben oder erwerben sie solche künftig, so bleibt der betreffenden alliierten oder assoziierten Macht die Befugnis vorbehalten, diese Rechte (soweit es sich dabei nicht um Fabrik- oder Handelsmarken handelt) in der für notwendig erachteten Weise zu begrenzen, an Bedingungen zu knüpfen oder einzuschränken. Solche Beschränkungen dürfen im Interesse der Landesverteidigung oder um des Gemeinwohls willen oder zu dem Zwecke auferlegt werden, auf deutscher Seite eine gerechte Behandlung der gewerblichen, literarischen oder künstlerischen Eigentumsrechte der betreffenden fremden Staatsangehörigen auf deutschem Gebiet sicherzustellen; ferner auch zu dem Zwecke, die vollständige Erfüllung aller Verpflichtungen aus diesem Vertrage durch Deutschland zu verbürgen. Die gedachten Beschränkungen erfolgen in der Form, daß die betreffende alliierte oder assoziierte Macht die eingangs bezeichneten deutschen Rechte entweder selbst ausübt oder Lizenzen für ihre Ausübung erteilt oder die Ausübung weiterhin unter ihrer Überwachung hält oder in sonst einer anderen Form. Bei den nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags erworbenen gewerblichen, literarischen oder künstlerischen Eigentumsrechte darf die vorstehend den alliierten und assoziierten Mächten vorbehaltene Befugnis nur ausgeübt werden, wenn die Begrenzung, Bedingungen und Einschränkungen im Interesse der Landesverteidigung oder des Gemeinwohls notwendig erscheinen.
Gelangen die vorstehenden Bestimmungen seitens der alliierten und assoziierten Mächte zur Anwendung, so werden angemessene Entschädigungen oder Vergütungen gewährt, die in der gleichen Weise wie alle anderen den deutschen Reichsangehörigen geschuldeten Summen gemäß den Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrags verwendet werden.
Jede der alliierten oder assoziierten Mächte behält sich die Befugnis vor, jede seit dem 1. August 1914 vollzogene und jede künftige Abtretung oder Teilabtretung oder jede Einräumung gewerblicher, literarischer oder künstlerischer Eigentumsrechte, die die Anwendung der Bestimmungen dieses Artikels vereiteln könnte, als null und nichtig anzusehen.
Die Bestimmungen dieses Artikels finden auf die gewerblichen, literarischen oder künstlerischen Eigentumsrechte von Gesellschaften oder Unternehmungen, deren Liquidation von den alliierten oder assoziierten Mächten entsprechend den Kriegsausnahmegesetzen vorgenommen worden ist oder auf Grund des Artikels 297 Absatz b noch vorgenommen wird, keine Anwendung.
Soweit Staatsangehörige eines jeden der Hohen vertragschließenden Teile bereits vor dem 1. August 1914 gewerbliche Eigentumsrechte besaßen oder solche, wenn es nicht zum Kriege gekommen wäre, auf Grund eines vor oder im Verlauf des Krieges angebrachten Gesuches seitdem hätten erwerben können, wird ihnen zur Erhaltung oder zum Erwerb dieser Rechte eine Mindestfrist von einem Jahre nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertragsgewährt, um ohne jeden Aufschlag oder irgendwelche Strafgebühr jede Handlung nachzuholen, jede Förmlichkeit zu erfüllen, jede Gebühr zu entrichten, überhaupt jeder Verpflichtung zu genügen, die die Gesetze oder Verwaltungsverordnungen des einzelnen Staates vorschreiben. Das gleiche gilt für die Geltendmachung eines Widerspruchs gegen solche Rechte. Indessen verleiht dieser Artikel kein Recht auf die Wiedereröffnung eines Interferenzverfahrens in den Vereinigten Staaten von Amerika, in dem die Schlußverhandlung stattgefunden hat.
Gewerbliche Eigentumsrechte, die infolge der Nichtvornahme einer Handlung, der Nichterfüllung einer Förmlichkeit oder der Nichtbezahlung einer Gebühr verfallen sind, treten wieder in Kraft. Haben jedoch dritte Personen Patente oder Muster, während sie verfallen waren, verwertet oder benutzt, so bleibt jeder alliierten oder assoziierten Macht die Befugnis vorbehalten, die Anordnungen zu treffen, die sie zur Wahrung der Rechte dieser dritten Personen billigerweise für geboten erachtet. Ferner unterliegen die Patente und Muster, welche deutschen Reichsangehörigen zustehen und hiernach wieder in Kraft treten, hinsichtlich der Lizenzbewilligung auch weiterhin den Vorschriften, die während des Krieges auf sie Anwendung fanden, sowie allen Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrags.
Der Zeitraum zwischen dem 1. August 1914 und dem Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags wird auf die für die Ausübung eines Patents oder für den Gebrauch von Fabrik- und Handelsmarken oder von Mustern vorgesehene Frist nicht angerechnet; auch wird vereinbart, daß ein Patent, eine Fabrik- oder Handelsmarke oder ein Muster, das am 1. August 1914 noch in Kraft war, wegen bloßer Nichtausübung oder bloßen Nichtgebrauchs nicht vor Ablauf einer Frist von zwei Jahren nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags verfällt oder für ungültig erklärt werden darf.
Die Prioritätsfristen, die im Artikel 4 des im Jahre 1911 in Washington revidierten internationalen Pariser Abkommens vom 20. März 1883 oder in einem anderen geltenden Abkommen oder Gesetze für die Einreichung oder Eintragung der Gesuche um Verleihung von Patenten, um Schutz von Gebrauchsmustern, Fabrik- oder Handelsmarken, Mustern und Modellen vorgesehen sind und die am 1. August 1914 noch nicht abgelaufen waren, sowie diejenigen, die während des Krieges begonnen haben oder, wenn es nicht zum Kriege gekommen wäre, hätten beginnen können, werden durch jeden der Hohen vertragschließenden Teile zugunsten der Staatsangehörigen der anderen Hohen vertragschließenden Teile bis zum Ablauf einer Frist von sechs Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags verlängert.
Diese Fristverlängerung läßt jedoch die Rechte jedes Hohen vertragschließenden Teils oder jeder Person unberührt, die sich bei Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags im gutgläubigen Besitze von gewerblichen Eigentumsrechten befindet, welche mit den unter Beanspruchung der Priorität nachgesuchten Rechte in Widerspruch stehen; sie behalten den Genuß ihrer Rechte für ihre Person oder in der Person von Vertretern oder Lizenzinhabern, denen sie diese Rechte vor dem Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags eingeräumt haben, und dürfen dieserhalb in keiner Weise als Nachahmer in Anspruch genommen oder verfolgt werden.
Artikel 309.
Deutsche Reichsangehörige oder in Deutschland wohnende oder dort ihr Gewerbe treibende Personen einerseits und Staatsangehörige der alliierten oder assoziierten Mächte oder im Gebiete dieser Mächte wohnende oder dort ihr Gewerbe treibende Personen andererseits sowie Dritte, denen die bezeichneten Persönlichkeiten etwa während des Krieges ihre Rechte abgetreten haben, können auf Grund von Vorgängen auf dem Gebiete des anderen Teils in der Zeit zwischen der Kriegserklärung und dem Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags, in denen Verletzungen der zu irgend einem Zeitpunkt während des Krieges geltenden oder der gemäß den vorstehenden Artikeln 307 und 308 wiederhergestellten gewerblichen, literarischen oder künstlerischen Eigentumsrechte erblickt werden könnten, keine Klage zu erheben und keinerlei Anspruch geltend zu machen.
Sind des ferneren in der Zeit zwischen der Kriegserklärung und der Unterzeichnung des gegenwärtigen Vertrags Erzeugnisse oder Gegenstände hergestellt oder literarische oder künstlerische Werke veröffentlicht worden, so gibt weder ihr Erwerb noch ihre Benutzung oder Verwendung durch dritte den vorbezeichneten Personen jemals ein Klagerecht wegen Verletzung von gewerblichen oder künstlerischen [engl. Text: “gewerblichen, literarischen oder künstlerischen”] Eigentumsrechten; auch der Verkauf und das Feilbieten begründet ein solches Klagerecht nicht, wenn dieser Verkauf und dieses Feilbieten während eines Jahres nach der Unterzeichnung des gegenwärtigen Vertrags in den Gebieten der alliierten und assoziierten Mächte einerseits oder Deutschland andererseits stattfindet. Diese Bestimmung findet jedoch keine Anwendung, wenn die Berechtigten ihren Wohnsitz oder ihre gewerbliche oder Handelsniederlassung in den von Deutschland im Laufe des Krieges besetzten Gebieten hatten.
Dieser Artikel gilt nicht im Verhältnis zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika einerseits und Deutschland andererseits.
Artikel 310.
Lizenzverträge über Ausübung von Rechten des gewerblichen Eigentums oder über Vervielfältigung von literarischen oder künstlerischen Werken [engl. Text: “Lizenzverträge über gewerbliches, literarisches oder künstlerisches Eigentum, die vor …”], die vor der Kriegserklärung zwischen Staatsangehörigen der alliierten oder assoziierten Mächte oder in ihrem Gebiete wohnenden oder dort ihr Gewerbe treibenden Personen einerseits und deutschen Reichsangehörigen andererseits geschlossen sind, gelten vom Zeitpunkt der Kriegserklärung zwischen Deutschland und der alliierten oder assoziierten Macht ab als aufgelöst. In allen Fällen hat jedoch der auf Grund eines solchen Vertrags ursprünglich Lizenzberechtigte das Recht, binnen einer Frist von sechs Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags von dem Inhaber der Rechte die Einräumung einer neuen Lizenz zu verlangen. Die Bedingungen der neuen Lizenz werden mangels einer Einigung zwischen den Parteien von dem zuständigen Gerichte des Landes, unter dessen Gesetzgebung die Rechte erworben sind, festgesetzt, es sei denn, daß die Lizenzen auf Rechten beruhen, die unter deutscher Gesetzgebung erworben sind; in diesem Fall werden die Bedingungen durch den in Abschnitt VI dieses Teils vorgesehenen Gemischten Schiedsgerichtshof festgesetzt. Der Gerichtshof kann alsdann gegebenenfalls den Betrag der ihm angebracht erscheinenden Vergütung für die Ausnutzung der Rechte währen des Krieges festsetzen.
Lizenzen für gewerbliche, literarische oder künstlerische Eigentumsrechten, die kraft der besonderen Kriegsgesetzgebung einer alliierten oder assoziierten Macht verliehen sind, werden von der Fortdauer einer schon vor dem Kriege bestehenden Lizenz nicht berührt, sondern behalten ihre volle Gültigkeit und Wirksamkeit. Ist eine solche Lizenz dem auf Grund eines vor dem Kriege abgeschlossenen Lizenzvertrags ursprünglich Lizenzberechtigten verliehen, so gilt sie als an die Stelle der früheren Lizenz getreten.
Sind auf Grund eines vor dem Kriege abgeschlossenen, auf Ausübung von Rechten des gewerblichen Eigentums oder Vervielfältigung oder Aufführung literarischer oder künstlerischer Werke gerichteten Vertrags oder auf Grund einer vor dem Kriege erteilten Lizenz solchen Inhalts währen des Krieges Geldsummen gezahlt worden, so finden sie die gleiche Verwendung wie dem gegenwärtigen Vertrag zufolge die sonstigen Schulden oder Forderungen der deutschen Reichsangehörigen.
Dieser Artikel gilt nicht im Verhältnis zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika einerseits und Deutschland andererseits.
Artikel 311.
Die Einwohner der auf Grund des gegenwärtigen Vertrags von Deutschland abgetrennten Gebiete behalten ungeachtet dieser Trennung und des sich daraus ergebenen Wechsels der Staatsangehörigkeit in Deutschland den vollen, uneingeschränkten Genuß aller gewerblichen, literarischen und künstlerischen Eigentumsrechte, deren Inhaber sie nach der deutschen Gesetzgebung zur Zeit dieser Trennung waren.
Die gewerblichen, literarischen und künstlerischen Eigentumsrechte, die in den nach Maßgabe des gegenwärtigen Vertrags von Deutschland abgetrennten Gebieten zur Zeit der Abtrennung dieser Gebiete von Deutschland in Kraft sind oder zufolge Artikel 306 des gegenwärtigen Vertrags wiederhergestellt werden oder in Kraft treten, werden von dem Staate, auf den das Gebiet übergeht, anerkannt und bleiben in diesem Gebiete solange in Kraft, wie dies nach deutschem Rechte der Fall ist.
Abschnitt VIII.
Soziale und staatliche Versicherungen in den abgetrennten Gebieten.
Artikel 312.
Unbeschadet der in anderen Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrags enthaltenen Abreden verpflichten sich die deutsche Regierung, derjenigen Macht, an die deutsche Gebiete in Europa abgetreten werden, oder der Macht, die frühere deutsche Gebiete kraft Artikel 22 Teil I (Völkerbundssatzung) als Mandator verwaltet, einen entsprechenden Anteil der von der Reichsregierung oder den Regierungen der deutschen Staaten oder von den unter ihrer Aufsicht tätigen öffentlichen und privaten Körperschaften angesammelten Rücklagen abzutreten, die für den Dienst der gesamten sozialen und staatlichen Versicherungen in diesen Gebieten bestimmt sind.
Die Mächte, auf welche diese Gelder übertragen werden, sind gehalten, sie zur Erfüllung der aus den Versicherungen entspringenden Verpflichtungen zu verwenden.
Die Bedingungen dieser Übertragung werden durch besondere Übereinkommen zwischen der deutschen Regierung und den beteiligten Regierungen geregelt.
Falls diese besonderen Übereinkommen nicht nach Maßgabe des vorstehenden Absatzes binnen drei Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags geschossen sind, werden die Übertragungsbedingungen in jedem Einzelfall einem aus fünf Mitgliedern gebildeten Ausschuß unterbreitet, von denen eines von der deutschen Regierung, eines von der anderen beteiligten Regierung und drei von dem Verwaltungsrat des internationalen Arbeitsamtes unter den Staatsangehörigen anderer Staaten ausgewählt werden. Dieser Ausschuß hat mit Stimmenmehrheit innerhalb einer Frist von drei Monaten nach seiner Bildung Vorschläge aufzustellen, die dem Rat des Völkerbunds zu unterbreiten sind; die Entscheidungen des Rates sind von Deutschland und von dem anderen beteiligten Land mit sofortiger Wirkung als endgültig anzusehen.
Teil XI.
Luftfahrt.
Die den alliierten und assoziierten Mächten angehörigen Luftfahrzeuge haben innerhalb des deutschen Gebietes und der deutschen Hoheitsgewässer volle Flug- und Landungsfreiheit und genießen dieselben Vergünstigungen wie deutsche Luftfahrzeuge, besonders in Notfällen zu Land oder See.
Vorbehaltlich der Erfüllung der von Deutschland etwa erlassenen Vorschriften, die aber in gleicher Weise auf deutsche Luftfahrzeuge und solche der alliierten und assoziierten Länder anwendbar sein müssen, genießen die den alliierten und assoziierten Mächten angehörigen Luftfahrzeuge im Durchquerungsverkehr nach irgendeinem anderen Land das Recht, ohne zu landen, das deutsche Gebiet und die deutschen Hoheitsgewässer zu überfliegen.
Die in Deutschland angelegten und dem heimischen öffentlichen Luftverkehr zugänglichen Flugplätze stehen auch den Luftfahrzeugen der alliierten und assoziierten Mächte offen; diese erfahren daselbst in bezug auf Abgaben jeder Art einschließlich Landungs- und Versorgungsgebühren die gleiche Behandlung wie deutsche Luftfahrzeuge.
Artikel 316.
Vorbehaltlich der gegenwärtigen Bestimmungen ist das in den Artikeln 313, 314 und 315 vorgesehene Flug-, Durchquerungs- und Landungsrecht an die Beobachtung der Vorschriften, die Deutschland zu erlassen für notwendig erachtet, geknüpft. Jedoch müssen solche Vorschriften unterschiedslos auf deutsche Luftfahrzeuge und solche der alliierten und assoziierten Länder angewendet werden.
Artikel 317.
Die Staatsangehörigkeits- und Flugsicherheitsbescheinigungen, Befähigungszeugnisse und Lizenzen, die von einer der alliierten und assoziierten Mächte ausgestellt oder als gültig anerkannt sind, werden auch in Deutschland als gültig und als den von Deutschland ausgestellten Bescheinigungen, Zeugnissen und Lizenzen gleichwertig zugelassen.
Artikel 318.
Im inländischen Handelsluftverkehr genießen die den alliierten und assoziierten Mächten angehörigen Luftfahrzeuge in Deutschland gleiche Behandlung wie die meistbegünstigte Nation.
Artikel 319.
Deutschland sagt zu, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, daß jedes über deutschem Gebiet fliegende deutsche Luftfahrzeug die Vorschriften, betreffend Lichter und Signale, die Flugvorschriften und deren Umsetzung beachtet, wie sie in dem von den alliierten und assoziierten Mächten abgeschlossenen Übereinkommen über die Luftfahrt festgelegt sind.
Artikel 320.
Die durch die vorstehenden Bestimmungen auferlegten Verpflichtungen bleiben bis zum 1. Januar 1923 in Kraft, sofern nicht Deutschland zu einem früheren Zeitpunkt in den Völkerbund aufgenommen ist oder von den alliierten und assoziierten Mächten die Zustimmung zum Beitritt zu dem von ihnen abgeschlossenen Übereinkommen über die Luftfahrt erhalten hat.
Teil XII.
Häfen, Wasserstraßen und Eisenbahnen.
Abschnitt I.
Allgemeine Bestimmungen.
Deutschland verpflichtet sich, dem Personen-, Güter-, Schiffs-, Boots-, Eisenbahnwagen- und Postverkehr von oder nach den angrenzenden oder nicht angrenzenden Gebieten irgendeiner der alliierten und assoziierten Mächte freien Durchgang durch sein Gebiet auf den für den internationalen Durchgangsverkehr geeignetsten Wegen, auf Eisenbahnen, schiffbaren Wasserläufen oder Kanälen zu gewähren, auch zu diesem Zweck die Durchfahrt durch die Hoheitsgewässer zu gestatten. Der Personen-, Waren-, Schiffs-, Boots-, Wagen-, Eisenbahnwagen- und Postverkehr wird keinen Durchgangszöllen oder unnützen Verzögerungen oder Beschränkungen und hat in Deutschland in bezug auf Gebühren und Verkehrserleichterungen sowie in jeder anderen Hinsicht ein Anrecht auf gleiche Behandlung wie der innerdeutsche Verkehr.
Die Durchgangsgüter bleiben von allen Zoll- oder ähnlichen Abgaben frei.
Alle den Durchgangsverkehr belastenden Gebühren oder Abgaben müssen den Verkehrverhältnissen entsprechend angemessen berechnet werden. Die Person des Eigentümers oder die Staatszugehörigkeit des Schiffes oder sonstigen Beförderungsmittel, das auf irgendeinem Teile der gesamten Durchgangsstrecke benutzt worden ist oder benutzt werden soll, darf für die Abgaben, Verkehrserleichterungen oder Beschränkungen weder unmittelbar noch mittelbar ausschlaggebend sein.
Artikel 322.
Deutschland verpflichtet sich, über Auswanderungsunternehmungen, welche Auswanderer- oder Rückwandererverkehr durch seine Gebiet leiten, keine staatliche Aufsicht einzurichten oder beizubehalten, es sei denn zum Zweck der Feststellung, daß die Reisenden tatsächlich sich im Durchgangsverkehr befinden; wird zu letzterem Zweck ein Verwaltungsdienst eingerichtet, so darf Deutschland keine am Verkehr interessierte Schiffahrtsgesellschaft oder eine andere Körperschaft, Gesellschaft oder Privatperson irgendwie daran teilnehmen lassen oder ihr einen unmittelbaren oder mittelbaren Einfluß in dieser Hinsicht einräumen.
Deutschland begibt sich des Rechtes, bei seinen Ein- und Ausfuhrzöllen, -abgaben und -verboten unmittelbar oder mittelbar eine unterschiedliche oder Vorzugesbehandlung nach folgenden Gesichtspunkten eintreten zu lassen: nach der Ein- oder Ausgangsgrenze, nach der Art, den Eigentumsverhältnissen, oder der Flagge des Beförderungsmittels (einschließlich der Luftverkehrsmittels), nach dem ursprünglichen oder letzten Abgangsort des Schiffes, Bootes, Eisenbahnwagens, Luftschiffs oder sonstigen Beförderungsmittels, nach seinem endgültigen oder Zwischenbestimmungsort, nach dem eingeschlagenen Reiseweg oder den Umladeplätzen, nach dem Umstand, ob der Hafen, über den die Waren ein-, oder ausgeführt werden, ein deutscher oder irgendein ausländischer Hafen ist, oder nach dem Umstand, ob die Ein- und Ausfuhr der Waren zu Wasser, zu Lande oder durch die Luft erfolgt. Das gleiche gilt vorbehaltlich der Sondervorschriften des gegenwärtigen Vertrags für die Beförderungsbedingungen und -kosten für Güter und Personen, die in sein Gebiet eintreten oder es verlassen.
Deutschland begibt sich namentlich des Rechtes, zum Nachteil der Häfen, Schiffe oder Boote irgendeiner alliierten oder assoziierten Macht Zuschlagsgebühren oder unmittelbare oder mittelbare Prämien auf die Aus- oder Einfuhr über deutsche oder nichtdeutsche Häfen oder auf deutschen oder nichtdeutschen Schiffen und Booten, insbesondere in Form von kombinierten Tarifen festzusetzen. Ferner verzichtet es darauf, Personen oder Waren, die über einen Hafen der alliierten und assoziierten Mächte ihren Weg nehmen oder ein Schiff oder ein Boot dieser Mächte benutzen, Förmlichkeiten oder Weiterungen zu unterwerfen, die nicht statthätten, wenn sie über einen deutschen Hafen oder den Hafen einer anderen Macht ihren Weg nähmen oder ein deutsches Schiff oder Boot oder ein Boot einer anderen Nation benutzten.
Artikel 324.
Um den Übergang der Waren über die deutsche Grenze nach Möglichkeit abzukürzen und um von der Grenze ab ihre Anfertigung und Weiterbeförderung unter denselben sachlichen Bedingungen – besonders hinsichtlich der Geschwindigkeit und Sorgfalt der Beförderung -, wie sie Waren gleicher Art auf deutschem Gebiet unter ähnlichen Beförderungsbedingungen genießen würden, zu erledigen, sind alle zweckdienlichen Verwaltungs- und technischen Maßnahmen zu treffen, und zwar ohne Unterschied, ob die Waren aus den Gebieten der alliierten und assoziierten Mächte kommen oder dorthin gehen oder Durchgangswaren aus diesen Gebieten oder mit Bestimmung nach diesen Gebieten sind.
Insbesondere sind leicht verderbliche Waren schnell und glatt zu befördern und die Zollförmlichkeiten so zu erledigen, daß die unmittelbare Weiterführung der Warensendung mit den Anschlußzügen ermöglicht wird.
Artikel 325.
Die Seehäfen der alliierten und assoziierten Mächte genießen alle Vorteile und Tarifermäßigungen, die auf den deutschen Eisenbahnen oder Schiffahrtsstraßen zugunsten deutscher Häfen oder irgendeines Hafens einer anderen Macht gewährt werden.
Artikel 326.
Deutschland darf seine Teilnahme an Tarifen oder kombinierten Tarifen nicht verweigern, die den Häfen einer der alliierten und assoziierten Mächte ähnliche Vorteile, wie es seinen eigenen Häfen oder denen einer anderen Macht gewährt, zuwenden.
Kapitel 1.
Freiheit der Schiffahrt.
Die Staatsangehörigen der alliierten und assoziierten Mächte genießen ebenso wie ihre Güter, Schiffe und Boote in allen deutschen Häfen und auf allen deutschen Binnenschiffahrtsstraßen in jeder Hinsicht die gleiche Behandlung wie die deutschen Reichsnagehörigen, Güter, Schiffe und Boote.
Insbesondere sind die Schiffe und Boote jeder alliierten und assoziierten Macht berechtigt, Waren jeder Art und Reisende von und nach allen Häfen oder Plätzen Deutschlands, zu denen die deutschen Schiffe und Boote Zugang haben, zu keinen ungünstigeren Bedingungen zu befördern als sie bei Schiffen des Landes zur Anwendung gelangen. Sie sind auf dem Fuße der Gleichberechtigung mit den Schiffen und Booten des Landes zu behandeln, soweit es sich um die Benutzung der hafen- und Ladestraßeneinrichtungen sowie um hafen- und Ladestraßenabgaben jeder Art handelt. Es fallen darunter die Anlege-, Ladungs- und Löschungseinrichtungen, die Tonnengelder und -gebühren, die Ladestraßen-, Lotsen-, Leuchtturm-, Quarantäne- und alle ähnlichen Abgaben und Gebühren aller Art, die im Namen und für Rechnung der Regierung oder im Namen und für Rechnung von öffentlichen Beamten, Privatpersonen, Körperschaften oder Anstalten aller Art erhoben werden.
Gesteht Deutschland irgendeiner alliierten oder assoziierten oder irgendeiner anderen fremden Macht eine Vorzugsbehandlung zu, so tritt diese Behandlung unverzüglich und bedingungslos für alle alliierten und assoziierten Mächte in Kraft.
Der Verkehr von Personen, Schiffen und Booten erfährt keine anderen Beschränkungen als solche, die sich aus den Zoll- und Polizeivorschriften, aus den Vorschriften über das Gesundheitswesen, sowie über Aus- und Einwanderung, endlich aus Ein- und Ausfuhrverboten ergeben. Solche Bestimmungen müssen angemessen und gleichmäßig sein und dürfen den Handel nicht unnötig behindern.
Kapitel 2.
Freizonen in den Häfen.
Die Freizonen, die in den deutschen Häfen am 1. August 1914 eingerichtet waren, bleiben bestehen. Für sie und die auf deutschem Gebiete auf Grund des gegenwärtigen Vertrags neu eingerichteten Freizonen gilt die in den folgenden Artikeln vorgesehene Ordnung.
Waren, die in die Freizone eingehen oder aus ihr kommen, unterliegen, den Fall des Artikels 300 ausgenommen, keinem Einfuhr- oder Ausfuhrzoll.
Von den in die Freizone eintretenden Schiffen und Waren dürfen die zur Deckung der Verwaltungs-, Unterhalts- und Verbesserungskosten des Hafens festgesetzten Gebühren sowie die Angaben für die Benutzung der einzelnen Einrichtungen erhoben werden, vorausgesetzt, daß diese Gebühren und Abgaben im Hinblick auf die angewendeten Kosten angemessen sind und ihre Erhebung nach dem im Artikel 327 vorgesehenen Grundsatz der gleichen Behandlung erfolgt.
Von den Waren dürfen keine anderen Abgaben oder Gebühren als eine statistische Gebühr erhoben werden, die höchstens eins von Tausend vom Wert betragen darf und ausschließlich zur Deckung der Kosten für die amtlichen Aufstellungen über den Hafenumschlag zu verwenden ist.
Artikel 329.
Die für die Speicherung sowie für Verpacken und Auspacken der Waren dienenden Einrichtungen haben den jeweiligen Handelsbedürfnissen zu entsprechen. Alle Erzeugnisse, deren Verbrauch in der Freizone erlaubt ist, bleiben von Verbrauchs- oder anderen Angaben jeder Art, mit Ausnahme der im Artikel 328 erwähnte statistischen Gebühr, frei.
Bei Anwendung der Vorschriften dieses Artikels darf zwischen den Staatsangehörigen verschiedener Nationen oder zwischen Waren verschiedenen Ursprungs und verschiedener Bestimmung keine Unterschied gemacht werden.
Auf Erzeugnisse, die aus der Freizone dem Verbrauch des Landes, in dessen Gebiet der Hafen liegt, zugeführt werden, dürfen Einfuhrzölle gelegt werden. Umgekehrt dürfen Erzeugnisse aus diesem lande, die für die Freizone bestimmt sind, mit Ausfuhrzöllen belegt werden. Diese Ein- und Ausfuhrzölle sind auf derselben Grundlage und nach denselben Sätzen zu erheben wie ähnliche Zölle an anderen Zollgrenzen des betreffenden Landes. Andererseits begibt sich Deutschland des Rechtes, irgendwelche Ein-, Aus- oder Durchfuhrzölle, gleichviel unter welcher Bezeichnung, auf die Erzeugnisse zu legen, die zu Lande oder zu Wasser durch deutsches Gebiet nach oder aus der Freizone aus oder nach irgendeinem anderen Staate befördert werden.
Zur Sicherung und Gewährleistung dieses freien Zugangs auf den normalerweise zu der Freizone führenden Eisenbahnen und Wasserstraßen seines Gebietes hat Deutschland die nötigen Anordnungen zu erlassen.
Kapitel 3.
Bestimmungen über Elbe, Oder, Memel (Rußstrom, Memel, Njemen) und Donau.
I. A l l g e m e i n e B e s t i m m u n g e n.
Es werden für international erklärt:
die Elbe (Labe) von der Mündung der Vltava (Moldau) und die Vltava (Moldau) von Prag ab;
die Oder (Odra) von der Mündung der Oppa ab;
die Memel (Rußstrom, Memel. Njemen) von Grodno ab;
die Donau von Ulm ab;
und jeder schiffbare Teil dieser Flußgebiete, der mehr als einem Staat den natürlichen Zugang zum Meere mit oder ohne Umladung von einem Schiff in ein anderes vermittelt, sowie die Seitenkanäle und Fahrtrinnen, die zur Verdoppelung oder Verbesserung der von Natur aus schiffbaren Abschnitte der genannten Flußgebiete oder zur Verbindung zweier von Natur aus schiffbarer Abschnitte des gleichen Wasserlaufs gebaut werden.
Das gleiche gilt für den Schiffahrtsweg Rhein-Donau, falls er unter den im Artikel 353 festgesetzten Bedingungen gebaut wird.
Auf den im vorstehenden Artikel für international erklärten Wasserstraßen werden die Staatsangehörigen, das Gut und die Flagge aller Mächte auf dem Fuß vollkommener Gleichheit behandelt, und zwar so, daß kein Unterschied zum Nachteile der Staatsangehörigen, des Gutes und der Flagge irgendeiner dieser Mächte zwischen diesen und den Staatsangehörigen, dem Gute und der Flagge des Uferstaats selbst oder des meistbegünstigten Staates gemacht werden darf.
Deutsche Schiffe dürfen indes regelmäßige Schiffsverbindungen für Reisende und Güter zwischen den Häfen einer alliierten oder assoziierten Macht nur mit deren besonderer Ermächtigung unterhalten.
Artikel 333.
Von den Schiffen, die den Schiffahrtsweg oder seine Zugänge benutzen, dürfen Abgaben erhoben werden, und diese Abgaben dürfen auf den verschiedenen Flußabschnitten verschieden bemessen werden, beides soweit sich aus einem bestehenden Abkommen nicht das Gegenteil ergibt. Die Abgaben sollen ausschließlich zur angemessenen Deckung der Kosten für die Schiffbarerhaltung oder Verbesserung des Flusses und seiner Zugänge oder zur Bestreitung von Ausgaben im Interesse der Schiffahrt dienen. Ihr Tarif wird nach diesen Ausgaben berechnet und in den Häfen ausgehängt. Diese Abgaben werden so festgesetzt, daß eine ins einzelne gehende Untersuchung der Ladung nicht nötig ist, es sei denn, daß Verdacht des Schmuggels oder einer Übertretung besteht.
Artikel 334.
Der Durchgangsverkehr der Reisenden, Schiffe und Güter vollzieht sich nach den im Abschnitt I festgesetzten allgemeinen Grundsätzen.
Gehören beide Ufer eines internationalen Flusses demselben Staat an, so können Durchgangsgüter unter Zollverschluß gebracht oder unter die Aufsicht der Zollbeamten gestellt werden. Bildet der Fluß die Grenze, so bleiben Durchgangsgüter und -reisende von jeder Zollförmlichkeit befreit; die Ein- und Ausladung der Waren sowie die Ein- und Ausschiffung der Reisenden darf nur in den von dem Uferstaat bezeichneten Häfen erfolgen.
Artikel 335.
Auf dem gesamten Lauf und an der Mündung des erwähnten Flüsse dürfen andere Abgaben irgendwelcher Art, als die in diesem Teile festgesetzten, nicht erhoben werden.
Diese Bestimmung läßt das Recht der Uferstaaten zur Erhebung von Zöllen, Orts- oder Verbrauchsabgaben unberührt. Das gleiche gilt hinsichtlich der Einführung angemessener und gleichmäßiger Abgaben, die in den Häfen nach öffentlichen Tarifen für die Benutzung der Krane, Aufzüge, Ladestraßen, Speicher usw. erhoben werden.
Artikel 336.
Mangels einer besonderen Ordnung für die Ausführung der Unterhalts- und Verbesserungsarbeiten auf dem internationalen Abschnitt eines schiffbaren Wasserstraßengebietes ist jeder Uferstaat verpflichtet, in angemessenen Umfang die nötigen Vorkehrungen zur Beseitigung aller Schiffahrtshindernisse und -gefahren und zur Erhaltung guter Schiffahrtsverhältnisse zutreffen.
Kommt ein Staat dieser Verpflichtung nicht nach, so kann jeder Uferstaat oder jeder in dem etwa bestehenden internationalen Ausschuß vertretene Staat den zu diesem Zwecke vom Völkerbund eingesetzten Gerichtshof anrufen.
Das gleich gilt für den Fall, daß ein Uferstaat Arbeiten unternimmt, die geeignet sind, der Schiffahrt in dem internationalen Abschnitt Abbruch zu tun. Der in dem vorigen Artikel erwähnte Gerichtshof kann die Aussetzung oder die Beseitigung dieser Arbeiten anordnen; bei seinen Entscheidungen hat er den Berieselungs-, Wasserkraftnutzungs- und Fischereirechten und den anderen Landesinteressen Rechnung zu tragen, die im Falle des Einverständnisses aller Uferstaaten oder aller in dem etwa bestehenden internationalen Ausschuß vertretenen Staaten den Bedürfnissen der Schiffahrt vorzugehen haben.
Die Anrufung des Gerichtshofes des Völkerbundes hat keine aufschiebende Wirkung.
An Stelle der in den Artikeln 332 bis 337 festgesetzten Ordnung soll als Ersatz eine andere treten, die in einem von den alliierten und assoziierten Mächten entworfenen und vom Völkerbund genehmigten allgemeinen Übereinkommen über die schiffbaren [engl. Text: “schiffbaren” nicht vorhanden] Wasserstraßen, deren internationaler Charakter das Übereinkommen anerkennt, niedergelegt wird. Dieses Übereinkommen findet namentlich auf die Gesamtheit oder einen Teil der obenerwähnten Flußgebiete der Elbe (Labe), Oder (Odra), Memel (Rußstrom, Memel, Njemen) und der Donau sowie auf die anderen Teile der gedachten Flußgebiete Anwendung, die mit ihnen unter einen allgemeinen Gesichtpunkt zusammengefaßt werden können.
Deutschland verpflichtet sich, entsprechend den Bestimmungen des Artikels 379, dem gedachten allgemeinen Übereinkommen sowie allen gemäß dem nachfolgenden Artikel 343 aufgestellten Entwürfen zur Abänderung der geltenden internationalen Abmachungen und Bestimmungen beizutreten.
Deutschland tritt den beteiligten alliierten und assoziierten Mächten längstens binnen drei Monaten nach erhaltener Aufforderung einen Teil der Schlepper und Boote ab, die nach Abzug des zur Wiederherstellung und Wiedergutmachung abgegebenen Teiles in den Häfen der im Artikel 331 erwähnten Flußgebiete eingetragen bleiben. Deutschland tritt gleichfalls das Material jeder Art ab, dessen die beteiligten alliierten und assoziierten Mächte für die Ausnutzung dieser Flußgebiete bedürfen.
Die Zahl der abzutretenden Schlepper und Boote, die Menge des abzutretenden Materials und die Verteilung werden durch einen von den Vereinigten Staaten von Amerika bestimmten Schiedsrichter oder mehrere solche festgesetzt. Hierbei sind die berechtigten Bedürfnisse der beteiligten Parteien zu berücksichtigen; es ist besonders dem Schiffahrtsverkehr in den letzten fünf Jahren vor dem Kriege entscheidende Bedeutung beizumessen.
Alle abgetretenen Fahrzeuge müssen mit ihrem Zubehör und ihrer Ausrüstung versehen, in gutem Zustand und zur Güterbeförderung geeignet sein und aus den letzten Neubauten ausgewählt werden.
Die in diesem Artikel vorgesehenen Abtretungen geben Anspruch auf eine Entschädigung, derer durch den oder die Schiedsrichter in Bausch und Bogen festgesetzter Gesamtbetrag keinesfalls den Anschaffungswert der abgetretenen Materials übersteigen darf und auf die von Deutschland geschuldeten Beträge anzurechnen ist; dementsprechend ist es Sache Deutschlands, die Eigentümer zu entschädigen.
2. S o n d e r b e s t i m m u n g e n f ü r E l b e, O d e r u n d
M e m e l (R u ß s t r o m, M e m e l, N j e m e n)
Die Elbe (Labe) wird der Verwaltung eines internationalen Ausschusses unterstellt, der aus
4 Vertretern der deutschen Uferstaaten,
2 Vertretern der Tschecho-Slowakei,
1 Vertreter Großbritanniens,
1 Vertreter Frankreichs,
1 Vertreter Italiens,
1 Vertreter Belgiens
besteht.
Jede Abordnung hat so viel Stimmen, als ihr Vertreter zustehen, gleichviel wieviel Mitglieder anwesend sind.
Können einige dieser Vertreter bei Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags nicht ernannt werden, so sind die Entschließungen des Ausschusses trotzdem gültig.
Die Oder (Odra) wird der Verwaltung eines internationalen Ausschusses unterstellt, der aus
1 Vertreter Polens,
3 Vertretern Preußens,
1 Vertreter der Tschecho-Slowakei,
1 Vertreter Großbritanniens,
1 Vertreter Frankreichs,
1 Vertreter Dänemarks,
1 Vertreter Schwedens
besteht.
Können einige dieser Vertreter bei Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags nicht ernannt werden, so sind die Entschließungen des Ausschusses trotzdem gültig.
Auf einen bei dem Völkerbund von einem der Uferstaaten gestellten Antrag wird die Memel (Rußstrom, Memel, Njemen) der Verwaltung eines internationalen Ausschusses unterstellt, der sich aus je einem Vertreter der Uferstaaten und drei Vertretern anderer durch den Völkerbund bezeichneter Staaten zusammensetzt.
Die in den Artikeln 340 und 341 vorgesehenen internationalen Ausschüsse treten binnen drei Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags zusammen. Der im Artikel 342 vorgesehene internationale Ausschuß tritt binnen drei Monaten nach Stellung des Antrags durch einen Uferstaat zusammen. Jeder dieser Ausschüsse schreitet unverzüglich zur Ausarbeitung eines Entwurfs zur Neufassung der geltenden internationalen Abmachungen und Bestimmungen. Dieser Entwurf wird in Übereinstimmung mit dem im Artikel 338 erwähnten allgemeinen Übereinkommen abgefaßt, wenn dies Übereinkommen bereistgeschlossen ist; andernfalls wird er entsprechend den oben in den Artikeln 332 bis 337 niedergelegten Grundsätzen aufgestellt.
Artikel 344.
Die im vorstehenden Artikel erwähnten Entwürfe sollen insbesondere
a) den Sitz des internationalen Ausschusses bestimmen und die Art der Ernennung seines Vorsitzenden festsetzen,
b) den Umfang seiner Zuständigkeit bestimmen, insbesondere was die Ausführung der Arbeiten zur Instandhaltung, zum Ausbau und zur Verbesserung des Flußgebiets, die finanziellen Grundsätze, die Festsetzung und Erhebung der Abgaben und die Schiffahrtsordnung anlangt,
c) die Abschnitte des Flusses oder seiner Nebenflüsse abgrenzen, auf welche die internationale Ordnung Anwendung finden soll.
Artikel 345.
Die internationalen Abmachungen und die Vorschriften, nach denen zur Zeit die Schiffahrt auf der Elbe (Labe), Oder (Odra), Memel (Rußstrom, Memel, Njemen) sich regelt, bleiben bis zur Ratifikation der oben erwähnten Neufassungsentwürfe vorläufig in Kraft. In allen Fällen, wo diese Abmachungen und Vorschriften zu den Bestimmungen der vorstehenden Artikel 332 bis 337 oder des zu schließenden allgemeinen Übereinkommens in Widerspruch stehen, gehen diese letzteren indes vor.
3. S o n d e r b e s t i m m u n g e n ü b e r d i e D o n a u.
Artikel 346.
Die Europäische Donaukommission übt von neuem die Befugnisse aus, die sie vor dem Krieg hatte. Vorläufig wird diese Kommission jedoch lediglich von den Vertretern Großbritanniens, Frankreichs, Italiens und Rumäniens gebildet.
Artikel 347.
Von der Stelle ab, wo die Zuständigkeit der Europäischen Kommission aufhört, tritt das im Artikel 331 bezeichnete der Donau unter die Verwaltung eines internationalen Ausschusses, der sich wie folgt zusammensetzt:
aus 2 Vertretern der deutschen Uferstaaten,
aus je 1 Vertreter der anderen Uferstaaten,
aus je 1 Vertreter der in Zukunft in der Europäischen Kommission vertretenen Nichtuferstaaten.
Können einige dieser Vertreter bei Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags nicht ernannt werden, so sind die Entschließungen des Ausschusses trotzdem gültig.
Artikel 348.
Der im vorstehenden Artikel vorgesehene internationale Ausschuß tritt so bald wie möglich nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags zusammen und übernimmt bis zur Festsetzung einer endgültigen Donauordnung durch die von den alliierten und assoziierten Mächten bezeichneten Mächte vorläufig die Verwaltung des Flusses in Gemäßheit der Bestimmungen der Artikel 332 bis 337.
Artikel 349.
Deutschland verpflichtet sich zur Anerkennung der Donauordnung, die durch eine Tagung der von den alliierten und assoziierten Mächten bezeichneten Mächte festgesetzt wird; diese Tagung, bei der Vertreter Deutschlands zugegen sein dürfen, tritt binnen eines Jahres nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags zusammen.
Artikel 350.
Der durch Artikel 57 des Berliner Vertrags vom 13. Juli 1878 Österreich-Ungarn erteilte und von diesem auf Ungarn übertragene Auftrag zur Ausführung der Arbeiten am Eisernen Tor wird aufgehoben. Der mit der Verwaltung dieses Stromabschnitts betraute Ausschuß regelt vorbehaltlich der finanziellen Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrags die Schlußrechnung. Die etwa erforderlichen Abgaben werden keinesfalls von Ungarn erhoben.
Artikel 351.
Für den Fall, daß die Tschecho-Slowakei, der serbo-kroatisch-slovenische Staat oder Rumänien nach erfolgter Ermächtigung oder im Auftrage des internationalen Ausschusses Ausbau-, Verbesserungs-, Stau- oder andere Arbeiten auf einem die Grenze bildenden Abschnitt des Flußgebietes unternehmen, steht diesen Staaten die Inanspruchnahme sowohl des gegenüberliegenden Ufers wie des außerhalb ihres Gebietes gelegenen Flußbetteiles in dem für die Vorarbeiten, die Ausführung und die Instandhaltung dieser Arbeiten bedingten Umfang zu.
Artikel 352.
Deutschland ist der europäischen Donaukommission gegenüber zu jeder Wiederherstellung, Wiedergutmachung und Ausgleichung hinsichtlich der von dieser Kommission während des Krieges erlittenen Schäden verpflichtet.
Im Falle des Baues eines Großschiffahrtsweges Rhein-Donau verpflichtet sich Deutschland, auf diesen Schiffahrtweg die in den Artikeln 332 bis 338 niederlegte Ordnung zur Anwendung zu bringen.
Kapitel IV.
Bestimmungen über Rhein und Mosel.
Artikel 354.
Vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags ab regelt sich die Rheinschifffahrt weiterhin nach dem Mannheimer Abkommen vom 17. Oktober 1868 nebst Schlußprotokoll mit folgenden Maßgaben:
Bei etwaigen Widersprüchen zwischen einzelnen Bestimmungen des genannten Abkommens und den Bestimmungen des oben in Artikel 338 erwähnten allgemeinen Übereinkommens, das auch auf den Rhein Anwendung findet, gehen die Bestimmungen des allgemeinen Übereinkommens vor.
Längstens binnen sechs Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags tritt die im Artikel 355 erwähnte Zentralkommission zum Zwecke des Entwurfs einer Neufassung des Mannheimer Abkommens zusammen. Dieser Entwurf wird im Einklang mit den Bestimmungen des allgemeinen Übereinkommens aufgestellt, wenn dieses zu dem gedachten Zeitpunkt bereits abgeschlossen ist, und den in der Zentralkommission vertretenen Mächten vorgelegt.
Deutschland erklärt schon jetzt seine Zustimmung zu dem in der obigen Weise aufgestellten Entwurf.
Außerdem werden die in den folgenden Artikeln behandelten Abänderungen sofort in das Mannheimer Abkommen aufgenommen.
Die alliierten und assoziierten Mächte behalten sich das Recht vor, sich darüber mit den Niederlanden zu verständigen. Deutschland verpflichtet sich schon jetzt, seine Zustimmung zu jeder derartigen Vereinbarung zu geben, sobald es darum ersucht wird.
Die durch das Mannheimer Abkommen vorgesehene Zentralkommission besteht künftig aus neunzehn Mitgliedern, nämlich aus:
2 Vertretern der Niederlande,
2 Vertretern der Schweiz,
4 Vertretern der deutschen Uferstaaten,
4 Vertretern Frankreichs, das außerdem den Vorsitzenden der Kommission ernennt,
2 Vertretern Großbritannien,
2 Vertretern Italiens,
2 Vertretern Belgiens.
Die Zentralkommission nimmt ihren Sitz in Straßburg.
Jede Anordnung hat soviel Stimmen, als ihr Vertreter zustehen, gleichviel wieviel Mitglieder anwesend sind.
Können einige dieser Vertreter bei Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags nicht ernannt werden, so sind die Entschließungen der Kommission trotzdem gültig.
Artikel 356.
Die Schiffe aller Nationen und ihre Ladungen genießen dieselben Rechte und Vorrechte wie die eigens zur Rheinschafffahrt bestimmten Schiffe und ihre Ladungen.
Keine der in den Artikeln 15 bis 20 und 26 des vorerwähnten Mannheimer Abkommens, im Artikel 4 des Schlußprotokolls oder in den späteren Abkommen enthaltenen Bestimmungen steht der freien Schiffahrt von Schiff und Mannschaft irgendwelcher Staatsangehörigkeit auf dem Rhein und auf den Wasserstraßen, auf die sich die gedachten Abkommen beziehen, entgegen, vorausgesetzt, daß die von der Zentralkommission erlassenen Vorschriften über den Lotsendienst und die sonstigen Polizeianordnungen [engl. Text: “Polizeiverordnungen” bezieht sich nur auf die von der Zentralkommission erlassen Polizeiverordnungen, nicht auf allgemeine wie der französische Text] beobachtet werden.
Die Bestimmungen des Artikel 22 des Mannheimer Abkommens und des Artikel 5 des Schlußprotokolls finden lediglich auf die als Rheinschiffe eingetragenen Schiffe Annwendung. Die Zentralkommission bestimmt die Art und Weise, in der festgestellt wird, ob die anderen Schiffe den Anforderungen der allgemeinen für die Rheinschafffahrt gültigen Vorschriften entsprechen.
Artikel 357.
Längstens binnen drei Monaten nach erhaltener Aufforderung tritt Deutschland an Frankreich entweder einen Teil der Schlepper und Schiffe, die nach Abzug der zur Wiederherstellung und Wiedergutmachung abgegebenen, in den deutschen Rheinhäfen eingetragen bleiben, oder Geschäftsanteile an den deutschen Rheinschifffahrtsgesellschaften ab.
Im Falle der Abtretung von Schiffen und Schleppern müssen diese, mit ihrem Zubehör und ihre Ausrüstung versehen, in gutem Zustand und für den Handelsverkehr auf dem Rhein geeignet sein sowie aus den letzten Neubauten ausgewählt werden.
Dieselben Regeln finden Anwendung, insofern Deutschland an Frankreich abtritt:
1. Einrichtungen, Anlegeplätze, Kaiflächen, Docks, Lagerhäuser, Lade- und Löschvorrichtungen usw., die deutsche Reichsangehörige oder deutsche Gesellschaften im Hafen von Rotterdam am 1. August 1914 besaßen;
2. Anteile oder Interessen, die Deutschland oder deutsche Reichsangehörige zu demselben Zeitpunkt an den genannten Einrichtungen hatten.
Umfang und Einzelheiten dieser Abtretung werden binnen eines Jahres nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags unter Berücksichtigung der berechtigten Bedürfnisse der Beteiligten durch einen von den Vereinigten Staaten von Amerika ernannten Schiedsrichter oder mehrere solche bestimmt.
Die in diesem Artikel vorgesehene Abtretungen geben Anspruch auf eine Entschädigung, deren durch den oder die Schiedsrichter in Bausch und Bogen festgesetzter Gesamtbetrag keinesfalls den Anschaffungswert des abgetretenen Materials und der abgetretenen Einrichtungen übersteigen darf und auf die von Deutschland geschuldeten Summen anzurechnen ist. Es ist Sache Deutschlands die Eigentümer zu entschädigen.
Artikel 358.
Vorbehaltlich seiner Verpflichtung, den Bestimmungen des Mannheimer Abkommens oder des an seine Stelle tretenden Abkommens sowie den Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrags nachzukommen, hat Frankreich am ganzen Laufe des Rheins zwischen den äußeren Punkten der französischen Grenzen:
a) das Recht zur Speisung der bereits gebauten oder noch zu bauenden Schiffahrts- und Bewässerungskanäle oder für jeden anderen Zweck Wasser aus dem Rhein zu entnehmen und auf dem deutschen Ufer alle zur Ausübung dieses Rechts erforderlichen Arbeiten auszuführen,
b) das ausschließliche Recht auf die durch den Ausbau des Stromes erzeugte Kraft mit dem Vorbehalt, daß die Hälfte des Wertes der tatsächlichen gewonnenen Kraft an Deutschland vergütet werden muß. Diese Vergütung wird in Geld oder in Kraft geleistet; der unter Berücksichtigung der Kosten der für die Krafterzeugung notwendigen Arbeiten berechnete Betrag wird, falls darüber kein Einverständnis erzielt wird, durch Schiedsspruch bestimmt. Zu diesem Zweck ist Frankreich allein zur Ausübung aller Ausbau-, Stau- und sonstigen Arbeiten, die es zur Krafterzeugung für erforderlich hält, in diesem Teil des Stromes berechtigt. Das Recht, aus dem Rhein Wasser zu entnehmen, wird auch Belgien für die Speisung des unten vorgesehenen Rhein-Maasschifffahrtsweges zuerkannt.
Die Ausübung der in Absatz a und b dieses Artikels erwähnten Rechte darf weder im Rheinbett noch in den etwa an seine Stelle tretenden Ableitungen die Schiffahrt beeinträchtigen oder die Schiffahrt erschweren; auch darf sie keine Erhöhung der bis dahin nach Maßgabe des geltenden Abkommens erhobenen Abgaben nach sich ziehen. Alle Bauentwürfe sind der Zentralkommission zur Feststellung, ob diese Bedingungen erfüllt sind, vorzulegen.
Zur Sicherstellung der gehörigen und getreulichen Durchführung der in Absatz a und b enthaltenen Bestimmungen übernimmt Deutschland folgende Verpflichtungen:
1. Es wird den Bau keines Seitenkanals und keiner Ableitung auf dem rechten Stromufer gegenüber der französischen Grenze unternehmen oder zulassen;
2. Es gesteht Frankreich das Anlege- und Wegerecht, in allen rechtsrheinischen Geländestreifen zu, die für die Einrichtung und den Betrieb der Wehre, welche Frankreich mit Zustimmung der Zentralkommission später sich zu bauen entschließt, und für die entsprechenden Vorarbeiten erforderlich sind. Nach Maßgabe dieser Zustimmung ist Frankreich zur Bestimmung und Angrenzung der erforderlichen Geländeplätze befugt und darf die Gelände nach Ablauf von zwei Monaten nach einfacher Benachrichtigung in Besitz nehmen, unter der Voraussetzung, daß es an Deutschland Entschädigungen bezahlt, deren Gesamtbetrag durch die Zentralkommission festgesetzt wird. Es ist Sache Deutschlands, die Eigentümer der mit diesen Dienstbarkeiten belasteten oder durch die Arbeiten endgültig in Anspruch genommenen Grundstücke zu entschädigen.
Auf Antrag der Schweiz werden ihr, wenn die Zentralkommission ihre Genehmigung gibt, dieselben Rechte für den Teil des Stromes eingeräumt, der ihre Grenze mit den anderen Uferstaaten bildet;
3. Es übermittelt der französischen Regierung innerhalb des ersten Monats nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags alle Pläne, Vorarbeiten, Konzessions- und Lastenheftentwürfe, die den Ausbau des Rheins für irgendeinen Zweck betreffen und von der Regierung Elsaß-Lothringens oder des Großherzogtums Badens aufgestellt oder übernommen sind.
Artikel 359.
In den Abschnitten des Rheins, die die Grenze zwischen Deutschland und Frankreich bilden, darf unbeschadet der vorstehenden Bestimmungen in dem Strombett oder auf einem der beiden Ufer keine Arbeit ohne vorherige Zustimmung der Zentralkommission oder ihrer Abgeordneten ausgeführt werden.
Artikel 360.
Die französische Regierung behält sich die Befugnis vor, in die Rechte und Pflichten einzutreten, die sich aus den Abmachungen zwischen der Regierung von Elsaß-Lothringen und dem Großherzogtum Baden bezüglich der am Rhein auszuführenden Arbeiten ergeben; es kann auch diese Abmachungen binnen fünf Jahren nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags kündigen.
Desgleichen hat Frankreich die Befugnis, die Arbeiten ausführen zu lassen, die von der Zentralkommission für die Aufrechterhaltung oder Verbesserung der Schiffbarkeit des Rheins oberhalb Mannheims für notwendig befunden werden.
Artikel 361.
Falls sich Belgien binnen 25 Jahren nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags entschließt, einen Großschifffahrtsweg Rhein-Maas in der Höhe von Ruhrort zu bauen, ist Deutschland verpflichtet, den auf seinem Gebiete gelegenen Teil dieses Schiffahrtswegs nach den ihm von der belgischen Regierung mitgeteilten Plänen zu bauen, vorausgesetzt, daß das belgische Verlangen die Zustimmung der Zentralkommission findet.
Die belgische Regierung hat in diesem Falle [engl. Text: “zu diesem Zweck” statt “in diesem Falle”] das Recht, alle erforderlichen Vorarbeiten an Ort und Stelle vorzunehmen.
Falls Deutschland die Arbeiten ganz oder teilweise nicht ausführt, ist die Zentralkommission befugt, sie an seiner Stelle ausführen zu lassen. Zu diesem Zweck kann sie zwei Monate nach einfacher Benachrichtigung gegen die von ihr festzustellende und von Deutschland zu zahlende Entschädigung die erforderlichen Geländeplätze bestimmen und abgrenzen sowie den grund und Boden in Besitz nehmen.
Dieser Schiffahrtsweg tritt unter dieselbe Verwaltungsordnung wie der Rhein selbst. Die Umlegung der Anlagekosten einschließlich der oben genannten Entschädigung auf die von dem Schiffahrtsweg durchschnittenen Staaten erfolgt durch die Zentralkommission.
Artikel 362.
Deutschland verpflichtet sich schon jetzt, keinen Widerspruch gegen irgendwelche Vorschläge der Rheinschiffahrts-Zentralkommission zu erheben, die die Ausdehnung ihrer Zuständigkeit in folgender Richtung bezwecken:
1. auf die Mosel von der französisch-luxemburgischen Grenze ab bis zum Rhein, vorbehaltlich der Zustimmung Luxemburgs;
2. auf den Rhein oberhalb Basel bis zum Bodensee, vorbehaltlich der Zustimmung der Schweiz;
3. auf die Seitenkanäle und Fahrtrinnen, die etwa zur Verdoppelung oder Verbesserung der von Natur schiffbaren Abschnitte des Rheins oder der Mosel oder zur Verbindung zweier von Natur schiffbarer Abschnitte dieser Wasserläufe gebaut werden, sowie auf alle anderen Teile des rheinischen Stromgebiets, die etwa unter das im obigen Artikel 338 vorgesehene allgemeine Übereinkommen fallen.
Kapitel V.
Bestimmungen, die der Tschecho-Slowakei die Benutzung der nördlichen Häfen gewährleisten.
Artikel 363.
In den Häfen Hamburg und Stettin verpachtet Deutschland der Tschecho-Slowakei für einen Zeitraum von 99 Jahren Landstücke, die unter die allgemeine Verwaltungsordnung der Freizonen treten und dem unmittelbaren Durchgangsverkehr der Waren von oder nach diesem Staate dienen sollen.
Artikel 364.
Die Abgrenzung dieser Landstücke, ihre Herrichtung, die Art ihrer Ausnutzung und überhaupt alle Bedingungen ihrer Verwendung einschließlich des Pachtpreises werden durch einen Ausschuß bestimmt, der sich aus je einem Vertreter Deutschlands, der Tschecho-Slowakei und Großbritanniens zusammensetzt. Diese Bedingungen können alle zehn Jahre in der gleichen Weise einer Nachprüfung unterzogen werden.
Deutschland erklärt im voraus seine Zustimmung zu den so getroffenen Entscheidungen.
Kapitel I.
Bestimmungen über internationale Beförderung.
Die aus den Gebieten der alliierten oder assoziierten Mächte kommenden und für Deutschland bestimmten Güter sowie die durch Deutschland aus oder nach den Gebieten der alliierten oder assoziierten Mächte durchgeführten Güter genießen von Rechts wegen auf den deutschen Eisenbahnen bezüglich der Gebühren (unter Berücksichtigung der Vergütungen und Rückvergütungen), bezüglich der Verkehrserleichterungen und in jeder anderen Hinsicht die günstigste Behandlung, die für Güter gleicher Art gilt, welche auf irgendeiner deutschen Strecke im Binnenverkehr zum Zweck der Aus-, Ein- oder Durchfuhr unter ähnlichen Beförderungsverhältnissen, insbesondere bezüglich der Länge der durchlaufenen Strecken, befördert werden. Das Gleiche gilt auf Verlangen einer oder mehrerer alliierter oder assoziierter Mächte für alle von ihnen namentlich bezeichneten Güter, die aus Deutschland kommen und für ihre Gebiete bestimmt sind.
Auf ein an Deutschland gerichtetes Ersuchen einer alliierten oder assoziierten Macht müssen internationale, nach den Sätzen des vorigen Absatzes aufgestellten Tarife mit Durchgangsfrachtbriefen geschaffen werden.
Artikel 366.
Mit Wirkung vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags an erneuern die Hohen vertragschließenden Teile nach Maßgabe ihrer Beteiligung und unter den im zweiten Absatz dieses Artikels bezeichneten Vorbehalten die in Bern am 14. Oktober 1890, 20. September 1893, 16. Juli 1895, 16. Juli 1898 und 19. September 1906 unterzeichneten Übereinkommen und Vereinbarungen über den Eisenbahnfrachtverkehr.
Wird binnen fünf Jahren nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags ein neues Übereinkommen über die Eisenbahnbeförderung von Personen, Gepäck und Gütern an Stelle der Berner Konvention vom 14. Oktober 1890 und ihrer oben genannten Nachträge geschlossen, so ist dieses neue Übereinkommen samt den auf ihm beruhenden Zusatzbestimmungen über den internationalen Eisenbahnverkehr für Deutschland verbindlich, und zwar auch dann, wenn diese Macht sich weigert, an der Vorbereitung des Übereinkommens mitzuwirken oder ihm beizutreten. Bis zum Abschluß eines neuen Übereinkommens hat Deutschland die Bestimmungen der Berner Konvention, der oben genannten Nachträge und der Zusatzbestimmungen zu befolgen.
Deutschland ist verpflichtet, bei der Einrichtung eines direkten Fahrscheinverkehrs für Reisende und ihr Gepäck mitzuwirken, der zur Herstellung von Eisenbahnverbindungen der alliierten und assoziierten Mächte untereinander oder mit anderen Ländern durch das deutsche Gebiet hindurch von einer oder mehreren der alliierten und assoziierten Mächte verlangt wird; zu diesem Zweck hat Deutschland insbesondere die aus dem Gebiet der alliierten und assoziierten Mächte kommenden Züge und Wagen zu übernehmen und sie mit einer Geschwindigkeit weiterzuleiten, die mindestens der seiner besten Fernzüge auf denselben Strecken gleichkommt. Keinesfalls dürfen die Fahrpreise für diesen direkten Verkehr höher sein als die im inneren deutschen Verkehr auf derselben Strecke bei gleicher Geschwindigkeit und Bequemlichkeit geltenden.
Bei gleicher Geschwindigkeit und Bequemlichkeit dürfen die Tarife für die Beförderung von Auswanderern auf den deutschen Eisenbahnen nach oder von Häfen der alliierten und assoziierten Mächte keinen höheren Kilometersatz zugrunde legen als den der günstigsten Tarife (unter Berücksichtigung aller Vergütungen und Rückvergütungen), die auf den genannten Bahnen Auswanderern nach oder von irgendwelchen andern Häfen zustatten kommen.
Artikel 368.
Deutschland verpflichtet sich, für den im vorstehenden Artikel vorgesehenen direkten Verkehr oder für die Beförderung von Auswanderern nach oder von den Häfen der alliierten oder assoziierten Mächte keine technischen, fiskalischen oder Verwaltungs-Sondermaßnahmen, wie zum Beispiel Zollrevision, allgemeinpolizeiliche, gesundheitspolizeiliche oder Überwachungsmaßnahmen zu treffen, die eine Erschwerung oder Verzögerung dieses Verkehrs zur Folge hätten.
Bei Beförderungen, die teils mit der Eisenbahn, teils auf Binnenwasserstraßen mit oder ohne Durchgangsfrachtbrief erfolgen, finden die vorstehenden Bestimmungen auf die mit der Eisenbahn zurückgelegte Strecke Anwendung.
Kapitel II.
Rollendes Material.
Artikel 370.
Deutschland verpflichtet sich, die deutschen Wagen mit Einrichtungen zu versehen, die es ermöglichen:
1. sie in die Güterzüge auf den Strecken derjenigen alliierten und assoziierten Mächte, die Vertragsteilnehmer an der am 18. Mai 1907 abgeänderten Berner Konvention vom 15. Mai 1886 sind, einzustellen, ohne die Wirkung der durchgehenden Bremse zu behindern, die in den ersten zehn Jahren nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags in jenen Ländern etwa eingeführt wird;
2. die Wagen dieser Mächte in alle Güterzüge einzustellen, die auf den deutschen Strecken verkehren.
Das rollende Material der alliierten und assoziierten Mächte erfährt hinsichtlich des Umlaufs, der Unterhaltung und der Instandsetzung auf den deutschen Strecken dieselbe Behandlung wie das deutsche.
Kapitel III.
Abtretung von Eisenbahnlinien.
Artikel 371.
Unter Vorbehalt besonderer Bestimmungen über die Abtretung der Häfen, Wasserstraßen und Eisenbahnen in den Gebieten, über die Deutschland seine Souveränität aufgibt, und unter Vorbehalt der finanziellen Bestimmungen bezüglich der Konzessionsinhaber und der Ruhegehaltsbezüge der Bahnangestellten erfolgt die Abtretung der Eisenbahnen unter folgenden Bedingungen:
1. Sämtliche Eisenbahnanlagen und -einrichtungen müssen vollständig und in gutem Zustand übergeben werden;
2. wird ein Eisenbahnnetz mit eigenem Wagenpark als ganzes von Deutschland an eine der alliierten und assoziierten Mächte abgetreten, so ist dieser Wagenpark vollständig nach der letzten Bestandsaufnahme vor dem 11. November 1918, und zwar in normalem Zustand abzuliefern;
3. für Strecken ohne eigenen Wagenpark wird der abzuliefernde Bruchteil des Wagenparks des Eisenbahnnetzes, zu dem diese Strecken gehören, von Sachverständigenausschüssen bestimmt, die durch die alliierten und assoziierten Mächte ernannt werden und in denen Deutschland vertreten ist. Diese Ausschüsse haben dabei die Größe des für diese Strecken bei der letzten Bestandsaufnahme vor dem 11. November 1918 verzeichneten Wagenpark, die Länge der Strecken einschließlich der Nebengeleise, die Art und den Umfang des Verkehrs zu berücksichtigen. Desgleichen haben sie die Lokomotiven, Personen- und Güterwagen zu bestimmen, die in jedem einzelnen Falle abzutreten sind, die Übernahmebedingungen festzusetzen und die einstweiligen Anstalten zu ihrer Instandsetzung in den deutschen Werkstätten zu treffen;
4. Vorräte, bewegliche Einrichtungsgegenstände und Werkzeuge sind unter denselben Bedingungen wie der Wagenpark abzuliefern.
Die Bestimmungen der obigen Nummern 3 und 4 finden Anwendung auf die Strecken des ehemaligen Russisch-Polen, die von Deutschland auf deutsche Spurweite umgenagelt sind; diese Strecken gelten als abgezweigter Teil des preußischen Staatseisenbahnnetzes.
Kapitel IV.
Bestimmungen über einzelne Eisenbahnlinien.
Artikel 372.
Durchquert infolge der Festsetzung neuer Grenzen eine Eisenbahnverbindung zwischen zwei Teilen desselben Landes ein anderes Land oder verläuft eine Zweiglinie aus einem Land in ein anderes, so werden vorbehaltlich der Sonderbestimmungen des gegenwärtigen Vertrags die Betriebsverhältnisse in einem Abkommen zwischen den beteiligten Eisenbahnverwaltungen geregelt. Können diese Verwaltungen sich über die Bedingungen dieses Abkommens nicht einigen, so werden die Streitfragen gegebenenfalls durch Sachverständigenausschüsse entschieden, die nach den Bestimmungen des vorstehenden Artikels gebildet werden.
Artikel 373.
Innerhalb einer Frist von fünf Jahren nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags kann die Tschecho-Slowakei auf deutschem Gebiet den Bau einer Eisenbahn zur Verbindung der Stationen Schlauney und Nachod verlangen. Die Baukosten gehen zu Lasten der Tschecho-Slowakei.
Artikel 374.
Deutschland verpflichtet sich, innerhalb einer Frist von zehn Jahren nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags auf einen von der schweizerischen Regierung nach vorheriger Verständigung mit der italienischen gestellten Antrag hin die Kündigung des internationalen Übereinkommens vom 13. Oktober 1909 über die Gotthardbahn anzunehmen. Sollte über die Bedingungen dieser Kündigung kein Einverständnis erzielt werden, so verpflichtet sich Deutschland schon jetzt, sich der Entscheidung eines von den Vereinigten Staaten von Amerika zu ernennenden Schiedsrichters zu unterwerfen.
Kapitel V.
Übergangsbestimmungen.
Artikel 375.
Deutschland hat den Beförderungsanweisungen einer im Namen der alliierten und assoziierten Mächte handelnden Behörden nachzukommen, und zwar:
1. hinsichtlich der Beförderung von Truppen in Ausführung des gegenwärtigen Vertrags sowie hinsichtlich der Beförderung von Gerät, Munition und Vorräten für den Heeresbedarf;
2. vorläufig hinsichtlich der Beförderung von Nahrungsmitteln für bestimmte Gegenden, hinsichtlich möglichst schneller Wiederherstellung normaler Beförderungsverhältnisse und hinsichtlich der Einrichtung des Post- und Drahtverkehrs.
Abschnitt IV.
Entscheidung von Streitigkeiten und Nachprüfung der Bestimmungen mit dauernder Geltung.
Artikel 376.
Streifragen, die zwischen den beteiligten Mächten über die Auslegung und Anwendung der vorstehenden Bestimmungen entstehen, werden in der von dem Völkerbund vorgesehenen Weise geregelt.
Artikel 377.
Der Völkerbund kann jederzeit die Nachprüfung derjenigen vorstehenden Artikel, die sich auf ein dauerndes Verwaltungsverhältnis beziehen, anregen.
Artikel 378.
Die Bestimmungen der Artikel 321 bis 330, 332, 365 und 367 bis 369 dürfen nach Ablauf von fünf Jahren nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags jederzeit von dem Rate des Völkerbunds nachgeprüft werden.
Mangels einer solchen Nachprüfung kann nach Ablauf der im vorstehenden Absatz vorgesehenen Frist keine der alliierten und assoziierten Mächte den Vorteil irgendeiner der Bestimmungen, die in den vorstehend aufgezählten Artikeln enthalten sind, zugunsten eines Teiles ihrer Gebiete, für den sein keine Gegenseitigkeit gewährt, beanspruchen. Die fünfjährige Frist, während der keine Gegenseitigkeit gefordert werden darf, kann vom Rate des Völkerbundes verlängert werden.
Abschnitt V.
Sonderbestimmungen.
Artikel 379.
Unbeschadet der besonderen Verpflichtungen, die Deutschland zugunsten der alliierten und assoziierten Mächte durch den gegenwärtigen Vertrag auerlegt sind, verpflichtet sich Deutschland, jedem allgemeinen Übereinkommen über die internationale Regelung des Durchgangsverkehrs, der Schiffahrtswege, der Häfen und Eisenbahnen beizutreten, das zwischen den alliierten und assoziierten Mächten mit Zustimmung des Völkerbunds binnen fünf Jahren nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags abgeschlossen wird.
Abschnitt VI.
Bestimmungen über den Kieler Kanal.
Der Kieler Kanal und seine Zugänge stehen den Kriegs- und Handelsschiffen aller mit Deutschland in Frieden lebenden Nationen auf dem Fuße völliger Gleichberechtigung dauernd frei und offen.
Artikel 381.
Die Staatsangehörigen, Güter, Schiffe und Boote aller Mächte werden hinsichtlich der Abgaben, der Abfertigung sowie in jeder anderen Richtung bei der Benutzung des Kanals auf dem Fuße völliger Gleichberechtigung behandelt, so daß jeder Unterschied zuungunsten der Staatsangehörigen, Güter, Schiffe und Boote irgendeiner Macht gegenüber den deutschen Reichsangehörigen sowie den Gütern, Schiffen und Booten Deutschlands oder der meistbegünstigten Nation ausgeschlossen bleibt.
Der Verkehr von Personen, Schiffen und Booten erfährt keine anderen Beschränkungen als solche, die sich aus den Polizei- und Zollvorschriften, aus den Vorschriften über das Gesundheitswesen, sowie über Aus- und Einwanderung, endlich aus Ein- und Ausfuhrverboten ergeben. Diese Bestimmungen müssen angemessen und gleichmäßig sein und dürfen den Handel nicht unnötig behindern.
Artikel 382.
Für die Benutzung des Kanals oder seiner Zugänge dürfen von den Schiffen und Booten nur Abgaben erhoben werden, die zur angemessenen Deckung der Kosten für die Schiffbarerhaltung oder die Verbesserung des Kanals oder seiner Zugänge oder zur Bestreitung von Ausgaben im Interesse der Schiffahrt dienen. Ihr Tarif wird nach diesen Ausgaben berechnet und in den Häfen ausgehängt.
Diese Abgaben werden so festgesetzt, daß eine ins einzelne gehende Untersuchung der Ladung nicht nötig ist, es sei denn, daß Verdacht des Schmuggels oder einer Übertretung besteht.
Artikel 383.
Durchgangsgüter können unter Zollverschluß gebracht oder unter die Aufsicht der Zollbeamten gestellt werden; die Ein- und Ausladung der waren sowie die Ein- und Ausschiffung der Reisenden darf nur in den von Deutschland bezeichneten Häfen erfolgen.
Artikel 384.
Auf der ganzen Strecke sowie auf den Zugängen des Kieler Kanals dürfen andere Abgaben irgendwelcher Art als die in dem gegenwärtigen Vertrage festgesetzten nicht erhoben werden.
Artikel 385.
Deutschland ist verpflichtet, geeignete Maßnahmen zur Beseitigung von Schiffahrtshindernissen oder -gefahren zu treffen und die Erhaltung guter Schiffahrtsverhältnisse sicherzustellen. Es darf keine Arbeiten unternehmen, die der Schiffahrt auf dem Kanal oder seinen Zugängen Abbruch tun könnten.
Im Falle der Verletzung einer der Bestimmungen der Artikel 380 bis 386 oder bei Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung dieser Artikel kann jede beteiligte Macht den vom Völkerbund zu diesem Zwecke eingesetzten Gerichtshof anrufen.
Um zu vermeiden, daß Fragen von geringer Bedeutung vor den Völkerbund gebracht werden, errichtet Deutschland in Kiel eine Ortsbehörde, die berufen ist, über Streitigkeiten in erster Instanz zu befinden und nach Möglichkeit den durch die konsularischen Vertreter der beteiligten Mächte etwa vorgebrachten Beschwerden abzuhelfen.
Teil XIII.
Arbeit.
Abschnitt I.
Organisation der Arbeit.
Da der Völkerbund die Begründung des Weltfriedens zum Ziele hat, und ein solcher Friede nur auf dem Boden der sozialen Gerechtigkeit aufgebaut werden kann,
da ferner Arbeitsbedingungen bestehen, die für eine große Anzahl von Menschen mit so viel Ungerechtigkeit, Elend und Entbehrungen verbunden sind, daß eine den Weltfrieden und die Welteintracht gefährdende Unzufriedenheit entsteht, und da eine Verbesserung dieser Bedingungen dringend erforderlich ist, zum Beispiel hinsichtlich der Regelung der Arbeitszeit, der Festsetzung einer Höchstdauer der Arbeitstage und der Arbeitswoche, der Regelung des Arbeitsmarkts, der Verhütung der Arbeitslosigkeit, der Gewährleistung von Löhnen, welche angemessene Lebensbedingungen ermöglichen, des Schutzes der Arbeiter gegen allgemeine und Berufskrankheiten sowie gegen Arbeitsunfälle, des Schutzes der Kinder, Jugendlichen und Frauen, der Alters- und Invalidenunterstützung, des Schutzes der Interessen der im Ausland beschäftigten Arbeiter, der Anerkennung des Grundsatzes der Freiheit gewerkschaftlichen Zusammenschlusses, der Gestaltung des beruflichen und technischen Unterrichts und ähnlicher Maßnahmen,
da endlich die Nichtannahme einer wirklich menschlichen Arbeitsordnung durch irgendeine Regierung die Bemühungen der anderen, auf die Verbesserung des Loses der Arbeiter in ihrem eigenen Lande bedachten Nationen hemmt,
haben die H o h e n v e r t r a g s c h l i e ß e n d e n T e i l e, geleitet sowohl von den Gefühlen der Gerechtigkeit und Menschlichkeit als auch von dem Wunsche, einen dauernden Weltfrieden zu sichern, folgendes vereinbart:
Artikel 387.
Es wird ein ständiger Verband gebildet, der an der Verwirklichung des in der Einleitung dargelegten Planes zu arbeiten berufen ist.
Die ursprünglichen Mitgliedstaaten des Völkerbundes sind ursprünglichen Mitglieder dieses Verbandes, später bringt die Mitgliedschaft im Völkerbund die Mitgliedschaft in dem genannten Verbande mit sich.
Artikel 388.
Der ständige Verband besitzt:
1. eine Hauptversammlung von Vertretern der Mitgliedstaaten,
2. ein Internationales Arbeitsamt unter der Leitung des im Artikel 393 vorgesehenen Verwaltungsrats.
Die Hauptversammlung von Vertretern der Mitgliedstaaten hält je nach Bedarf, aber mindestens einmal jährlich ihre Tagungen ab. Sie setzt sich aus je vier Vertretern eines jeden Mitgliedstaates zusammen. Von diesen sind zwei Regierungsvertreter; von den zwei anderen vertritt je einer die Arbeitgeber und je einer die Arbeitnehmer eines jeden Mitgliedstaats.
Jedem Vertreter können technische Ratgeber beigegeben werden. Ihre Zahl darf höchstens zwei für jeden einzelnen Gegenstand betragen, der auf der Tagesordnung der Tagung steht. Sind Fragen, die besonders Frauen angehen, in der Hauptversammlung zu erörtern, so muß wenigstens eine der zu technischen Ratgebern bestimmten Personen eine Frau sein.
Die Mitgliedstaaten verpflichten sich, diejenigen Vertreter und technischen Ratgeber, die nicht Regierungsvertreter sind, im Einverständnis mit den maßgebenden Berufsverbänden der Arbeitgeber oder Arbeitnehmer des betreffenden Landes zu bestimmen, vorausgesetzt, daß solche Verbände bestehen.
Die technischen Ratgeber dürfen nur auf Antrag des Vertreters, dem sie beigeordnet sind, und mit besonderer Genehmigung des Vorsitzenden der Versammlung das Wort ergreifen. An den Abstimmungen nehmen sie nicht teil.
Ein Vertreter kann durch eine an den Vorsitzenden gerichtete schriftliche Mitteilung einen seiner technischen Ratgeber als seinen Stellvertreter bezeichnen; der Stellvertreter kann in dieser Eigenschaft an den Beratungen und Abstimmungen teilnehmen.
Die Namen der Vertreter und ihrer technischen Ratgeber werden dem Internationalen Arbeitsamt durch die Regierung eines jeden Mitgliedstaats mitgeteilt.
Die Vollmachten der Vertreter und ihrer technischen Ratgeber werden von der Versammlung geprüft; diese kann mit Zweidrittelmehrheit der von den anwesenden Vertretern abgegebenen Stimmen die Zulassung eines jeden Vertreters oder technischen Ratgebers ablehnen, der nach ihrer Entscheidung nicht gemäß den Bestimmungen dieses Artikels ernannt worden ist.
Artikel 390.
Jeder Vertreter hat das Recht, unabhängig für sich selbst über alle der Versammlung unterbreiteten Fragen abzustimmen.
Sollte einer der Mitgliedstaaten einen nicht der Regierung angehörenden Vertreter, auf den er einen Anspruch hat, nicht bestimmt haben, so steht zwar dem andern, nicht der Regierung angehörenden Vertreter das Recht zur Teilnahme an Beratungen der Versammlung zu, aber kein Stimmrecht.
Lehnt die Versammlung, kraft der ihr durch Artikel 389 verliehenen Vollmacht die Zulassung eines Vertreters eines der Mitgliedstaaten ab, so sind die Bestimmungen dieses Artikels so anzuwenden, als ob der betreffende Vertreter nicht ernannt worden wäre.
Artikel 391.
Die Tagungen der Versammlung finden am Sitze des Völkerbundes oder an jedem anderen Ort statt, der in einer früheren Tagung durch die Versammlung mit Zweidrittelmehrheit der von den anwesenden Vertretern abgegebenen Stimmen bezeichnet worden ist.
Artikel 392.
Das Internationale Arbeitsamt wird am Sitz des Völkerbundes errichtet und bildet einen Bestandteil der Bundeseinrichtungen.
Das Internationale Arbeitsamt tritt unter die Leitung eines aus vierundzwanzig Mitgliedern bestehenden Verwaltungsrats; diese Mitglieder werden auf Grund folgender Bestimmungen ernannt:
Der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes setzt sich folgendermaßen zusammen:
zwölf Personen als Vertreter der Regierungen,
sechs Personen, die von den zur Hauptversammlung abgeordneten Vertretern der Arbeitsgeber gewählt werden,
sechs Personen, die von den zur Hauptversammlung abgeordneten Vertretern der Angestellten und Arbeiten gewählt werden.
Von den zwölf die Regierungen vertretenden Personen werden acht durch die Mitgliedstaaten ernannt, denen die größte industrielle Bedeutung zukommt, und vier durch die Mitgliedstaaten, die zu diesem Zwecke von den Regierungsvertretern in der Hauptversammlung unter Ausschluß der Vertreter der vorerwähnten acht Mitgliedstaaten bestimmt worden sind.
Etwaige Streitigkeiten über die Frage, welche Mitgliedstaaten die größte industrielle Bedeutung zukommt, werden durch den Rat des Völkerbundes entschieden.
Die Dauer des Auftrages der Mitglieder des Verwaltungsrats beträgt drei Jahre. Die Art der Besetzung erledigter Sitze und andere Fragen gleicher Art können von dem Verwaltungsrat, vorbehaltlich der Zustimmung der Hauptversammlung, geregelt werden.
Der Verwaltungsrat wählt [engl. Text: “von Zeit zu Zeit”] eines seiner Mitglieder zum Vorsitzenden und stellt seine Geschäftsordnung auf. Er bestimmt selbst den Zeitpunkt seines jedesmaligen Zusammentritts. Eine besondere Tagung ist jedesmal abzuhalten, wenn wenigstens zehn Mitglieder des Verwaltungsrats schriftlich einen entsprechenden Antrag stellen.
Artikel 394.
An der Spitze des Internationalen Arbeitsamts steht ein Leiter; er wird durch den Verwaltungsrat ernannt, empfängt von ihm seine Anweisungen und ist ihm gegenüber sowohl für den Geschäftsgang als auch für die Erfüllung aller anderen ihm anvertrauten Aufgaben verantwortlich.
Der Leiter oder sein Stellvertreter wohnen allen Sitzungen des Verwaltungsrats bei.
Artikel 395.
Das Personal des Internationalen Arbeitsamts wird von dem Leiter ausgewählt. Soweit es mit der gebotenen Rücksicht auf die Erzielung von möglichst guten Arbeitsleistungen vereinbar ist, hat sich die Wahl auf Personen verschiedener Staatsangehörigkeit zu erstrecken. Eine bestimmte Anzahl dieser Personen müssen Frauen sein.
Artikel 396.
Die Tätigkeit des Internationalen Arbeitsamts besteht in der Sammlung und Weiterleitung aller Unterlagen, die sich auf die internationale Regelung der Lage der Arbeiter und der Arbeitsverhältnisse beziehen, sowie besonders in der Bearbeitung der Fragen, die den Beratungen der Hauptversammlung zum Zweck des Abschlusses internationaler Übereinkommen vorgelegt werden sollen, sowie endlich in der Durchführung aller besonderen, von der Hauptversammlung angeordneten Untersuchungen.
Das Internationale Arbeitsamt hat die Aufgabe, die Tagesordnung für die Tagungen der Hauptversammlung vorzubereiten.
Es erfüllt ferner gemäß den Bestimmungen dieses Teiles des gegenwärtigen Vertrags die ihm bei allen internationalen Streitigkeiten zufallenden Obliegenheiten.
Es verfaßt und veröffentlich in französischer, englischer und jeder anderen Sprache, die der Verwaltungsrat für angebracht hält, eine in regelmäßiger Wiederkehr erscheinende Zeitschrift, die sich den die Industrie und Arbeit betreffenden Fragen von internationalem Interesse widmet.
Überhaupt hat es neben der in diesem Artikel bezeichneten Tätigkeit alle anderen Befugnisse und Obliegenheiten, die ihm zu übertragen die Hauptversammlung für angebracht hält.
Artikel 397.
Die Ministerien der Mitgliedstaaten, zu deren Zuständigkeit die Arbeiterfragen gehören, können mit dem Leiter durch Vermittlung des Vertreters ihrer Regierung beim Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamts oder in Ermangelung eines solchen Vertreters durch Vermittlung eines anderen dazu geeigneten, von der beteiligten Regierung damit beauftragten Beamten unmittelbaren Geschäftsverkehr unterhalten.
Artikel 398.
Das Internationale Arbeitsamt kann die Mitwirkung des Generalsekretärs des Völkerbunds bei allen Fragen in Anspruch nehmen, bei denen er zu einer solchen Mitwirkung in der Lage ist.
Artikel 399.
Jeder der Mitgliedstaaten bezahlt die Reise- und Aufenthaltskosten seiner Vertreter und ihrer technischen Ratgeber sowie gegebenenfalls die Kosten seiner an den Tagungen der Hauptversammlung und des Verwaltungsrats teilnehmenden Beauftragten.
Alle anderen Kosten des Internationalen Arbeitsamts, der Tagungen der Hauptversammlung oder des Verwaltungsrats werden dem Leiter durch den Generalsekretär des Völkerbunds zu Lasten des allgemeinen Haushalts des Völkerbunds erstattet.
Der Leiter ist dem Generalsekretär des Völkerbunds für die Verwendung aller Gelder, die ihm nach den Bestimmungen dieses Artikels ausgezahlt werden, rechenschaftspflichtig.
Artikel 400.
Nach Prüfung aller Vorschläge, die von den Regierung eines der Mitgliedstaaten oder von irgendeinem im Artikel 389 bezeichneten Berufsverband für die auf die Tagesordnung zu bringenden Punkte gemacht sind, wird die Tagesordnung der Tagungen der Hauptversammlung vom Verwaltungsrat festgesetzt.
Artikel 401.
Der Leiter versieht das Amt des Sekretärs der Hauptversammlung; er hat die Tagesordnung jeder Tagung vier Monate vor deren Eröffnung an alle Mitgliedstaaten und durch deren Vermittlung an die Vertreter, die nicht Regierungsvertreter sind, sobald sie bestimmt sind, gelangen zu lassen.
Artikel 402.
Die Regierung eines jeden Mitgliedstaats hat das Recht, gegen die Aufnahme einer oder mehrerer der vorgesehenen Punkte in die Tagesordnung der Tagung Einspruch zu erheben. Die Einspruchsbegründung ist in einer an den Leiter zu richtenden erläuternden Denkschrift darzulegen. Dem Leiter liegt es ob, die Denkschrift den Mitgliedstaaten des ständigen Verbandes mitzuteilen.
Die beanstandeten Punkte bleiben trotzdem auf der Tagesordnung, wenn die Versammlung mit Zweidrittelmehrheit der durch die anwesenden Vertreter abgegebenen Stimmen so beschließt.
Jede Frage, deren Prüfung die Hauptversammlung außerhalb des im vorigen Absatz vorgesehenen Verfahrens mit der gleichen Zweidrittelmehrheit beschließt, ist auf die Tagesordnung der folgenden Tagung zu setzen.
Artikel 403.
Die Hauptversammlung stellt ihre Geschäftsordnung auf; sie wählt ihren Vorsitzenden; sie kann Ausschüsse einsetzen, denen die Erstattung von Berichten über alle von ihr für prüfungsbedürftig befundenen Fragen obliegt.
Die einfache Mehrheit der von den anwesenden Mitgliedern der Hauptversammlung abgegebenen Stimmen ist entscheidend, es sei denn, daß eine größere Mehrheit ausdrücklich durch andere Artikel dieses Abschnitts des gegenwärtigen Vertrags vorgeschrieben ist.
Die Abstimmung ist unwirksam, wenn die Zahl der abgegebenen Stimmen geringer ist als die Hälfte der in der Tagung anwesenden Vertreter.
Artikel 404.
Die Hauptversammlung kann den von ihr eingesetzten Ausschüssen technische Ratgeber mit beratender, aber nicht beschließender Stimme beigeben.
Erklärt sich die Hauptversammlung für die Annahme von Anträgen, die in Verbindung mit einem Gegenstand der Tagesordnung stehen, so hat sie zu bestimmen, ob diese Anträge die Form haben sollen: a) eines “Vorschlags”, der den Mitgliedstaaten zur Prüfung vorzulegen ist, damit er in der Form eines Landesgesetzes oder anderswie zur Ausführung gelangt; b) oder eines Entwurfs zu einem durch die Mitgliedstaaten zu ratifizierenden internationalen Übereinkommen.
In beiden Fällen bedarf es zur Annahme eines Vorschlags oder eines Entwurfs zu einem Übereinkommen in der Endabstimmung der Hauptversammlung einer Zweidrittelmehrheit der Stimmen der anwesenden Vertreter.
Bei der Aufstellung eines Vorschlags oder eines Entwurfs zu einem Übereinkommen, das allgemeine Geltung erhalten soll, hat die Hauptversammlung auf diejenigen Länder Rücksicht zu nehmen, in denen das Klima, die unvollkommene Entwicklung der gewerblichen Organisation oder anderer Sonderumstände die Verhältnisse der Industrie wesentlich abweichend gestalten. Sie hat in solchen Fällen die Abänderung in Anregungen zu bringen, die sie angesichts der besonderen Verhältnisse dieser Länder für notwendig erachtet.
Eine Ausfertigung des Vorschlags oder des Entwurfs des Übereinkommens wird vom Vorsitzenden der Hauptversammlung oder dem Leiter unterzeichnet und dem Generalsekretär des Völkerbunds behändigt. Dieser übermittelt jedem Mitgliedstaat eine beglaubigte Abschrift des Vorschlags oder des Entwurfs des Übereinkommens.
Jeder Mitgliedstaat verpflichtet sich, spätestens ein Jahr nach Schluß der Tagung der Hauptversammlung (oder wenn dies infolge von außergewöhnlichen Umständen innerhalb eines Jahres unmöglich ist, sobald es angängig ist, aber unter keinen Umständen später als achtzehn Monate nach Schluß der Tagung der Hauptversammlung), den Vorschlag oder den Entwurf zu einem Übereinkommen der zuständigen Stelle oder den zuständigen Stellen zu unterbreiten, damit er zum Gesetz erhoben oder eine anderweitige Maßnahme getroffen wird.
Handelt es sich um einen Vorschlag, so haben die Mitgliedstaaten den Generalsekretär von den getroffenen Maßnahmen in Kenntnis zu setzen.
Handelt es sich um den Entwurf zu einem Übereinkommen, so hat der Mitgliedstaat, der die Zustimmung der zuständigen Stelle oder Stellen erhält, die förmliche Ratifikation des Übereinkommens dem Generalsekretär mitzuteilen und die erforderlichen Maßregeln zur Durchführung der Bestimmungen des betreffenden Übereinkommens zu treffen.
Hat ein Vorschlag keine gesetzgeberische oder andere Maßnahme zur Folge, die ihm Wirkung verschaffen, oder findet ein Entwurf zu einem Übereinkommen nicht die Zustimmung der dafür zuständigen Stelle oder Stellen, so hat der Mitgliedstaat keine weitere Verpflichtung.
Handelt es sich um einen Bundesstaat, dessen Befugnis zum Beitritt zu einem Arbeitsübereinkommen bestimmten Beschränkungen unterliegt, so hat die Regierung das Recht, den Entwurf eines Übereinkommens, der unter diese Beschränkungen fällt, als einfachen Vorschlag zu betrachten; in diesem Falle gelangen die Bestimmungen dieses Artikels über Vorschläge zur Anwendung.
Der vorstehende Artikel ist nach folgendem Grundsatz auszulegen:
In keinem Falle begründet die Annahme eines Vorschlags oder des Entwurfs eines Übereinkommens durch die Hauptversammlung für einen Mitgliedstaate die Verpflichtung, den durch seine Gesetzgebung den betreffenden Arbeitern schon gewährten Schutz zu vermindern.
Artikel 406.
Jedes dergestalt ratifizierte Übereinkommen wird vom Generalsekretär des Völkerbunds verzeichnet; es verpflichtet aber nur die Mitgliedstaaten, von denen es ratifiziert worden ist.
Artikel 407.
Vereinigt ein Entwurf bei der endgültigen Gesamtabstimmung nicht die Zweidrittelmehrheit der von den anwesenden Vertretern abgegebenen Stimmen auf sich, so steht den Mitgliedstaaten des ständigen Verbandes, die dies wünschen, frei, ein Sonderübereinkommen mit dem gleichen Inhalt zu schließen.
Jedes derartige Übereinkommen ist durch die beteiligten Regierungen dem Generalsekretär des Völkerbundes mitzuteilen, der es verzeichnen läßt.
Artikel 408.
Jeder Mitgliedstaate verpflichtet sich, dem Internationalen Arbeitsamt einen jährlichen Bericht über seine Maßnahmen zur Durchführung der Übereinkommen, denen er beigetreten ist, vorzulegen. Die Form dieser Berichte bestimmt der Verwaltungsrat; sie müssen die von ihm geforderten Einzelheiten enthalten. Der Leiter legt der nächstfolgenden Tagung der Hauptversammlung einen zusammenfassenden Auszug aus diesen Berichten vor.
Jede an das Internationale Arbeitsamt gerichtete Beschwerde eines Berufsverbandes von gewerblichen Arbeitnehmern oder Arbeitgebern, die sich darauf gründet, daß irgendein Mitgliedstaat nicht in der beschriebenen Weise ein von ihm angenommenes Übereinkommen ausgeführt habe, kann durch den Verwaltungsrat der Regierung, gegen die die Beschwerde sich richtet, übermittelt werden. Diese Regierung kann ersucht werden, sich zur Sache zu erklären.
Geht von der in Frage kommenden Regierung in angemessener Frist keine Erklärung ein, oder hält der Verwaltungsrat die eingehende Erklärung für unzureichend, so hat der Verwaltungsrat das Recht, die eingegangene Beschwerde und gegebenenfalls die erteilte Antwort zu veröffentlichen.
Jeder Mitgliedstaat kann beim Internationalen Arbeitsamt eine Beschwerde gegen einen anderen Mitgliedstaat vorbringen, der nach seiner Ansicht ein von beiden Teile auf Grund der vorstehenden Artikel ratifiziertes Übereinkommen nicht in befriedigender Weise durchführt.
Der Verwaltungsrat kann, wenn er es für angebracht hält, sich mit der Regierung, gegen die die Beschwerde sich richtet, in der im Artikel 409 bezeichneten Weise in Verbindung setzen; bevor er nach dem weiter unten angegebenen Verfahren einen Untersuchungsausschuß mit der Angelegenheit betraut.
Hält es der Verwaltungsrat für nötig, die Beschwerde der in Frage kommenden Regierung mitzuteilen, oder läuft bei ihm nach erfolgter Mitteilung keine befriedigende Antwort innerhalb einer angemessenen Frist ein, so kann er die Bildung eines Untersuchungsausschusses herbeiführen, dem es obliegt, die streitige Frage zu prüfen und darüber zu berichten.
Das gleiche Verfahren kann von dem Verwaltungsrat entweder von Amts wegen oder auf die Beschwerde eines Vertreters, der Mitglied der Hauptversammlung ist, eingeschlagen werden.
Kommt eine auf Grund der Artikel 410 oder 411 aufgeworfene Frage vor den Verwaltungsrat, so hat die in Frage stehende Regierung, falls sie nicht schon einen Angeordneten im Verwaltungsrat hat, das recht, einen Vertreter zur Teilnahme an den betreffenden Beratungen des Verwaltungsrats zu ernennen. Der für diese Verhandlungen bestimmte Zeitpunkt ist der in Frage kommenden Regierung rechtzeitig mitzuteilen.
Der Untersuchungsausschuß wird auf folgende Weise gebildet:
Jeder Mitgliedstaat verpflichtet sich, binnen sechs Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags drei in industriellen Fragen maßgebende Personen zu bezeichnen, eine zur Vertretung der Arbeitgeber, eine zweite zur Vertretung der Arbeitnehmer und eine von beiden unabhängige dritte. Diese Personen stellen zusammen eine Liste auf, aus der die Mitglieder des Untersuchungsausschusses zu wählen sind.
Der Verwaltungsrat hat das Recht zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Bestellung der bezeichneten Personen vorliegen und mit einer Zweidrittelmehrheit der von den anwesenden Vertretern abgegebenen Stimmen die Ernennung derjenigen abzulehnen, deren Eigenschaften den Anforderungen dieses Artikels nicht genügen.
Auf Antrag des Verwaltungsrats bestimmt der Generalsekretär des Völkerbunds zur Bildung des Untersuchungsausschusses drei Personen, und zwar je eine aus jeder der drei Klassen der Liste. Außerdem bestimmt er eine der drei Personen zum Vorsitzenden des Ausschusses. Keine der auf diese Weise bestimmten Personen darf zu einem der unmittelbar an der Beschwerde beteiligten Mitgliedstaaten gehören [engl. Text: “darf zu den von einem unmittelbar an der Beschwerde beteiligten Mitgliedstaate zu der Liste benannten Personen gehören”].
Wird auf Grund des Artikel 411 eine Beschwerde vor einen Untersuchungsausschuß verwiesen, so verpflichtet sich jeder Mitgliedstaat, gleichviel, ob er unmittelbar an der Beschwerde beteiligt ist oder nicht, dem Ausschuß alle Unterlagen zur Verfügung zu stellen, die er zu dem Beschwerdepunkt besitzt.
Nach eingehender Prüfung der Bewerde erstattet der Untersuchungsausschuß einen Bericht; in diesem legt er seine tatsächlichen Feststellungen, die eine genaue Beurteilung des Streitfalls in seinem ganzen Umfang gestatten, sowie seine Vorschläge zur Zufriedenstellung der beschwerdeführenden Regierung und hinsichtlich der dazu nötigen Fristen nieder.
Gegebenenfalls hat der Bericht zugleich die wirtschaftlichen Strafmaßnahmen zu bezeichnen, die der Ausschuß der Regierung, gegen die die Beschwerde sich richtet, gegenüber für angebracht hält und deren Anwendung durch die übrigen Regierungen ihm gerechtfertigt erscheint.
Der Generalsekretär des Völkerbunds teilt den Bericht des Untersuchungsausschusses jeder an dem Streitfall beteiligten Regierung mit und veranlaßt seine Veröffentlichung.
Jede der beteiligten Regierungen hat dem Generalsekretär des Völkerbunds binnen einem Monat mitzuteilen, ob sie die in dem Ausschußbericht enthaltenen Vorschläge annimmt oder nicht, und falls sie diese nicht annimmt, ob sie den Streitfall dem ständigen Internationalen Gerichtshof des Völkerbunds zu unterbreiten wünscht.
Ergreift ein Mitgliedstaat bezüglich eines Vorschlags oder eines Entwurfs zu einem Übereinkommen die im Artikel 405 vorgesehenen Maßnahmen nicht, so hat jeder andere Mitgliedstaat das Recht, den ständigen Internationalen Gerichtshof anzurufen.
Gegen die Entscheidung des ständigen Internationalen Gerichtshofs über eine Beschwerde oder eine ihm gemäß den Artikeln 415 oder 416 unterbreitete Streitfrage ist kein Rechtsmittel gegeben.
Die etwaigen Anträge oder Vorschläge der Untersuchungsausschusses können vom ständigen Internationalen Gerichtshof bestätigt, abgeändert oder aufgehoben werden. Dieser hat gegebenenfalls die wirtschaftlichen Strafmaßnahmen zu bezeichnen, die er einer schuldigen Regierung gegenüber für angebracht hält und deren Anwendung durch die übrigen Regierungen ihm gerechtfertigt erscheint.
Artikel 419.
Richtet sich irgendein Mitgliedstaat in der vorgeschriebenen Zeit nicht nach den in dem Berichte des Untersuchungsausschusses oder in der Entscheidung des ständigen Internationalen Gerichtshofs etwa enthaltenen Vorschlägen, so darf jeder andere Mitgliedstaat ihm gegenüber die wirtschaftlichen Strafmaßnahmen ergreifen, die der Bericht des Ausschusses oder die Entscheidung des Gerichtshofs in diesem Falle für zulässig erklärt hat.
Artikel 420.
Die schuldige Regierung kann jederzeit den Verwaltungsrat davon in Kenntnis setzen, daß sie die nötigen Maßnahmen getroffen hat, um entweder den Vorschlägen des Untersuchungsausschusses oder denen, die in der Entscheidung des ständigen Internationalen Gerichtshofs niedergelegt sind, Folge zu leisten, und kann den Verwaltungsrat ersuchen, durch den Generalsekretär des Völkerbunds einen Untersuchungsausschuß zur Nachprüfung ihrer Angaben zu berufen. In diesem Falle finden die Bestimmungen der Artikel 412, 413, 414, 415, 417 und 418 Anwendung. Fällt der Bericht des Untersuchungsausschusses oder die Entscheidung des ständigen Internationalen Gerichtshofs zugunsten der schuldigen Regierung aus, so haben die anderen Regierungen sofort die wirtschaftlichen Maßregeln, die sie gegenüber dem betreffenden Staat ergriffen haben, außer Wirkung zu setzen.
Kapitel III.
Allgemeine Vorschriften.
Artikel 421.
Die Mitgliedstaaten verpflichten sich, die Übereinkommen, denen sie zugestimmt haben, entsprechend den Bestimmungen dieses Teiles des gegenwärtigen Vertrags für diejenigen ihrer Kolonien, Besitzungen und Protektorate, die keine völlige Selbstregierung haben, in Kraft zu setzen, jedoch unter den folgenden Vorbehalten:
1. Die Anwendbarkeit des Übereinkommens darf nicht durch örtliche Verhältnisse ausgeschlossen sein;
2. die für die Anpassung des Übereinkommens an die örtlichen Verhältnisse erforderlichen Abänderungen dürfen ihm eingefügt werden.
Jeder Mitgliedstaat hat dem Internationalen Arbeitsamt die von ihm beabsichtigte Entschließung [engl. Text: “Das von ihm Veranlaßte” statt “die von ihm beabsichtigte Entschließung”] hinsichtlich seiner einzelnen Kolonien, Besitzungen und Protektorate, die keine völlige Selbstregierung haben, mitzuteilen.
Artikel 422.
Abänderungen in diesem Teile des gegenwärtigen Vertrags, die von der Hauptversammlung mit Zweidrittelmehrheit der von den anwesenden Vertretern abgegebenen Stimmen angenommen sind, werden rechtswirksam, sobald sie von den Staaten, deren Vertreter den Rat des Völkerbunds bilden, und von drei Vierteln der Mitgliedstaaten ratifiziert worden sind.
Artikel 423.
Alle Streitfragen und Schwierigkeiten aus Anlaß der Auslegung dieses Teils des gegenwärtigen Vertrags und der später von den Mitgliedern gemäß diesem Teil geschlossenen Übereinkommen unterliegen der Entscheidung des ständigen Internationalen Gerichtshofs.
Kapitel IV.
Übergangsbestimmungen.
Artikel 424.
Die erste Tagung der Hauptversammlung findet im Oktober 1919 statt. Ort und Tagesordnung der Tagung ergeben sich aus der beigefügten Anlage.
Einberufung und Veranstaltung dieser ersten Tagung liegt dafür in der vorerwähnten Anlage bezeichneten Regierung ob. Bei der Beschaffung der Unterlagen wird diese Regierung durch den internationalen Ausschuß unterstützt, dessen Mitglieder in der gleichen Anlage genannt sind.
Die Kosten dieser ersten Tagung und jeder folgenden bis zu dem Zeitpunkt, wo die notwendigen Kredite in den Haushalt der Völkerbunds aufgenommen werden können, werden mit Ausnahme der Reise- und Aufenthaltskosten der Vertreter und der technischen Ratgeber auf die Mitgliedstaaten nach dem für das Internationale Bureau des Weltpostvereins festgesetzten Schlüssel umgelegt.
Artikel 425.
Bis zur Errichtung des Völkerbunds werden alle Mitteilungen, die nach den vorstehenden Artikeln an den Generalsekretär des Bundes gerichtet werden sollen, vom Leiter der Internationalen Arbeitsamtes aufbewahrt, der den Generalsekretär davon in Kenntniß zu setzen hat.
Artikel 426.
Bis zur Errichtung des ständigen Internationalen Gerichtshofs werden die ihm kraft dieses Abschnitts des gegenwärtigen Vertrags zu unterbreitenden Streifragen einem Gericht überwiesen, das aus drei vom Rate des Völkerbunds ernannten Personen besteht.
Anlage.
Erste Tagung der Hauptversammlung für Arbeitsfragen 1919.
Versammlungsort ist Washington.
Die Regierung der Vereinigten Staaten vom Amerika wird gebeten, die Hauptversammlung einzuberufen.
Der internationale Veranstaltungsausschuß besteht aus sieben Personen, von denen je eine von den Regierungen der Vereinigten Staaten von Amerika, Großbritanniens, Frankreichs, Italiens, Japans, Belgiens und der Schweiz ernannt werden. Der Ausschuß kann, wenn er es für nötig hält, andere Mitgliedstaaten auffordern, sich in ihm vertreten zu lassen.
Die Tagungsordnung ist die folgende:
1. Durchführung des Grundsatzes des Achtstundentags oder der 48-Stunden-Woche;
2. Fragen hinsichtlich der Mittel zur Verhütung der Arbeitslosigkeit und zur Beseitigung ihrer Folgen;
3. Beschäftigung der Frauen:
a) vor und nach der Niederkunft (mit Einschluß der Frage der Mutterschaftsunterstützung,
b) Nachtarbeit,
c) gesundheitsschädliche Arbeiten;
4. Beschäftigung der Kinder:
a) Altersgrenze der Zulassung zur Arbeit,
b) Nachtarbeit,
c) gesundheitsschädliche Arbeiten;
5. Ausdehnung und Durchführung der 1906 in Bern angenommenen internationalen Abkommen über das Verbot der Nachtarbeit der gewerblichen Arbeiterinnen und über das Verbot der Verwendung von weißem (gelbem) Phosphor zur Anfertigung von Zündhölzern.
Abschnitt II.
Allgemeine Grundsätze.
Artikel 427.
Die Hohen vertragschließenden Teile haben in Anerkennung dessen, daß das körperliche, sittliche und geistige Wohlergehen der Lohnarbeiter vom internationalen Standpunkt aus von höchster Bedeutung ist, zur Erreichung dieses erhabenen Zieles die in Abschnitt I vorgesehene und dem Völkerbund angegliederte ständige Einrichtung geschaffen.
Sie erkennen an, daß die Verschiedenheiten des Klimas, der Sitten und Gebräuche, der wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit und industriellen Überlieferung die sofortige Herbeiführung der vollständigen Einheitlichkeit in den Arbeitsverhältnissen erschweren. Aber in der Überzeugung, daß die Arbeit nicht als bloße Handelsware betrachtet werden darf, glauben sie, daß Verfahren und Grundsätze für die Regelung der Arbeitsverhältnisse sich finden lassen, die alle industriellen Gemeinschaften zu befolgen sich bemühen sollen, soweit ihre besonderen Verhältnisse dies gestatten.
Unter diesen Verfahren und Grundsätzen erscheinen den Hohen vertragschließenden Teilen die folgenden von besonderer und Beschleunigung erheischender Wichtigkeit:
1. Der oben erwähnte leitende Grundsatz, daß die Arbeit nicht lediglich als Ware oder Handelsgegenstand angesehen werden darf;
2. das Recht des Zusammenschlusses zu allen nicht dem Gesetz zuwiderlaufenden Zwecken sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber;
3. die Bezahlung der Arbeiter mit einem Lohne, der ihnen eine nach der Auffassung ihrer Zeit und ihres Landes angemessene Lebensführung ermöglicht;
4. Annahme des Achtstundentags oder der 48-Stunden-Woche als zu erstrebendes Ziel überall da, wo es noch nicht erreicht ist;
5. die Annahme einer wöchentlichen Arbeitsruhe von mindestens 24 Stunden, die nach Möglichkeit jedesmal den Sonntag einschließen soll;
6. die Beseitigung der Kinderarbeit und die Verpflichtung, die Arbeit Jugendlicher beiderlei Geschlechts so einzuschränken, wie es notwendig ist, um ihnen die Fortsetzung ihrer Ausbildung zu ermöglichen und ihre körperliche Entwicklung sicherzustellen;
7. der Grundsatz gleichen Lohnes ohne Unterschied des Geschlechts für eine Arbeit von gleichem Werte;
8. die in jedem Lande über die Arbeitsverhältnisse erlassenen Vorschriften haben allen im Lande sich erlaubterweise aufhaltenden Arbeitern eine gerechte wirtschaftliche Behandlung zu sichern;
9. jeder Staat hat einen Aufsichtdienst einzurichten, an dem auch Frauen teilnehmen, um die Durchführung der Gesetze und Vorschriften für den Arbeiterschutz sicherzustellen.
Die Hohen vertragschließenden Teile verkünden nicht die Vollständigkeit oder Endgültigkeit dieser Grundsätze und Verfahren, erachten sie jedoch für geeignet, der Politik des Völkerbunds als Richtschnur zu dienen und, im Falle ihrer Annahme durch die dem Völkerbund als Mitglieder angehörenden industriellen Gemeinschaften sowie der Sicherstellung ihrer praktischen Durchführung durch eine entsprechende Aufsichtsbehörde, dauernde Wohltaten unter den Lohnarbeitern der Welt zu verbreiten.
Teil XIV.
Bürgschaften für die Durchführung.
Um die Ausführung des gegenwärtigen Vertrags durch Deutschland sicherzustellen, bleiben die deutschen Gebiete westlich des Rhein einschließlich der Brückenköpfe während eines Zeitraums von fünfzehn Jahren nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags durch die Truppen der alliierten und assoziierten Mächte besetzt.
Werden die Bedingungen des gegenwärtigen Vertrags von Deutschland getreulich erfüllt, so wird die im Artikel 428 vorgesehene Besetzung nach und nach wie folgt eingeschränkt:
1. Nach Ablauf von fünf Jahren werden geräumt: der Brückenkopf von Cöln und die Gebiete nördlich einer Linie, die dem Lauf der Ruhr, dann der Eisenbahn Jülich-Düren-Euskirchen-Rheinbach, sodann der Straße von Rheinbach nach Sinzig folgt und den Rhein bei der Ahrmündung erreicht, wobei die genannten Straßen, Eisenbahnen und Ortschaften außerhalb dieser Räumungszone bleiben,
2. Nach Ablauf von zehn Jahren werden geräumt: Der Brückenkopf von Coblenz und die Gebiete nördlich einer Linie, welche vom Schnittpunkt der belgischen, deutschen und holländischen Grenze ausgeht, etwa vier Kilometer südlich von Aachen vorbeigeht bis zum Höhenrücken von Forst-Gemünd, dem sie folgt, sodann östlich der Urfttaleisenbahn, dann über Blankenheim, Valdorf, Dreis, Ulmen bis zur Mosel verläuft, von Bremm bis Nehren diesem Flusse folgt, sodann bei Kappel und Simmern vorbeigeht, dem Höhenkamm zwischen Simmern und dem Rhein folgt und bei Bacharach den Rhein erreicht, wobei alle hier genannten Ortschaften, Täler, Straßen und Eisenbahnen außerhalb der Räumungszone bleiben.
3. Nach Ablauf von 15 Jahren werden geräumt: Der Brückenkopf von Mainz, der Brückenkopf von Kehl und das übrige besetzte deutsche Gebiet.
Erachten zu diesem Zeitpunkt die alliierten und assoziierten Regierungen die Sicherheit gegen einen nicht herausgeforderten Angriff Deutschlands nicht als hinreichend, so darf die Zurückziehung der Besetzungstruppen in dem zur Erlangung der genannten Sicherheit für nötig gehaltenen Maße aufgeschoben werden.
Artikel 430.
Stellt währen der Besetzung oder nach Ablauf der oben vorgesehenen 15 Jahre der Wiedergutmachungsausschuß fest, daß Deutschland sich weigert, die Gesamtheit oder einzelne der ihm nach dem gegenwärtigen Vertrag obliegenden Wiedergutmachungsverpflichtungen zu erfüllen, so werden die im Artikel 429 genannten Zonen sofort wieder durch alliierte und assoziierte Streitkräfte ganz oder teilweise besetzt.
Artikel 431.
Leistet Deutschland nach Ablauf der 15 Jahre allen ihm aus dem gegenwärtigen Vertrag erwachsenden Verpflichtungen Genüge, so werden die Besetzungstruppen sofort zurückgezogen.
Die Fragen betreffend die Besetzung, die nicht durch den gegenwärtigen Vertrag geregelt sind, werden Gegenstand späterer Abmachungen bilden, die zu beobachten Deutschland sich bereits jetzt verpflichtet.
Artikel 433.
Zur Sicherung der Ausführung der Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrags, wodurch Deutschland endgültig die Aufhebung des Vertrags von Brest-Litowsk und aller Verträge, Übereinkommen und Abmachungen zwischen ihm und der russischen maximalistischen Regierung anerkennt, sowie zur Sicherung der Herstellung des Friedens und einer guten Regierung in den baltischen Provinzen und Litauen werden alle deutschen Truppen, die sich augenblicklich in den genannten Gebieten befinden, sobald die Regierungen der alliierten und assoziierten Hauptmächte den Augenblick mit Rücksicht auf die innere Lage dieser Gebiete für gekommen erachten, hinter die deutschen Grenzen zurückgenommen. Diese Truppen haben sich jeder Beitreibung, Beschlagnahme und aller anderen Zwangsmaßnahmen zur Erlangung von Lieferungen mit Bestimmung nach Deutschland zu enthalten und dürfen sich auf keine Weise in Maßregeln zur Landesverteidigung einmischen, welche die vorläufigen Regierungen von Estland, Lettland und Litauen etwa ergreifen.
Bis zur Räumung oder nach der vollständigen Räumung dürfen keine neuen deutschen Truppen die genannten Gebiete betreten.
Teil XV.
Verschiedene Bestimmungen.
Artikel 434.
Deutschland verpflichtet sich, die volle Geltung der Friedensverträge und Zusatzübereinkommen zwischen den alliierten und assoziierten Mächte und den Mächten, die an Deutschlands Seite gekämpft haben, anzuerkennen, den Bestimmungen, die über die Gebiete der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie, die Königreichs Bulgarien und des osmanischen Reiches getroffen werden, zuzustimmen und die neuen Staaten in den Grenzen anzuerkennen, die auf diese Weise für sie festgesetzt werden.
Die Hohen vertragschließenden Teile erkennen zwar die zugunsten der Schweiz in den Verträgen von 1815, besonders in der Akte vom 20. November 1815 niedergelegten Zusicherungen, welche internationale Verbindlichkeiten zur Aufrechterhaltung des Friedens darstellen, an; sie stellen indes fest, daß die Bestimmungen dieser Verträge und Übereinkommen, Erklärungen und sonstigen Zusatzakte, betreffend die neutralisierte Zone Savoyens, so wie sie durch Artikel 92 Abs. 1 der Schlußakte des Wiener Kongresses und Artikel 3 Abs. 2 des Pariser Vertrags vom 20. November 1815 festgelegt wird, durch die Verhältnisse überholt sind. Infolgedessen nehmen die Hohen vertragschließenden Teile die Abrede zwischen der französischen und der schweizerischen Regierung, betreffend die Aufhebung der sich auf diese Zone beziehenden Bestimmungen, die abgeschafft sind und bleiben sollen, zur Kenntnis.
Ebenso erkennen die Hohen vertragschließenden Teile an, daß die Bestimmungen der Verträge von 1815 und der sonstigen Zusatzakte, betreffend die Freizonen Hoch-Savoyens und des Gebiets von Gex, durch die Verhältnisse überholt sind, und daß es Sache Frankreichs und der Schweiz ist, im Wege der Einigung untereinander die Rechtslage dieser Gebiete so zu regeln, wie beide Länder es für zweckmäßig erachten.
I.
Der Schweizerische Bundesrat hat, wie er der französischen Regierung am 5. Mai 1919 mitgeteilt hat, die Bestimmung des Artikels 435 gleichfalls im Geiste aufrichtiger Freundschaft geprüft und ist zu seiner Befriedigung in der Lage, ihr mit folgenden Bemerkungen und Vorbehalten zuzustimmen.
1. Neutralisierte Zone Hoch-Savoyens:
a) Es besteht Einverständnis, daß, solange die Eidgenössischen Kammern die Abrede zwischen den beiden Regierungen betreffend die Abschaffung der Bestimmungen über die Neutralitätszone Savoyens noch nicht ratifiziert haben, bezüglich dieses Gegenstandes beiderseits noch keine endgültige Bindung besteht.
b) Die Zustimmung der Schweizerischen Regierung zur Abschaffung der oben erwähnten Bestimmungen setzt entsprechend dem angenommenen Wortlaut die Anerkennung der in den Verträgen von 1815, besonders in der Erklärung vom 20. November 1815, zugunsten der Schweiz niedergelegten Zusicherungen voraus.
c) Die Abrede zwischen der Französischen und der Schweizerischen Regierung über die Aughebung der oben erwähnten Bestimmungen gilt nur dann als wirksam, wenn der Friedensvertrag den Artikel in seiner gegenwärtigen Fassung enthält. Außerdem müssen die den Friedensvertrags schließenden Mächte die Zustimmung derjenigen Signatarmächte der Verträge von 1815 und der Erklärung vom 20. November 1815 nachsuchen, die nicht Signatarmächte des gegenwärtigen Friedensvertrags sind.
2. Freizone von Hoch-Savoyen und dem Gebiet von Gex.
a) Der Bundesrat erklärt seinen ausdrücklichen Vorbehalt hinsichtlich der Auslegung der im letzten Absatz des vorstehenden, in den Friedensvertrag aufzunehmenden Artikels enthaltene Erklärungen, in der es heißt, daß “die Bestimmungen der Verträge von 1815 und der sonstigen Zusatzakte betreffend die Freizonen von Hoch-Savoyen und dem Gebiet von Gex durch die Verhältnisse überholt sind”. Der Bundesrat wünscht keinesfalls, daß aus seiner Zustimmung zu dieser Fassung geschlossen werden könnte, er stimme der Abschaffung der bewährten Einrichtung zu, die dazu dient, einander benachbarten Gebieten den Vorteil einer besonderen, ihrer geographischen und wirtschaftlichen Lage angepaßten Behandlung zu verschaffen.
Nach Auffassung des Bundesrats kann es sich nicht darum handeln, das Zollsystem der Zonen, so wie es durch die obenerwähnten Verträge festgesetzt worden ist, abzuändern, sondern einzig darum, die Art und Weise des Güteraustausches zwischen den in Betracht kommenden Gegenden in einer den jetzigen wirtschaftlichen Bedingungen besser angepaßten Weise zu regeln. Zu den vorstehenden Bemerkungen sieht sich der Bundesrat durch den Inhalt des der Note der französischen Regierung vom 26. April beigefügten Entwurfs eines Übereinkommens über die zukünftige Gestaltung der Zonen veranlaßt. Unbeschadet der obenerwähnten Vorbehalten erklärt sich der Bundesrat bereit, im freundschaftlichsten Geiste alle Vorschläge zu prüfen, welche ihm die französische Regierung in dieser Hinsicht machen zu sollen glaubt.
b) Es besteht Einverständnis, daß die Bestimmungen der Verträge von 1815 und der Zusatzakte über die Freizonen bis zu dem Zeitpunkt in Kraft bleiben, wo eine neue Abmachung zur Regelung der Rechtslage dieser Gebiete zwischen der Schweiz und Frankreich zustande kommt.
II.
Die französische Regierung hat am 18. Mai 1919 an die schweizerische Regierung nachstehende Note als Antwort auf die vorstehend wiedergegebene Mitteilung gerichtet:
In einer Note vom 5. Mai 1919 hat die schweizerische Gesandtschaft in Paris der Regierung des französischen Freistaats die Zustimmung der eidgenössischen Regierung zu dem vorgeschlagenen Artikel mitgeteilt, der in den zwischen den alliierten und assoziierten Mächten einerseits und Deutschland andererseits abzuschließenden Friedensvertrag aufgenommen werden soll.
Mit Befriedigung hat die französische Regierung von dem so erzielten Einverständnis Kenntnis genommen, und der von den Alliierten und Assoziierten angenommene Entwurf des fraglichen Artikels ist auf ihr Ersuchen in die den deutschen Bevollmächtigten überreichten Friedensbedingungen unter Nr. 435 eingefügt worden.
In ihrer diese Frage betreffenden Note vom 5. Mai hat die schweizerische Regierung verschiedene Erwägungen und Vorbehalte zum Ausdruck gebracht.
Hinsichtlich derjenigen dieser Bemerkungen, welche die Freizonen von Hoch-Savoyen und dem Gebiet von Gex betreffen, hat die französische Regierung die Ehre, darauf hinzuweisen, daß die Bestimmungen des letzten Absatzes des Artikels 435 so klar ist, daß kein Zweifel hinsichtlich ihrer Tragweite, insbesondere hinsichtlich der Tatsache aufkommen dürfen, daß danach in Zukunft keine anderen Mächte als Frankreich und die Schweiz an dieser Frage mehr beteiligt sind.
Die Regierung des Freistaats, die ihrerseits auf den Schutz der Interessen der in Frage stehenden französischen Gebiete bedacht ist und deren besondere Lage berücksichtigt, verliert nicht aus dem Auge, daß die Einführung eines geeigneten Zollsystems für sie und eine den gegenwärtigen Verhältnissen besser entsprechenden Regelung des Austauschverkehrs zwischen diesen Gebieten und den benachbarten schweizerischen Gebieten unter Beachtung der gegenseitigen Interessen sich emphielt.
Selbstverständlich darf dies in keiner Weise das Recht Frankreichs berühren, in dieser Gegend seine Zollinie mit seiner politischen Grenze zusammenfallen zu lassen, wie dies bei anderen Teilen seiner Landesgrenzen der Fall ist und wie die Schweiz es selbst seit langem mit ihren eigenen Grenzen in dieser Gegend gemacht hat.
Mit Befriedigung nimmt in dieser Hinsicht die Regierung des Freistaats von der freundschaftlichen Bereitwilligkeit Kenntnis, mit der die schweizerische Regierung sich zur Prüfung aller französischer Vorschläge über das an Stelle der gegenwärtigen Rechtsordnung der bezeichneten Freizonen zu setzende Abkommen bereit erklärt hat; die französische Regierung wird diese Vorschläge in dem gleichen freundschaftlichen Sinne aufstellen.
Andererseits zweifelt die Regierung des Freistaats nicht, daß die vorläufige Beibehaltung der Rechtsordnung von 1815, betreffend die Freizonen, auf die dieser Absatz der Note der schweizerischen Gesandtschaft vom 5. Mai hinweist und die offensichtlich die Überleitung des gegenwärtigen Zustands in den vertragsmäßigen Zustand vermitteln soll, keineswegs eine Verzögerung der Einführung des von den beiden Regierungen für notwendig erkannten neuen Zustands mit sich bringen darf. Die gleiche Bemerkung gilt für die Ratifikation durch die eidgenössischen Kammern, die in § 1, Absatz a) der schweizerischen Note vom 5. Mai unter der Überschrift “Neutralisierte Zone Hoch-Savoyens” vorgesehen ist.
Artikel 436.
Die Hohen vertragschließenden Teile haben, wie sie hiermit anerkennen und beurkunden, von dem Vertrage zwischen der Regierung des französischen Freistaats und Seiner Durchlaucht dem Fürsten von Monako vom 17. Juni 1918 über das Verhältnis zwischen Frankreich und dem Fürstentum Kenntnis genommen.
Artikel 437.
Die Hohen vertragschließenden Teile kommen dahin überein, daß in jedem durch den gegenwärtigen Vertrag eingesetzten Ausschuß bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag geben soll, es sei denn, daß durch spätere Vereinbarungen ein Anderes bestimmt wird.
Artikel 438.
Die alliierten und assoziierten Mächte kommen überein, daß, soweit deutsche Gesellschaften oder deutsche Personen auf ihrem oder ihrer Regierung gemäß dem gegenwärtigen Vertrag anvertrauten Gebiet religiöse christliche Missionen unterhalten haben, das Eigentum solcher Missionen oder Missionsgesellschaften einschließlich des Eigentums von Handelsgesellschaften, deren Ertrag der Unterhaltung dieser Missionen dient, weiter für Missionszwecke verwendet werden soll. Um die gehörige Ausführung dieser Verpflichtung zu sichern, werden die alliierten und assoziierten Regierungen das bezeichnete Eigentum Verwaltungsräten verantworten, die sie ernennen oder bestätigen und welche das religiöse Bekenntnis der Mission teilen, um deren Eigentum es sich handelt.
Die alliierten und assoziierten Regierungen üben weiterhin eine vollständige Aufsicht über die Leiter dieser Missionen aus und wahren die Interessen dieser Missionen.
Deutschland nimmt von den vorstehenden Verpflichtungen Vermerk, erklärt seine Zustimmung zu jeder Anordnung, welche die beteiligten alliierten und assoziierten Regierungen zwecks Erfüllung des Werkes der genannten Missionen oder Handelsgesellschaften erlassen haben oder erlassen, und verzichtet auf jeden Einwand dagegen.
Artikel 439.
Vorbehaltlich der Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrags verpflichtet sich Deutschland, weder unmittelbar noch mittelbar gegen eine der diesen Vertrag unterzeichnenden alliierten und assoziierten Mächte, einschließlich derjenigen, die ohne Kriegserklärung ihre diplomatischen Beziehungen zum Deutschen Reiche abgebrochen haben, irgendeinen Geldanspruch wegen einer vor dem Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags liegenden Tatsache geltend zu machen.
Diese Bestimmung bedeutet vollen und endgültigen Verzicht auf alle derartigen Ansprüche; diese sind von nun an erloschen, gleichviel wer daran beteiligt ist.
Artikel 440.
Deutschland nimmt und erkennt alle von irgendeinem Prisengericht einer alliierten oder assoziierten Macht erlassenen Entscheidungen und Anordnungen, betreffend deutsche Handelsschiffe und deutsche Waren, als gültig und verbindlich an, ebenso alle derartigen Entscheidungen und Anordnungen über die Zahlung der Kosten. Es verpflichtet sich, wegen dieser Entscheidungen oder Anordnungen keinerlei Beschwerden im Namen seiner Angehörigen vorzubringen.
Die alliierten und assoziierten Mächte behalten sich das Recht vor, unter den von ihnen noch festzusetzenden Bedingungen die von den deutschen Prisengerichten erlassenen Entscheidungen und Anordnungen nachzuprüfen, gleichviel, ob diese Entscheidungen und Anordnungen die Eigentumsrechte von Staatsangehörigen der genannten Mächte oder von neutralen Staatsangehörigen treffen. Deutschland sagt zu, Abschriften aller Urkunden zu liefern, aus denen das Aktenstück des Einzelfalls besteht, einschließlich der ergangenen Entscheidungen und Anordnungen; ferner verpflichtet sich Deutschland, die Anregungen anzunehmen und auszuführen, die ihm nach dieser Prüfung des Einzelfalls übermittelt werden.
Der g e g e n w ä r t i g e V e r t r a g, dessen französischer und englischer Wortlaut beide maßgebend sind, soll ratifiziert werden.
Die Niederlegung der Ratifikationsurkunde soll so bald wie möglich in Paris erfolgen.
Den Mächten mit Regierungssitz außerhalb Europas steht es frei, sich auf die Mitteilung an die Regierung des französischen Freistaats durch ihren diplomatischen Vertreter in Paris zu beschränken, daß ihre Ratifikation erteilt ist. In diesem Falle sollen sie die Ratifikationsurkunde darüber so schnell wie möglich übermitteln.
Ein erstes Protokoll über die Niederlegung der Ratifikationsurkunden wird errichtet, sobald der Vertrag von Deutschland einerseits und von drei alliierten und assoziierten Hauptmächten andererseits ratifiziert ist.
Mit der Errichtung dieses ersten Protokolls tritt der Vertrag zwischen den Hohen vertragschließenden Teilen, die ihn auf diese Weise ratifiziert haben, in Kraft. Dieser Zeitpunkt gilt zugleich als der Zeitpunkt des Inkrafttretens bei Berechnung aller in dem gegenwärtigen Vertrage vorgesehenen Fristen.
In jeder anderen Hinsicht tritt der Vertrag für jede Macht mit der Niederlegung ihrer Ratifikationsurkunde in Kraft.
Die französische Regierung wird allen Signatar-Mächten eine beglaubigte Abschrift der einzelnen Protokolle über die Niederlegung der Ratifikationsurkunden übermitteln.
Zu Urkund dessen haben die eingangs genannten
Bevollmächtigten diesen Vertrag unterzeichnet.
Geschehen zu Versailles am achtundzwanzigsten
Juni eintausendneunhundertundneunzehn in einem
einzigen Exemplar, das im Archiv der Regierung
des französischen Freistaats niedergelegt bleibt und
wovon Ausfertigungen jeder der Signatar-Mächte
übermittelt werden sollen.
(L.S.) Woodrow Wilson. | (L.S.) Jules Cambon. | (L.S.) M. Rustem Haidar. |
(L.S.) Robert Lansing. | (L.S.) Sidney Sonnio. | (L.S.) Abdul Hadi Aouni. |
(L.S.) Henry White. | (L.S.) Imperiali. | (L.S.) P. Bonilla. |
(L.S.) E. M. House | (L.S.) Silvio Crespi. | (L.S.) C. D. B. King. |
(L.S.) Tasker H. Bliss. | (L.S.) Saionzi. | (L.S.) Salvador Chamorro. |
(L.S.) D. Lloyd George. | (L.S.) N. Makino. | (L.S.) Antonio Burgos. |
(L.S.) A. Bonar Law. | (L.S.) S. Chinda. | (L.S.) C. G. Candamo. |
(L.S.) Milner. | K. Matsui. | (L.S.) I. J. Paderewski. |
(L.S.) Arthur James Balfour. | (L.S.) H. Ijuin. | (L.S.) Roman Dmowski. |
(L.S.) George N. Barnes. | (L.S.) Hymans. | (L.S.) Affonso Costa. |
(L.S.) Chas. J. Doherty. | (L.S.) J. van den Heuvel. | (L.S.) Augusto Soares. |
(L.S.) Arthur L. Sifton. | (L.S.) Émile Vandervelde. | (L.S.) Ion I. C. Bratiano. |
(L.S.) W. M. Hughes. | (L.S.) Ismail Montes. | (L.S.) General C. Coanda. |
(L.S.) Joseph Cook. | (L.S.) Calogeras. | (L.S.) Nik. P. Pachitch. |
(L.S.) Louis Botha. | (L.S.) Dr. Ante Trumbic. | |
(L.S.) J. Chr. Smuts. | (L.S.) Rodrigo Octavio. | (L.S.) Mil. R. Vesnitch. |
(L.S.) W. F. Massey. | (L.S.) Charoon. | |
(L.S.) Ed. S. Montagu. | (L.S.) Antonio S. de Bustamente. | (L.S.) Traidos Prabandhu. |
(L.S.) Ganga Singh, Maharaja de Bikaner. | (L.S.) E. Dorn y de Alsua. | (L.S.) Karel Kramar. |
(L.S.) G. Clemenceau. | (L.S.) Eleftherios Veniselos. | (L.S.) Dr. Edward Benes. |
(L.S.) S. Pichon. | (L.S.) Nicolas Politis. | (L.S.) I. A. Buero. |
(L.S.) L. L. Klotz. | (L.S.) Loaquin Mendez. | (L.S.) Hermann Müller |
(L.S.) André Tardieu. | (L.S.) Tertullien Guilbaud. | (L.S.) Dr. Bell. |